32.4. Gnaeo

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Gnaeo sah das vielleicht als kleinen Rückschlag an, doch wirklich beunruhigt war er nicht darüber, als er von vier Wachen von Aden und vier weiteren Mitgliedern der Stadtwache zu dem Kriegsministerium geführt wurde. Eigentlich, wenn er darüber nachdachte, sah er das ganze sogar als kleine Siegesparade an und stellte sich schon vor, wie er seinen Freunden erzählen würde, dass die Manengrunder ganze acht Mann gebraucht hatten, um ihn in ein Gefängnis zu überführen. >Weil ich schon vier von ihnen getötet hatte, dachten sie sich, müssen sie doppelt so viele schicken.< nahm er sich vor zu sagen, frech zu grinsen und mit den Schultern zu zucken.

Er würde sich auch durch diese durchkämpfen, wenn die Zeit gekommen war und dann einfach zurück zu Adens Villa stapfen. Es war so und so viel besser, wenn er in einem Überraschungsmoment angriff, zu einer Zeit, wo jeder glaubte, er sei noch im Gefängnis, denn der beste Spion der Welt schlug doch immer im unerwartetsten Moment zu.


Stolzierend präsentierte er sich also auf den Straßen, er wollte mit aller Kraft ausdrücken, dass er gefährlich war und deshalb ganze acht Wachen brauchte, doch die Bettler und alten Frauen in den Armenvierteln von Adlerhorsten, interessierte das wenig. Sie Suchten auf den Straßen nach Müll, den sie vielleicht verkaufen konnten, oder brachten Brennholz gerade nach Hause, das sie außerhalb der Stadtmauern gesammelt hatten. Eigentlich versuchten sie sogar bewusst zu ignorieren, was sie auf den Straßen sahen und mit gesenktem Kopf an jedem Stadtwächter vorbei zu gehen, denn man wollte ja nicht auf den kleinen Schwarzmarkt im eigenen Hof aufmerksam machen, den man seit Kriegsbeginn sofort aufgebaut hatte.


Auch Frauen geschwärzt und dreckig von den Monitionsfabriken, die ihre Schicht gerade beendet hatten, kamen ihm entgegen und huschten schnell in andere Gässchen, als sie die Gardisten erblickten und Gnaeo besah sich das ganze ein wenig angewidert. Er als T hatte nicht viel am Hut mit Artillerie, die Werke der Alchemisten waren ihm nicht ganz geheuer, auch wenn er sie bei seinen Seeschlachten doch gut gebrauchen konnte. Aber seine Axt war ihm noch immer am aller liebsten. Ihm gefiel vor allem diese Brandbomben nicht, in seiner Vorstellung waren die Schiffskanonen das einzige, womit man sich anfreunden konnte, doch auch die bestückte er nicht selbst, er gab nur den Befehl zum Feuern.


Über ihm kreisten die Leute, die er eigentlich tatsächlich beeindrucken wollte, reichere Geschäftsmännern auf ihren goldenen Adlern, die sich um das Gesindel, das die Straßen benutzen musste, nicht kümmerten und die sich auch aus ihrem Militärdienst freikaufen hatten können. >Warum fliegen wir nicht mit so einem Ding? Würde das nicht schneller gehen?< fragte er den Wachmann neben sich und deutete mit seinem Kinn nach oben zum Himmel, seine Hände waren schließlich mit einem Lederstrick gefesselt. Der angesprochene sah ernst aus, doch wenigstens konnte man sich mit ihm in der Gemeinsprache unterhalten, anders als mit diesem Aden Dennen.
>Keine Adler für Gefangene.< meinte er und marschierte verbissen wirkend weiter, er sah den T nicht einmal dabei an, sonder ließ seinen Blick zwischen den Häusern hin und her schweifen. Sie würden wohl später in der Nacht noch einmal her kommen müssen um dem seltsamen Treiben der Frauen auf der Straße nachzugehen.


>Ich brauche keinen.< erklärte Gnaeo Augen rollend und hob etwa einen halben Meter vom Boden ab, bis eine Kette um seinen Bauch ihn zurückhielt. Der Wachmann hinter ihm riss daran und brachte ihn so wieder auf den Boden.
>Du bist ein Gefangener Fürst T, kein Zirkusartist!<
>Fürst T?< fragte einer der Stadtwächter vor ihnen da und drehte sich zur letzten Reihe um. >Was für ein Fürst T?<
>Nun ich bin - < begann Gnaeo mit einem selbstgefälligen Lächeln zu erklären, doch der Grundstückswächter von Aden unterbrach ihn >Was auch immer die Ts als Fürsten bezeichnen. In Carot ist doch jeder Schafbesitzer schon irgendwas.<

Die Soldaten lachten, während der Gefangene unbegeistert die Augenbrauen zusammenzog.
>Sei dort stärker als ein Hündchen oder schlag ein Kalb und schon bist du deren Anführer!< kommentierte ein anderer und ein dritter nickte begeistert und fügte hinzu >Barbarisch wie die ihre Fürsten wählen. Wenn die Stärke deiner Faust bereits deine größte Qualität zum Regieren ist, müssen die Gerüchte wahr sein und die Chorr bestimmen in Wirklichkeit alles in Carot. Eine Schattenregierung, während Ahnahn alles regelt, bis auf die Winkel in der die Grashalme stehen.<


>Das stimmt nicht! Ich entscheide alles auf meiner Insel!< protestierte der T und sah nun tatsächlich wütend aus >Außerdem sind Chori unsere Grashalme egal. Da redet ihr wohl über Jaetru und der ist ganz bestimmt von eurem Schlag!<
>Und wie? Indem du Gesetze in eine Steintafel prügelst? Oder hat man in Carot keine Gesetze und alles wird nur mit den Fäusten geregelt?< fragte der erste >Selbst die Jae haben ein besseres System.<
>Die Jae haben das selbe System wie wir! Der Stärkste gewinnt!< entgegnete Gnaeo energisch und schüttelte den Kopf, woraufhin seine Bewacher wieder lachten und er sehr deutlich zu spüren bekam, das egal wie sehr die Manengrunder die Jae auch hassten, sie fühlten sich ihnen doch noch viel verbundener. >Die Jae essen nicht ihre eigenen Kinder!< riefen sie und stießen ihn weiter voran.

Auch im Kriegsministerium und in weiterer Folge dann auch im Gefängnis im Keller angekommen, musste Gnaeo schnell feststellen, wie anders er als T behandelt wurde und dass Sympathie eindeutig am ehesten jenen Völkern galt, die einem selbst am ähnlichsten sahen und waren. Für den alten, netten Portier am Eingang des Gefängnisses, der ihre Personalien in ein großes Buch schrieb, war die Befremdung noch nicht so stark zu spüren. Doch sobald er der Gefängnisdirektorin und ihrer Stellvertreterin vorgeführt wurde, war ihm sehr schnell klar, dass sie hier nicht viel Liebe gegenüber Nordlingen hatten, oder Ostlingen, wie man sie im Manengrunderreich sogar nannte. Denn sie differenzierten sogar zwischen all den Stämmen von Leuten, die wie sie schon seit je her in Peruna lebten und jenen, wie die Chorr und T, die aus dem Osten auf den Kontinent gezogen waren. Das ließ ihn ebenso trotzig reagieren, wie vorhin mit den Wächtern, besonders als ihn die Gefängnisdirektorin übernahm und ihn in eine Zelle sperrte.

Er verlangte schnell etwas zu essen und erklärte selbstgefällig, dass er als Kriegsgefangener das Recht auf Verpflegung hatte, während ihn der Chef des Wärterstabs darüber aufklärte, dass er nicht mit dem T diskutierte. Er war nicht während Kriegshandlungen gefangen genommen worden, sondern als Spion und somit konnte er froh sein, dass er nicht sofort hingerichtet werden würde. Essen war im Moment ein Luxus für ihn, nach dem er besser nicht verlangte.


Gnaeo bestand jedoch darauf >Ich bin der Fürst der T, ein wichtiger Gefangener!< protestierte er >Ich verstehe, dass ihr für mich kein Schwein braten wollt, doch wenigstens etwas kleines zu essen müsst ihr mir doch geben!<


Die Gefängnisdirektorin schüttelte den Kopf >Fürst der Ts? Wen hast du für den Titel umgebracht? Deine Großmutter?< fragte sie in abfälligem Tonfall und verschwand dann nach oben in den ersten Stock in ihr Büro. Von diesem Zeitpunkt an kümmerte sie sich auch nicht mehr weiter um den T, sie schickte ihre Stellvertreterin, wenn Gnaeo mit den Vorgesetzten der Gefängniswärter sprechen wollte, doch diese konnte die Gemeinsprache nicht verstehen und das war wohl reine Absicht.

Etwas zu essen bekam er auch nur noch alle zwei Tage, mit der Begründung, dass die Kriegszeiten nun einmal ein Schlämmen unmöglich machten. Nun hatte sich die Situation plötzlich von unangenehm und dreist, zu bedrohlich für Gnaeo zugespitzt und er wusste nicht was er dagegen machen sollte. Es überraschte ihn stark, wie schnell sich seine Situation verändert hatte, es war so unvorhersehbar rapide gegangen, dass er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Die Isolation und der Hunger nagten an seinen Kräften und an seiner Gesundheit, doch obwohl Hoffnung zu haben, etwas sehr energieaufwendiges war, behielt er sie sich. Eisern daran glaubend, dass er nur darauf warten musste, bis sich eine Chance auftun würde, um ihn aus dieser Situation heraus zu bringen.

Wenn dieser Aden wieder an der Front war, würde es bestimmt besser werden, versuchte er sich zu versichern. Das würde schon klappen und dann könnte er auch einfach Artheon mitnehmen und der Königin wieder bringen.

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt