36.2. Aden

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Goradins Informationen würden wohl noch auf sich warten lassen, denn die Wege, auf denen Nachrichten in das Manengrunderreich getragen werden konnten, waren lange und sein Freund musste auch erst einmal etwas finden, das es zu berichten gab. So blieb Aden mit der quälenden Frage zurück, ob es tatsächlich seine Schuld gewesen war, dass seine Flotte bereits seit dem Beginn der Invasion, augenscheinlich benachteiligt worden war. Er hatte sich viele Feinde in mächtiger Position gemacht, also hatte er diese Erklärung nicht leicht von der Hand weisen können.

Doch um nicht ganz den Selbstzweifeln zu unterliegen, die ihm wohl früher oder später den Tod bringen würden, versuchte er sich abzulenken. Da gab es glücklicher weise, mannigfaltige Möglichkeiten, die seine Aufmerksamkeit von seinen Schuldgefühlen zogen.

Sie hatten mit Hilfe der Moskito Sturmflotte, die von Erik dem Banditen befehligt wurde, alle Dörfer um den großen See herum einnehmen können. Das war jedoch nur der erste Teil des Streichs gewesen, denn nun war es dringend nötig, Verteidigungsanlagen zu bauen, die in mehreren Linien angeordnet werden mussten, denn die Lituolier würden nicht lange auf eine Gelegenheit warten, um wieder anzugreifen. Wenn man bedachte, wie bitter sie um den Nirin-Atah gekämpft hatten, war es unvorstellbar anzunehmen, dass sie eines ihrer Dörfer kampflos aufgeben würden. In Ahnahn merkte man, dass die Chorr wesentlich mehr Feuer in den Adern hatten, als es die Jae.


Außerdem waren da die Sorgen um Meharitt, den man nach der Explosion am See, nur leicht verletzt doch schwer verstört, im Dschungel wieder gefunden hatte. Es würde eine ganze Weile dauern, bis der Vogel wieder einsatzbereit war und Aden war mit einer ungewohnten Hilflosigkeit diesbezüglich gestraft.
Vielleicht würde Aden dessen Gefühle der Angst durch seine Herzmagie unterdrücken müssen, um ihn fliegen zu können, was keine schöne Vorstellung war.

Doch noch hatte Meharitt Zeit, um sich von selbst wieder zu fangen, denn das Motto der Stunde hieß wieder einmal, sich eingraben und auf den lituolischen Gegenangriff warten. Aden hatte jedoch kaum Männer mehr und die wenigen, die ihm noch verblieben waren, musste er gleichzeitig für die Lösung eines weiteren Problems abkommandieren. Die Moskitoflotte selbst, machte ihnen nämlich größte Kopfschmerzen. Die Zivilbevölkerung und deren Hab und Gut, musste vor den Banditen beschützt werden und egal wie heftig Aden gegen die Gewalt und das Brandschatzen vor Erik protestierte, Aktionen wurden nicht gesetzt. Aden wurde immer nur mit einem Augenrollen und voller Hohn wieder weg geschickt. Wenigstens rechneten ihm seine eigenen Soldaten seine Versuche hoch an und auch die Neulinge, die noch übrig geblieben waren, hatten mittlerweile ein gutes Verhältnis zu ihm entwickelt.

Es wanderten also genug Krisenherde über seinen Schreibtisch, dass er sich gar nicht viel um Goradins fehlende Absolution kümmern konnte und Kaukus, der wohlbehalten wieder zu ihnen gestoßen war, brachte auch prompt eine neue Fuhre Papiere für ihn.

Aden lächelte höflich, auch wenn er eigentlich einmal auf gute Nachrichten gehofft hatte. Doch die Miene von Kaukus zeigte deutlich, dass diese Hoffnungen nur einem Narr einfallen würden.
Sich all dem bewusst, kratzte sich Kaukus am Kinn >Admiral, die Lituolier bauen ihre Verteidigung in Jaruhn aus. Mehrere Linien und eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Sasanliern. Sie können damit nun schlagkräftig in die Tiefe vordringen.<
>Wurde auch Zeit, dass sie das lernen.<
>Ja, doch das macht es für uns schwieriger. Außerdem sind weiterhin achtunddreißig Soldaten und Zivilisten von ihnen in unseren Lazaretts. Die Mutter des Vashs ist in der Nacht verstorben.<

Adens Kiefer pressten sich auf einander. >Melde das der Zentrale, das muss der Gegenseite irgendwie taktvoll kommuniziert werden.<
>Ja Admiral.<

Das Gesicht von Kaukus zeigte noch immer keine Entspannung, also bohrte Aden nach >Und? Sonst noch was?<
>Die Moskitos haben ein Weinlager in Méssén in Brand gesetzt.<
>Schreib es auf die Liste von Vergehen. Der König muss sich um dieses Fehlverhalten kümmern.<
>Außerdem-< hier zögerte Kaukus wieder >Ein Bericht von der Jae-Front. Die Allianz hat sich nun zurück ziehen müssen. Sie wurden bis zum Ahnemorn in Battera zurück gedrängt.<
Aden fuhr sich müde durch die Haare >Verdammtes Schlamassel.< doch dann verharrte er in seiner Bewegung, da Kaukus murmelnd hinzu fügte >Admiral, sie haben meinen Vater gefangen genommen.<


Aden blickte auf und ließ die nutzlose Hand auf den Tisch fallen. Sein verwundetes Bein rückte in seinen Fokus, auch wenn er sich nicht darum kümmern wollte. Es begann zu drücken und zu brennen und wollte in der feuchten Luft einfach nicht richtig abheilen, trotz des verdammten Vash Blutes, trotz Emons führsorglicher Behandlung. Er konnte kaum gehen, geschweige denn stolzieren, wie er es früher immer getan hatte. Ob er sich auf einen Adler setzen konnte, war ebenso fragwürdig. Vor allem da Meharitt nun so unberechenbar war. Dennoch blieb ihm nur eine einzige Sache, die er antworten konnte >Wir müssen ihn retten.<

Natürlich nur, weil es einen großen Vorteil brächte, den Großadmiral zu retten, dachte er heimlich, um den Göttlichen des Herzens und sich selbst zu belügen. Doch sie alle wussten, dass das nicht der einzige Grund war.
Kaukus verblieb einen Moment auf der Stelle erstarrt, als wäre er sich nicht sicher, ob diese Aussage wieder flüchten könnte, würde er sich zu ruckartig bewegen.

Aden jedoch lächelte seufzend, in seinem Inneren in tiefste Sorge stürzend, während er nach außen beruhigend wirkte. >Doch das werden wir nicht alleine schaffen. Wir werden die Moskitoflotte bitten müssen.<
>Was soll das heißen, Admiral?<
>Das was ich gesagt habe.<
>Nein Juvi! Erik von Nareen ernährt sich praktisch davon, dich zu erniedrigen! Das ist ein Hauptgewinn für ihn!<
>Er ernährt sich hauptsächlich von billigem Wein. So wie ich das verstanden habe.<
>Das auch, aber ich meinte...wie Poeten das meinen, verstehst du?<

Aden lachte nun doch sehr amüsiert darüber, wie süß Kaukus sein konnte. Doch sein Erster Offizier hatte natürlich auch recht in seinen Sorgen. Erik würde sich nicht leicht davon überzeugen lassen, Aden auch zu helfen. Nur gut, dass Aden ein ausgezeichneter Redner war.

Kaukus ließ jedoch nicht locker. Er fitzelte an seinen Fingern herum und suchte mit seinen Augen, in jeder Ecke des Raumes, nach einer Antwort für dieses Dilemma >Aber müssen wir denn wirklich die Moskitos involvieren? Können wir das nicht alleine stemmen?<
>Die Lituolier haben ein Gefängnis für Kriegsgefangene, hier im Dschungel. Das hat mir Goradin Juvi erzählt. Es ist die perfekte Gelegenheit, diese zu befreien, weil wir auch am nächsten zu ihnen stationiert sind. Doch wir können dort nicht mit zwei drei Leuten auftauchen! Es ist schwer befestigt und gut bewacht. Anscheinend ist dieses Gefängnis in der Vergangenheit von den Chorr für Schwerverbrecher erbaut worden. Man kommt nur mit Anstrengung rein und nur mit Anstrengung wieder raus. Es ist als würde man eine Festung stürmen wollen. Wir brauchen also genug Piloten dafür! Wenn wir keine Unterstützung bekommen, dann müssten wir unsere Stellungen hier aufgeben.<

Kaukus ließ die Schultern kraftlos hängen >Doch die Lituolier könnten sich auf einen Gefangenenaustausch einlassen. Vielleicht wenn wir ihnen einen wichtigen Gefangenen anbieten...<

Es wurde toten Still im Raum. sowohl Aden, als auch sein Erster Offizier erstarrten, als der Vorschlag einsickerte. Kaukus hob den Blick und sah schockiert aus. Nur daran erahnte Aden, was für ein Gesicht er wohl gerade machte. Schnell versuchte er den einschlagenden Widerwillen in seiner Brust zu unterbinden. Es gab nicht viel, das er Kaukus nicht über sich anzuvertrauen konnte, doch das hier war eindeutig zu privat. Er wollte Artheon schlicht nicht her geben. Trotzdem versuchte er sich auf eine, so hoffte er, vernünftige Art zu erklären >Das ist natürlich eine Möglichkeit, doch das sollte nur unsere letzte Option sein. Wir sollten erst unsere militärische Stärke testen.<

Der Erste Offizier reagierte genau so, wie Aden dies erwartet hatte. >Ja Admiral.< wie hätte er auch seinem Admiral widersprechen können.

Aden versuchte aufzustehen. Diese Sache sollte man am Besten gleich regeln, schließlich wurde es bereits Abend und Erik würde sich eine Weile lang bitten lassen. Nur blöd, dass sich Aden selbst nicht wirklich in idealer Form vor den Älteren treten würde, das hatten ihre vergangenen Diskussionen bereits bewiesen. Dennoch griff er nach dem Gehstock, den Jappa gefunden und Emon für ihn zugeschnitten hatte, als wäre er eine Turnierlanze. Er legte den Mantel seiner Uniform um, als wäre er ein Brustharnisch und seine Admiralskappe, als wäre er ein Helm. >Mach hier weiter, Kaukus. Der Papierkram muss erledigt sein, bis es dunkel ist.<
>Ja, Admiral.< murmelte Kaukus unsicher und Aden konnte dessen intensiven Blick auf seinem Rücken spüren, bis er völlig aus der Tür gehumpelt war. Dann konzentrierte er sich endlich auf sich selbst und seine Mission.

Er verließ sein Hauptquartier mit der Hoffnung, dass er Erik neben an, in dessen Stabsquartier finden würde, doch natürlich ließ sich der Bandit überall in dem Dorf suchen. Niemand hatte ihn gesehen, niemand wollte sich dazu bereit erklären, dem verwundeten Admiral, bei der Suche zu helfen.

Die Dunkelheit kroch über die Baumwipfel in das Dorf und bald schon spiegelten sich die ersten Sterne in dem spiegelglatten See. Bald würden die Lituolier wieder einen Angriff wagen und Aden war Erik keinen Schritt näher gekommen. Seine Haut fühlte sich in der tropischen Luft klebrig an, seine Schläfen pochten, da noch kein kühler Wind aufgekommen war. Doch all diese Empfindungen waren nicht vergleichbar, mit dem Missbehagen, das Aden befiel, als er sich dem einzigen Ort zuwandte, an dem er den Banditen noch nicht

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt