Wie konnte etwas solch ein freudig und solch ein trauriges Ereignis zur gleichen Zeit sein? Vielleicht müsste man es mit der Geburt eines Kindes vergleichen, bei der die Mutter starb, oder der Sieg bei einem Rennens, bei dem man den besten Freund bezwingen musste. Etwas so Wichtiges zu erben, wie das Schiff eines Admirals, war für Daiv eine absurde Situation. Gnaeo gab es nicht mehr und er, Daiv Delan, des Ts größter Rivale und guter Freund, sollte nun die Elphidia bekommen. Natürlich war ein Schiff für Daiv, etwas was er schmerzlichst vermisste, seit er die Carinya versenken hatte müssen. Doch warum genau dieses Schiff?
Chori war der Meinung gewesen, dass Gnaeo dies bestimmt gewollt hätte. Das war im Nachhinein leicht zu behaupten und vielleicht machten sie und Daiv es sich damit auch zu einfach. Doch das Rätsel um Gnaeos letzten Willen, war nicht aufzulösen, da er nie damit gerechnet hatte, zu sterben. Typisch Gnaeo.
Die T murrten natürlich. Sie schienen ein aufgekratztes Völkchen zu sein, jetzt da ihr Oberhaupt verstorben war und sie sich eigentlich untereinander Prügeln sollten, bis sie ihr Machtvakuum wieder ausgefüllt hatten. Doch Chori unterband dies. Nicht während dem Krieg, war ihr klarer Befehl gewesen. Nun mussten sie alle vereint auftreten.
Doch das Murren ging weiter. Wenigstens die Elphidia hätte an einen T gehen können, forderten sie.
Dies war natürlich eine gerechtfertigte Anfrage, doch Chori hatte gewarnt, dass wenn sie die Elphidia einem T zugestand, sie sich in den Streit um Gnaeos Nachfolge einmischte. Schließlich galt solch ein symbolisches Geschenk, als Gunst der Königin und damit als Vorteil für den Günstling.
Also hatte sie Daiv damit belastet die Elphidia zu bekommen. Oder Raimona, wie sie jetzt genannt wurde, um sie vor den Jentyponiern zu tarnen. Doch war es eine Last oder ein Glück? Ehrte man Gnaeo damit oder beschämte man ihn? Durfte sich Daiv freuen? Oder war der Ernst der Lage dazu Anlass, sich seiner Gefühle zu entledigen?
Der Chorr seufzte. Er hatte nun eine ganze Flotte zu führen. Alle Chorr und T und Jae Schiffe, die sie besaßen und damit musste er die Xiphias versenken. Das größte Schiff der Welt.
So gesehen waren ein paar murrende Ts sein kleinstes Problem. Zumindest dachte er dies bei seiner Ankunft auf der Elphidia noch.
Er hatte sich extra spät, aus dem Haupthafen der Neal-Inseln, zu seinem neuen Schiff pullen lassen, um seiner Mannschaft die Gelegenheit zu geben, alles für seine Ankunft vorzubereiten. Er war nun schließlich Admiral und erwartete, dass Choyon, der das Schiff zu ihm führen hatte sollen, alles auf Vordermann und in einen tip top Zustand gebracht hatte. Das war bei den Chorr so Brauch, wenn ein neuer Kapitän an Bord kam. Alles wurde geputzt, das inkludierte die Mannschaft, alles sollte schon beladen worden sein, die Kanonen ausgefahren, die Matrosen an Deck, in stramm dem Rang nach geordneten Reihen, in den schönsten Uniformen stehend. Doch all das brauchte ein wenig Zeit, vor allem nach einer Überfahrt von Camo zu den Neal-Inseln.
Diese Zeit hatte Daiv seiner neuen Besatzung geben, zumindest war das seine Intention gewesen. Doch an Bord der Elphidia angekommen, bemerkte er, dass nur der geringste Aufwand betrieben worden war, um ihn zu empfangen. Die Belegschaft starrte unzufrieden und unwillig vor sich dem Horizont entgegen, von der Disziplin eines Chorrschiffs war dies weit entfernt. Und Choyon sah noch unglücklicher aus, als sich Daiv fühlte, während dieser dem Admiral die neuen Offiziere vorstellte. Daiv erblickte, zu seiner Überraschung, viele Chorrgesichter unter diesen Neuzugängen. Er hatte zwar erwartet, dass sich einige T von der Elphidia versetzen lassen würden, nachdem Gnaeo diese nicht mehr führte, was Daiv nicht verhindern hätte können, schließlich waren die T keine Leibeigenen. Doch Daiv hatte nicht damit gerechnet, dass so viele gegangen waren und all die Verschwundenen mit Chorr zu besetzen, schien ihm vielleicht auch keine folgenlose Idee zu sein. Doch wahrscheinlich hatten sich keine T gemeldet.
Choyon nahm ihn bei Seite >Admiral. Die Mannschaft ist ungehalten, da sie ihren verstorbenen Fürst und Kapitän betrauern wollen.<
>Das ist mir aufgefallen.< kommentierte Daiv knapp und tätschelte Choyons Arm >Ist unser Gast schon an Bord?<
>Er wartet in Eurer Kajüte, Admiral.< informierte Choyon, doch sein Gesicht war noch immer so finster, wie die drohenden Herbststürme, die bald herauf ziehen würden.
Daiv wandte sich seinen Männern zu. Wenn sie schon einmal alle versammelt waren und auch da Choyon so besorgt wirkte, konnte man die Gelegenheit ja auch nutzen und versuchen, die Anspannung zu lösen >Meine verehrten Matrosen, Zimmermänner, Seesoldaten, Küchenjungen, Kanoniere und Offiziere. Ich darf mich euch, als euer neuer Kapitän vorstellen und als euer Admiral. Die Elphidia ist und bleibt das Flaggschiff der lituolischen Marine und ihr kennt mich bereits von der Überfahrt zu den Neal-Inseln. Ihr wisst, dass ich diese hohe Stellung der Elphidia ehren werde und mich um meine Leute kümmere.<
Die Matrosen waren einen Moment still und starrten weiter grimmig den Horizont an. Dann rührte sich endlich ein T >Arayon, Topgast, mein Admiral. Jap, wir sind in eurer Obhut, doch trotzdem bekümmert uns der Tod von Gnaeo, dem Fürst der T. Uns wird nicht gestattet, mit ihm abzuschließen.<
Daiv hörte ein leises Klicken hinter sich vom Achterdeck, wohl die Tür seiner neuen Kapitänskajüte, doch nun Blickkontakt mit dem T zu brechen, würde alles Vertrauen zwischen ihm und seinen Leuten zunichtemachen, das er noch hatte. Sein Gast würde weiter warten müssen.
>Sagt mir,< er blickte alle T intensiv an >wollt ihr diesen Krieg nicht gewinnen? Denkt ihr, Gnaeo der Fürst der T, hätte das nicht gewollt?<
>Wir müssen die Spiele eröffnen!< rief jemand vom hinteren Ende des Schiffs, doch Daiv war nicht schnell genug, um genau zu erkennen wer da gesprochen hatte. Das war jedoch belanglos, denn die zeremoniellen Spiele zum Ruhm eines verstorbenen T, waren so tief in deren Kultur verankert, dass indirekt, jeder seiner Leute diese forderte. Ob laut oder durch einen stummen Blick.
Daiv wusste nicht, ob man dieses Spektakel überhaupt als "Spiele" bezeichnen konnte. Bei ranghohen Toten, wurden sportliche Wettkämpfe abgehalten, zum größten Teil Ringen, doch auch Speerwurf und Schwertkampf waren dabei. Der Leichnam wurde während dessen als Zuschauer auf einen Thron gesetzt und geschmückt und die Spiele dauerten so lange an, bis die Verwesungsanzeichen des Körpers nicht mehr zu ignorieren waren. Dieser Prozess wurde bei wichtigen Verstorbenen gerne durch irgendwelche geheimen Tinkturen und Salben heraus gezögert. Doch wenn es erst einmal so weit war, dass der Verfall so weit voran geschritten war und der Geist des Toten, dessen Körper endgültig verlassen hatte und nicht mehr zusehen konnte, dann erst wurde er auf einem Schiff aufgebahrt und dem Meer überlassen.
Schaurig. Daiv erinnerte sich, dass er bei der Handelsmarine schon solche führerlosen Totenschiffe auf offener See gesehen hatte. T waren ein seltsames Völkchen. Doch das Problem war in diesem Fall noch viel größer. Denn es gab keinen Körper. Gnaeo lag irgendwo im ahnahnischen Dschungel verscharrt, wenn man den Manengrundern trauen konnte und so mussten die Spiele theoretisch bis in die Unendlichkeit andauern. Dafür hatten sie definitiv keine Zeit.
Er räusperte sich >Würde es nicht ein bombastisches Spiel, ein überlegener Sieg werden, könnten wir die Xiphias zu Gnaeos Ehren erlegen? Ihr habt sie alle gesehen. Das Monster des Samantiks. Die Schiffe fressende Bestie! Würde es nicht ein Fest sein, wenn die Elphidia sie versenkt?<
>Jap, würde es!< stimmten die Männer zu, doch fingen gleich darauf wieder an zu klagen >Doch uns wurde erklärt, dass wir die Xiphias gar nicht versenken dürfen.<
Daivs Gesicht wurde ernst.
Langsam nickte er und versuchte vorsichtige Worte zu finden. Das waren Seeleute, sie durchschauten sofort, wenn man sie belog, doch er hatte noch immer einen Formulierungsspielraum, mit dem er den Schuss vielleicht abschwächen konnte >Auf der Xiphias befindet sich ein Diplomat aus Ilazien. Das ist unser Problem. Wir müssen ihn erst von der Xiphias herunter holen, bevor wir sie versenken können. Wir wollen schließlich nicht auch noch die rachsüchtigen Ilazier am Hals haben, oder?< nun aber versuchte er überzeugend zu lächeln >Danach aber haben wir den Befehl die Xiphias aus allen Kanonen heraus zu vernichten!<
Das stimmte die Matrosen etwas friedfertiger, wenn auch dieser Punkt Daiv besonders besorgte. Wie sollte man nur dieses gigantische Untier versenken?
>Doch was ist mit den Spielen?< meldete sich irgend ein hartnäckiger Bursche.
>Ja, die Spiele.< Daiv kratzte sich am Kopf. Gnaeo hatte wohl Spiele verdient. Der verrückte Vagabund. Mit seinem bestickten Morgenmantel und der riesigen Axt und den rauen Lippen. Der Fürst der T, der Schurke des Atems. Sie waren Rivalen gewesen und sie waren Freunde gewesen und er vermisste ihn ganz furchtbar.
>Wir werden Spiele abhalten, bis wir die Piratenschwestern Zabuyeli gefunden haben. Hier an Deck sollen die Wettkämpfe unter euch Freiwilligen ausgetragen werden, jeweils das Drittel der Männer, das gerade keinen Wachgang hat, kann sich hier mit ebenbürtigen Kameraden messen.<
Die T Gesichter formten sich zu dreckigen Grinsen, ein Hunger war durch diese Aussage in ihnen Entfacht worden, den Daiv eigentlich vorgehabt hatte zu stillen. Doch nun war sein Befehl nicht mehr zurückzunehmen. Er drehte sich zu Choyon und gab ihm den Auftrag, die Männer zu ihren Wachen einzuteilen, dann entschuldigte er sich, um in seine Kajüte zu treten und sah dabei, dass keine Gestalt mehr im Türrahmen stand. Lehni musste zurück in die Kajüte geschlüpft sein und Daivs Herz schlug ungewohnt heftig in seiner Brust, als sich ein schiefes Lächeln in sein Gesicht stahl.
Er betrat seine Kajüte
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Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben Geschichte
FantasyDer große Kontinent Peruna erstreckt sich von dem tropischen Regenwald Ahnahns, über die glühende Wüste Nemuraq, bis zum kalten Bergland in Manengrund. Er hat bereits viele Konflikte kommen und gehen gesehen und oft trennen die beiden Konfliktpartei...