10.3. Jaenun

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(Bild: Lituoliens Wappen)

Die Reise mit seinem jüngeren Cousin verlief sehr still, sie waren beide nicht sehr gesprächig, wenn sie mit Fremden zu tun hatten, doch kleine Belanglosigkeiten wurden schon ausgetauscht. >Jaeran Juvi er ist so-< begann Jaenun beispielsweise und Artheon war ihm behilflich dabei das richtige Wort zu finden >Laut?<
Der Vash lachte >Ja und groß und herzlich.<


Sie blickten beide nach vorne und beobachteten den Fürsten von Minzka, wie er mit Jaeho scherzte.
>Ich bin ohne Geschwister aufgewachsen.< kommentierte Artheon schließlich >Und da meine Mutter eine Frau geheiratet hat, auch ohne Vater. Jaeran Juvis Präsenz in meinem Leben, ist deshalb sehr wichtig für mich. Auch wenn seine Anwesenheit in den letzten Jahren abgenommen hat. Übrigens-< Artheon kramte aus einem Beutel an seinem Gürtel einen kleinen, grob gegossenen Zinnsoldaten hervor und hielt ihn Jaenun vor die Nase >Gewöhn dich daran, dass er dir immer Spielzugsoldaten von seinen Reisen mitbringen wird. Auch wenn du bereits einundzwanzig bist, wird er dich weiterhin damit beschenken.<
>Das Alter habe ich schon überschritten. Doch meinst du wirklich, dass er nicht nur dich damit beschenkt? Er kennt mich doch gar nicht.<
>Das spielt für ihn keine Rolle.< antwortete Artheon >Er hat für dich schon einen besorgt. Er hat ihn mir heute Früh gezeigt.<
>Oh.<


Die Festung von Vjeja sah kaum zum Leben erweckt aus, als sie mit der ersten Dunkelheit dort ankamen, auch wenn Jaetru schon vor Tagen Nachricht voraus gesandt hatte, dass der Vash gedachte dort zu residieren. Seit der Fürst von Vjeja verstorben war und mit ihm seine ganze Linie erloschen, gab es dort keinen Jae mehr, der so richtig in der Hauptstadt das sagen hatte. Pro forma wurde die Festung mit Minimalbesetzung zwar noch für den Vash in Stand gehalten, doch bis zu diesem Tag, hatte sich die Bevölkerung fragen müssen, wofür das gut war. So hatten sie gelegentliche Plünderungen von Baumaterial und auch von Reichtümern nicht verhindert.

Es hatte sich eine Art selbstbestimmte Arbeiterschaft entwickelt, die mehr schlecht als recht ihre Güter produzierten und in die anderen Fürstentümer verkauften. Doch Profit war für sie auch gar nicht wichtig, denn durch ihre regionale Organisation und dem fehlen eines Lehnsherren, wurde der Boden zum Allgemeingut erklärt und somit konnte sich ein jeder vjejanischer Jae als freies Individuum selbst versorgen.

Nun war es diesem anarchistischen Völkchen schwer zu erklären gewesen, dass sie für das Kommen des Vashs, in Windeseile, die Festung in Stand setzen sollten. Kochen, putzen und gegen aufgebrachte Mitbürger sichern inklusive. Es waren also nur ein paar alte Angestellte von Jaelamee gekommen, die sich dazu erbarmt hatten, drei vier Zimmer einzuheizen, den Tisch in dem großen Speisesaal zu decken und ein Abendessen vorzubereiten. Jaetru würde ihnen ihren Dienst vor ihrer Abreise vergelten, auch wenn er fand, dass es nicht so aussah, als hätten sie sich besonders angestrengt.


Jaenun hingegen betrat die Festung andächtig, die mit ihren zahlreichen gewölbten Eck-, Seiten- und einem Tor-Risaliten ausgestattet, aus der Vogelperspektive wohl wie eine Blume ausgesehen haben musste. Innen war es noch kalt und die Gegenstände der Herrscherfamilie von Vjeja waren wie eingefroren, was ihn unwillkürlich an die Flucht der Statthalterfamilie von Loreen denken lassen musste. Diese Gegenstände waren jedoch im Kontrast dazu, gerade erst fallen gelassen worden, sie waren noch warm, von erst kürzlich verstrichener Berührung gewesen und nicht mit Spinnweben überzogen. Es fielen sofort die Hirschgeweihe auf, die an der Wand der großen Eingangshalle hingen und nicht nur von Jaenun betrachtet wurden, auch sein älterer Cousin sah sie andächtig an.

Wohl Geschenke von ihm an seinen Verlobten, Jaelamee von Vjeja. Es machte ihn traurig diesem Moment des Wiedersehens beizuwohnen, also wand sich Jaenun zur Seite der Eingangshalle, wo Vasen mit Blumen aus Glas standen. Jaeho und Jaetru hatten beide gesagt, dass Jaeran von Minzka das Fürstentum Vjeja aus Trauer heraus nicht betreten würde und dennoch war er gekommen. Jaenun hielt sich davon ab doch noch einen Blick hinter sich zu werfen und den Mann zu betrachten, der nur wegen ihm zurück gekommen war und nun sogar in dem kalten, leblosen Haus, seines kalten, leblosen Verlobten schlafen würde.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt