Glaubensprüfungen - 30.1. Lehni

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Lehni wusste nicht genau in welchen Albtraum er hier hinein geraten war. Er und ausgerechnet Jaetru auf einer gemeinsamen Mission. Das hätte ja ganz amüsant werden können, doch er hatte schnell nach ihrer Abreise bemerkt, warum das Geschwisterpaar aus Vijen in den Hintergrund verschwunden gewesen war, als es um die Frage ging, wer Jaetru begleiten sollte. Jaetru und sein übliches Geplänkel, selbst die leidenschaftlichen Mordandrohungen, waren bei dem aktuellen Determinismus des jungen Jae einfach nicht möglich. Er war bis jetzt vorwärts gestapft, den lieben langen Tag lang und das so zielstrebig und selbstsicher, dass sich Lehni erst sehr spät fragen getraut hatte, woher Jaetru eigentlich wusste, wohin sie gehen mussten. Die Göttliche des Blutes hatte ihnen aufgetragen, so weit in den Westen zu gehen, bis Jaetru nicht mehr konnte, doch das war nach Lehnis umfassenden seefahrerischen Erfahrungen nach, eine doch sehr grobe Angabe gewesen. Als sie an der camonischen Grenze angekommen waren, hatte sich Lehni dann auch erfolglos gewünscht, dass hier der Moment gekommen wäre, an dem Jaetru nicht mehr weiter konnte.

Camo war jetzt im Sommer trocken heiß, die Leute hatten die Grenze für jeden gesperrt, der wie ein lituolischer Kriegsflüchtling aussah und die Portionen in den Gasthäusern waren hier so klein, dass Lehni sich nicht sicher sein konnte, ob sie ihm hier tatsächlich Essen vorsetzten, oder nur die Teller nicht richtig abwuschen. Außerdem waren Chori, Jaenun und Jaemi doch gerade erst in Camo gewesen. Warum hatten sie dieses blöde Geschenk der Göttlichen nicht gleich abholen und mitnehmen können?

Jaetru hatte diese Kritikpunkte natürlich nicht gelten lassen. Er war von der Göttlichen des Blutes auserwählt worden, um nach Camo zu gehen und Lehni sollte es als Ehre sehen ihn begleiten zu dürfen. Die Beziehung zwischen Camo und Panareen war schon immer sehr eng gewesen und Lehni musste wohl akzeptieren, dass sich Snobs gerne zu Snobs gesellten.

Hier an der Grenze war es nun auch gewesen, dass sich der Sasanlier endlich getraut hatte, die Frage nach ihrem Ziel zu stellen und woher der kleine Kontrollfreak wusste, wohin sie mussten.

Erst hatte Jaetru ihn ignoriert, wie es wohl zu erwarten gewesen war. Auch die zahlreichen Flüchtlinge, die sich um das Tor des Grenzübertrittes gescharrt hatten und um Durchlass verhandelten, hatte Jaetru keinerlei Beachtung geschenkt und hatte sich nur weiter zu der Schlange geschleppt, in der reiche Jae artig warteten, bis sie dem Grenzbeamten ihr Geld zustecken konnten, um nach Camo zu gelangen.

Dort zum Stehen gekommen, hatte sich Lehni auch erst einmal darauf konzentrieren müssen, Jaetru zu stabilisieren. Der Junge wurde zwar von einem unbändig baren Willen getrieben, doch sein Körper war noch immer von der Krankheit gezeichnet und vor allem nicht mehr in Bewegung zu bleiben, schien dem Jae die meiste Kraft zu kosten. Der Rhythmus der langsam vorwärts rückenden Schlange, hatte ihn dabei sicher ermüdet. So war Lehni erst einmal gar nicht auf die Idee gekommen, noch einmal nachzufragen und hatte es einfach als gegeben hingenommen, dass Jaetru eben Dinge wusste und diese nicht gerne teilte. Den kleinen Kontrollfreak stützend war seine Aufmerksamkeit zu den verzweifelten Jae gewandert, die mit all ihrer Kraft versuchten, um Asyl zu bitten. Die Schlange der reichen Jae, wurde voller Kontrast, von einer großen Anzahl an bewaffneten Grenzsoldaten geschützt und bewegte sich gemächlich vorwärts. Das einzige Drama hier auf dieser Seite der Grenzbeamten, ereignete sich nur, wenn über den Preis des Eintritts gestritten wurde.

Für Lehni war es fast nicht auszuhalten gewesen, die Unruhe der Flüchtenden wahrzunehmen. Sie mussten aus allen Teilen des Reiches hier an die Grenze gekommen sein und spürten das schnelle vorrücken der Manengrunder im Nacken. Man konnte sie nicht beruhigen, konnte ihnen nicht versichern, dass man die Feinde schon wieder aus dem Reich drängen würde, denn sie hatten die Gerüchte aus den besetzten Gebieten gehört und wussten, dass Großadmiral Kilee Leiqs Armee bereits fast vor Panareen stand. Ihr Vertrauen zurück zu gewinnen schien für Lehni eine unmögliche Aufgabe und so hatte er sich danach gesehnt, ihnen wenigstens die Ausreise zu ermöglichen. Er war gerade dabei gewesen zu überlegen, ob man ihnen vorschlagen sollte, lieber nach Ahnahn zu fliehen und von dort weiter nach Ishtland überzusetzen, da hatte Jaetru plötzlich das Wort ergriffen.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt