28.2. Silwan

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Silwan knickte ein, wie ein morscher Baum und fiel dabei auf einen sandig heißen Teppich, der sich anfühlte, als wäre er vor Jahrzehnten bereits zur Genüge durchgetreten worden. Der Sack auf ihrem Kopf war völlig unsinnig, sie konnte so und so nichts sehen, da ihre Augen vor Hitze tränten und sie diese zugekniffen ließ. So hatte der Stoff in ihrem Gesicht nur den einzigen Zweck, ihr die wenige Atemluft noch schwüler werden zu lassen und sie fast zum Ersticken zu bringen. Hinter ihren geschlossenen Lidern, tanzten scharfkantige Sterne und die Welt um sie herum schien mitzutanzen.

Über ihren schweren Atem hinweg hörte sie die nemuraqichen Frauen und Männer, die sie vor einem Tag gefangen genommen hatten, in Nemi sprechen und nahm neben sich wahr, wie etwas schweres auf den Boden sackte. Fast delierisch wandte sie sich dem Geräusch zu und spürte Jaeran neben sich, der kleine Finger seiner hinter dem Rücken gefesselten Hand, harkte sich bei dem ihren unter. Dann konnte sie auch seine Stimme hören >Meine Gefährtin hier ist eine Chorrdame. Sie braucht dringend Wasser und Abkühlung!<

>Ja! Bitte, gebt mir Wasser!< wollte sie aufschluchzen, doch dafür fehlten ihr sowohl Kraft, als auch die nötige Feuchtigkeit um ihre Zunge noch von ihrem Gaumen zu lösen.
Ihre Bewacher ließen sich jedoch nicht auf einen Akt der Fürsorge ein >Schweig Retinak!<

Zu Silwans Glück ließ sich Jaeran aber nicht einschüchtern >Wir können euch gar nichts mehr sagen, wenn wir tot sind. Sie ist in großer Gefahr!<
>Das hätte sie sich überlegen sollen, bevor sie nach Nemuraq gekommen ist.<

Kurz wurde es Silwan ganz schwarz vor Augen und sie wusste nicht, wie lange ihr Bewusstsein ausgesetzt hatte, doch sie fand sich wohl nur einige Augenblicke später an Jaerans Brustkorb gedrückt wieder. Sie war wohl auf ihn gefallen. Die Nemuraqer murmelten unter einander und rissen ihr dann den Sack vom Kopf. Das brachte sie vollständig wieder zurück in die Realität, doch es gab ohne Sack auch nichts erfreuliches zu sehen. Sie befanden sich zumindest in einem luftigen Zelt, der heiße Wind riss draußen an den Zeltplanen und der kleine Hauch, der sich herein stehlen konnte, brachte die beiden Öllampen im Dämmerlicht zum Tanzen. Ihre Augen tränten weiter, doch sie zwang sich dazu diese offen zu halten, um die nemuraqischen Nomaden beobachten zu können.

Es waren zwei Männer und zwei Frauen anwesend, doch außerhalb des Zeltes, konnte man das Erwachen eines ganzen Lagers hören. Feuer wurden entzündet, Hühner gackerten, Nomaden wuschen sich Gesicht und Hände. Die Gewänder der vier Nemuraqer vor ihr, flatterten farbenfroh im Föhnwind. Sie sahen anders aus, als Yaims und die Naurabuten. Unter braunen Lederüberwürfen, die sie an die Mode aus Varalusien erinnerte, blitzten knallig grüne oder himmelblaue Tuniken hervor. Besonders das Leder sah heißer aus, als dies für die Wüste praktisch war und erst jetzt erahnte sie, dass es sich hierbei um Rüstungen handelte. Im Zelt selbst standen hölzerne Schilde aufgereiht, die mit den verschiedensten Farben bemalt worden waren. Sie hatten Falken, Wüstenfüchse, Pferde und Antilopen als Verzierung, aber auch exotisch anmutende Dschungeltiere und der ein oder andere Schild aus Eisen war auch dabei, der aussah, als wäre er von einem T gefertigt worden. Das selbe Muster spiegelte sich bei den Speeren und Bögen wieder, viele davon passten zu der Wüste, doch einige der Waffen sahen so aus, als stammten sie aus anderen Ländern.

>Sie könnte auch seine Gefangene sein.< meinte einer der Nomaden und bückte sich schließlich zu ihr, schraubte eine Flasche auf und half ihr bei einigen erlösenden Schlucken.
>Ja ist sie! Sie ist meine Gefangene.< hörte sie Jaerans Stimme neben sich unter dem Sack hervor kommen. Der Impuls zu widersprechen kam sofort, doch dafür hätte sie den nächsten Schluck verweigern müssen, um etwas zu sagen und das war ihr definitiv nicht möglich. Sie wartete also ab, bis die Nemuraqer schimpfend gegen den Jae traten >Wir sagten schweig, Retinak!<

>Das ist eine Lüge!< keuchte Silwan nun schließlich hervor >Ich bin nicht seine Gefangene.<
Jaerans Antwort kam stockend, er spürte wohl deutlich die Auswirkungen der Tritte >Sie lügt. Ich bin Deserteur. Sie meine Gefangene. Sie kann nichts dafür, dass wir hier sind!<

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt