34 - Should I stay or should I go?

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"Jetzt wirds aber langsam Zeit, dass wir wieder heim fahren, es ist ja schon fast 22 Uhr!", merkte Peter an und klopfte auf seine Oberschenkel.

"Alles klar Peter, du bist heute der Chef", lachte Michael und wandte sich an Gina.
"Du, soll ich Bruce dann bei dir lassen und morgen früh wieder holen, Gina? Damit Elisa durchschlafen kann..."

"Ne, danke Paddy, aber ich und Hunde...da hab ich lieber eine quengelige Tochter morgen, weil ich sie wecken musste, als allein mit einem riesigen Hund im Haus zu sein. Nimms mir nicht übel, nichts gegen deinen Hund. Dass ich Elisa erlaube, sich neben ihn zu legen bedeutet schon, dass ich dir und deinem Hund echt vertraue, aber dann einen Hund über Nacht zu haben...das ist mir zu viel des Guten."

"Alles klar. War ja nur eine Idee. Dann müssen wir die beiden jetzt eben aus dem Schlaf reißen.", antwortete ihr Michael.

Gina fühlte sich durch Michaels Aussage angegriffen.
'Das klang ja fast so, als wäre er davon ausgegangen, dass Bruce hier bleiben könnte und als würde er jetzt mir dafür die Schuld geben, dass Elisa nicht an Bruce gekuschelt weiterschlafen kann!', dachte sie sich.
"Ach ja? Jetzt bin ich schuld und eine schlechte Mutter, weil ich deinen Hund nicht über Nacht hier haben will oder was?!", engegnete sie ihm mit erhobener Stimme.

"Wer sagt das denn?! Jetzt reagier mal nicht über, Gina! Das ist doch albern. Ich will nur nicht, dass deine Tochter wegen Bruce aufwacht und dann nicht mehr richtig einschlafen kann!", konterte Michael.

"Mein Gott, jetzt kommt mal wieder runter! Wenn ihr so weiterschreit, wacht Elisa automatisch auf und nicht Bruce ist der Grund dafür sondern ihr. Was ist denn los mit euch?"
Peter hatte Michael und Gina unterbrochen und schüttelte nun verärgert den Kopf. So kannte er weder Michael noch Gina, die beide in seinen Augen doch mehr harmoniesuchende Menschen waren.

Wie zwei bockige Kinder standen sich Gina und Michael nun gegenüber. Michael hatte nur kurz mit den Schultern gezuckt und dann kurz die Augen gerollt, Gina stand immer noch mit verschränkten Armen da, jederzeit bereit weiterzustreiten.

"Sehr erwachsen! Erst große Klappe und jetzt macht keiner den Mund auf.", schimpfte Peter weiter. "Vorschlag: Wenn der Hund nicht zum Herrchen will dann muss eben das Herrchen beim Hund bleiben.", schlug nun er vor.

Michael runzelte die Stirn. "Was ist denn das jetzt für ein deutsches Sprichwort? Was bedeutet das?", wollte er von Peter wissen.

"Gar keins denke ich", antwortete ihm Gina und musste schmunzeln, obwohl sie immer noch sauer war.
Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaute Michael nun Gina in die Augen, er hatte noch immer keine Antwort auf seine Frage.
"Peter wollte sagen, dass du dann halt hier bleiben sollst, wenn du Bruce und Elisa nicht aufwecken willst und ich nicht allein Bruce über Nacht hier haben will."
Peter nickte zustimmend, wenigstens Gina hatte sein neu erfundenes Sprichwort verstanden.

"Achso...ja sag das halt gleich Peter. Naja, aber ich glaube diese Option hab ich mir gerade verbaut." Verlegen rieb sich Michael die Nase und strich sich kurz durch die Haare.
"Oder wäre das für dich etwa ok, Gina?"

"Was von beiden? Dass du hier bleiben kannst oder dass Bruce hierbleiben kann, wenn du hier bleibst?"

"Irgendwie ja beides?", erwidete Michael.

"Dann nimm halt das Gästezimmer... Letzte Tür hier unten im Flur, das Klo ist die Tür daneben. Dann kann Peter heimfahren.", gab Gina nach. "Ich will heute eh nur noch ins Bett."

Zufrieden grinste Peter in sich hinein. Manchmal musste man Freunden nur einen gut gemeinten 'Arschtritt' geben. Mit einem Lächeln auf den Lippen umarmte er Gina herzlich und klopfte Michael mit dem Kommentar "Versau es nicht, Paddy!" freundschaftlich auf die Schulter.
Er ging zur Tür und verabschiedete sich von Michael und Gina. "Also dann gute Nacht, ich fahr heim. Fresst euch nicht gegenseitig, ihr Streithähne!"

Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war und Michael kurz im Gästezimmer verschwunden war, schlug Gina sich mit der Hand an die Stirn. Sie ärgerte sich wieder einmal, vor Michael so die Fassung verloren zu haben, wieder ohne wirklichen Grund, wie sie feststellen musste. Schließlich hatte er es nur gut gemeint und sich auch um Elisa gesorgt. Aber irgendwie war ihre Schale im Bezug auf Michaels Kommentare wahnsinnig dünn und sie war sehr leicht angreifbar. Warum, das konnte sie sich aber nicht wirklich erklären. Vielleicht aber, weil er gerade dabei war, sich still und leise einen Platz in ihrem Leben zu erschleichen und vor allem auch in Elisas Herz?

"Alles wieder gut zwischen uns?", riss Michael sie aus ihren Gedanken, als er wieder den Essbereich betrat.

"Ja, klar, sorry, dass ich dich so angepampt habe, aber ich bin zurzeit einfach so leicht reizbar.", entschuldigte sich Gina. "Willst du auch 'nen Tee?", bot sie ihm an.

"Danke, gern! Ach du bist halt einfach so, ist schon ok für mich, langsam sollte ich das wissen. Du, ich hab noch was für Elisa, das sollte eigentlich ihr Geschenk werden, wenn ich sie im Krankenhaus besucht hätte. Bevor ich's vergesse, leg ich's schonmal hier her."
Aus seiner Jackentasche zog er eine Cd seines neuen Albums, das in wenigen Tagen auf den Markt komen würde.

Gina nickte und kam mit zwei Teetassen zum Esstisch. Mit einem Blick auf die Cd konnte sie sich nicht verkneifen, Michael ein bisschen aufzuziehen.
"Die Flaggen-Idee hast du von Sunrise Avenue geklaut stimmts?"

Irritiert schaute Michael auf. "What? Wieso sollte ich das geklaut haben?"

"Naja, weil sie in ihrer Cd von Heartbreak Century auch eine Flagge schwenken, zwar eine Rote aber trotzdem."

"Nein, das hab ich nicht. Echt nicht! Oh shit, I didn't know that... Ich war noch stolz drauf, die Idee gehabt zu haben...naja egal, jetzt ist das Cover schon gedruckt. Aber jetzt ehrlich, was sagst du?"

Gina nahm die Cd vom Tisch und schaute sich das Cover genauer an. Minutenlang musterte sie die Vorder- und Rückseite und nickte ein paar Mal.
"Find ich gut soweit. Gelb ist jetzt zwar nicht so meins aber die Songtitel hören sich vielversprechend an. Ich bin schon gespannt wie die Songs dann sind. Dreimal darfst du raten was Elisa jetzt dann jeden Morgen hören wird!"

Die Stimmung hatte sich wieder entspannt und der Streit war schon wieder vergessen. Michael erzählte ihr von den Geschichten hinter den Songs, den Hintergründen für das Album und von den langen Überlegungen, wie er und sein Label das Album nennen wollten, bevor die zündende Idee kam, es einfach BOATS zu nennen und es somit mit dem Boot-Motiv, gleichzeitig aber auch mit den wahren Geschichten dahinter zu verbinden.
Den Tee hatten beide mittlerweile leer getrunken und wollten noch kurz ins Wohnzimmer zu Bruce und Elisa schauen, bevor sie sich bettfertig machten.

"Du Gina, hast du irgendwo eine Schüssel für Bruce, die ich ihn mit Wasser füllen kann?", fragte Michael.

"Ja klar, rechter Schrank neben dem Waschbecken. Ich hol von oben noch ne Decke für Elisa, stell die Schüssel eimfach auf den Gang."

Kurz später gingen beide leise ins Wohnzimmer, wo Elisa noch immer dicht an Bruce gekuschelt am Teppichboden lag und tief und fest schlief. Elisa hatte Bruce's Pfote in ihrer Hand und einen Arm um den Körper des Hundes gelegt.
Nicht nur Gina, sondern auch Michael ging bei diesem Anblick das Herz auf.

"Ach, wie süß die Beiden sind! Ein Herz und eine Seele, schön, dass Elisa so positive Erfahrungen mit Hunden knüpfen kann, das freut mich echt! Wenn du schon so schlechte Erinnerungen an Hunde hast.", flüsterte Michael Gina zu, die gerade Elisa mit ihrer Kuscheldecke zudeckte. "Das war jetzt aber kein Vorwurf, Gina. Nicht, dass du das persönlich nimmst oder so wie gerade eben...", fügte Michael noch hinzu. Sicher war sicher.

"Alles gut, ich muss mich glaub ich einfach dran gewöhnen, dass du kein Blatt vor den Mund nimmst. Aber ja, mich freut das auch, wenn ich ihr schon den Wunsch, einen Hund zu haben nicht erfüllen kann, dann ist echt schön, dass sie so eng mit Bruce ist und ihn als Freund hat. Komm, lassen wir die Zwei weiterschlafen."

Beide gingen wieder aus dem Wohnzimmer und lehnten die Tür nur an, falls Bruce doch noch aufwachen würde.
"Gute Nacht, Paddy!", wünschte Gina, also sie auf Weg zur Treppe war.

"Dir auch eine gute Nacht, Gina! Und danke, dass ich heute Nacht hier bleiben darf! Schlaf gut."

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt