126. Verhandlungen mit den Geistern

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Erleichtert beobachtete Eragon wie die 20 Hüter sich in einem Kreis im Zentrum des Plateaus in dem ihre Siedlung gelegen war aufstellten.
"Werd nicht zu leichtsinnig junge Reiter."
Glaedrs warnende Stimme drang von der Oberfläche durch die geistige Verbindung zwischen Saphira und ihren Reiter.
- "Es ist wahr, Ihr habt eine wichtige Würde überwunden auf dem Weg uns Verbündete zu sichern die uns Hoffnung auf den Sieg im bevorstehenden Kampf geben. Aber euch steht noch eine weitere Prüfung bevor. Ihr müsst die Geister überzeugen sich mit uns zu verbünden. Es wäre um einiges zu gefährlich sie in den Kampf zu zwingen." -
- "Es ist nie gut ein Wesen zu etwas zu zwingen Meister." - erwiderte Eragon. - "Nicht wenn die Möglichkeit besteht, dass mein Leben einmal in den Händen des Wesens liegt, dem ich meinen willen diktiert habe." -
- "Gut so." - brummte die Seele des goldenen Drachen wohlwollend. - "Man kann zwar Gehorsam erzwingen doch Loyalität kann einem nur geschenkt werden. Oromis wäre sehr zufrieden, dass du diese Lektion offenbar begriffen hast." -
Durch das Lob seines alten Lehrmeisters fühlte sich Eragon gestärkt und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Hüter. Die Elfen hatten damit begonnen im Chor eine Beschwörung in der alten Sprache zu rezitieren. Eragon verstand nur Bruchstücke der komplexen magischen Beschwörung der die Magier ihre Stimmen zu einem flüstern gesenkt hatten.
Fasziniert beobachtet der Anführer der Reiter gemeinsam mit seinen Begleitern wie der massive Felds des Plateaus sich unter den Beschwörungen der Magier kräuselte wie die Oberfläche eines Sees über den der Wind streicht. Lediglich im Zentrum des Kreises den die Hüter bildenden trat diese Reaktion ein. Unter den fortgesetzten Zaubern der Elfen geriet die Oberfläche des Gesteins mehr und mehr in Bewegung und bildete schließlich einer Art Strudel in dessen Mitte ein kreisrundes Loch geöffnet wurde. Aus der Tiefe dieser Öffnung drang ein schwaches blaues Leuchten an die Oberfläche.
Das monotone Murmeln der elfischen Magier schwoll immer mehr an und Eragon hatte das Gefühl, dass sich die Beschwörungen der Hüter ihrem Höhepunkt näherten. Schließlich erblickte Saphirasreiter die Quelle des unwirklichen blauen Lichtscheins. Langsam und fast majestätisch erhob sich der Dauthdaert Kliesfara aus der Tiefe des Gesteins. Von der Form her schien die Lanze praktisch identisch mit Nieren zu sein doch hatte sie eine völlig andere Ausstrahlung. Eragon erinnerte sich noch gut wie er den anderen Dauthdaert zum ersten Mal erblickt hatte. Trotz der Hitze des Gefechts in dem er sich befunden hatte war ihm sogleich klar gewesen, dass es mit dieser Lanze etwas besonderes auf sich hatte. Er hatte sich bei ihrem Anblick direkt unwohl gefühlt. Nierens Aura hatte ihm klargemacht dass diese Waffe gefährlich war.
Die Ausstrahlung von Kliesfara war eine gänzlich andere. Auch ihr Anblick verriet, dass sie etwas besonderes war doch nötigte sie dem Betrachter mehr Ehrfurcht als Angst ab. Das Gefühl war um einiges weniger beunruhigend als das, was der Anblick Nierens auslöste.
Eragon vermutete, dass es mit der unterschiedlichen Natur der Gefühle zusammenhing die den beiden Waffen ihre Kraft gaben. Vielleicht war der unterschiedliche Eindruck aber auch der Tatsache geschuldet, dass das Blau von Kliesfara den Anführer der Reiter stark an die Schuppenfarbe seiner eigenen Drachendame erinnerte. Eragon kann nicht umhin sich zu fragen ob die unterschiedlichen Farben zufällig gewählt waren oder in irgendeiner Beziehung zu dem Gefühl entstanden die in die Struktur der beiden Lanzen eingewoben waren.
- "Ich könnte mir das gut vorstellen." - kommentierte Saphira die Gedanken ihres Reiters. - "Blau ist um eine wunderschöne Farbe warum sollte sie nicht mit dem herrlichen Gefühl der Liebe verbunden sein." -
- "Demnach stünde Grün aber für Hass meine Schöne." - schmunzelte Eragon stumm. - "Ich würde zu gern wissen was dein Nistpartner von dieser Theorie hält." -
Durch die geistige Verbindung konnte Eragon spüren, dass Saphira ein Geräusch von sich gab das bei einem Zweibeiner wohl ein verlegenes Hüsteln gewesen wäre.
- "Seine Schotten haben eine ganz andere Farbe als Nieren. Sie sind viel dunkler. Nicht so ein giftiges Grün." -
Leise in sich hinein lachend schüttelte Eragon den Kopf. Inzwischen hatten die elfischen Magier ihre Beschwörungen beendet und der innen anvertraute Dauthdaert schwebte nun einige Zentimeter über dem Boden in der Mitte ihres Kreises. Aylon und Altovan bedeutet den Drachenreitern näher zu treten.
Seinen Schülern bedeutete Eragon sich etwas im Hintergrund zu halten. Geisterbeschwörungen waren etwas wovon der Anführer des Ordens seiner Reiter und der Onkel seine Nichte und ihren Gefährten unbedingt fernhalten wollte.
"Dies ist die uns anvertraute Waffe." erklärte Altovan.
"Wir würden euch vorschlagen, dass wir hier versucht mit den Geistern in Kontakt zu treten." Führte Aryas neu gewonnener Bruder weiter aus. "Wir haben diesen Ort mit den verschiedensten Zaubern umgeben. Die meisten gingen natürlich unserem Bemühen diesen Ort geheim zuhalten aber einige sind auch darauf ausgelegt uns vor den Geistern zu beschützen. Sollte irgend etwas im Zuge der Beschwörung nicht richtig funktionieren haben wir hier die besten Möglichkeiten euch vor Schaden zu bewahren."
Ein kurzer Blick zu Arya enthüllte Eragon, dass seine Gefährtin genauso dachte wie er selbst. Im Umgang mit Geistern konnten sie jeden Vorteil gebrauchen den sie bekommen konnten.
Die beiden ältesten Mitglieder des Drachenreiterordens traten auf den Dauthdaert zu während die Hüter ihren Kreis um die Waffe ausbreiteten damit ausreichend Platz zur Verfügung stand. Ismira und Cale hielten sich gemäß der Anweisung ihrer Lehrmeister außerhalb des Kreises wie die Elfen bildeten.
Noch einmal den Eragon im Geiste die Beschwörung durch die Glaedr ihm genannt hatte und stimmte sich durch die geistige Verbindung noch einmal mit seinem ehemaligen Lehrmeister ab. Er wollte absolut sicher gehen, dass ihm hier kein Fehler unterlief. Schließlich beschwor Saphiras Reiter seine Magie und vollzog die Beschwörung.
Einige Sekunden geschah nichts. Alles blieb still. Das einzige Geräusch das in der Luft lag Goethe von den Wellen her, die gleichmäßig gegen die Steilküsten Vroengards schlugen. Schließlich durchbrach jedoch ein neues Geräusch das gleichmäßige Rauschen. Es war ein Laut, der am ehesten an das Summen erinnerte welches Insekten im Flug erzeugten. Nur war dieser Klang wesentlich lauter und schwoll noch weiter an. Schließlich lenkte sich eine tief blauer Energiekugel aus dem Himmel herab, schwebte über dem Plateau und begann schließlich Kliesfara zu umkreisen. Eragon konnte nicht anders als einen gewissen Stolz zu empfinden. Er hatte erfolgreich einen Geist beschworen.
Gerade als sich der Anführer der Reiter fragte wie er und seine Gefährtin nun mit dem Energiewesen kommunizieren sollten geschah etwas womit keiner gerechnet hatte. Die klare, runde Form des Geistes löste sich auf und bekam annähernd menschliche Züge. Dem Energiewesen wuchsen Beine, Arme und ein bläulicher Nebel umgab den Körper des Wesens ähnlich wie Kleidung es getan hätte. Die einzelnen Glieder sowie das Gesicht des Wesens wirkten als wären sie aus blau gefärbtem Glas hergestellt worden.
Immer deutlicher zeichnet sich Einzelheiten und Gesichtszüge ab und schließlich erkannte man das fein geschnittene Gesicht einer weiblichen Elfe. Ihr langes Haar war etwas heller als das übrige Blau ihres Körpers und schien in einem Wind zu wehen, der nur das geisterhafte Wesen berührte. Zwischen den einzelnen Haarstränen, die lautlos im nicht vorhandenen Wind tanzten, zuckten winzige, kaum wahrnehmbare Energieladungen hin und her. Die ganze Gestalt strahlte eine vergängliche Zerbrechlichkeit aus wie eine Luftspiegelung in der Wüste Hadarac.
Als das Wesen die Augen öffnete zuckte Eragon innerlich zusammen. Die Augen des Geistes verloren sich in einem immer tiefer werdenden dunklen Blau und in ihrem Zentrum strahlte, wie ein winziger Stern ein fast weißes Licht.
"Was wollt ihr von mir?" fragte das Abbild mit einer Stimme, die leise und weit entfernt klang. Das Wesen verwendet die alte Sprache Akzentfrei. Der Blick der dunkle Augen glitt über die versammelten Elfen und etwas wie Missbilligung trat auf das Gesicht des Geistes.
"Ihr habt euch von uns abgewandt! Uns unter die Erde verbannt und vergessen. Warum wollt ihr plötzlich mit uns sprechen."
"Was meint ihr damit, dass mein Volk sich von euch abgewandt hätte?" wollte Arya wissen.
Das geisterhafte Wesen lachte und es klang erneut, als würde der Wind ihre Stimme von weit her an das Ohr der Zuhörer tragen.
"Ihr habt uns geschaffen. Ohne euch würden wir nicht existieren. Wir waren euch dankbar und gaben euren Waffen Kraft! Durch uns konntet Ihr eure Feinde besiegen. Doch dann hat euch plötzlich mit denen verbündet, die wir töten sollten. Es ergab für uns keinen Sinn! Welche Grundlage hatte unsere Existenz noch wenn wir keine Aufgabe mehr zu erfüllen haben? Viele von uns hofften, dass ihr, die Schöpfer uns diese Frage beantworten würdet."
"Verzeiht wenn ich das frage aber das klingt als würdet ihr das Volk der Elfen fast als Götter ansehen."
Eragon wusste nicht ob er mit dieser Frage einen wunden Punkt berührte aber seine Neugier siegte über die Vorsicht.
Der Blick des Geistes wanderte zum Anführer der Drachenreiter und eine Weile schien das Wesen in neugierig zu mustern.
"Das taten wir." erwiderte der Geist schließlich mit seiner flüsternden Stimme. "Doch dann haben wir erkannt, dass ihr grausame und herzlose Götter seit und dass unsere Schöpfung niemals von euch beabsichtigt war. Ihr wollte nur Waffen erschaffen für euren Krieg. Als der Krieg vorbei war wäre es euch das liebste gewesen wende ins Nichts verschwunden wären. Doch wir sind am Leben und wir wollen weiter existieren!"
"Wir stellen euer Recht zu existieren nicht infrage und Götter sind wir ganz gewiss nicht." Hob Arya an und deutlich konnte man spüren, dass die Tatsache, dass die Geister in kindlicher Unschuld zu ihnen als Götter aufgeblickt hatten der Elfe unangenehm war." Wir wollen auch keinen Streit mit euch aber wir fürchten die Gefahr die von den Wesen ausgeht, die man Schatten nennt."
Das Abbild der weiblichen Elfe schüttelte entschieden den Kopf.
"Kein Wesen meiner Art würde sich freiwillig mit einer fleischlichen Höhe verbinden. Die andern tun dies."
"Die Anderen?" erkundigte sich Eragon. "Du meinst die Wesen, die beispielsweise aus Hass oder Habgier geschaffen wurden."
"Ja, die Anderen. Die Dunklen. Wir haben akzeptiert, dass das Volk, das ihr Elfen nennt nicht aus Göttern besteht. Wir haben erkannt, dass es an uns ist unserem Leben Bedeutung zu geben. Wir sind im Frieden mit uns selbst und wünschen uns lediglich zu leben. Die Anderen denken nicht so. Sie wollen Strafe, Schmerz und Rache dafür, dass Ihr euch von uns abgewandt habt. Sie sind erst zufrieden wenn euer Blut fließt. Ihr Durst nach dem Saft des Lebens kann nicht gestillt werden. Sie sind gefährlich."
"Ich bin froh, dass ihr das so klar seht." Eragon erkannte die Gelegenheit das Gespräch auf die Allianz zu lenken die sie anstrebten. "Die Anderen welche aus dem Dauthdaert Nieren geboren wurden haben diese Waffe in ihren Besitz gebracht und einen fleischlichen Körper übernommen. Wir wissen nicht ob wir es mit einem Gegner von solcher Macht aufnehmen können. Daher hoffen wir auf eure Unterstützung."
Einen Augenblick schwieg der Geist und schien über das Gehörte nachzudenken.
"Wenn wir euch unterstützen wert ihr bereit uns etwas zu geben was unser Interesse hat?"
- "Vorsicht jetzt Kleiner." - warnte Saphira. - "Das letzte Mal als Du mit jemandem über einen Klumpen Stahl verhandelt hast was du so leichtsinnig dieser Baumelfe alles zu versprechen! Du kannst heute noch von Glück sagen, dass das so gut ausgegangen ist! Macht denselben Fehler nicht zweimal. "-
"Wir sind bereit euch etwas als Gegenleistung anzubieten." antwortete Eragon und wählte nach der Warnung von Saphira seine Worte mit großer Vorsicht. "Es hängt aber davon ab was ihr fordert."
"Euch steht indem was ihr die alte Sprache nennt ein Wort zur Verfügung. Ein ganz bestimmtes Wort. Du weißt wovon ich rede Drachenreiter."
Eragon musste schwer schlucken. Er hatte sogar eine ziemlich genaue Vorstellung davon welches Wort der Geist meinte.
"Ich denke ich weiß worauf Du anspielst aber dieses Wort kann ich dir nicht verraten."
Wieder lachte das geisterhafte Abbild sein wisperndes Lachen.
"An dem Wort selbst haben wir kein Interesse. Es hat nur wenig Macht über uns und könnte uns nur wenig Macht bescheren. Aber mit diesem Wort ist es möglich das da zu vernichten."
Die durchsichtige Hand des Geistes deutete auf den Dauthdaert.
"Ich dachte ihr würde diese Waffen als eurem Ursprung verehren." wunderte sich Eragon.
"Die Anderen verehren diese Dinger." Die leise Stimme des Geistes wurde abfällig. "Sie tun es weil sie ebenso nach Macht gieren wie nach Blut. Wir fürchten diese Waffe denn sie ist eine Möglichkeit uns zu beherrschen. Wer sie hält kann uns zu Dingen zwingen, die wir nie tun würden. Dinge die schmerzhaft sind und böse. Es ängstigt uns, dass diese Lanze in die falschen Hände gelangen könnte und uns alle zu Sklaven machen würde. Wir sehen sie als eine Bedrohung der Natur unserer Existenz. Sie mag unser Ursprung sein doch unser Überleben hängt nicht mehr von ihr ab. Wir rechnen es euch hoch an, dass Ihr mit uns verhandelt und nicht versucht uns euren willen aufzuzwingen. Gebt mir euer Wort, das ihr das bestimmte Wort in der alten Sprache benutzen werdet um die Waffe zu vernichten nachdem euer Feind besiegt ist und wir werden euren Kampf unterstützen. Desweiteren müsste ihr garantieren, auch Nieren zu vernichten. Dies kann auf dieselbe Weise geschehen. Außerdem müsst ihr euch verpflichten, das solltet ihr weitere Waffen dieser Art finden ihr sie ebenfalls zerstören werdet."
Eragon hatte das Gefühl, dass ihm ein gewaltiger Stein vom Herzen fiel. Er sah kein Problem darin dieses Versprechen gegenüber den Geist abzugeben hielt aber kurze Rücksprache mit Saphira, Glaedr sowie Arya und ihrem Drachen.
Die Seelenpartner, sowie der ehemalige Lehrmeister der beiden Reiter hatten keine Einwände gegen die Bedingungen des Geistes.
- "Unser Volk hat nur deshalb diese Waffen nicht vernichtet bei uns damals das Wort der Wörter nicht zur Verfügung stand. Auch ich sehe kein Hindernis Eragon." - Flüsterte Arya in die Gedanken von Saphiras Reiter.
"Du hast mein Wort als Anführer der Drachenreiter Geist, dass wir so verfahren werden wie du es wünschst." versprach Eragon.
Befriedigt nickte der Geist mit seinem durchscheinenden Haupt.

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt