Mit einem Gefühl der Erleichterung schloss Eragon den Raumspalt indem nun neben Glaedr und Umaroth die Eldunari von fast 200 Drachen ruhten. Ein gewaltiges Kraftpotenzial welches hoffentlich die bevorstehende Schlacht zu Gunsten der Reiter entscheiden würde. Zwar fehlte immer noch das Bruchstück von Nieren doch Eragon fühlte sich bei weitem nicht mehr so verwundbar seit die Seelenhorten eingetroffen waren.
Saphiras Reiter war aufgefallen, dass eine außergewöhnlich hohe Anzahl der Eldunari zu denen gehörten, die sich einst im Galbatorix Gefangenschaft gefunden hatten. Diese Drachen sahen es wohl als ihre Pflicht an zu verhindern, dass eine weitere Finsternis über Alagaesia hereinbrach.
Eragon sah diese Einstellung mit gemischten Gefühlen. Natürlich freute er sich über die Unterstützung und er sah die Tatsache positiv, dass eben diese Eldunari, die so viel hatten durch leiden müssen, wieder am Leben teilnahmen. Noch gut erinnerte er sich an die Zeit als die Mitglieder seiner Elfengarde sich bemüht hatten die verwirrten Drachen zu heilen. Nicht wenige hatten als sie ihren klaren Verstand wieder hatten den Tod gewählt. Es war dem jungen Anführer der Reiter immer schwer gefallen diesen Wunsch zu akzeptieren aber es war stets sein fester Vorsatz gewesen den willen der Drachen in den Seelenhorten zu achten. Auch Galbatorix hatte ehrenwerte Gründe vorgeschoben warum er diese Drachen missbrauchte. Eragon wollte auf keinen Fall den selben Fehler begehen.
Soweit es seine Pflichten als Lehrer der neuen Generation von Reitern erlaubte hatte er die Elfengarde auch bei den Bemühungen unterstützt die Seelen der Drachen zu heilen. Daher wusste er, dass viele von ihnen schwere Schuldgefühle hatten. Drachen waren stolze und unabhängige Wesen. Die Tatsache das es jemandem gelungen war ihren willen zu brechen und ihre Macht zu stehlen lastete schwer auf ihnen. Einige der Eldunari hatten zwar ihr Denkvermögen zurückerlangt aber sich gänzlich in ihren Seelenhort zurückgezogen. Sie wanderten nur auf den Pfaden ihrer Erinnerung und die Zeit bei Galbatorix war wie eine Mauer die sie davon ab hielt sich wieder dem Leben zuzuwenden.
Eben diese Einstellung war es, Eragon dazu Veranlassung die Entscheidung der Seelenhorten mit gemischten Gefühl zu sehen. Diese Drachen waren Opfer von Galbatorix Verrat und nicht Täter! Einige Male hatte er versucht die Seelen der alten Drachen von dieser Denkweise zu überzeugen aber zu seiner Überraschung erkannte Saphiras Reiter, dass diese Art zu denken keineswegs eine Erleichterung für die Eldunari war.
Saphira hatte es ihrem Reiter so erklärt, dass Drachen sich zu allen Zeiten als Jäger begreifen nicht als die Beute. Beute zu sein bedeutete Opfer zu sein und dieser Gedanke wieder strebte jedem Drachen zutiefst.
Eragon hatte beschlossen diese Eigenart der Drachen einfach zu akzeptieren wenn ihnen das die Existenz erleichterte.
Nachdenklich blickte Eragon zum sich langsam verdunkelnden Abendhimmel empor. Obwohl er wusste, dass es unmöglich war wünschte er sich Ismira und Cale sowie Tailon und Anarie zu entdecken. Das war natürlich ausgeschlossen, da die jüngsten Mitglieder des Ordens noch wenigstens einen Tagesflug vor sich hatten. Narie hatte Eragon am Morgen des nun scheidenden Tages davon in Kenntnis gesetzt, dass seine Nichte und ihr Gefährte auf dem Weg waren. Fast bereute Eragon es, dass bei Ismira ein Drache geschlüpft war. Auf der einen Seite war es sehr schön seine junge Blutsverwandte bei sich zu haben aber seine Pflichten verlangten, dass er sie wie jedes andere Ordensmitglied mit Aufträgen betraute auch wenn sie Gefahr beinhalteten.
Als ihm ein sanfter Duft von Kiefernadeln in die Nase stieg atmete Eragon leicht auf. Aryas Anwesenheit war Balsam für seine aufgewühlte Seele.
Eine Weile schwieg die Elfe und stand einfach nur neben ihm. Schließlich jedoch hob sie an: "Du machst dir Sorgen um unsere Schüler oder?"
Ein trauriges Lächeln huscht über Eragons Gesicht als er seine Gefährtin anblickte. Er wusste das leugnen zwecklos war. Nicht nur er hatte gelernt Arya zu verstehen, umgekehrt war es genauso. Die Elfe Verstandes in ihm zu lesen wie in einem offenen Buch.
"Du kennst mich zu gut." erwiderte er daher schlicht.
Wieder kehrte Stille ein als Arya sorgsam ihrer Antwort abwog.
"Ich wünschte ich könnte dir versprechen, dass alles gut werden wird und Cale und Ismira sicher hier eintreffen. Doch wir beide haben schon zu viel erlebt, als dass du diese fromme Lüge glauben würdest. Ich weiß, dass das keine große Hilfe für dich ist. Ich wünschte ich könnte etwas tun."
Eragon tastete nach Aryas Hand und umschloss sie sanft mit seiner als er sie erspürte. Er wandte sich ihr zu und verlor sich im unendlichen Grün ihrer Augen.
"Du tust doch etwas." flüsterte er und legte seine Stirn sanft an die von Arya. "Du bist da. Das ist manchmal wichtiger als etwas zu sagen."
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Als der Tag sich dem Ende zuneigte begann Cale damit nach einem Lagerplatz Ausschau zu halten. Vom Rücken seines Drachens erspähte er über die unendliche Grasebene die das Herz von Alagaesia darstellte.
- "Sie mal da! Direkt vor uns." -
Tailon lenkte die Aufmerksamkeit seines Reiters auf ein kleines Licht am Horizont vor ihnen. Cale vermutete sofort, dass es sich um ein Lagerfeuer handeln musste.
Mit einem sanften Druck erbat sich Ismira Einlass in Cales Geist.
- "Was haltet ihr beide davon?" -
Es war nicht nur Cales junge Gefährtin die diese Frage stellte. Deutlich konnte der Drachenreiter spüren, dass auch ihre Seelenschwester das Gespräch mitverfolgte.
"Vermutlich ein Lager von Reisenden." erwiderte Cale nach kurzem überlegen. "Vielleicht ein Nomadenstamm oder einer Handelskarawane."
"Anarie und ich wären dafür, dass wir in dem Lager um Obdach bitten." übermittelte Ismira. Stumm schwang die Bestätigung der violetten Drachendame in ihren Worten mit.
"Das wird ein ganz schönes Durcheinander geben wenn plötzlich zwei Drachen in diesem Lager landen."
Nur zu deutlich hörte Cale in den Worten seines Drachens Schadenfreude heraus.
"Ein Durcheinander, dass wir vielleicht vermeiden sollten." sagte er daher und wurde zum Dank von Tailon in eine schwarze Rauchwolke gehüllt die der junge Rote aus seinen Nüstern paffen ließ.
Durch Cales Geist halte das Kichern von Ismira und ihrer Drachendame.
"Wo will denn dein Drache mit dir hin?" neckte der junge Adlige des Palancartals ihren Gefährten.
Bevor Cale jedoch antworten konnte schoss Anarie dazwischen:"Er will genau da hin wo ich auch mit dir hin will. Wir lassen euch zwar auf uns Reitern aber wohin wir fliegen bestimmen wir selbst."
Nun hatte Cale ein Grund zum Lachen. Er beruhigte sich jedoch schnell wieder und setzte zu einer Erklärung an:
"Ich bin nur nicht sicher ob es gut ist in einem Lager Rast zu machen von Wesen, die wir gar nicht kennen. Wir tragen schließlich eine wichtige Fracht mit uns. Gut, Meisterin Narie hat dafür gesorgt, dass niemand sie so ohne weiteres stehlen kann aber bringen wir diese Leute nicht in Gefahr wenn wir mitten unter ihnen sind? Was wenn der Schatten angreift?"
"Genau deshalb schlagen wir vor, in dem Lager zu rasten. Sicher kann man Lebewesen mithilfe des Geistes über lange Entfernungen spüren aber wenn wir unter einer Gruppe von Menschen oder anderen Lebewesen sind, sind wir auf Entfernung nicht einfach so zu entdecken. Ich denke dass wir so vielleicht sogar verhindern, dass der Schatten uns findet."
"Keine schlechte Überlegung." - murmelte Cale. - "Das funktioniert aber nur, wenn unser Gegner wirklich weit entfernt ist. Was ist, wenn ein näher ist als wir denken und uns bereits beobachtet."
Ismira ließ sich einen Augenblick Zeit bevor sie antwortete:"Ich verstehe was Du meinst. Aber wir können sowieso nicht jede Eventualitäten voraussehen. In dem Lager zu rasten erscheint mir trotzdem das sicherste zu sein." -
"Das sicherste wäre es wenn wir die Nacht einfach durchfliegen!" verkündete Tailon kämpferisch.
"Du weißt das hat uns Großmutter verboten." hielt Anarie dagegen.
"Als wir nach Vroengards geflogen sind haben wir auch keine Pausen eingelegt werden es Nacht wurde." verteidigte der junge rote Drache seinen Standpunkt.
"Da waren auch Clanmutter Saphira und Clanvater F'iernen bei uns. Wir mussten ihnen nur folgen. Wir sind noch nie eine längere Strecke über Nacht geflogen. Zumindest nicht allein. Und sie die die Landschaft unter uns an."
"Ja, langweilig! Nur Gras und Hasen."
"Dass er Großmutter auch gesagt als sie zum ersten Mal die große Ebene gesehen hat." kicherte Tailons Schwester wurde dann aber wieder ernst. - "Aber gerade weil die Landschaft so langweilig ist sollten wir es nicht riskieren über Nacht weiter zu fliegen. Es gibt keine Bäume oder Berge oder auch nur einen Fluss an dem wir uns orientieren können. Eine leichte Windböe könnte und soweit von unserem Kurs abbringen, dass wir einen ganzen Tag mehr brauchen. Ich finde das sollten wir nicht riskieren."
"Ich glaube da hat deine Schwester rechnet." versuchte Cale seinen Seelengefährten zu überzeugen.
Resigniert stimmte Tailon schließlich zu und die beiden Drachen strebten dem Lichtschein des Lagerfeuers zu.
Schon nach wenigen Minuten konnte man deutlich Zelte ausmachen. Es schien sich in der Tat um das Lager eines Nomadenstammes zu handeln.
Dicht hinter der äußeren Feldreihe setzten Anarie und Tailon auf. Beide legten sich wieder um ihre Reiter sicher absteigen zu lassen und blickt dann gemeinsam mit den beiden jungen Menschen in Richtung des Lagers.
Dort regte sich nichts. Lediglich der Wind, der sein heulendes Klagelied über der Steppe sang ließ sich vernehmen.
"Das gefällt mir nicht." murmelte Cale und erkannte selbst im Zwielicht des scheidenden Tages, das Ismira nickte. Die Landung der beiden Drachen war nichts über hören gewesen. Normalerweise hätte sich sofort eine Abordnung gebildet die die unerwarteten Gäste begrüßte.
Fieberhaft überlegte Cale was jetzt die beste Vorgehensweise war. Sollte er vielleicht seinen Geist aussenden und versuchen im Lager leben zu entdecken? Ein wenig fürchtete er sich davor. Er konnte zwar seinen Geist gut schützen aber wenn es darum ging ihn erst auszusenden und sich dann plötzlich hinter seine geistigen Schilde zurückzuziehen hatte er noch Schwächen.
Noch während er überlegte hob Ismira flüsternd an: "vielleicht hat es einen Überfall auf das Lager gegeben. Plünderer oder Banditen. Wir sollten nachsehen ob jemand Hilfe braucht."
Nervös biss sich Cale auf die Lippe.
"Vielleicht sollten wir einfach weiterfliegen und uns in sicherer Entfernung zur Nachtruhe legen."
Ismira musterte ihren Gefährten äußerst skeptisch.
"Wir können nicht einfach weiterfliegen." Legte sie entschieden fest. "Wenn es wirklich einen Überfall gegeben hat und jemand verletzt wurde, ist es unsere Pflicht als Drachenreiter zu helfen. Wir können uns doch nicht einfach davon stehlen."
Ohne auf die Antwort von einem ihrer Drachen oder von Cale zuwarten stapfte Ismira in Richtung Lager.
"Sie ist wie ihr Onkel!" murrte Anarie als sie sich daran machte ihrer Seelengefährtin zu folgen. "Überall die Nase rein stecken bis etwas zurückbeißt." -
Während Anarie sich bereits in Bewegung setzte blickten sich Tailon und Cale noch etwas unschlüssig an. Schließlich jedoch beschlossen sie den beiden anderen zu folgen. Mochte es nun gefährlich oder dumm sein sie würden Anarie und Ismira nicht im Stich lassen.
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Eragon Band 6 - Die Wege der Reiter
FanfictionDas ist die Fortsetzung zu Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang. Wer Band 5 nicht kennt, sollte es erst lesen, um Band 6 zu verstehen. Ich sage es hier nochmal, dass mir die Geschichte nicht gehört. Ich habe sie nur auf...