7 - Gespräche

226 23 7
                                    

"Hi Gina! Schön euch wiederzusehen. Setzt euch hin, ich hab Bruce am Baum angeleint, aber der würde so oder so nichts machen."
Michael machte eine einladende Geste und Elisa setzte sich hin, gefolgt von Gina, die sich neben ihre Tochter setzte.

"Bruce wie Bruce Springsteen?", wunderte sich Gina als sie Michaels Hund ansah, der im Gras lag.

"Ja genau."

"Wie kommt man darauf, seinen Hund nach Bruce Springsteen zu nennen?"

Michael schien kurz nachzudenken und runzelte die Stirn bevor er antwortete. "Hm...das war ehrlich gesagt der erste Name, der mir eingefallen ist. Bruce Springsteen ist sowas wie mein musikalisches Vorbild und von daher hab ich mir dann gedacht: Wieso nicht den Hund Bruce nennen?"

Während sich Michael und Gina unterhielten, holte sich Elisa von beiden Erwachsenen die Erlaubnis Bruce streicheln zu dürfen und saß wenige Sekunden später schon neben dem Mischlingshund im Gras, streichelte sein Fell und strahlte, als Bruce seinen Kopf auf ihre Füße legte, um sich noch mehr Streicheleinheiten abzuholen.

Nach ein paar Minuten Stille ergriff Gina das Wort.
"Du Michael...ich wollte mich nochmal kurz entschuldigen, dass ich so fahrig und unfreundlich war, als wir uns verabschiedet haben."

Überrascht hob Michael seinen Kopf und winkte nur ab. "Ach, mach dir da nichts draus, alles gut."

"Nein, wirklich. Das war nicht fair. So bin ich eigentlich nicht. Ich hätte dir dankbar sein sollen, dass du Elisa geholfen hast und ihr was vorgespielt hast."

"Gina. Das ist echt kein Problem. Hab ich doch gern gemacht. Spielt Elisa schon mit der Ukulele?"

"Ja, und wie! Ich hab das Gefühl die ist ihr schon angewachsen. Mich hat es gewundert, dass sie die Ukulele nicht zum Wandern mitnehmen wollte...das wäre typisch für sie gewesen."

Michael grinste und schaue kurz zu seinem Hund und Elisa, die beide wie zwei alte Freude im Gras saßen, dicht aneinander geschmiegt.

"Da haben sich zwei gefunden glaub ich! Bruce ist wirklich ein sanfter Riese, da brauchst du dir keine Sorgen machen. Ich hab oft Besuch von meinen Nichten, die sind auch in etwa so alt wie Elisa, die lieben ihn abgöttisch."

Gina nickte und sah Bruce, der völlig ruhig bei Elisa lag. So sehr sie Michael glaubte, da waren immer noch die schlechten Erinnerungen in ihr, die sich misstrauisch machten. "Hast du keine Bedenken, dass Bruce dann doch irgendwann mal zuschnappt oder beißt? Ich hab da schon meine Erfahrungen gemacht."

"Naja, ein Tier ist ein Tier. Du wirst nie die 100 prozentige Gewissheit haben, du weißt nicht was im Gehirn von dem Tier abgeht. Aber ich hab Bruce jetzt seit fast fünf Jahren, wir haben ihn damals vom Tierheim geholt als er als Welpe dort abgegeben wurde und ihn sozusagen mit der Flasche großgezogen. Er war schon immer sehr ruhig, sanft und echt gutmütig, vor allem wenn Kinder da waren. Er hat es sogar geduldet, wenn sich eine meiner Nichten auf ihn setzen wollte und Pferdereiten mit ihm spielen wollte! Also von daher hab ich da schon ein sehr gutes Gewissen. Was ist dir dann passiert, dass du Hunden so misstraust?"

Gina erzählte Michael von ihrer Kindheit und den Hunden, die sie auf dem Weg zur Schule verfolgten und teilweise während der Fahrt auf ihren Gepäckträger sprangen und sie zu Fall brachten. Michael hörte ihr aufmerksam zu und riss die Augen weit auf als er von den aggressiven Hofhunden hörte.

"Puh...das ist echt starker Tobak! Da wundert es mich nicht, dass du so Angst vor Hunden hast. Ich hatte da echt Glück, ich hatte schon als Kind immer mal wieder einen Hund und nie negative Erfahrungen. Möchtest du vielleicht Bruce mal streicheln? Also nur wenn dir das hilft."

Schnell schüttelte Gina den Kopf. "Nein, nein! Ein paar Meter weit weg zu sitzen und keine Schweißausbrüche zu haben reicht mir schon und ist schon ein kleines Erfolgserlebenis. Klingt jetzt wahrscheinlich echt blöd aber sobald ich einen Hund sehe, gehen bei mir die Alarmglocken an. Aber gleichzeitig möchte ich Elisa diese Erfahrung aber auch nicht vorenthalten, das was ich erlebt habe, muss und soll sich ja nicht bei ihr nicht wiederholen."

"Da hast du Recht. Die meisten Hunde sich echt gut erzogen, aber genau die wenigen, die aggressiv sind oder bellen bleiben viel eher in Erinnerung als die, die sich freundlich verhalten."

Das Unbehagen, das Gina noch zu Beginn hatte, war mittlerweile komplett verschwunden. Michael schien ihr ihr unfreundliches Verhalten glücklicherweise nicht übel genommen zu haben und fragte auch nicht weiter nach. Komplett locker sprachen sie miteinander und Gina erzählte ihm von ihrem Job als Lehrerin und die Schwierigkeit, Beruf und Muttersein zu trennen und sich zum Beispiel nicht immer in Elisas Hausaufgaben einzumischen.

"Mein Vater war auch Lehrer. Ich weiß wie es ist ein Lehrerkind zu sein, aber bei mir war das früher ganz anders. Er hat mich und meine Geschwister unterrichtet und war sozusagen der Privatlehrer."

Nun war Ginas Interesse geweckt. Für Lehrer Themen war sie immer zu haben. "Warst du nicht schulpflichtig? Ich kenne bei uns in der Gegend ein paar Familien bei denen das ziemlich schief gegangen ist, sich zu weigern, die Kinder in die Schule zu schicken. Wie habt ihr das dann gemacht?"

"Ich hab früher in Irland gewohnt mit der Family, da ist Homeschooling gängig und erlaubt."

"Ah, das wusste ich nicht. In Irland aufzuwachsen ist bestimmt schön, die Highlands und die Natur um sich zu haben. Ähnlich wie hier bei uns. Keine großen Städte keine schlechte Luft...Ich war während meines Studiums ein Semester lang in Australien, da ist es auch üblich, die Kinder zuhause oder per online Schule zu unterrichten. Das war komplett neu für mich, aber viele Familen, vor allem die im Outback, wohnen so weit weg von der nächstgrößeren Stadt, dass es ein wahnsinniger Aufwand wäre, die Kinder sicher in die Schule zu bringen und dass das Unterrichten von zu Hause aus einfach mehr Sinn macht."

"Also bist du nicht eine von denen, die sagt, dass alle, die nicht zur Schule gehen, dumm sind?" Michael sagte dies in einem scherzhaften Unterton, aber Gina merkte, dass das auch eine ernsthafte Frage war.

"Nein, überhaupt nicht! Nur weil man nie zur Schule gegangen ist, ist man doch nicht dumm oder unintelligent. Genauso, wie man nicht zwingend intelligent ist, nur weil man das Abitur hat. Wieso fragst du?"

Amüsiert grinste Michael Gina an. Sie schien wirklich keine Ahnung zu haben, wer er war. Das freute ihn, denn das kam leider nicht oft vor. Meistens unterhielten sich die Menschen nur mit ihm, weil er in ihren Augen ein Star war oder, was ihn noch mehr nervte, redeten mit ihm, nur um ihm dann zu sagen, wie sehr sie ihn bewunderten und ob sie bitte ein Foto mit ihm machen könnten. Gina schien komplett ahnungslos zu sein und irgendwie freute ihn das. Sie sahn ihn als Mensch und unterhielt sich mit ihm weil sie sich sympatisch waren und nicht weil er eben Michael Patrick Kelly oder Paddy Kelly war.

"Früher haben viele Leute schlecht über uns gesprochen. Weil wir nicht in der Schule waren und so weiter. Das ist echt schön zu hören, dass du als Lehrerin nicht so schlecht über das denkst als ich dachte."

Nun war Gina komplett verwirrt. Was wollte er damit andeuten? Welche Leute? Warum sprach Michael so gut Deutsch wenn er eigentlich Ire war?
"Wer sind "die Leute"? Wenn du in der Pampa von Irland gewohnt hast, warum haben dann so viele Leute über euch gesprochen?"

Michael zögerte, entschied sich dann aber dafür, Gina zu vertrauen und offenzulegen, wer er war, sollte sie sich dafür interessieren.

Schmunzelnd fragte er, an Gina gerichet: "Du hast echt überhaupt keine Ahnung wer ich bin oder?"

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt