Das Segeltuch schlug auf der Wasseroberfläche auf und der Leichnam versank langsam in den schwarzen Fluten. Knapp Steuerbord voraus glitzerte der Leuchtturm von Humbreen in der schwarzen Nacht und lud besonders die wenigen Jae unter der Besatzung der Königin Chori, dazu ein, sich nach Hause zu wünschen und die Jentyponier zu verfluchen, denn diese blockierten die Frostnerbucht mit verbissenem Eifer. Nicht jedoch Kapitän und Fürst Jaearon von Humbreen, der eigentlich das meiste Heimweh nach seinem Hafen verspüren sollte. Er blieb konzentriert und las weiter die Ansprache der Totenfeier vor, die er für jeden einzelnen Unglücklichen abänderte, je nach Stand des Verstorbenen.
Wieder wurde ein Leichnam platschend der See übergeben und Daiv sah ihm dabei zu, wie er in dem öligen Wasser versank. Er hatte gemischte Gefühle gegenüber dieser gesamten Veranstaltung. Einerseits befanden sie sich zwar so nahe an der camonischen Küste, wie ihnen das möglich war, um den Jentyponiern auszuweichen, denn sie befanden sich noch tief in jentyponisch kontrollierten Gewässern und hatten deshalb eigentlich keine Minute zu verlieren. Andererseits stand den Verstorbenen auch eine angemessene Beisetzung zu und er hoffte, dass die Abhandlung einer solchen, auch sein schlechtes Gewissen mildern würde. Er war nämlich für deren Tod verantwortlich zu machen.
Nachdem er das Kommando der Echino übernommen gehabt hatte, waren gleich mehrere Probleme auf einmal aufgetaucht. Wie es zu vermuten gewesen war, hatten sich die jentyponische Besatzung, nicht damit abgefunden den Lituoliern dabei zu helfen, die Echino in einen sicheren Hafen zu bringen und sich nicht nur der Meuterei, sondern auch des Landesverrats schuldig zu machen. Ihre Kooperation war jedoch damals, so wie heute, extrem wichtig gewesen, denn der Rammangriff der Königin Chori auf die Echino, hatte diese schwer beschädigt und sie hatte in einem kleinen Sturm vor Jentyponien, noch einmal mehr gelitten, sodass sie unter der Wasserlinie aufgebrochen war. Die schwachen Pumpen der kleinen Echino liefen nun Tag ein Tag aus, ununterbrochen, damit das Schiff nicht ihrem ehemaligen Kapitän auf den Meeresboden folgen würde. Das hatte die Männer natürlich über die Maßen angestrengt. Jeder musste mithelfen, damit sie alle zusammen nicht untergingen. Und die jentyponischen Offiziere und Seesoldaten, die sich ergeben gehabt hatten, waren somit nicht nur Zeugen der Meuterei gewesen, sondern auch Zeugen der Kooperation zwischen den jentyponischen Matrosen und den lituolischen Kapitänen.
Der Großteil der Besatzung hatte damit gerechnet, dass sie nie wieder nach Jentyponien zurück kehren würden, wenn der Krieg einmal vorbei war und die freigelassenen Offiziere erst einmal Aussagen, gegen jeden Einzelnen von ihnen machen könnten. Damit hatten sie sich nicht abfinden wollen. Eine weitere offizielle Anfrage, ob man die jentyponischen Offiziere nicht verschwinden lassen könnte, um keine Zeugen zu haben und so zu tun, als hätte es keine Meuterei gegeben, hatte Daiv ablehnen müssen. Es war lituolisches Gesetz, dass Kriegsgefangenen nichts zustoßen durfte. Doch die schwere körperliche Arbeit an den Pumpen, die Erniedrigung nun unter den Lituoliern zu dienen und die Angst nie wieder nach hause kommen zu können, hatte die Stimmung auf der Echino in eine gefährliche Pulvermischung verwandelt. Daiv hatte die Zwickmühle von Anfang an gerochen und hatte versucht mit Respekt und Anstand, den Jentyponiern entgegen zu kommen, um eine Katastrophe zu verhindern. Doch sie hatten schon einmal gemeutert und damit war die Hemmschwelle erschreckend klein geworden.
Nun nach etwa drei Wochen ununterbrochener Plackerei und Angst, wäre das Fass beinahe zum Überlaufen gebracht worden. Das hatte Daiv dazu veranlasst, einen drastischen Schritt zu gehen und er hatte den Schlüssel zu den Zellen der Offiziere, für eine Stunde unbeaufsichtigt gelassen, während er für alle sichtbar, zusammen mit Choyon in seine Achterkajüte geschlüpft war, um ein üppiges Mahl einzunehmen.
Am nächsten Morgen waren die Offiziere ermordet vorgefunden worden.
Seit dem war die Stimmung auf der Echino entspannter, wenn auch nur, da Daiv kaum Untersuchungen zu dem Vorfall anstellen hatte lassen. Keiner der jentyponischen Matrosen wollte irgend etwas während dieser Nacht bemerkt haben. Sie alle hatten Zeugen, die darauf schworen, die gesamte Zeit beisammen gewesen zu sein und somit hatte Daiv es dabei belassen.
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Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben Geschichte
FantasyDer große Kontinent Peruna erstreckt sich von dem tropischen Regenwald Ahnahns, über die glühende Wüste Nemuraq, bis zum kalten Bergland in Manengrund. Er hat bereits viele Konflikte kommen und gehen gesehen und oft trennen die beiden Konfliktpartei...