19 - Überraschungsanruf

208 20 14
                                    

"Mami, wer ruft an?!", gröhlte Elisa aus dem Wohnzimmer Gina nach, die genau in diesem Moment fassungslos auf den Bildschirm schaute.
Mit jedem Anrufer hätte sie gerechnet, aber nicht damit.

"Hallo, Gina hier", antwortete sie unsicher, als sie den Anruf annahm. Ihr Kopf war von der ein auf die andere Sekunde wie leergefegt. Sie bemerkte nicht einmal, dass Elisa nun mittlerweile neben ihr stand und nicht mehr im Wohnzimmer war.

"Hallo Gina. Wir müssen kurz was mit dir besprechen, hast du kurz ein paar Minuten?"

"Ähm...ja, sicher. Warte kurz ich geh schnell ins Büro." Kurz gab sie Elisa zu verstehen, dass sie in ihr Kinderzimmer gehen sollte und schloss dann die Tür hinter sich im Büro.

"Ok, so, ich bin soweit. Was gibts?"

"Also, hör zu, Gina, wegen eurem Haus und dem Grundstück. Wir haben Anfang August den Grund von unserem Hof verkauft, auf einer unserer Wiesen steht ja euer Haus. Wir müssen irgendeine Lösung finden, denn der neue Pächter ist alles andere als glücklich mit der Situation, dass eines seiner 5 Felder ein Wohngrund ist. Das haben wir doch damals, mit dem Andreas und dir, als ihr gebaut habt, unter uns so geregelt, damit ihr uns da nix zahlen müsst für den Baugrund, weil es für uns eine Selbstverständlichkeit war, euch bei uns bauen zu lassen.
Naja und jetzt ist die Situation so, dass der neue Eigentümer der fünf Felder von uns nicht mit sich reden lässt, schließlich hat er jetzt offiziell vier Felder zum Preis von fünf gekauft, da er der Grund vom Haus nicht zu Landwirtschaft nutzen kann. Das ist jetzt ein riesen Problem für uns und für dich, die einzige Möglichkeit wäre, dass du das Grundstück kaufst."

Gina war erstarrt vor Schreck und kochte gleichzeitig vor Wut. Da flohen die Schwiegereltern nach Andreas Tod ohne ein Wort zu sagen und ließen alles zurück, interessierten sich kein Stück für ihre Enkelin Elisa, und nun kam Johann, Ginas Schwiegervater und Andreas Vater, plötzlich damit an?! Was bildete er sich eigentlich ein?
Klar, die Situation war für ihn als Verkäufer schwierig, aber einfach so mit der Tür ins Haus zu fallen und dann auch noch von ihr zu fordern, sie solle das Grundstück kaufen, das war ja allerhand! Sich erst fast ein Jahr nicht melden und anstatt zu fragen, wie es ihr und ihrer Tochter ging, hatte er nur das Geschäftliche im Kopf!
Er hatte sich wirklich nicht geändert seit Andreas Tod, schon immer war Johann der sachliche, nüchterne Mann für sie gewesen und schrecklich unsympatisch.

"Ist das gerade dein Ernst, Johann?!", schrie Gina ins Handy.
"Ihr verschwindet von heute auf morgen und das Einzige, das euch nach einem Jahr Funkstille interessiert, ist die Finanzierung von euerem Verkauf? Sagmal gehts noch? Hast du vielleicht auch mal im Ansatz daran gedacht wie es mit geht oder Elisa? Verdammt, Johann! Ihr seid ihre Großeltern, ich verlange nicht, dass du zu mir Kontakt hältst, aber zu Elisa! Was soll das? Warum genau jetzt? Und was passiert, wenn ich nicht für die hohe Summe aufkommen kann? Sitz ich dann auf der Straße mit Elisa?!"

Vollkommen nüchtern antwortete Johann: "Wenn du das Geld nicht hast, gehört dem neuen Eigentümer dein Grundstück mit allem drum und dran. Du kannst doch immer noch zu deinen Eltern ziehen dann."

Jetzt war Ginas Geduldsfaden endgültig gerissen. Wie konnte er nur? Er wusste, dass Andreas und Gina fast ihr komplettes Erspartes in das großzügig geschnittene Holz-Massivhaus gesteckt hatten. Es war ihr Zuhause, es war Elisas Zuhause, Elisas Ort an dem sie seit ihrer Geburts lebte. Das konnte Johann doch nicht einfach so machen! Ihre ganze Liebe hatte sie in das Haus gesteckt. Die einige Bedingung der Gemeinde, das Neubauhaus in alpenländlicher Optik zu bauen, hatten sie gern erfüllt, schließlich hatten sie genau das vorgehabt. Zwei Stockwerke mit Satteldach, innen und außen im Holz-Stil gehalten, viel Platz und eine gemütliche Atmosphäre. Es war ihr Zuhause. Auch wenn sie es kurz nach Andreas Tod nicht im Haus aushielt, mittlerweile war es eine riesige, postitive Erinnerung an Andreas, jedes Mal wenn sie das Haus betrat. Johann konne das doch nicht so egal sein!

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt