16.3. Jaeran

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Übermüdet und mit schmerzenden Knochen von der langen Reise, hatten sich Silwan und Jaeran einen weiteren Canyon gesucht um sich dort über den Tag hinweg, gegen die Sonne zu schützen. Die Schluchten waren von weitem oft gut zu erkennen, entweder weil sie über einem meterhoch rauf ragten, wenn man auf der Flussbettebene stand, oder an den toten, völlig ausgeblichenen Bäumen, die an den Rändern vor dem tiefen Fall warnten, wenn man sich über dem Grund des Canyons befand. Letztere waren stumme Zeitzeugen einer Epoche, in der Nemuraq noch Trockenwaldsteppe gewesen war und hier Gräser, Büsche und sogar Bäume gewachsen waren. Gleiches galt für die ausgetrockneten Flussbetten, in die sie sich tagsüber zurück zogen. Auch sie waren noch mit Wasser gefüllt gewesen, als die T in das Gebiet eingefallen waren. Doch dieses Ereignis lag schon hunderte Jahre zurück und nun mussten sich Silwan und Jaeran mit blankem Stein, groben Sand und dem ewig blasenden Föhn begnügen.

Doch der Morgen verschaffte ihnen wenigstens eine aufgezwungene Pause, in der sie sich nicht so schlecht fühlen mussten, wenn sie nicht schneller voran kamen. Erschöpft wollten sie sich also zusammen rollen, die aufsteigende Hitze ignorierend, doch da hörte Jaeran Bewegung weiter hinten im Flussbett. Das Licht war noch zu diffus, der Morgen noch nicht ganz angekommen, deshalb konnte sich Jaeran auf seine Augen nicht verlassen, doch sein Gehör sagte deutlich, dass diese Geräusche, keine zufällig herab rieselnden Sandkörner waren.

Für Rieseneidechsen war es noch zu kalt, ohne die Sonne am Himmel und die Schritte waren für Wüstenfüchse und Schakale zu schwer. Weitere große Räuber kannte er in Nemuraq nicht. Große Herbivore waren natürlich auch eine Möglichkeit, doch dafür waren die Geräusche zu sanft, einzelne Tiere waren sehr selten und für eine Gruppe klang alles schlicht zu leise. Auch Silwan hatte sich mittlerweile auf gesetzt und die Gefahr wurde ernst, als ihre Reittiere auf die Füße sprangen, obwohl sie tot müde sein mussten.

Die nemuraqische Wüste hatte die beiden Reisenden bereits mehrfach auf solch eine Situation gedrillt, Silwan schnappte sich ihr Gepäck und Jaeran zog sein weißes Lilienschwert. Es machte keinen Sinn, die Nomaden sollten noch für Monate im Norden an der Küste verweilen, sie sollten auf keine anderen Wanderer treffen. Doch mit einem spitzen Schrei, war das für unmöglich gedachte wahr geworden. Von vorne und hinten, kamen verhüllte gestalten nun auf sie zu und als Jaeran zurück weichen wollte, bemerkte er, dass Angreifer sich sogar von oben abseilten, um sie von jedem möglichen Fluchtweg abzuschneiden.

Alles ging so schnell, doch Jaerans Kriegerinstinkte, zeigten ihm dennoch sofort, dass er keine Chance hatte. Er ließ also sein Schwert fallen und stellte sich vor Silwan. Im nächsten Moment hatte er bereits Säbel gegen seine Brust gedrückt und wurde im schwachen Licht begutachtet. Silwan war zwischen ihm und den Felsen eingeklemmt, er spürte ihre Handflächen gegen seinen Rücken drücken und überlegte, ob es besser wäre, die Angreifer wüssten, dass sie da war, um nicht überrumpelt zu werden, oder umgekehrt, es besser wäre, sie verdeckt zu halten und sie weiter zu schützen.

Schnell wurde eine Fackel angezündet und Jaeran im harschen Licht gründlicher betrachtet. Damit hatte sich die Frage von selbst erledigt, und Silwan hinter seinem Rücken hervor gezogen. Sein Gegenüber wurde durch den Fackelschein nun ebenso deutlich erkennbar und er sah wie aus einem vermummten Gesicht dunkle Augen funkelten. Auf dem einfachen Leinenhut, thronte ein Aufbau aus Gazellenhörnern, die mit metallenen Ringen geschmückt, dem träger ein exotisches Aussehen verschafften und ihn eindeutig als nemuraqischen Nomaden identifizierten, genau wie den Rest der Gruppe.

Ein schneller Blick über den Wald aus Hörnern, ließ Jaeran erkennen, dass es etwa acht Nemuraqer waren, die allesamt mit gezogenen Klingen vor ihnen standen. Er hob die Hände beschwichtigend, während der am imposantesten geschmückte Nomade, Jaerans Gesicht an seinem Kinn nach links und rechts drehte, um besser sehen zu können, um wen es sich hier handelte. >Was macht ihr hier? Der Wind hat den Herbst noch nicht gebracht!< fragte Jaeran in etwas eingerostetem Nemi, der Sprache der Nemuraqer. Sein Gegenüber verzog die Augenbrauen >Nein was macht ihr hier? Dieses Land gehört dem Stamm der Naurabuten!< fragte er in akzentfreier Gemeinsprache.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt