"Mhm", murmelte Gina nur und zog ihre Decke bis unters Kinn. "Gute Nacht!"
Wirklich überzeugt davon, jetzt schlafen zu gehen, war Gina nicht. Viel schneller als befürchtet kroch die Angst in ihr hoch, die Angst vor der Nacht und davor, wieder die Albträume wie in den letzten Nächten zu haben. Auch wenn sie wusste, dass Michael da war, es half ihr nicht. Die Angst blieb. Unruhig wälzte sie sich von der einen Seite auf die andere, um irgendwie eine Schlafposition zu finden. Erfolglos.Nach einem kurzen Überlegen strecke Michael seinen Arm aus und legte sich so hin, dass Gina ohne sich groß strecken zu müssen nach seiner Hand greifen konnte, gleichzeitig aber noch mehr als genug Abstand zwischen ihnen beiden war.
"Wenn du so weniger Angst hast, dann halt meine Hand. Hilft bestimmt beim Einschlafen. Ich pass gut auf dich auf.", schlug er vor und hielt Ginas Hand locker in seiner, nachdem sie ihren Arm ebenfalls ausgestreckt hatte."Danke!", flüsterte sie und schloss erschöpft die Augen. Michael versuchte noch so lange wach zu bleiben, bis Gina eingeschlafen war, doch irgendwann fielen auch ihm die Augen zu und er driftete in den Schlaf.
Doch der währte nicht lange.
"Nein!"
Ein spitzer Schrei riss Michael aus seinem Schlaf. Kurz musste er sich orientieren, wo er gerade war, bevor es verstand, woher das Schreien gekommen war.
Gina wälzte sich auf dem Sofa hin und her und murmelte immer wieder das Wort "Nein!" vor sich hin.
Dann verstand er, und setzte sich auf, um ein Stück näher zu Gina zu rutschen. Sollte er sie jetzt aufwecken? Anders würde sie nicht aus dem Albtraum rauskommen.Mit seinen Händen hielt er Gina an den Schultern fest und sprach sie immer wieder an, um sie aufzuwecken. Wirklich helfen tat das aber nicht. Im Gegenteil. Ginas Murmeln wurde energischer und sie begann mit ihren Armen Michaels Hände abzuschütteln und schlug nach ihm. Erst nachdem Michael seine Hände wieder von ihr wegnahm, hörte Gina auf, nach ihm zu schlagen und drehte sich wieder unruhig hin und her. Verzweifelt saß Michael neben ihr und wusste nicht, was er tun sollte und konnte, um ihr zu helfen. Irgendwie musste er sie aus diesem Albtraum aufwecken!
Vorsichtig legte er seine Hand auf Ginas Kopf und begann, ihr sanft über die Haare zu streichen. Immer wieder redete er ihr beruhigend zu und nahm dann ihre Hand in seine, als sie sich ein bisschen beruhigt hatte. Aufgewacht war sie aber immer noch nicht. Erst nach guten zehn Minuten wurde Ginas Murmeln weniger und sie umgriff schlafend die Hand von Michael, der nur wenige Zentimeter von ihr entfernt saß. Gina schien wieder in einen ruhigeren Schlaf gefallen zu sein, denn nach ein paar Seufzern drehte sie sich noch einmal auf die Seite, an der Michael saß, und schlief dann einfach ruhig weiter.
Da saß er nun, wenige Zentimeter von ihr entfernt, ihr Kopf lag so nahe bei seinem Oberschenkel, dass ihr Kopf ihn fast fast berührte. Ginas Finger hatten sich um seine gelegt und klammerten sich an seiner Hand fest und mit der anderen Hand hatte sie seinen Unterarm zu sich gezogen. Wie ein Klammeraffe hatte sie seinen Arm in Beschlag genommen und hatte wohl nicht vor, ihn wieder loszulassen. Das hieß dann wohl, dass er die restliche Nacht neben ihr sitzen bleiben würde. An Schlaf konnte Michael gerade eh nicht denken, auch wenn er totmüde war. Viel zu sehr kreisten seine Gedanken um Gina. Er hatte in den letzten Nächten mitbekommen, wie schlecht sie schlief und hatte auch erfahren, wovon sie so schlecht träumte. Es tat ihm im Herzen weh, Gina so hilflos und leidend vor sich liegen zu sehen und das Gefühl ihr nicht helfen zu können, zermürbte Michael gerade. Mehr als sie zu beruhigen und bei ihr zu bleiben konnte er nicht tun. Doch am liebsten hätte er ihr alle Albträume genommen und selbst durchlebt, solange er sie nicht so leidend sehen musste. Wieder einmal wurde ihm klar, wie sehr er sein Harz schon an die Frau verloren hatte, die gerade neben ihm lag und mit so viel im Leben zu kämpfen hatte. Noch vor ein paar Monaten, als er komplett aus der gemeinsamen Wohnung mit Jule ausgezogen war, hatte er nicht daran geglaubt, je wieder auch nur annähernd so glücklich werden zu können wie mit ihr vor der Ehekrise. Er wollte einfach nur mit sich selbst klar kommen, sein Leben wieder neu ausrichten, Distanz gewinnen zwischen dem Jetzt und dem Kapitel zuvor. Und jetzt saß er neben Gina, die immer mehr seine Mauern einriss, seine harte Schale, die er sich mühsam angeeignet hatte und ließ auch ihn immer öfter hinter ihre Mauern blicken.
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Have faith in the dark - MPK
FanfictionZeitlicher Beginn: September 2021 Eine Geschichte über Gina und ihre kleine Tochter Elisa, die nach dem Verlust eines geliebten Menschen langsam wieder ins Leben zurückfinden müssen. Michael Patrick Kelly, der seine freie Zeit nach den Arbeiten am...