Zurück an die Front - 32.1. Gnaeo

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Gnaeos Herz pochte, während der Wind kalt an seiner Nase kaute und er sich langsam herunterließ, ganz nach unten in das Tal zu seinem gefallenen Gegner und dessen Adler. Es war ein harter Kampf gewesen, Müdigkeit stand ihm deutlich im Gesicht und er wusste, dass er etwas tun musste um noch so einer Auseinandersetzung zu entgehen, jetzt wo er wieder auf dem richtigen Weg nach Adlerhorsten und so nah an sein Ziel heran gekommen war. Auch wenn er dieses mal gewonnen hatte, hielt ihn solch ein Zusammentreffen doch auf und barg das Risiko zu seiner Enttarnung zu führen. In der Luft konnte man sich kaum verstecken, das war ein Vorteil für diese Manengrunder Bastarde, man konnte nicht ungesehen in ihr Land eindringen.

Dieser verdammte Manengrunder war aus dem Nichts gekommen, er hatte im Sonnenlicht gelauert, sodass ihn Gnaeo nicht sehen hatte können und war dann auf ihn herunter gestürzt, zusammen mit seinem verfluchten Greifvogel. Es ekelte ihn an wie sich diese Vogelfiecher durch dich Luft schraubten, wie sie dort oben am Himmel fast regungslos den Auftrieb nutzen konnten, um im Wind stehen zu bleiben und auf ihn herab zu spähen. Wie schnell sie durch die Wolken schnitten und sich zur Seite rollten um seinen Axthieben auszuweichen. Wie ihre Krallen, Schnäbel und die Pfeile der Manengrunder fast durch seine Rüstung gedrungen wären.

Gleichzeitig bewunderte er sie. Wie sie kerzengerade in die Höhe schnellen konnten und mit der Geschwindigkeit eines fallenden Sterns zurück auf die Erde stürzten.

Er war ein Seemann. Vielleicht ein Seemann der durch seine Flugkünste auf dem Meer einen Vorteil hatte, doch hier war er in ein anderes, fremdes Reich eingetreten und hatte es plötzlich mit einer Kampfsprache zu tun gehabt, die er noch nie zuvor gehört hatte.

All diese Gedanken versuchte er bei Seite zu schieben, als er den toten Jungen betrachtete. Er würde schon lernen wie diese Hühner durch die Luft zu schneiden und ihre Schwachstellen auszunutzen, schließlich hatte er dieses erste Zusammenkommen überlebt. Er hatte nun schon zwei Tage in diesem kalten Gebirge verschwendet und konnte sich nicht weiter mit Zweifeln aufhalten. Es sah nämlich auch mit seinem Proviant nicht mehr rosig aus und er wollte einen Fluss finden, um sich endlich wieder einmal etwas zum Essen zu fangen. Dem für T berühmten Hunger musste Tribut gezahlt werden, bevor er weiter fliegen konnte. Zum Glück hatte er jedoch eine ungefähre Ahnung wo er fließendes Wasser finden konnte.

Grundsätzlich durfte er einfach nicht mehr so auffällig sein, also beschloss er, bevor er sich zu dem Fluss aufmachte, seine Kleidung zu wechseln und statt der schweren Rüstung, die Uniform des Manengrunder Soldaten zu tragen. Es würde ihm somit auch wärmer und der Flugwind wäre besser zu ertragen. Seufzend trennte er also das herabgestürzte Paar nun von einander, Vogel und Pilot die bis zuletzt vereint und aneinander gebunden gewesen waren. Mit wenig begeisterter Miene, steckte er seine Rüstung in seinen alten Sack.

Gnaeo brauchte noch zwei Tage um tatsächlich an den Rand der Hauptstadt zu gelangen, da er zur Deckung so knapp wie möglich am Gebirge entlang fliegen musste. In Adlerhorsten wurde jedoch der Flugverkehr so stark, dass er noch im Gebirge, knapp vor den Stadtmauern, sein Gewand wieder wechselte und in seine alten Hafenarbeiter Fetzen schlüpfte und das letzte Stück zu Fuß ging, schließlich war er bereits so nah an seinem Ziel heran gekommen, dass es jetzt dumm für ihn gewesen wäre, leichtsinnig zu werden. Er lief also den Rest und trat mit einem Schwall von Landvolk in die Stadt ein, die alle ihre eigenen Adler heraußen lassen mussten, da in der Hauptstadt kein Platz für so viele Vögel bestand und ebenso die letzte Strecke zu Fuß gingen. Es waren so viele Leute, die in die Stadt kamen, dass der T geradezu herein gespült wurde. Das brachte Gnaeo zum Lächeln, es erinnerte ihn an Carot und wie es an Markttagen dort zuging.

Gleich nachdem er die Stadt betreten hatte, konnte er sich jedoch schnell wieder von der Gruppe trennen und in einer der engeren Gassen verschwinden. Hier mit einiger Distanz zum Haupteingang, bog er in das Armenviertel um den Tempel herum ab. In Adlerhorsten würde kaum jemand Notiz von ihm nehmen, nicht mit der armseligen Kleidung die er trug und so bewegte er sich zuversichtlich und selbstbewusst durch die Straßen und bestaunte die Häuser, die hoch wie Bäume aufragten und manchmal direkt in den Felsen geschlagen worden waren. Solch einen Aufbau einer Stadt, hatte er noch nie zuvor gesehen gehabt und damit kam ihm zum ersten mal der Gedanke, dass er eigentlich gar nicht wissen konnte, wo sich Artheon aufhielt. Yeon hatte ihm zwar erzählt, dass er vermutete, sein Freund sei bei diesem Aden Dennen in Gefangenschaft, aber die Frage blieb, wie er zu diesem Taugenichts gelangen konnte und ob sich Artheon noch immer dort befand. Fragen ging wohl schlecht.

Doch er hätte Chori seine Dienste nicht angeboten, wäre er sich nicht sicher, dass er ein hervorragender Spion war und er hätte sie nicht dabei ignoriert, wie sie diese abgelehnt hatte, wäre er nicht doppelt von seinen Fähigkeit überzeugt. Als erstes musste er so und so seine Rüstung und Axt verstecken, das Klimpern und Quietschen der Eisenteile würde in einer Stadt wie Adlerhorsten zu stark auffallen, in der alles leicht und flexibel sein musste. Er vergrub den gesamten Sack mit all seinem Habe im Geheimen unter einer Brücke und sah sich dann nach einer Gelegenheit um herauszufinden wo sich dieser Aden Dennen aufhielt.

Da fiel sein Blick auf ein Haus, das wie eine Zentrale für Botenflüge aussah und ihm kam plötzlich die Idee, wie er es schaffen konnte, den Aufenthaltsort dieses Admirals heraus zu finden. Erst dachte er begeistert daran, dass er einen Brief an Aden verschicken könnte und dem Boten dann einfach folgen, geschickt und wie ein Schatten. Ein wohliger Schauer krabbelte über seinen Rücken, als er daran dachte wie überrascht diese Manengrunder über ihn sein würden, wenn er aus der Dunkelheit schlüpft und wie ein Bergpanther seine Krallen strecken würde. Doch dann fiel ihm ein, dass diese Nachrichtenträger wohl auch wieder fliegen werden und das Folgen zu Fuß dadurch fast unmöglich werden würde. Gnaeo musste es schaffen irgendwie mit dem Boten mit zu fliegen und so kam ihm der Gedanke, sich einfach selbst zu verschicken.

Abermals war er sich nicht sicher, ob dies die beste oder schlechteste Idee seines Lebens darstellte, doch es war zumindest eine sehr direkte Methode zu seinem Bestimmungsort zu gelangen. Er Lief also eine Zeit lang durch die Straßen, auf der Suche nach einem großen Sack und Papier und wurde auf der Hauptstraße fündig, wo eine sehr alte Dame Leinensäcke verkaufte. Erst jetzt fiel Gnaeo auf wie wenig Männer er sah, es gab hauptsächlich alte Frauen und Kinder, die vom Krieg überrumpelt irgendwie versuchten zu überleben und an Geld zu kommen, während ihre Männer in Lituolien und Nemuraq starben. Er fiel als junger Mann auf der Hauptstraße auf, auch wenn er versuchte sein Gesicht und vor allem seine weißen Haare bedeckt zu halten und nicht als T erkannt zu werden. Doch alleine die Tatsache dass er jung, stark und männlich war, machte ihn wohl schon verdächtig. Zum Improvisieren gezwungen, spielte er einen Wahnsinnigen, harmlos für die Umgebung, aber nicht fähig komplizierte Befehle auszuführen, sondern gerade einmal dazu in der Lage, einen Leinensack und Pergament zu erstehen.

Mit seinem Material ausgerüstet, setzte er sich zurück in den Schatten der Brücke und begann damit Kuverts zu falten und den Sack damit zu füllen. Das würde einfach sein, er würde sich leicht wie eine Feder zaubern und sicher in dem Sack bis zu seinem Gegner reisen. Er hatte sein treues Messer mit, das sich gewiss ein drittes mal über das Blut von Manengrundern freuen würde und so könnte er Artheon ohne Probleme befreien. Er würde sich in den ersten Morgenstunden in den Sack setzten, nicht weit von der Botenzentrale entfernt und würde einfach Geld und den Wunsch an Aden Dennen verschickt zu werden außen an den Sack befestigen. Bis dahin würde er die Nacht unter dieser Brücke verbringen. Nichts konnte bei diesem Plan schief gehen.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt