2.1. Jaenun (Bild: Lehni. Auch gezeichnet von der ungemein talentierten frownningMonday!)
Am frühen Morgen war der Hauptplatz des Marktes in der Zwölfsternstadt immer übervoll. Es war auch nicht nötig zu spezifizieren, welcher Markt der Hauptstadt nun genau gemeint war, denn es sah an jedem Eckchen genau gleich aus, ob es einer der stehenden Gemüsemärkte war, der große Fischmarkt an den Docks außerhalb des ersten Stadtrings, oder die kleinen Gruppen von Marktständen, die zwischen die Häuser gestreut aussahen, als wären sie dort aus einem Samen entsprungen, einfach hingewachsen.
Doch nicht jeder Besucher hatte die Absicht dort sein Geld zu lassen, um eine Köstlichkeit zu erwerben, die meisten konnten sich in dieser schweren Zeit keine Delikatessen leisten, sondern besuchten den Markt um ihrerseits Geld zu verdienen. Denn jeden Morgen um genau sechs Uhr früh, stieg dort jeweils ein Schatzkammerdiener in seinem schwarzgrauen Samtgewand auf ein leeres Fass oder eine Kiste und verkündete der ungeduldig wartenden Menge, welche Stellenangebote man für Tagelöhner aufgetrieben hatte. Der Stadtbedienstete musste dabei von mehreren Gardisten bewacht werden, denn die Zetteln die er verteilte, waren so begehrt, dass sich manch ein Bewohner der Hauptstadt schon dazu hinreißen hatte lassen, sie ihm gewaltsam zu entwenden. Wenn alles nach rechten Dingen vor sich ging, hieß es jedoch, wer zuerst kam und beim Ausrufen eines Jobs als erstes aufzeigte, der bekam auch als erstes den Zuschlag.
So wie jeden Tag fanden sich auch Jaenun der Jae und sein bester Freund Lehni der Sasanlier auf dem Marktplatz vor dem alten Sonnentempel ein um ihr Glück zu versuchen, doch mit Bedauern stellten sie fest, dass auch dieses mal bereits eine enorme Menge an Chorr sich vor ihnen versammelt hatten, obwohl sie pünktlich bei Sonnenaufgang ihre Gaststätte verlassen und somit das Ausgangsverbot des verstorbenen Königs gewahrt hatten. Mit zunehmender Zahl an arbeitssuchender Bürger, beschränkte die Aristokratie auch aus Angst vor Aufständen deren Freiheit.
Jaenun der Heimatlose war ein sehr stiller Genosse. Auch wenn er sich fest vornahm, wie all die Chorr um ihn herum, beim Ausrufen der zur Verfügung stehenden Arbeitsstellen, mit den Armen in die Höhe zu schnellen und in der akzentfreien Sprache seiner Gastgeber zu rufen, dass die Herren ihm die Arbeit doch bitte geben sollten, blieben ihm die Worte dennoch im Eifer des Gefechts meist im Hals stecken und er wedelte nur stumm mit den Armen. Das jedoch auch nur, wenn er ganz motiviert war.Erschwerend kam auch noch hinzu, dass er sich sagen lassen hatte müssen, dass er selbst für einen Jae von recht kleiner Statur war und somit in der Masse an arbeitssuchenden Chorr, schlicht unterging. Und auch wenn das Völkchen aus Ahnahn meistens, trotz seines ausländischen Aussehens, sehr großzügung und zuvorkommend zu ihm war, konnte es sich in mitten dieser Wirtschaftskriese niemand leisten, auf den jungen Jae Rücksicht zu nehmen. Es wurde gedrängelt, gerempelt und geschupst, besonders jetzt da sich der Marktplatz langsam füllte. Er konnte einem mit seinem runden jungendlich gebliebenem Gesicht und den großen, treuherzigen blaugrauen Augen schon leid tun, wie er die Stirn hilflos runzelte und sich mit der wieder herab sinkenden Hand durch die rotbraunen Haare strich.
Lehni der Sasanlier neben ihm, war von ganz anderem Kaliber. Laut, frech, spindeldürr und langgezogen wie ein Stelzengeher im Zirkus, breitete er seine schneeweißen Schwingen effektiv aus, um auf sich aufmerksam zu machen. Wie eine schlecht getrimmte Paradeispflanze, kam er Jaenun manchmal vor, von der man nicht wusste wie weit sie denn bitte noch in den Himmel wachsen wollte und warum sie keine Blüten ansetzte. Leider war Lehni auch ein Sklave seines Magens, der allzeit bereit dazu war, eine Nahrungsaufnahme zu verlangen und den Sasanlier dadurch schnell ärgerlich und unbrauchbar machte. Geschwind musste also Geld verdient werden, sonst würden sie morgen in der Früh bereits nichts mehr zum Essen haben und Lehni sich aus Gram die schönen Brust langen rotblonden Haare ausrupfen.
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Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben Geschichte
FantasyDer große Kontinent Peruna erstreckt sich von dem tropischen Regenwald Ahnahns, über die glühende Wüste Nemuraq, bis zum kalten Bergland in Manengrund. Er hat bereits viele Konflikte kommen und gehen gesehen und oft trennen die beiden Konfliktpartei...