Die Nordallianz - 8.1. Jaeho

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Jaeho, Fürst von Vijen, Mitglied der Weißen Klingen und somit einer der besten Schwertkämpfer des Kontinents, erholte sich nicht vollständig von Jaenuns Finte. Er war nicht mehr in der Lage dazu, seine Beine zu bewegen, auch nicht nachdem er das Heilmittel seiner neuen Bekanntschaften getrunken hatte.

>Vielleicht wird das ja wieder. Irgendwann einmal.< hatte Jaenun immer wieder versucht ihn zu beruhigen, doch Jaeho selbst glaubte nicht daran, dass er jemals wieder laufen könnte und das brachte ihm einen seltsamen Grad an Entspannung, da er all seinen Verpflichtungen entbunden war. Er verzichtete auch darauf, vor ihrer Abreise aus der Stadt Vijen, seine Schwester oder Mutter in der Feste aufzusuchen.

Auch wenn er seine Familie gerne gesehen hätte, würden diese seinen Zustand jedoch schwerer hinnehmen, als er das tat und ihre entsetzten Gesichter wollte er nun auf keinen Fall noch einmal sehen. Außerdem würden die beiden wohl nur durch zusammengebissene Zähne hindurch den neuen Vash willkommen heißen, da sie zurecht vermuteten, dass Jaenun an seinen neuen Verletzungen schuld war und das wollte er dem Jungen nicht antun.

Er plante von Panareen aus Jaemi einen Brief zu schreiben und sie davon in Kenntnis zu setzen, dass sie nun Fürstin von Vijen sein sollte. Auf diese Weise, konnte seine Familie auch nicht auf die Idee kommen, ihn davon abhalten zu wollen, zu Jaetru zu reisen, auch wenn dies wohl eigentlich ein schlauer Rat gewesen wäre.

Doch Jaeho fühlte sich im ersten Moment zuversichtlich und gelassen, vor allem als sie durch die Katakomben hindurch auf dem Fluss endlich ins Freie kamen und er das erste mal seit zwei Jahren wieder frische Nachtluft atmen konnte.

Sein entspannter Zustand währte jedoch nicht lange. Natürlich ergaben sich einige unangenehme Situationen, sobald die kleine Gruppe um Jaenun herum zurück nach Panareen gekommen war. Als erstes sollte erwähnt werden, dass alleine das Anlanden an das breite Deck der Stadt für Aufsehen gesorgt hatte, die beiden unerfahrenen Bootsführer Jaenun und Lehni, zogen alle Blicke auf sich, als sie eine Taktik anwendeten, die man wohl kaum als solche bezeichnen konnte. Mehr zufällig als geplant, schafften sie es das Boot zu ihrem Steg zu bewegen. Dies gelang nur, da Lehni das Boot mit dem Seil in der Hand, fliegend zum Steg zog. Dies ließ alle geschäftigen Jae der Umgebung pausieren und brachte sie zum Lachen. Doch das störte die beiden Ausländer nicht, die Methode war effektiv und so ignorierten sie auch Jaehos schneidende Kommentare.

Die zweite Herausforderung bestand für sie darin, den Rollstuhl, den sie für den Fürsten von Vijen, in einem der kleinen Dörfer zwischen den beiden Fürstentümern herstellen hatten lassen, wieder zusammen zu bauen, da er für den Transport auseinander geschraubt worden war.

Auch hier bewiesen sie nicht gerade handwerkliches Geschick, doch nach einigen Versuchen, schafften sie es schlussendlich doch, das Transportmittel zusammen zu bauen. Jaeho ließ sich in den Rollstuhl helfen, als sich seine langen Beine so gar nicht bewegen wollten.

Er versuchte den Gedanken daran, wie hilflos er plötzlich war, von sich weg zu scheuchen, doch es fiel ihm besonders unangenehm auf, als Jaenun seinen Rollstuhl begann, von den Docks in die Richtung des Marktplatzes zu schieben. Da zog Jaeho seine Kapuze tiefer in sein Gesicht und wünschte sich, dass er nicht so groß gewesen wäre. Die Blicke der anderen Jae scheute er grundsätzlich schon, doch nun zog er ihre Aufmerksamkeit auch noch magisch an. >Noch nie einen Krüppel gesehen? Das kann ich mir kaum vorstellen.< wollte er sie fragen, doch er biss sich auf die Zunge.

Es hätte keinen Sinn hier nun zum Streiten zu beginnen. Vor allem nicht, da er selbst noch kaum Zeit dazu gehabt hatte, sich an diese Situation zu gewöhnen, also ließ er sich stumm und mit gesenktem Blick durch die Straßen schieben. Vielleicht würde er eines Tages all den Gaffern in ihre Gesichter blicken können und gleichgültig reagieren, doch im Moment war er noch gefangen zwischen Erleichterung, dass er nun keine Verantwortung mehr hatte und der Scham, aus der Masse dennoch heraus zu stechen.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt