11.4. Chori

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Das Abendessen sollte in der Stadt Hamir stattfinden, eine weitere Einladung des Fürsten, zu Ehren seiner erhabenen Gäste, doch bis dahin hatten sie noch ein wenig Zeit, die Chori auf ihrem Zimmer in der Villa an der Mauer verbrachte.

Jaenun war bei ihr und sie saßen zusammen auf ihrem Bett und versuchten zu vergessen, dass sie gerade einen Krieg vorbereiten mussten. Jede Ablenkung von diesem erdrückenden Gedanken war ihr recht. Die Ebene vor ihnen schien so ruhig, doch bald würde auch das Manengrunderreich zum Leben erwachen und sich versuchen, durch jede Ritze in der Mauer zu quetschen.

Chori hob und schüttelte den Kopf um diesen Gedanken wieder los zu werden, er war überaus ungebeten gekommen, besonders jetzt, wo sie gerade ihren Kopf an Jaenuns Schulter gelegt gehabt hatte, doch sie wusste, dass der Jae genauso fest daran dachte und solange er nicht zur Ruhe kam, konnte sie das auch nicht. Jaenun schien irritierte von all der Bewegung >Hörst du mir überhaupt zu?<

>Ja klar.< versicherte das Mädchen, doch sie log dabei, sie war sich nämlich eigentlich gar nicht so sicher.
Ihr Freund war ihr jedoch auf der Spur >Ach ja? Was hab ich denn gerade gesagt?<
>Du vermisst Ahnahn. Dort ist alles einfacher, dort gibt es keine mörderischen und komplizierten Fürsten und keine schweren Entscheidungen, für dich zumindest nicht. Dort gibt es lebensfrohe Leute und süße Früchte und endlose Strände. Dort gibt es tote Väter die nicht deine sind und Freunde, die dich nicht umbringen wollen.<

Jaenun zog die Augenbrauen fest zusammen und betrachtete Chori, als wäre diese verrückt geworden >Wovon redest du?<

Vielleicht hatte er es nicht gesagt, doch sie wusste, dass er es gedacht hatte und darüber hatte sie sich sehr gefreut. Seit er ihr geschrieben hatte, dass er nun eine Rolle in der Politik der Jae spielte, hatte sie sich gefürchtet, dass sein Platz nicht mehr in Ahnahn lag. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob er das Land der Jae nicht mehr mochte als ihre Heimat, doch diese Sorge war wohl unbegründet gewesen. Für den Moment zumindest, der Krieg konnte auch das paradiesische Ahnahn zerstören.

Er ergriff ihre Hand >Ich habe nicht von Ahnahn gesprochen!< versuchte er zu erklären >Ich wollte dir gerade sagen, dass Jaeho Juvi mich vorhin zur Seite genommen hat. Er meinte, dass er vermutet, dass sich Jaetru zum Abendessen besonders herausputzen will. Angeblich mit Kleid und Schminke und man soll ihn heute Abend nur mit 'Fürstin Jaetru' ansprechen. Er sagte auch, dass obwohl sich die beiden im Moment nicht gut verstehen würden, er jeden verprügelt, der etwas gegen diese Angewohnheit von Jaetru hat. Anscheinend ist es Jaetru sehr wichtig sich heute Abend so zu präsentieren. Jaeho Juvi scheint ihm noch sehr zugeneigt zu sein, auch wenn er wahrscheinlich selbst nicht versteht warum das so ist, nach all dem was passiert ist. Ich wollte dich also vorwarnen, er scheint es dieses mal ernst zu meinen. Und ich will Jaetrus Wünsche auch respektieren.<

>Jaeho ist ein guter Mann.< das war alles was Chori dazu sagte und Jaenun lächelte. Er lehnte sich zurück, bis er völlig auf dem Bett lag, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und starrte an die Decke, die aufwendig bemalt war. Die Fresken zeigten Jagdszenen aus der Fabel vom Schakal und dem Adler. Doch auch wenn sein Blick glasig wurde und er ins Narrenkastl drohte abzudriften, wusste Chori doch, dass er noch immer über Fürstin Jaetru nachdachte. Es gefiel ihm, dass Chori diese Bitte um Akzeptanz ohne Bedenken angenommen hatte und dass sie auch keine Fragen stellte. Und warum sollte sie auch? Natürlich kamen Fragen auf 'Warum Kleid und Schminke?', 'Tut er so etwas öfter?' und 'Warum war es Jaetru auf einmal so wichtig?', doch dass die Antworten nur Fürstin Jaetru etwas angingen, lag für Chori auch auf der Hand. Heute Nacht war sie ein Mädchen und sie würde entzückend aussehen, da war sich die Königin sicher.

Sie ließ sich neben Jaenun nieder und legte ihren Kopf auf seinen Brustkorb. Da gerade ein Moment Stille zwischen ihnen herrschte, konnte sie die Beichte, die sie so und so längst hätte ablegen müssen, auch gleich bei dieser Gelegenheit loswerden, beschloss sie mit einem Seufzen und wechselte von der gehobenen Gemeinschprache, auf Chorr in tiefster Mundart. Ganz nach dem Muster der Hafenarbeiter aus Fihl-Dehered, doch sie wusste, dass Jaenun damit umgehen würde können >Du?< hauchte sie und zog die Silbe etwas in die Länge. Er grunzte müde als Antwort.
>Versprich nicht gleich auszuzucken, hast mi?<
Natürlich reagierte er alamiert darauf, doch er versprach ruhig zu bleiben >Also sag was los ist.<

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt