30.2. Gnaeo

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Die Mara Meeresbraut, ein Handelsschiff aus Faneforren mit einer ungeniert nackten Frau als Galionsfigur, hatte sich endlich ihren Weg tapfer von Camo aus an Jentyponien vorbei nach Brusolee, durch die Wellen gebahnt. Brusolee war die einzigen Hafenstadt des Manengrunderreichs und damit war Gnaeo an seinem Bestimmungsort angekommen. Der Cousin einer seiner Besatzungsmitglieder, zuhause in Carot, hatte vor Jahren ein Kind einer Camonin als seinen Findel anerkannt und den Jungen großgezogen, der nun selbst seinen Lebensunterhalt damit verdiente, zur See zu fahren und auf Handelsschiffen zu arbeiten. Sie hatten arrangiert, dass der Lord der Ts dessen Platz auf der Mara Meeresbraut einnehmen könnte, wenn er dem Jungen ein Monatsgehalt zahlte und die faneforrischen Besatzung hatte keine Fragen gestellt. Sie wollten nur eine Arbeitskraft auf ihrer Fahrt von Camo zum Land der Manengrunder, ob da nun ein olivhäutiger Camone an Bord war, oder ein blasser T war ihnen gleich.

Die Südvölker schienen gelassen wie die Ts zu sein, hatte Gnaeo zufrieden festgestellt und hatte die meiste seiner Arbeit als Besatzungsmitglied auf andere Matrosen abgeschoben, schließlich war es ihm zu eigen, Arbeit in den meisten Fällen ganz hervorragend zu vermeiden. Sollte beispielsweise das Deck geputzt werden, war das gar kein Problem für ihn, er verunreinigte sein Putzwasser einfach mit dem bereits schmutzigen Putztuchs des Nebenmannes und wirkte für den Maat, der für die Logistik zuständig war, dann so als hätte er bereits die Hälfte des Decks geschrubbt.

So hatte alles geklappt was er sich vorgenommen hatte und er musste es nur noch schaffen hier irgendwo an den Docks von Brusolee zu verschwinden, um nicht wieder zurück nach Camo fahren zu müssen. Doch das war eine Hafenstadt, es gab tausende Möglichkeiten hier unterzutauchen und Gnaeo kannte sie alle, schließlich war er der Lord der Ts. Und als solcher stolzierte er nun die sogenannte Busenrampe herunter auf das Festland und freute sich ungemein auf das bevorstehende Abenteuer. Es war schon viel zu lange ruhig gewesen, sagte er sich immer wieder in seinem Kopf vor, Stille währt nicht ewig. Denn eigentlich beneidete er Daiv um sein Scharmützel auf den nealenischen Inseln. Er sehnte sich ebenso nach einer ordentlichen Rauferei. Doch ihm war eine ebenso ruhmreiche Aufgabe zuteil geworden. Er würde in das Herz ihrer Feinde eindringen und Artheon unter ihrer Nase davon stehlen. Und wenn er 'zuteil geworden' sagte, dann meinte er dass er 'die Königin belogen hatte und ohne ihre Zustimmung in das Manengrunderreich spatziert war'.

Doch wer konnte schon auf solche Details achten, wenn es einen Jungen zu befreien gab?

Er trug seine Rüstung und auseinander geschraubte Streitaxt in einem großen Sack auf dem Rücken, der genauso aussah, wie die Warensäcke, die von den restlichen Matrosen von Deck geschleppt wurden und so fiel er nicht weiter auf. Er gab sich sogar damit Mühe, so zu tun als wäre seine Hebelast unglaublich schwer für eine einzelne Person, auch wenn er sie in Wirklichkeit durch seine Macht als Schurke des Atems, fast federleicht gezaubert hatte.

Es waren so viele Hafenarbeiter auf den Straßen, die von den Anlegestellen zum Marktplatz führten, dass es einfach für ihn war, sich in der Menge aus Gestalten zu verstecken. Ihm war als würde man eine einzelne Ameise in einem Haufen von Ameisen, mit den bloßen Augen verfolgen wollen, es war nicht unmöglich, aber sehr schwer und nachdem er einige Seitengassen eingeschlagen hatte und weiter in den Westen der Stadt vordrang, würde ihn auch niemand mehr verfolgen können. Brusulee wimmelte nämlich von Ausländern, selbst Händler aus den fernen Alkrin-Landen konnte man hier und da sehen und so fiel er als T nicht sonderlich auf. In der Hafenstadt wurde man auch nicht kontrolliert, doch der Nachteil wiederum war, dass man auch nur sehr schwer aus Brusulee wieder heraus kam, denn die Stadt war wegen ihrer unkontrollierbaren Zusammensetzung selbst in Friedenszeiten von dem Rest des Landes isoliert. So fand zwar freier Handel statt, doch die Ausbreitung der ausländischen Händler in das restliche Reich der Manengrunder, wurde beschränkt.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt