Die Xiphias lag ruhig in den Wellen und das hätte sie wohl auch weiterhin getan, wenn die See anderen Schiffen, mit unwirtlichen Bedingungen, gefährlich geworden wäre. Denn das besondere an der Xiphias, ihre Größe, ließ sie sicher und breit wie ein selbstbewusster Enterich, faul im Wasser liegen und sie hatte solch eine Wasserverdrängung, dass sie sich wohl von nichts aus der Ruhe bringen lassen würde. Schnell war sie dafür nicht.
Und deshalb hatte man schon weit vor dem Zeitpunkt des geheimen Treffens mit den Manengrundern, von Camo aus abgelegt, um dann ja rechtzeitig am vereinbarten Fleck anzukommen.
Dadurch waren sie nun ein wenig zu früh dran, denn die Manengrunder ließen noch auf sich warten, während die Xiphias vor irgend einer winzigen Insel, nahe Jentyponien, ankerte. Auch das war für die Manengrunder organisiert worden, denn diese zeigten sich unfähig dazu, auf hoher See zu navigieren und brauchten deshalb für ihren Überflug einige Landmarken um sich orientieren zu können.
Doch Chori versuchte all diese Einschätzungen aus ihren Gedanken zu verbannen. Sie war im Moment nicht Seefahrerin Chori, sondern musste sich darauf konzentrieren, sich nicht darauf zu konzentrieren den Takt richtig zu schlagen. Man könnte sagen, dass sie gerade als Musikerin Faferin von Camo posierte, denn auch der Musik durfte sie keine Beachtung schenken. In Wirklichkeit war sie nämlich im Moment damit beschäftigt die Maid des Verstandes zu sein. Und Mosai gab ihr tatkräftig seine Unterstützung, denn sie stand schon seit einer Woche täglich mit den beiden Geschwistern aus Vijen auf der kleinen Bühne, unter Deck der Xiphias und tat so, als würde sie mit musizieren. Die beiden Jae spielten tatsächlich ihre hervorragenden Lieder, doch Chori ließ ihre Kraft wirken und versetzte die Zuhörer, unterstützt durch die Musik, in eine angenehme Trance.
Sie sollten sich sorglos fühlen, das Mistrauen wurde unterdrückt, die Vorsicht verbannt. Die Gesellschaft wurde dazu gebracht sich zu amüsieren und gedankenlos Jaehos Spielen und Jaemis Gesang zu verfolgen.
Täglich saßen der ilazische Diplomand Mirayn von Nowkrust mit seiner Gesellschaf dort unten im Publikum, doch auch der Großpriester Matti war als jentyponischer Vermittler anwesend und genoss in gleicher Weise das Spiel.
>Mehr!< riefen sie, wenn ein Lied beendet worden war und gaben nicht nach, bis Jaemi wieder ansetzte, denn die junge Jae verstand sich ganz fabelhaft darauf, mit ihren Liedern, eine Geschichte zu spinnen und immer dann aufzuhören, wenn es am spannendsten wurde.
Sie lachten vergnügt, wenn es offensichtlich wurde, wie flehend sie dabei klangen und Jaemi lächelte anmutig und setzte zu einem weiteren Lied an.
Das ging nun seit einer Woche so, man gestattete ihnen nur ab Mitternacht und bis zum Vormittag eine kleine Pause. Das war einerseits gut, denn so verblieben die Ilazier und Jentyponier die ganze Zeit in Choris Bann und hatten keine Zeit dazu, sich über seltsame Vorkommnisse Gedanken zu machen, doch andererseits kam es auch sehr ungelegen, denn so bot sich keine Zeit für die Königin und ihre Begleitung, an Bord etwas herum zu schnüffeln.
Man konnte es nicht ändern und Chori musste sich ganz auf Daiv und den Rest ihrer Freunde verlassen, die von Außen versuchten, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Glücklicherweise, wurde sie diesbezüglich immer wieder mit Informationen versorgt, denn auch diese positive Eigenschaft, ermöglichte ihr Mosais Gabe. Alle Ilazier und Jentyponier waren in solcher hohen Form von der Musik der Vijen Geschwister übermannt, dass sämtliche jentyponische Befehlshaber, ebenfalls so oft wie dies Möglich war, in den Rängen der Zuhörer saßen. So konnte Chori viele der kommunizierten Informationen mit verfolgen, die beispielsweise dem jentyponischen Kapitän der Xiphias, Eymiil Nitzer, mitgeteilt wurden. Natürlich musste sie diese Nachrichten erst über einen Umweg entschlüsseln, verstand sie schließlich kein Jentyponisch. Doch dafür hatte sie zum Glück Jaetru, der irgendwo auf der Königin Chori, versteckt von einer anderen Insel, hinter ihnen saß und dem sie das Gesagte, in ihren Gedanken, einfach weiterleitete.
Jaeho hatte sich von Anfang an besorgt darüber gezeigt, dass all diese Gedankenstränge und Bewusstseinskunststücke vielleicht zu viel für Chori sein könnten und vor allem ihre Zuhörer eindeutig feststellen würden, dass die Königin entweder ihr Musikstück falsch, oder gar nicht spielte, da sie sich nicht auf die Musik konzentrieren durfte. Doch Chori hatte das nicht beunruhigt. Sie ließ einfach nur alle glauben, dass sie den Rhythmus hielt und Jaeho musste praktisch durch sein Können, um Choris Fehler herum spielen, was sie etwas amüsant fand. Es geschah ihm recht!
So nun erfuhr sie, am Morgen des achten Tages, von der Information, die Kapitän Nitzer von seinem Signalgast zugetragen worden war. Anscheinend wollte die Gamis, die sie zusammen mit der Lennon begleitete, ein Boot schicken, um einige Besatzungsmitglieder wegen Krankheit auszutauschen. Chori hielt darauf hin den Atem an, denn das musste bedeuten, dass Daiv sich dazu in Position brachte, um Jaenuns Bombe unter Wasser, an die Xiphias anzubringen. Hierfür musste natürlich die Bedingung erfüllt worden sein, dass man die Manengrunder am Horizont gesehen hatte. Im Moment verlief noch alles nach Plan und das ließ Chori vorsichtig optimistisch, doch auf alle Fälle überaus aufgeregt zurück. Seit dem Beginn des Krieges und eigentlich auch schon davor, war noch nie etwas wirklich nach Plan verlaufen und sie fragte sich, was wohl dieses Mal schief gehen würde.
Es blieb noch eine ganze Weile ruhig. Die Xiphias war zu groß und die Bühne zu tief in ihrem Bauch versteckt, sodass Sie das Kreischen der Adler über ihnen nicht hören konnten. Doch als das Schiff erwachte und ein gigantisches Horn zur Antwort geblasen wurde, da dröhnte der tiefe Klang durch jede Kammer, über das Deck und bis in die Bilge herunter. Alles vibrierte und die Musiker verstummten erschrocken für einen Moment.
Dann kam endlich Bewegung in die Sache. Man vernahm von der Zuschauertribüne aus, dass die Manengrunder nun wohl endlich angekommen waren. Es galt also nun die wohlwollende, vertrauensvolle Stimmung, in Misstrauen umschwenken zu lassen. Jaemis Lieder klangen plötzlich ein wenig beunruhigend. Nur der kleinste Hauch von Doppeldeutigkeit, nur die wenigen Momente, in der sich Jaehos Tonleiter nicht auflöste und die Spannung nicht abfiel.
Die Manengrunder sind nicht eure Freunde, wollte Chori den Ilaziern und den Jentyponiern in den Kopf setzen. Die Manengrunder wollen alles für sich behalten und paktieren mit den Lituoliern.
Es ist eine Falle!
Die Zuhörer wurden unruhig, doch die Mienen versteinerten zu höflichen Masken der besonders diplomatischen Art, als man die Gesellschaft aus Manengrunderpiloten zu ihnen unter Deck herunter poltern hörte.
Die Geschwister aus Vijen wurden unruhig, doch Chori bestand darauf, dass sie alle einfach weiter die ahnungslosen Musiker mimten und gefasst blieben. Die Atmosphäre sollte nun neutral bleiben, die Ilazier zwar misstrauisch, doch nicht ablehnend.
Und dann stürmten die Manengrunder auch schon herein. Selbstbewusst wie immer, eine Gruppe arroganter Männer. Sie lüfteten ihre Kappen und machten sich stapfend auf den Weg, um mit den Ilaziern zusammen zu treffen.
Nur einer von ihnen wirkte verloren hier auf diesem Schiff und dem galt auch Choris gesamte Aufmerksamkeit. Er war ein Fremdkörper unter Deck, bei jeder noch so geringen Bewegung des Schiffs, schoss sein Arm zu irgend einem Punkt, an dem er sich festhalten konnte und sobald er wieder sicher stand, übernahm dafür eine erbärmliche Verwirrung seine gesamte Gestalt. Er blickte sich verwundert unter Deck um und versuchte seine Kumpanen mit zusammen gezogenen Augenbrauen etwas zu fragen. Doch diese ignorierten ihn und strebten nur weiter durch die Sitze auf den Diplomaten der Ilazier zu.
Dieser Mann war kein eingeweihter Verschwörer, das war für Chori nur zu deutlich, doch trotzdem reizte seine Präsenz sie, wie ein Sandkorn in ihrem Auge. Denn es war jener Manengrunder, der nach dem Göttlichen des Herzens stank. Dem die Zwölfsternstadt beinahe zum Opfer gefallen war. Der Jaesore den Wächter der Mauer und angeblich auch Gnaeo den Herrn der T umgebracht hatte.
Aden Dennen.
Sie musste sich zusammenreißen, dass diese negativen Gefühle sich nicht auf die Ilazier übertrugen. Sie wollte die gelassene Stimmung nicht zerstören, bevor Daiv Jaenuns Bombe noch nicht angebracht hatte. Doch die Manengrunder brachten ihre ganz eigene Bombe mit sich.
Denn plötzlich, noch bevor sie völlig bei den Ilaziern angekommen waren, doch bereits so nahe an der Bühne, dass Chori und ihre beiden Freude alles genau sehen konnten, machte Aden Dennen eine Szene, die nun die Aufmerksamkeit von allen auf ihn zog.Als vermeintliche Musiker, sollten sie sich aus allem heraus halten und einfach weiter spielen, doch auch ihnen viel es schwer und glücklicherweise, war Chori bereits sehr geübt darin, in Jaehos Gedanken zu schlüpfen, denn so erhielt sie eine einwandfreie Übersetzung von dem, was zwischen den Piloten besprochen wurde.
Aden stürmte nach vorne und hielt einen anderen Manengrunder an der Schulter zurück. Dieser wirkte wie der Anführer der Verschwörer und sein Gesicht war alles andere als amüsiert von diesem Verhalten.
>Erik, was um alles in der Welt machen wir hier? Du sagtest wir würden nach Adlerhorsten reisen! Dann haben wir plötzlich den Transportadler von Kilee Leiq verloren und waren auf einem Mal über dem Meer und seit dem ignorierst du mich? Was soll das hier?<
>Ich dachte, dass du dich hier zu benehmen wüsstest!< zischte der Mann, den Aden Erik genannt hatte, während andere Mitglieder seines Klüngels, sich beeilten, um die letzten Schritte zu den Ilaziern zu überwinden und sich tausendfach für ihr Zuspätkommen, für ihren müden Zustand und für den Streit zwischen ihnen, entschuldigten. Auch den Jentyponiern schüttelten sie förmlich die Hand und dankten ihnen für ihre Gastfreundschaft auf ihrem außergewöhnlichen Schiff.
Erik und Aden wurden zurück aus dem Raum geschoben.
>Wir müssen uns erst frisch machen, bevor wir in solch gehobener Gesellschaft sprechen können. Wir kommen nämlich direkt von der Front!< versuchten sie zu erklären und wurden von einem verwirrten Matrosen in einen privaten Raum geführt.
Die Lituolier spielten währenddessen erstaunt weiter und ließen die Stimmung entspannt und amüsiert verbleiben.
Und Chori musste sich fragen, wie es denn nun um ihren Plan stand.
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Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben Geschichte
FantasyDer große Kontinent Peruna erstreckt sich von dem tropischen Regenwald Ahnahns, über die glühende Wüste Nemuraq, bis zum kalten Bergland in Manengrund. Er hat bereits viele Konflikte kommen und gehen gesehen und oft trennen die beiden Konfliktpartei...