Epilog

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Als die Göttliche des Atems das erste Mal die Welt betreten hatte, waren die Sterne bereits sehr alt gewesen. Sie hatte darauf warten müssen, dass es auch Geschöpfe auf eben dieser Welt gab, die sie brauchten, sonst hätte sie nicht geboren werden können.

Doch diese ersten Momente auf der Welt waren nun schon Ewigkeiten her. Ihre Anhänger kamen und gingen. Die Sterblichkeit ihrer Schützlinge war so deutlich für sie zu fühlen, denn deren ersten Atemzug bekam sie ebenso mit, wie deren Letzten. Dennoch war sie jedes mal besonders traurig, wenn einer oder eine ihrer Titelträger starb. Es hinterließ eine Leere in ihr, ein Gefühl, dem sich Götter nicht gerne aussetzten, denn ihre Welt war eigentlich die des Überflusses. Doch es passierte immer wieder und das auch noch viel zu schnell für ihren Geschmack, war das Leben eines Sterblichen doch für sie kürzer als ein Augenblick.

Der Namensgebergott war gekommen und hatte Gnaeo, den Schurken des Atems, mit ins Meer geführt, in die unfruchtbare Salzflut, um von dort in Ninris Reich zu gelangen. Ein weiter Weg und so unerreichbar für die Göttliche des Atems, die das Reich der Toten nicht betreten konnte. Ihr war nur die vertraute Hülle ihres Titelträgers übrig geblieben, die hier im Dschungel verscharrt lag.

Sie zog sich hinunter zu ihm zurück und legte sich über ihn. Ihre Sinne nahmen weder die Dunkelheit noch die Kälte wahr, sie hatte auch kein Gefühl für die Erde über ihr, noch den Geruch des verschwindenden Körpers. So würde sie verweilen können, bis jemand neuer kam, den sie lieben könnte. Und das war auch ihr am liebsten so, denn es würde dauern, bis sie sich vollends von Gnaeo gelöst hatte. Die Welt müsste sie eine Weile in Ruhe lassen, das wussten die irdischen wie die überirdischen Geschöpfe. Doch es war ihr nicht vergönnt.

Eine Stimme drang zu ihr in das Erdreich herunter >Nun zu zürnen und zu schmerzen, ist nicht die rechte Zeit.<

Es war ihr Bruder Mosopphes, der Schicksalsbringer, der da zu ihr sprach, doch dieser war einer jener ihrer Geschwister, den sie lieber nicht oft sehen wollte und so antwortete sie nicht.
>Es ist Zeit um in die Zukunft zu blicken.<

>Mosopphes!< sagte sie und der Luftdruck fiel >Du denkst, dass die Zukunft den Wesen im Sinne immer das liebste ist. Doch ich bin die Vergangenheit und mich wird man nicht los. Ich bin das Gedächtnis dieser Welt, denn mich schlagen sie an, die Sterblichen, die schnell Vergänglichen. Ich bin in jedem Wort das sie sprechen, den guten und denen, die böses wollen. Ich erinnere mich an jedes gebrochene Versprechen und alle aufmunternden Reden, die Atemstöße heißer Liebe und das Schreien nach kalter Rache. Barden verlangen nach meiner Gunst, wenn sie singen und auch wenn sie ihre Instrumente stimmen. Ich bin den Sterblichen am nächsten, seit ich ihnen das Sprechen gelehrt habe. Mich versuchen sie verzweifelt in der Brust zu halten, wenn sie auf den Meeresboden gezogen werden, über ihnen die viel tosenden Wellen und ich merke sie mir alle, denn ich bringe Klarheit in das Chaos. Nur durch mich wird die Geschichte dieser Welt von einer Generation zur anderen weiter gegeben. Also auf, geh nun und lass mich alleine.<

Mosopphes aber, war der Sohn der Zeit und es gefiel ihm gar nicht, dass sie sich mit seinem Vater gleich setzte. Dies war schon immer ein Streitpunkt zwischen ihnen gewesen >Eine schöne Göttin bist du!< sagte er und klang dabei angewidert >Wenn du den tausendfach vergänglichen Sterblichen denn so nahe bist, dann sag mir bitte, Herrin der Worte und Phrasen, wie kommt es dann, dass du dich noch nicht für einen neuen Sterblichen entschieden hast? Du spürst sie kommen, die kleinen Wesen und es werden zwei Gruppen sein, die sich vor dich knien wollen und ihre verdorrenden Finger nach dir ausstrecken werden. Die einen sind die vielvölkerreichen Lituolier die durch dich siegreich, doch zuvor hingemordet worden sind und nun weiterhin deine Hilfe brauchen. Dich mag eine Vertrautheit erfüllen, denn sie sind dem Gnaeo gleich, dem Schurken des Atems, dem ich von Anfang an ein schlechtes Ende prophezeit habe. Doch vielleicht auch willst du dir das Leiden sparen, dass deine Brust im Moment druchglüht und du gibst deine Gabe nicht dem Sohn der Nirin, der da kommen wird. Die Nirin, die dem Lauf der Sonne folgend, das Meer und den Kontinent gezähmt hatten. Vielleicht möchtest du lieber denen einen Titel geben, die dich in der kalten Luft des Südens sichtbar machen. Die zweite Gruppe ist nämlich den Thimopheen entsprungen und den Bhunataan und dann den Ilaziern. Auch sie werden vergänglich sein, doch vielleicht nicht so elendiglich wie die Lituolier.<

Die Herrscher Lituoliens - zwei Idioten schreiben GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt