49 - Paddy, das Rentier

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"Du Michi! Glaubst du, die Mama ist noch sehr böse auf mich, wenn ich mit dir runter gehe? Weil ich sie so angeschrien hab...", fragte Elisa kleinlaut. Das schlechte Gewissen und die Unsicherheit, wie sie mit der Situation umgehen sollte, war ihr deutlich anzumerken.

"Mach dir keinen Kopf, Elisa. Ich glaube deine Mama ist viel mehr böse auf sich selbst als auf dich."

"Ich hab aber Angst jetzt runterzugehen...und mir tut es leid was ich gesagt habe. Ich will lieber in meinem Zimmer bleiben."

"Dann kannst du aber Bruce nicht sehen. Der darf nicht hier rauf, der muss unten bleiben. Komm Elisa, wir gehen zusammen runter, dann isst du Mittag und dann versöhnst du ich mit deiner Mama. Und danach gehen wir eine Runde Gassi mit Bruce.", versuchte Michael so diplomatisch wie möglich zu sein.

"Is mir egal. Hab eh keinen Hunger.", gab Elisa patzig zu verstehen.

Nun kam Michael seine Erfahrung im Umgang mit seinen Nichten und Neffen zu gute.
"Auch nicht wenn es dein Lieblingsessen gibt? Deine Mama hat extra Schinkennudeln gemacht."

Aber wieder zuckte Elisa nur mit den Schultern und wand sich von Michael ab, um sich wieder auf ihren Schreibtisch zu setzten und weiterzubasteln.

Jetzt zog Michael seinen Joker, der bis jetzt immer funktioniert hatte. "Elisa, ein letzter Vorschlag: Du darfst auf meinen Rücken klettern und dann gehen wir runter zu deiner Mama. Dann brauchst du auch keine Angst haben, dass die Mama weiter mit dir schimpft, weil du dich bei mir verstecken kannst.", schlug er vor.

Sofort stand Elisa wieder vom Stuhl auf und schaute Michael mit strahlenden Augen an. "Echt? Darf ich das?"

"Ja klar, wenn du magst!"

"Jaa! Das ist dann wie bei Elsa! Die reitet dann auch auf dem Rücken von dem Rentier, dann bist du jetzt mein Rentier!", sprudelte es regelrecht aus ihr heraus.

Michael musste lachen. Rentier hatte ihn jetzt auch noch niemand genannt.
"Komm, dann steig auf!", forderte er Elisa auf und ging in die Hocke, damit sich Elisa gut an seinem Hals festhalten konnte.

"Darf ich meine Beine um deinen Bauch tun?", fragte Elisa schüchtern nach.

"Ja klar, wie willst du dich denn sonst festhalten?", lachte Michael. "Aber nicht da vorne wo hintreten, klar?"

Belustigt nickte Elisa nun und kicherte los als Michael aufstand und sie dann auf seinem Rücken war.
"Boah bist du schwer!", beschwerte sich Michael nach den ersten Metern.
"Alles gut bei dir da hinten?", fragte er nach, als er vorsichtig die Treppe hinunterhing.

"Jaa! Das ist so lustig! Das fühlt sich an als würde ich echt auf einem Rentier sitzen.", bestätigte Elisa und hatte nun endlich wieder gute Laune.

Auch Gina in der Küche hörte Elisas Kichern. Kopfschüttelnd wunderte sie sich, was Michael nur erzählt hatte, damit sie freiwillig zum Mittagessen in die Küche kam nach diesem Streit, den sie hatten. Kurz darauf hatte sie ihre Antwort.

Michael kam mit Elisa am Rücken lachend in die Küche. Beide strahlten nur so um die Wette. Bei diesem Anblick schmolz Gina dahin, es war wirklich schön, zu sehen, wie er sich Elisa annahm und sie im Prinzip wie seine Nichte oder Tochter behandelte, obwohl er sie erst ein paar Wochen kannte.
Gleichzeitig schmerzte ihr Herz, wenn sie sah, wie sehr Elisa Michael vertraute, mochte und wie unbefangen sie ihm gegenüber war. Was, wenn Andreas noch leben würde? Dann würde er anstatt Michael mit Elisa herumtoben. Auch wenn sie es nicht wollte, verglich sie Michael und Andreas miteinander und wünschte sich, dass Andreas gerade in die Küche hineinspaziert wäre. Aber dass das nie passieren würde war ihr klar. Aber ihr Herz hing immer noch sehr an ihrem Mann und die ganze Situation zerriss sie innerlich.

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt