Ein Relikt aus alter Zeit

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Die Zeit verging wie im Fluge und obwohl er mit Keno auf dem Rücken langsamer machen musste, war John sich ziemlich es noch heute zu schaffen, den Wald zu verlassen. Die Bäume lichteten sich schon langsam und auch die Umgebung wurde felsiger. Feyth hatte gemeint, das es nur noch ein paar Meilen seien, bis sie ins Gebirge kämen und sie behielt recht. Irgendwann am Nachmittag trat John endlich zwischen den Bäumen hervor und blickte auf einen schmalen Pfad, der inmitten einer felsigen Landschaft lag und geradewegs mitten in den Gebirgsausläufer führte.

Er und das Drachenmädchen blieben kurz am Waldrand stehen und begutachteten ihren weiteren Weg. Keno war einige Zeit nach ihrem Aufbruch erneut eingeschlafen, doch der Soldat hatte nicht vor ihn zu wecken, der Junge brauchte den Schlaf. „Wie hoch sind diese Berge?" fragte John und ließ seinen Blick hinauf auf die schneebedeckten Gipfel wandern, von denen einige sogar in den Wolken verschwanden. Feyth legte den Kopf schräg und meinte nach kurzem nachdenken: *Die meisten von ihnen sind so hoch, dass noch nicht einmal ein Drache über sie hinweg fliegen kann und selbst die kleineren sind dermaßen hoch, dass ihr Zweibeiner dort keine Luft mehr bekommt. Aber unser Weg sollte durch einen Pass führen, der vollkommen ungefährlich ist. Er wird häufig von Handelskarawanen benutzt.* „Das bedeutet, wir sollten Keno zu liebe auf jeden Fall durch diesen Pass gehen. Es dürfte für ihn ohnehin schon sehr hart werden die Nächte im Gebirge zu überstehen, so ganz ohne Kleider." *Warte hier einen Augenblick!* entgegnete das Drachenmädchen und lief rechts am Wald entlang, bis John sie nicht mehr sehen konnte.

Er wurde unruhig, da es ihm als Soldaten missfiel einen seiner Kameraden nicht im Blickfeld zu haben, ohne zu wissen, wo dieser sich aufhielt. *Mir wird schon nichts passieren.* meinte sie belustigt. Der Titan brummte missmutig, als er daran erinnert wurde, dass sie sich einfach so Zugang zu seinen Gedanken verschaffen konnte. So also wartete er geduldig darauf, dass Feyth wieder zurückkam. Es dauerte knapp zehn Minuten, bis er ihren Schwanz zwischen dem dürren Gras und den herabgefallenen Ästen erkennen konnte. *Sie ist schwerer als ich dachte.* hörte er sie in seinem Kopf knurren und lief ihr neugierig entgegen. Als er bei ihr ankam, sah er was sie meinte. Das Drachenmädchen hatte eine große hölzerne Kiste, fast so groß wie sie selbst, herbei geschleppt, die mit einem altmodischen Schloss verriegelt war.

„Was genau hat es damit auf sich?" verlangte John zu wissen, währen er ihr das schwere Ding abnahm und hinüber auf den Weg trug. Für seine Verhältnisse war die Kiste leicht, aber auf jeden Fall schwer genug um eine ordentliche Delle im Erdboden zu hinterlassen, als er sie wieder abstellte. *Es sind geheime Vorräte von Schmugglern. Ich habe sie ein paar Mal dabei beobachtet, wie sie allerhand Sachen da reingetan haben. Es sollten auch ein paar Kleider für Keno dabei sein.* meinte sie und schnüffelte an der Kiste. „Schmuggler also. Ihr habt hier echt einige schlimme Gauner in eurem Land." sagte John und machte sich am Schloss zu schaffen. *Ich habe dir ja gesagt, das wir kurz vor einem Krieg stehen.* erwiderte Feyth. Das Schloss war eigentlich recht simpel aufgebaut, ein gebogener Metallstreben, der in einem Schließmechanismus saß und den Deckel auf der Kiste hielt. Aber im Moment war ihm das zu fummelig. „Scheiß drauf." knurrte der Titan, packte das komplette Schloss und riss es mit einem Ruck von der Kiste, wodurch ein faustgroßes Loch im Holz zurückblieb. Dann hob er den Deckel an und besah sich den Inhalt der Truhe.

Wie von Feyth prophezeit bestand die oberste Schicht aus Kleidern, Stoffen und Tüchern. Einige waren aus Leinen, andere aus Wolle und sogar Samt. Für Keno suchte er ein dickes Hemd und eine Hose aus Wolle heraus, dazu ein Leinenunterhemd und ein paar dicke Socken. Zusätzlich nahm er noch eine warme Decke und eine mit Fell ausgepolsterte Mütze. Den Rest der Stoffsachen legte er neben die Kiste ins Gras und stöberte weiter herum. Er fand ein Paar Stiefel, die dem Jungen passen könnten, lederne Handschuhe und mehrere Flaschen Schnaps, Rum und anderer Liköre. Alles was er nicht gebrauchen konnte legte er auf den Stapel neben der Truhe. Er nahm gerade eine kostbar aussehende Vase mit feinen Verzierungen heraus, als sein Blick auf eine große, reichverzierte Kiste am Boden der Truhe fiel.

Das Ding war genau so lang, wie die äußere Kiste, aber nur ein Drittel so breit. Vorsichtig räumte er die restlichen Waren von der Box herunter und begutachtete sie genauer. Die Verzierungen entpuppten sich als eingeritzte Runen und verschiedene Blumen. Wer auch immer dieses Holz bearbeitet hatte, war dafür große Mühen eingegangen. Leider konnte er die Runen nicht entziffern, also fragte er Feyth, die das ganze Gekrame bisher nur neugierig beobachtet hatte: „Kannst du diese Schrift hier lesen?"

Sie steckte ihren Kopf tief in die große Kiste und meinte dann aufgeregt: *Das ist die alte Sprache! * „Die alte Sprache?" *Entschuldige ich vergaß, dass ihr in eurem Land keine Magie kennt. Es ist die Sprache, an die vor langer, langer Zeit die Magie gebunden wurde, um sie zu beherrschen. Nur die Elfen und die Drachenreiter verwenden sie heute noch als richtige Sprache.* „Kannst du sie lesen?" *Leider nicht. Aber Keno sollte es können!* Sie wandte ihren Blick dem schlafenden Jungen zu, doch John schüttelte den Kopf, bevor sie ihn aufwecken konnte. „Er muss sich ausruhen, sein Körper hat einiges mitgemacht, seit er gefangen genommen wurde." erklärte er und hob die längliche Kiste vorsichtig heraus. „Wenn nur noch Elfen und Drachenreiter diese Sprache verwenden, dürfte der Inhalt sicherlich von ihnen stammen. Am besten, wir nehmen sie mit, Keno können wir immer noch fragen, sobald er wieder aufwacht." *Du bist der, der alles tragen muss.* sagte sie neckisch und setzte sich wieder hin.

John überging ihre Bemerkung und langte nach einem großen Stück Leder, das er zuvor bei Seite gelegt hatte. Er breitete es flach auf dem Weg aus und begann nach und nach alles was er herausgesucht hatte in die Mitte zu legen. Darunter waren neben Kenos Kleidung, Stiefeln und Handschuhen auch ein Fläschchen Schnaps, ein kleines Stück Seil, eingepacktes Dörrfleisch, ein eiserner Topf mitsamt Deckel und einige in Wachspapier eingewickelte Kräuter. Dann nahm er die Enden des Leders und band sie mit dem Rest des Seils zu, sodass daraus ein simpler Beutel wurde. Diesen packte er am zugeschnürten Ende und stand wieder auf. *Ist es auch nicht zu schwer?* fragte Feyth hämisch, während John das verzierte Holzkästchen in die andere Hand es noch einmal betrachtete. „Glaub mir, ich habe schon weitaus schwerere Lasten getragen." entgegnete er und überprüfte, ob Keno immer noch richtig saß. Dann marschierte er in stiller Übereinkunft mit dem Drachenmädchen weiter in Richtung Gebirge und ließ den dichten Wald hinter sich.

Der Weg war sehr steinig, mit einigen großen Felsbrocken, die hin und wieder da lagen. John fragte sich, wie es den Banditen überhaupt möglich gewesen war, diesen Pfad mit einem großen Wagen und einem Pferd zu bereisen. Schon nach wenigen Meilen über dieses steile Gelände, wurde es Feyth zu anstrengend mit dem Titanen Schritt zu halten, weswegen sie sich in die Lüfte schwang und über ihm ihre Kreise zog. Es wurde allmählich immer dunkler und im Westen konnte er nach ein paar Stunden die untergehende Sonne beobachten, wie sie ihre letzten Strahlen über das Land warf. Als hätte er es geplant öffnete Keno die Augen, als der letzte Sonnenstrahl hinter dem Horizont verschwand und alles in das schwache Licht eines zunehmenden Mondes getaucht wurde.

John bemerkte, dass der Drachenreiter aufgewacht war und meinte: „Ich hoffe, es war nicht zu holprig?" „Alles in Ordnung, danke John. Auch mein Verstand scheint nun wieder klarer zu sein, zumindest kann ich wieder den Magiestrom in mir fühlen." erwiderte der Junge und betastete vorsichtig sein verletztes Bein. „Das sind doch gute Neuigkeiten. Dann kannst du endlich dein gebrochenes Bein heilen." sagte der Soldat aufmunternd, doch Keno seufzte traurig. „Mag sein, aber ich kann Shad immer noch nicht spüren, obwohl die Wirkung der Droge verflogen ist." „Das tut mir leid." Der Titan suchte sich eine halbwegs kahle Stelle, etwas abseits des Pfads und legte dort das Kästchen und die beiden Beutel ab, bevor er nach Feyth rief, die wenige Augenblicke später neben ihnen landete. Sanft ging John in die Hocke und löste die Decke, welche um seine Hüfte gebunden war, sodass sich Keno langsam herabgleiten lassen konnte. Der Drachenreiter humpelte zum nächstgelegenen Fels und ließ sich darauf nieder. Unterdessen hatte der Soldat die Decke vollkommen abgeworfen und damit begonnen, die Kleidungsstücke aus dem größeren Beutel zu kramen. *Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht.* sagte Feyth an Keno gewandt, während sie es sich neben ihm auf dem kühlen steinigen Boden bequem machte. Der Junge nickte ihr dankend zu, schloss die Augen und legte die linke Hand auf das gebrochene Bein. Er murmelte einige Worte, die John nicht verstand und als der Titan sich mit den Kleidern umdrehte, hüpfte der Drachenreiter auf und ab.

Keine Spur mehr von einem gebrochenen Schienbein. Fasziniert reichte er dem Jungen die Kleidungsstücke und setzte sich ihm gegenüber auf einen großen Stein, der gefährlich unter seinem Gewicht knackte. 'Das ist also Magie.' dachte er und verschränkte nachdenklich die Arme. Keno zog sich, nachdem er auch die anderen Wunden geheilt und alle Verbände abgemacht hatte, um und meinte: „Vielen Dank für die Kleider, es ist doch recht kühl hier oben." „Keine Ursache." entgegnete John und wartete geduldig, bis der Drachenreiter sich angezogen und hingesetzt hatte, bevor er sagte: „Feyth und ich haben unterwegs dieses Kästchen hier gefunden. Es sind Schriftzeichen darin eingraviert und wir glauben, dass es die alte Sprache sein könnte. Möchtest du einen Blick darauf werfen?" Er reichte ihm das Kästchen und Keno packte es sachte mit beiden Händen. Der Drachenreiter musterte es eindringlich und bekam große Augen, als sein Blick auf die Inschrift viel.

„Wo habt ihr es gefunden?" wollte er aufgeregt wissen und Feyth antwortete ihm: *In einer Schmugglerkiste.* „Was genau ist es Keno?" fragte John. Keno schluckte schwer und meinte: „Etwas, dass den Drachenreiter vor mehr als zwanzig Jahren gestohlen wurde. Hier steht: In Gedenken an meinen Vater, ohne den ich niemals so weit gekommen wäre. Möge mich dieses Schwert immer an seine Taten erinnern, denn du bist Undbitr." Feyths Augen weiteten sich und sie japste leise. John hingegen verstand die Aufregung nicht. „Also ist ein Schwert darin eingeschlossen?" fragte er schulterzuckend, doch Keno schüttelte den Kopf.

„Nicht irgendein Schwert. Das ist Undbitr, das Schwert von Brom! Es gehört Meister Eragon!"



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt