Have faith in the dark - MPK

62 - Eine große kleine Tochter

Als die ersten Sonnenstrahlen schon den bewölkten Himmel durchbrachen, wurde Gina unsanft von einem zunächst zaghaften und dann immer lauter werdenden Klopfen an ihrer Schlafzimmertüre aus dem Schlaf gerissen. Schlaftrunken öffnete Gina die Augen und murmelte ein müdes "Elisa, was ist denn?" in Richtung Türe.

Nur wenige Sekunden später stürmte Elisa in den Raum und sprang in das Bett ihrer Mama.
"Mama! Wir haben verschlafen, glaube ich. Draußen ist es schon ganz hell und meine Uhr zeigt an, dass es 7 Uhr und 15 Minuten ist.", erklärte Elisa ihrer Mama ganz hektisch.

Auf einen Schlag war jetzt auch Gina wach. Mit einem Blick zum Wecker sah die es: 07:16. Natürlich! Sie hatte am Abend davor aus Müdigkeit nicht mehr den Wecker gestellt und auch den Handytimer nicht! So ein Mist, dachte sie sich und sprang aus dem Bett.

"Komm Elisa, mach dich schnell fertig. Anziehen, Haare kämmen, Zähneputzen, Klogehen! Heute müssen wir Gas geben. Nimm dir irgendetwas aus dem Schrank, was man in die Schule anziehen kann. Denk daran, es ist Winter!"
Gina selbst schlüpfte in die nächstbeste Jeans und zog sich einen Pulli über, bevor sie in die Küche sprintete, um den Toast in den Toaster zu stecken und Frühstück und Brotzeit gleichzeitig zu machen. Dann machte sie das Teewasser warm und deckte den Küchentisch. Nach gut 10 Minuten kam auch Elisa die Treppe herunter, glücklicherweise gekämmt und für die Schule passend angezogen.

Mit einem Blick auf die Uhr kam Gina das Grauen. 07:30. Das kann ja noch was werden! Und ausgerechnet letzte Nacht hatte es auch noch ein paar Zentimeter geschneit! Schnell gab sie Elisa das mit Butter bestrichene Toastbrot und den Kindertee und hoffte, dass es Elisa heute einfach mal akzeptierte, dass es kein Schokomüsli und keinen Feen-Tee gab.
"Elisa, bitte sau dich nicht voll beim Essen und schütte dir den Tee nicht rüber, dafür haben wir echt keine Zeit mehr heute.", warnte sie ihre kleine Tochter. "Ich mach mich kurz fertig. In genau 10 Minuten, um 7:40 will ich fahren."

Unter Zeitdruck versuchte Gina, irgendwie ihre Haare in den Griff zu bekommen, scheiterte aber kläglich. Diagnose Problemhaar. Oder besser Bad Hair Day. Nichteinmal daran, sich die Haare vor dem Schlafengehen zusammenzubinden, hatte sie gedacht. Was war denn nur los heute?! Also band sie sich die langen Haare notdürftig zu einem Dutt zusammen und putzte sich noch die Zähne. Kurz schaute sie auf die Uhr. 07:37. Puh, sie war noch in der Zeit. Schnell ging sie noch einmal in ihr Schlafzimmer und holte ihr Handy, das sie fast vergessen hätte. Nur kurz warf sie einen Blick auf das Display und wäre um ein Haar die Treppe nach unten gefallen, weil sie in der Hektik die erste Stufe übersehen hätte.

"Petra", las Gina. Kurz überflog Gina die Nachricht. Petra, eine Kollegin aus Unterammergau, hatte sich die Grippe eingefangen und fiel die ganze Woche aus. "Na super!", schimpfte Gina vor sich hin, "Dann hab ich jetzt die ganze Woche auf 39 Kinder aufzupassen!".

"Elisa, bist du fertig?", fragte Gina in die Küche, in der Elisa noch immer am Küchentisch saß.
"Ja, Mama! Ich trink nur noch einen Schluck vom Tee.", kam es von Elisa.

Erleichtert darüber, dass Elisa heute diejenige im Haus war, die funktionierte und es tatsächlich geschafft hatte, sich den Tee nicht über die Hose zu kippen, füllte Gina noch schnell die Trinkflasche ihrer Tochter auf und legte ihr zwei Buttertoasts als Pausenbrotzeit in die Brotzeitbox, die dann wieder in der Schultasche verschwand. Den Küchentisch würde sie dann nach der Arbeit abräumen, dafür war jetzt keine Zeit mehr, beschloss Gina.

Wenige Sekunden später sprang auch Elisa vom Stuhl auf und zog sich Jacke, Schuhe und ihre Mütze über, genau wie Gina.
"Es ist 7 Uhr und 40 Minuten.", bemerkte Elisa und zeigte auf die große Uhr, die im Flur hing.

"Super gelesen! Wir sind also noch in der Zeit, das war wirklich stressig heute. Gut, dass du mich geweckt hast, Elisa. Das hast du wirklich sehr gut gemacht!", lobte Gina ihre Tochter und hab ihr einen Kuss auf die Stirn. So viel Zeit musste noch sein.
"Und jetzt ab ins Auto mit uns Zwei! Sonst komm ich noch wirklich zu spät zur Arbeit.", lachte Gina und war jetzt wieder etwas entspannter als noch vor ein paar Minuten.