127. Fragen und Antworten

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Eragon betrachtete die Gesichter von Nasuada und Murtagh die sich auf der schillernden Oberfläche des magischen Spiegels abzeichneten. Er hatte der Königin und seinem Bruder gerade berichtet was sich auf Vroengard ereignet hatte. Sowohl die Monarchin als auch Dorns Reiter wirkten skeptisch.
"Alles in allem sind das wohl gute Nachrichten." Murmelte Nasuada schließlich. "Mit der Unterstützung der Geister die sich mit euch verbündet haben sollte es uns gelingen der Situation Herr zu werden."
Es brauchte nicht viel Erfahrung im Umgang mit Menschen um die Skepsis und die Sorge auf den Zügen der Königin zu lesen. Murtaghs schien die Bedenken seiner Frau zu ahnen und wandte sich daher an Eragon: "Glaubst du denn, dass man diesen Geistern vertrauen kann? Wir haben nicht viel Erfahrung im Umgang mit ihnen aber bisher haben sie sich stets als eine Bedrohung erwiesen."
"Ich verstehe deine Sorge Murtagh." erwiderte der jüngere von Selenas Söhnen. "Natürlich habe auch ich meine Bedenken. Aber ich habe mich ausführlich mit den Hütern hier auf der Insel beraten. Sie wurden für diese spezielle Aufgabe ausgewählt, weil sie zu den ausgesuchtesten Experten im Volk der Elfen gehörten wenn es um Geister geht. Der Charakter dieser Energiewesen wird durch das Gefühl bestimmt aus dem sie geschaffen wurden. Diese blauen Geister wurden aus der Liebe erzeugt. Lügen oder Täuschungen gehören nicht zu ihrem Wesen. Außerdem haben sie eine starke Abneigung gegen die grünen Geister des Hasses die unser neuer Gegner im Augenblick befehligt. Es ist eine Abneigung so fundermental wie die von Feuer und Wasser. Ich denke, dass sie uns ehrlich im Kampf unterstützen wollen."
Nasuada schien sich das gehörte kurz durch den Kopf gehen zu lassen und nickten schließlich.
"Gut, ich vertraue da deinem Urteil. Für die Hüter spricht zweifellos, dass einer von ihnen Aryas verschollenen Bruder ist. Er würde wohl kaum das Wohlergehen seiner neu gefundenen Schwester riskieren indem er euch mit falschen Informationen versorgt."
Dem kann ich mich nur anschließen." bestätigte Murtagh. "Wir hat deine Gefährtin eigentlich auf ihren Familienzuwachs reagiert?"
Eragon musste in sich hineinlachen.
"So wie sie auch fast alles reagiert, dass sie unvorbereitet trifft. Äußerlich scheinbar mit Ruhe und Selbstkontrolle aber es hat sie tief berührt einen Verwandten zu treffen der ihr so nahe steht wenn es um das gemeinsame Blut geht. Wesentlich offener in ihrer Reaktion war jedoch Narie. Sie brennt schon darauf ihren neuen Cousin kennen zu lernen."
"Der Übermut der Jugend." schmunzelte Nasuada.
Murtagh legte den Arm um sie und sagte mit gespielt tadelnd klingender Stimme: "Na, wir sind aber auch noch keine Greise."
"Da hast du zwar recht aber...." eine bittere Note schlich sich in Nasuadas Lächeln. "Aber wir haben schon mehr erlebt als die meisten anderen unserem Alter und betrage mehr Verantwortung als nahezu jeder anderen. All das lässt die Jugend in weite Ferne rücken."
Einen Augenblick schwiegen alle Anwesenden. Die beiden Brüder konnten sich der bittere Wahrheit in den Worten der Königin nicht verschließen.
Es war Nasuada die mit einem Mal wieder das Wort ergriff.
"Wenn du mit Narie gesprochen hast Eragon, dann müsstest Du doch auch darüber informiert sein wie die Situation mit dem Schatten - Ra zac in der letzten Zeit entwickelt hat. Wegen der Aufregung um Herzog Tjurins Verwandlung haben wir diesen Krisenherd fast völlig vergessen."
"Ich habe mich natürlich erkundigt." bestätigte Eragon die Vermutung der Königin. "Zum Glück scheint sich die Situation dort nicht weiter verschlechtert zu haben. Die Situation ist im Grunde unverändert. Der werdende Letherblaka und der Geist der in seinen Körper eingedrungen ist halten sich gegenseitig in Schach. Keiner der beiden kann bisher einen Vorteil über den anderen gewinnen. Mehr kann ich leider im Augenblick nicht sagen."
"Nun, wir sollten dankbar dafür sein, dass ich nicht auch noch dort die Situation zuspitzt."
Mit einem stummen Nicken stimmten die beiden Reiter der Königin von Ilirea zu.




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Gedankenverloren überprüfte Arya die Festigkeit der Riemen ihres Sattels. Ihr grüner Seelenverwandter befand sich mit dem Rest des Donners auf der Jagd und die schöne Elfe befürchtete, dass sie sich bei seiner Rückkehr einen weiteren Vortrag über die Köstlichkeit, des Fleisches einer gewissen Art von Schnecken würde anhören müssen.
Ein leises Räuspern ließ sie aufblicken. Ihr Bruder Aylon setzte sich zu ihr ans Lagerfeuer. Noch immer war es für die ehemalige Prinzessin der Elfen ungewohnt von diesem jungen Mann als ihrem Bruder zu sprechen.
Aylon selbst war zwar sehr sympathisch aber dennoch war es für Arya auch mit einer bittere Note versehen ihn kennen zu lernen. Die Elfe hatte sich eingestehen müssen, dass die Erinnerung an ihre verstorbenen Eltern der Teil ihres Wesens war mit dem sie am wenigsten Frieden schließen konnte. Zwar gestattete sich Arya nicht, dass die Fragen und Zweifel ihre Pflichterfüllung in irgendeiner Form beeinflussten doch in stillen Momenten wie diesem drangen all die Ungereimtheiten an die Oberfläche und forderten Beachtung ein.
Zwar war sie glücklich im Hier und Jetzt. Sie betrachtete Eragon und ihre gemeinsame Tochter Marlene als ihre Gegenwart und Zukunft aber die Vergangenheit ließ sich nicht einfach ignorieren.
Aylon war der lebende Beweis dafür. Zwar erklärte seine Existenz einige Aspekte in der Persönlichkeit von Islanzadi die für ihre Tochter bisher keinen Sinn ergeben hatten aber es entstanden auch neue Fragen. Arya wusste, dass die wenigsten Mitglieder ihres Volkes das Herz auf der Zunge trugen aber dass es einen Bruder gegeben hatte, den sie nie kennen gelernt hatte war kein unbedeutendes Detail im Leben ihrer Eltern. Ein Echo von Wut halte durch Aryas Geist wenn sich die Tatsache vor Augen hielt, dass ihre Eltern diesen Aspekt stets vor ihr verborgen hatten. So sollte es einfach nicht sein. Wenn eine Familie sich nicht absolut vertrauen konnte, wem sollte man dann vertrauen?
Arya nahm sich fest vor bei ihrer Tochter nicht dieselben Fehler zu machen.
"Und du bist sicher das darauf Platz für uns beide ist?"
Nun musste die jüngere der beiden Elfen schmunzeln. Aylon hatte sich freiwillig gemeldet die Drachenreiter in die Schlacht zu begleiten und über die Sicherheit des Dauthdaerts zu wachen. Nun bemerkte Arya aber eine gewisse Nervosität bei ihrem Bruder.
"Du kannst ganz beruhigt sein. Fíernen wird dich nicht fallen lassen."
"Das ist es nicht." lächelte der elfische Magier. "Ich habe Vertrauen in die Flugkünste deines Drachen aber Du musst verstehen: seit über 100 Jahren habe ich diese Insel nicht verlassen. Das ist eine lange Zeit."
Arya nickte.
"Eine sehr lange Zeit. Praktisch mein ganzes Leben."
"Ich habe bemerkt, dass du stets sehr zurückhaltend bist in meiner Gegenwart." hob Aylon nach einem Moment des Schweigens wieder an. "Ich entschuldige mich wenn ich zu stürmisch war."
Arya schob den Sattel zu Seite und ordnete kurz ihre Gedanken. Ein Mensch hätte vermutlich geglaubt, dass sie die Unterhaltung nicht fortsetzen wollte und sich entfernt. Elfen verstanden jedoch, dass solche Momente des Schweigens viel eher ein Zeichen waren, dass man der Unterhaltungsdeutung beimaß als eine schnelle Antwort. Eine sogleich erfolgende Antwort war unbedacht und deutete darauf hin, dass die Unterhaltung lediglich die Oberfläche der Persönlichkeit des Gesprächspartners berührte. Eine wohl überlegte Erwiderung wog weit schwerer. Die Phase des Überlegens ließ darauf schließen, dass man den Gesprächspartner ernst nahm und der Antwort die angemessene Bedeutung zuteil werden ließ.
"Du warst nicht zu stürmisch." entgegnete Arya schließlich. "Du bist nur von deinem Wesen her sehr viel offener als ich es bin."
"Die stürmischen Zeiten in denen du geboren und aufgewachsen bist zwingen einen dazu sein innerstes zu schützen Schwester. Ich verstehe das und kann dir gerne mehr Zeit geben wenn du es wünschst."
Wieder überlegte Arya und schüttelte dann entschieden den Kopf.
"Der Krieg hat mir viele Lehren mit auf den Weg gegeben Aylon. Eine davon ist die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen. Wer weiß was morgen ist. Du magst unerwartet in mein Leben getreten sein aber aber du bist nicht unwillkommen. Ich denke, dass bei mir falsche Instinkte geweckt wurden. Impulse von denen ich hoffte dass ich sie aus meinem Wesen gestrichen hätte. Das schwierige Verhältnis zu Mutter, die dunklen Zeiten und nicht zuletzt ein Verrat dessen Opfer ich geworden bin haben dazu geführt, dass sich sehr schnell bereit bin meine Seele zu verschließen. Ich dachte, dass die jüngste Vergangenheit nicht verändert hätte. Sie hat mich verändert aber nicht in dem Maß wie ich vermutet hatte. Ein Gespräch wie wir es jetzt führen wäre vor etwas mehr als 10 Sommern noch unmöglich gewesen."
"Dann muss ich mich wohl bei deinem Gefährten und deiner Tochter dafür bedanken, dass wir nun so miteinander reden können."
Arya erkannte, dass ihr sanftes Lächeln ihrem Bruder Antwort genug war.
"So, und dein Drache wird mich sicher nicht fallen lassen?"
Diesmal benötigte Arya keine Zeit um die angemessene Antwort zu finden. Ein leises Lachen war das einzig Richtige.

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt