Have faith in the dark - MPK

119 - Zwischen Vergangenheit und Zukunft

"Mama, Michi? Könnt ihr mir noch was vorlesen?", fragte Elisa und hielt ihnen das Buch erwartungsvoll hin.

Michael saß angelehnt an die Sofalehne da, Gina lag neben ihm und hatte immer noch ihren Kopf auf seinem Oberschenkel liegen.

"Klar, komm her!", reagierte Michael und nahm Elisas Buch entgegen. "Ist das wieder diese Hexe da?", fragte er mit einem Blick auf das Bookcover.

"Ja! Das ist noch das Buch wie letztes Mal, als du mir vorgelesen hast. Wir sind nur ein Kapitel weiter.", erklärte Elisa und zeigte ihm, wo er weiterlesen musste. Dann schien sie kurz zu überlegen, ob sie sich hinsetzen oder hinlegen sollte, entschied sich dann aber dafür, sich an Michaels Seite zu kuscheln und machte die Augen zu, als er beschützend seinen Arm um sie legte.

"Trägst du mich dann ins Bett, falls ich einschlafe?", fragte Elisa gähnend und schloss wieder ihre Augen.

"Mach ich.", versprach Michael und begann das Kinderbuch vorzulesen. Schon nach ein paar Minuten kam von Elisa keine Reaktion mehr und ihre Augen blieben auch dann noch geschlossen, als er zu lesen aufhörte.

"Elisa?", flüsterte er ihr zu, bekam aber keine Antwort mehr von ihr. Als er zu Gina blickte, die der Geschichte ebenfalls zugehört hatte, schlich sich ein großes, zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht. Gina war ebenfalls eingeschlafen, mit einem entspannten Lächeln auf ihrem Gesicht.

Michael legte das Buch zur Seite und strich Elisa mit der einen und Gina mit der anderen Hand über die Haare. Wieder einmal überrollte ihn eine große Welle puren Glücks, als er auf Elisa und Gina blickte, die an ihn gekuschelt schliefen, als er den geschmückten Christbaum und die Plätzchen am Tisch stehen sah und den Holzofen knistern hörte. Und er wusste, dass er genau die richtige Entscheidung getroffen hatte, als er umgekehrt war. Egal wie egoistisch die Entscheidung war, aber nichts konnte ihm dieses Glücksgefühl geben, das er gerade empfand. Und so gern er bei Maite und seinen Nichten gewesen wäre...auch sie hätten Gina und Elisa nicht ersetzen können.

Langsam wurde auch er müde und entschied sich, Gina sanft zu wecken, um aufstehen zu können und Elisa ins Bett zu tragen.

"Hey, Gina!", flüsterte er ihr zu und strich ihr über den Rücken. Nochmal versuchte er es, sie sanft zu wecken, aber wieder schien Gina nicht aus dem Schlaf aufzuwecken zu sein. Kurz dachte Michael nach, grinste dann aber und strich mit seinen Fingern über Ginas Nacken. Erst jetzt murmelte Gina und griff nach Michaels Hand.

"Paddy, was ist denn?", murmelte sie und schlug sie Augen ein Stück weit auf.

"Ich muss Elisa kurz nach oben ins Bett tragen. Dafür müsstest du kurz von meinem Oberschenkel runterrutschen.", erklärte er ihr leise.

"Ist ok. Ich muss mir auch noch bettfertig machen. Soll ich dir mit Elisa helfen?", murmelte Gina verschlafen.

"Du kannst gern mit hoch kommen, wenn du eh hoch musst. Aber sie raufzutragen schaff ich schon.", meinte Michael und half Gina vom Sofa auf. Dann legte er einen Arm unter Elisas Knie und den anderen um Ihren Rücken und hob sie hoch.

"Boah, ist die schwer!", beschwerte sich Michael, als er schnaufend die letzten Treppenstufen mit Elisa in seinem Arm hinaufging.

"Tja, du musstest ihr das ja versprechen, dass du sie hochträgst. Ich könnte sie gar nicht mehr hochtragen, da ist sie schon zu groß und zu schwer mittlerweile."

Nachdem Gina ihrer schlafenden Tochter noch kurz einen Gute-Nacht Kuss auf die Stirn gegeben hatte, richtete sie sich für die Nacht her und verschwand im Bad.

Michael lehnte Elisas Kinderzimmertüre an und machte sich wieder auf den Weg nach unten, um sich auch umzuziehen und sich die Zähne zu putzen. Als er danach durch den unteren Flur ging, blieb er vor der Wand stehen, an der Bilder wie bei einer Wäscheleine aufgehängt waren. Bisher hatte er immer vermieden, sich die Bilder genauer anzusehen, schließlich wollte er auch nicht zu neugierig erscheinen. Jetzt aber blieb er davor stehen und schaute sich ein Bild nach dem anderen an.