64 - Deep Talk

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"Mein Tag? Komplett chaotisch! Wir haben verschlafen.", seufzte Gina.

"Komplett verschlafen? Oder fast verschlafen?", kam es von Michael.

"So ein Mittelding. Ich hab vergessen, gestern noch den Wecker zu stellen und hätte total verschlafen, wenn mich nicht Elisa aufgeweckt hätte. Sie ist aufgewacht, hat die Uhr gelesen und gemerkt, dass es schon Viertel nach Sieben ist und hat mich aufgeweckt. Wir sind dann gerade noch so rechtzeitig zur Schule und ich in die Arbeit gekommen, aber frag nicht wie stressig der Morgen war! Ein Alptraum..."

"Puh, das glaub ich dir gleich! Da hast du echt Glück, so eine schlaue kleine Tochter zu haben wie Elisa. Wann steht ihr dann sonst immer auf?"

"Ja, das bin ich! Sie hat sich übrigens auch selbst das Lesen der Uhrzeit gelernt! Da war ich wirklich erstaunt, ich wusste nicht, dass sie das schon kann. Normalerweise wecke ich Elisa immer um kurz vor 7 Uhr auf und wir fahren dann um kurz nach halb 8 los in Richtung Schule. Ich stehe zurzeit immer um halb 7 oder 20 vor 7 auf, mache Frühstück und wecke dann Elisa. Wenn irgendetwas Wichtiges ist, dann auch mal früher, aber normalerweise nutze ich jede Minute Schlaf aus, die ich kriegen kann. Vor ein paar Wochen bin ich noch um 6 aufgestanden und habe Elisa um halb 7 geweckt, damit wir genug Puffer haben, aber mittlerweile ist das alles so eingespielt, dass wir länger schlafen können, und es zeitlich trotzdem locker hinkriegen...Solange ich mir den Wecker stelle und wir nicht verschlafen."

"Da hast du Glück, dass du nur ein paar Minuten in die Arbeit fahren musst! Stell dir vor, du müsstest jeden Tag nach München oder Richtung mit dem Auto, weil du da nen Job hast. Es gibt ja viele, die so weit pendeln, weil die Wohnungen in der Stadt drinnen mittlerweile einfach so krass teuer sind. Da kann man ja dann um halb 6 aufstehen, damit man um 8 in München ist, bei dem Berufsverkehr..."

"Oh ja, da kann ich mich echt glücklich schätzen! Wobei man aber sagen muss, dass von Garmisch aus die Zugverbindung ziemlich in Ordnung ist. Zumindest, wenn man in München in der Nähe vom Hauptbahnhof arbeitet. Dann ist man in 1ner Stunde 20 da. Und selbst von Farchant oder Oberau aus, da wohnen meine Eltern, fährt der Zug in einer guten Stunde nach München. Im Berufsverkehr ist das sicher hilfreich, wenn du in Garmisch wohnst, da geht der Zug jede halbe Stunde, du steigst am Hauptbahnhof aus und kannst im Optimalfall zu Fuß dann zur Arbeit gehen oder eben noch kurz mit der U-bahn fahren. Wenn du dir überlegst, wie lange du mit dem Auto in der Früh nach München rein brauchst, dann auch noch einen Parkplatz finden...da glaube ich ist es stressfreier mit dem Zug. Wenn er denn pünktlich ist..."

"Du redest, als hättest du das schonmal gemacht?", fragte Michael nach.

"Ja, ich habe in München Lehramt studiert. Da bin ich am Wochenende, also meistens Freitag Mittag, machmal auch schon Donnerstag Abend, immer nach Hause gefahren und je nach Stundenplan entweder Montag früh oder Sonntag Abend wieder hin."

"Wie hat dir München gefallen? Könntest du dir vorstellen, wenn du das Haus nicht hättest, nach München zu ziehen?", wollte Michael von ihr wissen.

"Ich fands scheußlich, richtig scheußlich. Dieses Großstadtleben ist nichts für mich, das war es auch noch nie. Während Freunde von mir am Wochenende die Münchner Discos unsicher gemacht haben, bin ich lieber heim gefahren, zurück in die Berge. Ich bin überhaupt kein Stadtmensch, Mama sagt immer ich bin ein richtig langweiliges Landei.", lachte Gina. "Aber ich steh dazu. Die Berge...das gibt mir einfach so viel. Dieses Stadtleben...das würde mich auf Dauer erdrücken und einfach unglücklich machen.Ich habe das schon während dem Studium gemerkt. Ich hatte oft das Gefühl, ich brauche diese Regenerationszeit am Wochenende daheim nicht, weil mich das Studium so stresst, sondern eher, weil mich dieses Stadtleben fertig macht."

"So ähnlich geht es mir ja auch! Früher hatte ich das nicht, aber seit ich wieder so viele Termine und Konzerte spiele, merke ich, wie gut es mir tut, in den Bergen zu sein und nicht immer nur in der Stadt. Wir...also als ich noch mit Jule zusammen war, da haben wir mal ein paar Jahre in Niederbayern auf einem Hof gewohnt, so in der totalen Pampa. Aber das ging irgendwann nicht mehr und es wäre nur noch in Stress ausgeartet. Ich musste immer öfter zum Flughafen und da ging so viel Zeit drauf bis ich erst einmal in München war. Und Jule musste auch häufig beruflich nach München, immer mit dem Auto, weil es da keine Zugverbindung gab...und ich war so oft weg, unser Freundeskreis war in München, Jule war sehr sehr oft alleine, mitten im Nirgendwo und dann haben wir zusammen entschieden, nach München zu ziehen...Aber so richtig heimisch bin ich da auch nicht geworden. Es war natürlich schön, keine Frage, also mit hat es wirklich gut gefallen und ich habe gerne dort gelebt! Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich da für immer hingehöre. Wenn ich drüber nachdenke...ging es mir eigentlich ähnlich wie dir. Nur dass ich es glaube ich mehr genießen konnte und in der Zeit, in der ich ich München war oder auch heute noch bin, wirklich gerne da bin."

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt