128. Im Schatten der Nacht

1.3K 52 4
                                    

Auf Kiras Rücken glitt Narie durch den nächtlichen Himmel. Weit unter ihnen erstreckte sich der kleine Militäraußenposten in der ansonsten unberührten Landschaft. Das silberne Mondlicht tauchte alles in einen geheimnisvollen Glanz.
Noch immer kraulte Narie gedankenverloren den Hals ihrer Drachendame. Kira hatte dringend etwas Aufmerksamkeit gebraucht
Joto, der goldene Drache des Reiters Ishaha, hatte eine gewisse Vorliebe für Laorie entwickelt und Mareks Drachendame schien nicht abgeneigt zu sein. Daher fühlte sich Kira seit Dorns Aufbruch nach Ilirea etwas einsam. Dazu kam, Drachen mochten es nicht gerne lange an einem Ort zu sein. Zwar wählten sie sich durchaus Jagdgründe in denen sie sich heimisch fühlten aber sie brauchten die Abwechslung. Nach Meinung der Roten Drachendame saßen sie schon viel zu lange an diesem öden Ort fest.
Die Junge Elfe konnte durchaus die Frustration ihrer Seelenschwester nachempfinden. Auch sie sehnte sich danach die öde, grasbewachsen Ebene zu verlassen und wieder durch den Schatten eines Waldes zu spazieren. Dazu kam, dass der Drachenreiterin ihre Anwesenheit in zunehmendem Maße sinnlos vorkam. Es gab nichts zu tun. Der Ra zac und der Geist der ihn befallen hatte waren in einer Pattsituation gefangen. Anfangs hatten die Reiter mit den Soldaten die das unheimliche Wesen bewachten und den elfischen Magiern, die als Experten zu Geisterbeschwörung fungierten, tägliche Besprechungen abgehalten. Inzwischen hatte man das aufgegeben. Es gab einfach nichts mehr zu besprechen. Man konnte nur abwarten wie sich die Situation weiter entwickelte.
- "Das ist langweilig." - Beschwerte sich Kira zum wiederholten Mal. - "Im Grunde fliegen wir immer nur im Kreis. Ich will etwas Neues sehen und neue Gerüche wahrnehmen. Nicht mal das jagen macht hier noch Spaß. Es ist keine Herausforderung mehr. Wenn man genau weiß wo die Beute zu finden ist, dann ist das fast wie gefüttert werden." -
- "Ich weiß meine Große. Ich würde auch lieber Eragon und Arya unterstützen als an diesem Ort festzusitzen aber wir haben als Reiter und Drache unsere Pflichten." -
- "Ich weiß." - seufzte die Drachendame. - "Ich mache mir nur Sorgen um meine beiden Kleinen. Die beiden sind zu jung um sich mit einer solchen Bedrohung auseinander zusetzen und das gilt auch für ihre Reiter. Die beiden haben zwar das Herz am rechten Fleck aber ihre Ausbildung ist noch nicht weit genug fortgeschritten um einer solchen Bedrohung Herr zu werden." -
- "Ich bezweifle, dass irgend eine Ausbildung uns auf einen Gegner wie diesen neuen Schatten vorbereiten könnte." - murmelte Narie nachdenklich. - "Aber sieh es doch einmal so meine Große: Arya und Eragon sind die mächtigsten Reiter des Ordens. Wer könnte besser auf deine Kleinen aufpassen als die Bezwinger von Galbatorix." -
Kira gab ein versöhntes Brummen von sich.
- "Sieh mal da unten, Silberschopf!" -
Narie folgte dem Blick ihrer Drachendame und erkannte die zierliche Gestalt einer weiblichen Elfe in einer Senke nahe dem Außenposten.
- "Das ist Sera Älfa-kona."- Erkannte die Reiterin.
- "Und was macht Sie da?" -
Narie freute sich etwas Neugier in der Stimme ihrer Drachendame zu hören.
- "Sie untersucht den Boden. Weißt Du im Boden leben viele kleine Lebewesen. Einige so winzig dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann. Sera-Älfa-kona interessiert sich sehr für das Leben in all seinen Formen. Ich denke sie nutzt die Gelegenheit um diese Kreaturen in einer Umgebung zu studieren die sich sehr von den Wäldern des Nordens unterscheidet." -
Eine Welle von Desintresse und Langeweile spülte Narie von Kiras Geist aus entgegen.
- "Was soll bitte an Wesen interessant sein die so winzig sind dass man sie nicht einmal sehen kann?" -
- "Diese Wesen mögen winzig sein aber sie sind wichtig für die Natur. Ohne die Arbeit die sie im Boden verrichten würde kein Gras wachsen und das Glas ist das Futter der Antilopen die du so gerne erlegst. Womit würdest du dir wohl den Bauch voll schlagen wenn es diese Antilopen nicht mehr gäbe und auch sonst keine Tiere die von den Pflanzen leben?" -
- "Ich könnte ja einmal an meiner vorwitzigen Reiterin knabbern." -
- "Ich hab dich auch lieb Große." -
- "Das ganze Gerede über Antilopen hat mich hungrig gemacht. Ich denke ich gönne mir einen kleinen Happen." -
Narie schüttelte schmunzelnd den Kopf und bat ihrer Drachendame sie in der Nähe des Flusses an ihrem Lieblingsplatz abzusetzen. Dort hatten sich tatsächlich in der Nähe des Wassers einige Bäume ansiedeln können. Es war kein wirklicher Wald aber die Junge Elfe freute sich darauf den Wind in den Zweigen singen zu hören.


Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt