19.3. Jaeran

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Sand rieselte von ihren Matten, als sie sich am frühen Abend dazu bereit machten weiter zu reisen. Yaims hatte versichert, dass sie nur noch etwa zwei Nachtmärsche bis zur Hauptstadt Wüstenrast brauchen würden und Jaeran konnte es gar nicht erwarten, bis dieser Moment gekommen war. Die kleine Reisegruppe war nämlich höchst zerstritten. Zumindest so hatte er es bei seiner stummen Nachricht formuliert, die er in innerer Stille, fast jeden Tag an seinen verstorbenen Verlobten adressierte.

Er schrieb Briefe in Gedanken, an seinen Jaelamee, berichte über den vergangenen Tag, über den Sand und die brennende Sonne, über ihre Mission, Silwan, den Krieg und wie sehr Jaelamee von ihm vermisst wurde. Normalerweise funktionierten seine Kontaktaufnahmen besser, da konnte er Kerzen herrichten, sich in eine kühle Brise setzen, mit Blumen und gutem Wein und bekam hin und wieder sogar eine Antwort von seinem Verlobten. Ein Gefühl der Ruhe, ein Klimpern in dem zuvor ruhigen Windspiel über seinem Kopf, ein Flackern der Kerzen.

Doch hier in Nemuraq, war es ihm kaum möglich zur Ruhe zu finden und sich auf Jaelamees Antwort zu konzentrieren und da sein Verlobter schon immer ein schüchterner, ruhiger Charakter gewesen war, traute er sich auch nicht zu antworten, wenn andere Leute anwesend waren. Und Jaerans volles Arsenal an Geschützen wollte er vor anderen auch nicht auffahren, die Glöckchen, Farbenkreise, das Varicin, die Mondlichtblüte, die er extra für Jaelamee auf dem ganzen Kontinent gesucht hatte.

Er wollte ja nicht für Wahnsinnig gehalten werden, schließlich gab es kaum andere Leute, die sich trauten mit den Toten zu sprechen. So blieb es bei kurzen Sätzen in Gedanken.

Das Thema Tod, vermied man grundsätzlich in Peruna. Die Mitglieder der Weißen Klingen hatten im Garten des Gott des Lebens ihren ewigen Platz, sie ruhen dort stolz und siegreich zu seinen Füßen. Doch über mehr sprachen die Lieder nicht. Über deren Aktivitäten und deren Wohlergehen, wurde nicht nachgedacht, dafür gab es wohl keine Art der Kreativität. Auch deshalb, wollte er mit Jaelamee sprechen.


Doch der Streit. Der Streit zwischen Yaims und Silwan war allgegenwärtig und hielt Jaeran in empfindlicher Weise davon ab, sich seinem inneren Auge und seinen inneren Ohren zu widmen. Dabei ging es doch schlicht und ergreifend nur darum, wer wo schlief.


>Ihr seid in der Nacht wieder an mich heran gerückt!< beschwerte sich Silwan in einer todernsten Manier.

Jaeran blickte zum dunkler werdenden Himmel und verabschiedete sich von Jaelamee.>Bitte verzeih, dass sie so laut sind. Die bösen Gedanken müssen sich einfach Luft verschaffen.<


Dann stand er auf und versuchte unauffällig heraus zu finden, ob besagte böse Gedanken, an ihn gerichtet waren. Doch Silwan beschuldigte offensichtlich wieder einmal den unschuldig drein schauenden Yaims, irgend einer Anzüglichkeit. Der Vorverurteilte, ließ sich keinerlei schlechtes Gewissen anmerken.
>Ihr solltet wohl eine von diesen Schutzmauern aufbauen, die ihr Lituolier so mögt. Vielleicht lässt sich ein wanderndes Volk so abhalten.<
>Ich habe euch schon gesagt, dass Fürst Jaeran zwischen uns schlafen soll und ihr euch gefälligst an diese Abmachung halten müsst!< entgegnete sie eisig und verschränkte die Arme, in einer Abwehrhaltung, die jedoch auf ein dafür taubes Gegenüber stieß.
>Hätte ich gewusst, dass Ihr solch eine Spaßbremse seid, hätte ich mich nicht dazu entschieden, euch zur Hauptstadt zu führen.<


Silwans Stirn runzelte sich angestrengt und sie starrte ihren Reiseführer entgeistert an, sie machte einen Schritt zurück und sah nicht nur erschrocken, sondern auch angewidert aus. Sie hatte noch immer den selben Gesichtsausdruck auf ihren feinen Zügen, als sie sich hilfesuchend zu Jaeran umwandte.
Dieser hatte aber seine eigene kleine Krise. Sie würden es zwar ohne Yaims wohl in die Hauptstadt schaffen, doch er war der Einzige, der sich bis jetzt dazu bereit erklärt hatte, Kontakt mit dem König herzustellen. Sie durften ihn nicht vergraulen.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt