Zum goldenen Drachen

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Johns Haltung verkrampfte sich leicht, sodass Feyth erschrocken jaulte, als sich sein Griff um sie herum verstärkte. „Lendol wurde von Drachen angegriffen?" fragte er erschüttert, während Keno neben ihm auf die Knie sank und jegliche Farbe aus seinem Gesicht verschwand. Brauner Schlamm klatschte ihm über den gesamten Körper, selbst sein Gesicht bekam einige Spritzer ab. Auch Alanna schlug die Hände vor den Mund.

*John – Luft – !* krächzte das kleine Drachenmädchen ihrem Beschützer in Gedanken zu, woraufhin dieser erschrocken seine Muskeln wieder entspannte und Feyth erleichtert nach Luft schnappte. „Tut mir leid, Kleine!" murmelte der Titan entschuldigend und wandte sich dann erneut Eragon zu, der neben seinem Schüler in die Hocke gegangen war und ihm die rechte Hand auf die Schulter legte.

„Sh – Sha – Shad – " flüsterte der junge Drachenreiter abwesend, seine Augen starrten dabei vollkommen am Großmeister vorbei, in die Dunkelheit der Nacht und den endlosen Regen. „Keno, ich weiß, wie hart das für dich sein muss, mein Junge, aber ich durfte es nicht länger aufschieben. Hätte ich dir eine Lüge erzählt wärst du nur zu Recht wütend auf mich geworden, oder noch Schlimmeres." begann Schattentöter auf ihn einzureden, doch der Junge ignorierte ihn einfach, als bestünde er nur aus Luft. Selbst das Saphira ihren Kopf zu ihnen herunterbeugte und beruhigend brummte entlockte ihm keine Reaktion.

„Der Traum – John meinte es wäre nur ein Traum – Alanna-Elda sagte ich solle meinen Geist öffnen – die vielen Menschen – die weinend Kinder – die Schmerzensschreie – die lodernden Flammen –" brabbelte er wild durcheinander und erstarrte, als sein Verstand zu einer Schlussfolgerung gelangte. „Oh Gott! Es war alles wahr! Ich habe durch Shads Augen gesehen! Ich habe gesehen wie er Leute tötet, wie er Feuer entfachte, wie er ein kleines Mädchen –" schrie er verzweifelt und warf die Arme über den Kopf zusammen. „Nein! Nein! Nein! Das kann nicht sein! Alanna-Elda würde so etwas nicht zulassen, ihr würdet so etwas nicht zulassen! Niemals! Nein! Neeeiiiiin!" brüllte Keno über den strömenden Regen und den Donner hinweg.

Durch seine Drachenaugen konnte John deutlich die Tränen erkennen, die an seinen Wangen hinab liefen.

Eragon nahm den Jungen in eine tröstende Umarmung, aber der schrie weiterhin wie am Spieß, eine Mischung aus Wut, Schmerz und Trauer, bis er schließlich verstummte und bewusstlos einknickte. Der ältere Drachenreiter musste ihn festhalten, ansonsten wäre er mit dem Gesicht voran in den durchnässten Morast gefallen. Die Aufregung war zu viel für seinen Geist gewesen. Hastig rasten verschiedene Gedankengänge durch Millers Kopf.

Wer hatte den Angriff befohlen?
Ging es Misa und ihrer Familie gut?
Wie viele Dorfbewohner hatten den Angriff überlebt?
Wer waren diese Soldaten, die Schattentöter angesprochen hatte?

Doch ein Gedanke brannte sich am stärksten in seinen Verstand und nährte seinen Zorn.

Warum hatte Alanna Keno dazu gedrängt passiv in Shads Geist einzudringen?
War das nur ein perfider Versuch gewesen sie darauf aufmerksam zu machen?
Den Jungen dabei zusehen zulassen, wie sein Drache ein ganzes Dorf abschlachtet?

John war drauf und dran die Elfe an der Kehle zu packen, er hatte bereits schon die Bewegung begonnen, als die logische Persönlichkeit schnell die Kontrolle errang und eine Eskalation verhinderte, indem er seine aggressive Seite in den Hintergrund drängte. Es war nicht leicht die enorme Wut des anderen zu unterdrücken, aber es war notwendig um einen zusätzlichen Konflikt zu verhindern. Die Situation war bereits schon kompliziert genug und Emotionen würden sie nur weiter verschärfen.

*Oh mein Gott! Der arme Keno und vor allem der arme Shad! John? Glaubst du wirklich, dass jemand so böse sein kann ein ganzes Dorf niederzubrennen?* fragte Feyth entsetzt und gab ein leises Winseln von sich, welches im prasselnden Regen und dem lauten Donnerschlag fast unterging. Ihre Versuche zu dem ohnmächtigen Reiter in Eragons Armen zu gelangen konnte er jedoch deutlich spüren. 'Das werden wir herausfinden, Feyth. Bitte halt deine Flügel ganz eng am Körper, sonst erfasst dich der Sturm.' erwiderte der Colonel ernst, trat einen Schritt näher zu den beiden anderen und setzte das kleine Drachenmädchen vorsichtig auf Kenos Bauch ab. Noch im selben Moment erschuf er einen geistigen Schutzwall, genauso, wie Angela es im gelehrt hatte. Schließlich brauchten der Großmeister oder die blaue Drachendame nicht wissen, was in seinem Verstand vorging.

Sofort streckte das kleine Drachenmädchen ihren Kopf zu dem des Jungen empor und schmiegte sich behutsam, mit geschlossenen Augen, an seine Wange. Eragon lächelte betroffen und hob die beiden sanft empor. Gleichzeitig knurrte Saphira hinter dem Drachenreiter missmutig und auch Dun'var trat zusammen mit seiner Tochter näher an sie heran, wie der Soldat durch die Bodenerschütterungen spüren konnte.

„Der arme Junge. Im Nachherein hätte ich wohl mit der Wahrheit noch etwas warten sollen. Es war einfach zu viel auf einmal." murmelte der Schattentöter reumütig, doch John widersprach ihm trocken: „Es aufzuschieben hätte mehr Schaden angerichtet, als diese harmlose Ohnmacht, Meister Drachenreiter. Hättet ihr ihn angelogen, wäre sein Vertrauen in euch, bis auf weiteres zerstört." Er blickte kurz nach links zu Alanna, die noch immer schockiert die Hände vor den Mund hielt und scheinbar kurz davor war sich zu übergeben. „Das ist wohl wahr, Herr Miller. Trotzdem schmerzt es mich Keno derart zerstört zu sehen." entgegnete Eragon und flüsterte einige Worte in der alten Sprache hinterher, woraufhin sich eine Art unsichtbarer Regenschirm über ihm, Keno und Feyth manifestierte und die Wassertropen sie nicht mehr erreichten.

Ein weiterer Blitz durchzuckte die Nacht.

„Er wird es überstehen. Ich selbst habe weit Schlimmeres überstanden. Aber wir sollten nicht so lange an einem so ungeschützten Ort verweilen, Dun'var und Saphira sind so groß, dass die Gefahr eines Blitzeinschlags recht hoch ist. Es wäre besser einen Unterschlupf aufzusuchen, bevor wir weiter über den Angriff diskutieren." meinte der Colonel analysierend und nahm die Elfe einfach hoch, als wäre sie ein kleines Kind. Alanna wehrte sich nicht, sondern warf dem Titanen nur einen traurig, beschämten Blick zu, wohingegen der Großmeister ihn kurz mit gerunzelter Stirn ansah, dann jedoch zustimmend nickte. „Ihr habt recht, dies ist nicht der passende Ort dafür. Kommt, Drakenfort ist nicht weit entfernt. Wir werden uns dort im Gasthaus einquartieren. Der Sturm ist zu heftig, als dass wir heute Nacht noch zur Feste auf dem Berg gelangen könnten." „Unwahrscheinlich, ja. Bitte, geht voraus. Ich werde euch den Weg ausleuchten." Abermals nickte der Drachenreiter und sagte: „In Ordnung. Wir haben schon genug Zeit hier in diesem Unwetter verbracht. Folgt mir einfach."

Mit diesen Worten drehte er sich um und schritt langsam durch den durchnässten Morast voran, während Saphira sich wieder zu ihrer vollen Größe aufrichtete, wodurch selbst John seinen Kopf nach hinten neigen musste, um sie vollständig zu betrachten. Sie war wirklich gigantisch, gleichzeitig robust und doch elegant. Er schätzte ihre Größe auf etwa 70 Meter, wovon jedoch der lange Hals und der Schwanz große Teile einnahmen. Nichtsdestotrotz war ihr eigentlicher Körper massig, mit dicken Muskelbergen, die sich unter den blauen Schuppen wölbten. Gegen sie wirkte selbst Dun'var noch schmächtig. Die Drachendame fixierte ihn musternd mit ihren saphirblauen Augen, als er seinen Blick wieder von ihr abwandte und begann ihrem Reiter zu folgen.

'Zum Glück konnte ich die Kontrolle an mich reißen, es hätte böse enden können, wenn der andere Alanna körperlich angegangen wäre.' dachte der Soldat in Anbetracht ihrer imposanten Figur und bemerkte, wie die drei Drachen ihnen nun ebenfalls folgten, wenn auch mit einigen Metern Abstand. Allerdings verbannte er die Gedanken daran recht zügig und überlegte stattdessen, was genau in Lendol vorgefallen war.

'In Kenos Traum sah er ein großes Schiff, einen Dreimaster, vor der Küste segeln. Wahrscheinlich sind die Drachen von dort losgeschickt worden, wobei das Schiff enorme Ausmaße besitzen muss, um fünf Drachen zu beherbergen, oder sie zumindest kurzfristig landen zu lassen. Danach sind die Echsen direkt nach Lendol geflogen und haben es niedergebrannt. Vermutlich gibt es nur wenig Überlebende, wenn überhaupt. Aber wer sind diese Soldaten, die Eragon erwähnte? Sie müssen ausgesprochen raffiniert sein, einen Drachen gefangen zu nehmen, ohne ihn zu töten. Wahrscheinlich haben sie einen oder mehrere Magier in ihren Reihen. Nur kenn ich keine solche Gruppe. Was meinte er damit, ich würde die Soldaten gut kennen?
Die einzigen Soldaten, die ich in Nidhan kenne, sind die Mitglieder der Schwarzen Rose und die Leibgarde dieses Fürsten. Die Schwarze Rose würde zwar auf die Beschreibung passen, allerdings ist es wahrscheinlicher, dass sie es überhaupt waren, die den Angriff angeordnet haben. Aus welchen perfiden Gründen auch immer. Warum sollten sie einen von ihnen entführten Drachen erneut fangen und dann Eragon kontaktieren? Das ergibt keinen Sinn.' analysierte er die ihm gegebenen Fakten eindringlich, während er hinter dem Großmeister herging, der sie mittlerweile auf eine gepflasterte Straße geführt hatte.

Da er mit seinen Überlegungen nicht wirklich weiterkam, ohne Eragon zu fragen, musterte er den Drachenreiter so gut er konnte von hinten. Er war recht groß für einen normalen Menschen, nicht unbedingt ein Riese, aber auf ungefähr einen Meter 80 schätzte der Titan ihn durchaus. Damit war er weit über einen Meter kleiner als John mit seinem Atlas und selbst ohne die Rüstung hätte er ihn noch um knapp einen Meter überragt. Die Kleidung des Großmeisters war durchnässt, zumindest der nussbraune Mantel hing ihm schwer über dem Rücken. Auch seine kurzgeschnittenen, braunen Haare klebten an seinem Schädel, wodurch seine spitzen, elfenähnlichen Ohren deutlich sichtbar waren. Seine Haut war extrem hell, fast schon weiß und erinnerte den Colonel an ihn selbst, wenn er mehrere Monate in Folge den Atlas nicht ablegte.

Seine Augen huschten zurück auf den Umhang, wo er erst jetzt ein Art Wappen erkannte, das in der Mitte des Kleidungsstückes eingenäht worden war. Ein weißer Drache auf einem schwarzen Schild der im Vordergrund von zwei Schwertern überkreuzt wurde, auf deren Griffen die Vorderpranken des Drachens ruhten. 'Vermutlich das Wappen des neuen Reiterordens.' mutmaßte der Colonel scharfsinnig und horchte auf, als Eragon das Wort an ihn richtete.

„Sagt, Herr Miller, wer hat euch gelehrt einen derartigen Schutzwall zu erschaffen? Saphira wollte euch etwas fragen, aber sie konnte nicht zu euch durchdringen. Und das will schon etwas heißen. Sie hat mir ein Bild davon gezeigt, was ihr als Mauer verwendet – ich muss zugeben, dass ich so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen habe." meinte der ältere Drachenreiter fragend, wobei er laut sprechen musste, um über den Regen und den Donner hinweg zu hallen. Hinter ihm konnte er ein lautes Brummen vernehmen, dass eindeutig von der blauen Drachendame stammte.

Er zuckte mit den Schultern und antwortete kühl: „Angela. Zumindest hat sie mir die Grundlagen erklärt. Was wollt ihr wissen, Schimmerschuppe?" „Angela also? Ich hoffe, wir können einmal zeitig ein klärendes Gespräch miteinander führen, sobald diese blutige Angelegenheit hinter uns liegt. Aber um auf die Frage zurück zu kommen: Sie wollte wissen, wie ihr es geschafft habt Dun'var zu überreden, euch hierherzufliegen? Das würde mich ehrlich gesagt auch überaus interessieren, da Schattenklaue ansonsten niemanden in seine Nähe lässt, außer mir und Alanna." erwiderte der Großmeister. Skeptisch drehte John seinen Kopf nach hinten und blickte zu Saphira empor, die im Schein der Helmlampen wie ein schreckliches aussah. „Weshalb erzählt er es euch nicht selbst, Saphira? Er weiß es ebenso gut wie ich." fragte er trocken, was die Drachendame dazu veranlasste zu knurren. „Dun'var will es ihr nicht sagen. Er meinte offenbar, sie solle euch fragen." gab Eragon für sie weiter.

Der Soldat drehte den Kopf wieder nach vorne und dachte kurz darüber nach, was genau er antworten solle, bis er schließlich ernst entgegnete: „Es gibt zweierlei Gründe. Der Erste und einfachste ist der, dass er schlicht und ergreifend Alanna helfen wollte. Der Zweite jedoch hat mit mir selbst zu tun. Ich habe Schattenklaue im Zweikampf besiegt, weswegen er mir noch einen Gefallen schuldig war."

Der Drachenreiter erstarrte vor ihm, mitten im Schritt, sodass der Titan fast in ihn hineinlief. Er drehte sich auf der Stelle um und starrte den Colonel ungläubig an. „Ihr wollt also sagen, der Drache gegen den ihr gekämpft habt war Dun'var? Und dass ihr ihn ohne Magie und mit gefesselten Armen und Beinen besiegt habt?" „Nein. Es gab insgesamt zwei Kämpfe zwischen mir und Schattenklaue. Der Erste, bei dem ich, wie ihr richtig sagtet, gefesselt war, ging unentschieden aus und den Zweiten, wo er uns in der Wüste angriff, konnte ich für mich entscheiden. Wir haben beide schwere Verletzungen davongetragen, schaut euch einfach Dun'vars Schwanz, Kopf und rechte Vorderpranke genauer an, wenn ihr die Beweise sehen wollt. Oder aber meine Brustplatte auf der er tiefe Kerben hinterlassen hat." erklärte John nüchtern, verlagerte Alannas Gewicht auf seinen linken Arm und deutete mit dem rechten über seine Schulter auf Dun'var.

Einen Augenblick später wandte auch er sich um und bemerkte, dass der mitternachtsblaue Drache ein merkwürdiges Grinsen aufgesetzt hatte, welches aufgrund seiner Anatomie eher bedrohlich, als amüsiert wirkte. Gleichzeitig zeigte er seiner Mutter, die links neben ihm stand, seinen verstümmelten Schwanz und die rechte Pranke, von der zwei Klauen fehlten. Im Licht von Millers Helmlampen waren die Verletzungen gut zu erkennen. Saphira fauchte erschrocken und besah sich den verstümmelten Schwanz genauer.

Der Titan reagierte, bevor die Drachendame reagieren konnte.

Er setzte Alanna vorsichtig auf den Pflastersteinen ab und sagte ihr eindringlich: „Tretet ein paar Schritte zurück." Mit weit aufgerissenen Augen kam sie seiner Aufforderung nach. Und das keine Sekunde zu früh.

Schimmerschuppe brüllte wütend und schlug mit ihrer rechten Vorderpranke nach John, um ihn auf den Erdboden zu drücken. Er konnte Eragon noch schreien hören: „Saphira nicht!" doch der Colonel hatte schon damit gerechnet.

'So berechenbar.' dachte er geringschätzig und tat das gleiche, was er damals schon im Kampf gegen Tymdek getan hatte. Er holte mit der rechten Faust aus und drosch diese dann mit voller Wucht gegen die Innenseite ihrer Pfote. Er biss die Zähne zusammen, als sein Schulter- und Ellbogengelenk durch den heftigen Aufprall ausgekugelt wurden und einige Bänder unter der extremen Last rissen, doch wie schon zuvor bei Dunkelschwinge kam die Drachendame weitaus weniger glimpflich davon. Ein mehrstimmiges, lautes Knacken drang deutlich aus der Pranke hervor und ihr Wutgebrüll schwang augenblicklich in ein schmerzerfülltes Jaulen um. Nichtsdestotrotz stampfte sie den Titanen in die Straße, da der Schwung nicht mehr aufzuhalten war.

Glücklicherweise schluckte der Atlas den größten Teil des Aufpralls, doch die Wucht reichte aus, um weitere Sehnen und Bänder in Johns rechten Arm zu zerreißen. Nur Sekundenbruchteile später hob Saphira ihre Pfote schon wieder an und ermöglichte es dem Soldaten unter großen Schmerzen aufzustehen. Sein gesamter rechter Arm brannte und stach, selbst sein Kopf pochte wegen des harten Aufschlags. Der Drachendame ging es ähnlich, nur das sie ihre verletzte Pranke jaulend und fauchend in der Luft hob, während die Naniten die Nervenverbindung zu Johns rechen Arm kappten und ihm damit sämtliche Schmerzen, bis auf das leichte Pochen und Dröhnen im Kopf, nahmen.

Etwas benommen blickte der Titan auf und bemerkte überrascht, dass Dun'var sich schützend über ihn gestellt hatte. Ein Blick geradeaus zeigte ihm Eragon, der seine rechte Hand auf Schimmerschuppes verletzte Pfote gelegt hatte. Keno hatte er sich dabei über die linke Schulter geworfen und Feyth lief so schnell ihre kleinen Beine sie trugen auf John zu. Auch Alanna eilte zu ihm zurück.

*Du großer, großer Dummi!* fauchte der kleine Drache wütend, sprang ihn an und kletterte in Windeseile auf seine Schulter, von wo aus sie sofort ihren Kopf gegen seinen rechten Arm rieb. „John-Vodhr? Ist – ist alles in Ordnung?" fragte die Elfe mit zittriger Stimme, worauf Miller beruhigend die linke Hand hob. „Es ist alles okay." erwiderte er tonlos und wandte sich dem Großmeister zu, welcher offenbar Saphiras Pfote wieder geheilt hatte und nun zu ihm gerannt kam.

„Herr Miller! Bei allen Göttern! Geht es euch gut? Lasst mich nach euren Verletzungen sehen! Ich dachte für einen kurzen Moment es wäre um euch geschehen, als ihr unter ihrer Pranke verschwunden seid." keuchte er schockiert und seine Augen wurden groß, als er den grotesk verwinkelten Arm des Titanen bemerkte. „Nur die Ruhe, Meister Drachenreiter. Ich wäre nicht stehengeblieben, wenn es keinen Sinn gehabt hätte. Aber ich gebe zu, ich habe die Kraft eures Drachen etwas unterschätzt. Gebt mir eine Minute." entgegnete dieser vollkommen ruhig und packte dann mit der linken Hand seinen rechten Unterarm. Ein kräftiger Ruck in die richtige Richtung und sein Ellbogen renkte sich wieder ein. Danach setzte er die Hand flach vor seine ausgerenkte Schulter und drückte sie mit Wucht zurück in die Gelenkpfanne. Sofort begannen die Naniten mit der Reparatur der gekappten Nervenbahnen und der Soldat musste unwillkürlich keuchen, da die Schmerzen auf einen Schlag zurückkehrten.

„Bei Gûntera!" fluchte Eragon und langte nach Johns Arm, nachdem dieser ihn mit aufeinander gepressten Zähnen hatte kreisen lassen, um zu prüfen, ob alle Gelenke ordentlich eingerenkt waren. „Ich habe schon vieles gesehen in meinem Leben, aber einen Mann, der den Prankenhieb eines Drachens mit seiner bloßen Faust entgegennimmt, dabei in den Boden gedrückt wird und danach aufsteht und sich einfach mir nichts dir nichts den Arm selbst wieder einrenkt, als wäre nichts geschehen, ist mir noch nie untergekommen! Ihr hattet sogar Saphiras Pfote zum Großteil gebrochen! Was in aller Welt seid ihr, John?" „Ich sagte euch bereits in der Wüste, dass ich kein gewöhnlicher Mensch bin, Eragon. Spart euch eure Magie, mein Körper wird sich in ein paar Minuten schon wieder selbst geheilt haben." erwiderte der Colonel mit erzwungener Ruhe, bevor er sich Saphira zuwandte, die ihn zwar mit funkelnden Augen fixierte, jedoch keine Anstalten machte ihren Sohn beiseite zu stoßen, um ihn anzugreifen. Er hörte Eragon neben ihm irgendwelche Worte in der Alten Sprache murmeln, entschied sich aber ihn nicht davon abzuhalten.

Stattdessen sagte er kühl zu Saphira: „Ich verstehe euren Zorn auf mich, Schimmerschuppe. Jede vernünftige Mutter wäre wütend auf die Person, welche ihr Kind verletzt hat. Aber mich trifft nur indirekt die Schuld, an seinen Wunden. Ja, ich habe das Schwert geführt, welches seinen Schwanz verkrüppelte und ihm die Zehen abschlug, doch ich tat es nicht als Angreifer, sonder als Verteidiger! Dun'var griff uns mitten in der Wüste an und mir blieb keine andere Wahl, als gegen ihn zu kämpfen, um Keno und Feyth zu beschützen. Wir beiden haben diesen Fehler begangen. Ich stehe zu meinen Fehlern, aber ich lasse mich nicht herumschubsen wie ein Schulkind! Das habt ihr gerade gemerkt." Gleichzeitig senkte seinen geistigen Schutzwall, um ihr deutlich zu machen, dass er sich nicht vor ihr versperrte.

Dun'var unterstrich seine Worte mit einem tiefen Knurren und fast augenblicklich schallte eine vollklingende, weibliche Stimme durch seinen Schädel. Sie hatte Ähnlichkeit mit Lyaths, doch die blaue Drachendame klang älter, erfahrener und auch ein kleinwenig aufbrausender.

*Ihr besitzt einen wahrhaft unerschütterlicher Mut, John Miller, das muss man euch neidlos zugestehen. Nicht viele Zweibeiner würden es wagen sich mit bloßen Fäusten dem Kampf gegen einen Drachen zu stellen. Magier hin oder her. Mein Sohn erzählte mir gerade von eurem kleinen Scharmützel und hat mir auch einige seiner Erinnerungen gezeigt. Ich bitte euch um Entschuldigung, mein Handeln gegen euch war komplett ungerechtfertigt und von Zorn geleitet. Es ist wir ihr es sagtet, eine Mutter kann nun einmal nicht tatenlos dastehen, während neben ihr der Mann steht, der ihren Sohn verkrüppelt hat. Ich würde es für ein Wunder halten, dass ihr überlebt habt, doch Dun'vars Erinnerungen widerlegen diese Vermutung eindeutig. Ihr seid kein einfacher Mensch, John Miller. Was seid ihr?* meinte sie ernst und beugte ihren Kopf zu ihm hinunter, während Schattenklaue beiseitetrat.

„Nein, da habt ihr recht, Schimmerschuppe, ich bin kein gewöhnlicher Mensch. In meiner Heimat nennen mich die Leute einen Titanen. Ich werde euch gerne eure Fragen beantworten, aber fürs erste denke ich, sollten wir uns auf den Angriff auf Lendol konzentrieren. Das hat jetzt oberste Priorität." erwiderte der Titan trocken und fühlte eine merkwürdige Wärme durch seinen Arm ziehen, die zweifellos von Eragons Magie herrührte, gepaart mit der enormen Nanitenaktivität. Zudem dimmte er über sein HUD die Helmlampen ein wenig, um die Drachendame nicht zu stark zu blenden. „Ich muss euch leider recht geben, John. Es brennt mir zwar auf der Zunge euch schon jetzt sofort zu befragen, doch die Angelegenheiten in Lendol sind weitaus dringlicher, als festzustellen, wie ihr Saphiras Attacke quasi unbeschadet überstehen konntet." stimmte der Drachenreiter angestrengt zu, als er den letzten Zauber vollendet hatte und den Soldaten mit gerunzelter Stirn betrachtete.

Probeweise schloss und öffnete John seine rechte Hand, ließ den Arm einige Male kreisen und stellte zufrieden fest, dass sämtliche Verletzungen beseitigt worden waren. „Habt Dank für die Heilung und für eure Zustimmung, Meister Drachenreiter. Ich verspreche euch, jede eurer Fragen zu beantworten, wenn die Zeit gekommen ist." entgegnete er respektvoll, was vom Großmeister mit einem ernsten Nicken angenommen wurde. Dann wandte sich der Titan abermals Saphira zu, die ihren Kopf immer noch knappe fünf Meter von ihm entfernt hielt und ihn eindringlich musterte.

Die nächsten paar Sekunden starrten sie einander stumm an, bis die Drachendame schließlich mit ihrem tiefblauen Auge zwinkerte und angespannt flüsterte: *Lasst mich eure Augen sehen, Krieger.* Ohne Zweifel hatte Schattenklaue ihr von seinen Drachenaugen erzählt.

Er zog es kurzfristig in Erwägung ihre Bitte abzulehnen, da sie schon genug Zeit verschwendet hatten, entschied sich aber dagegen und löste stattdessen die Versiegelungen seines Helms. Das typische Zischen folgte und entschlossen zog er sich den Kopfschutz vom Haupt. Seine rubinroten Augen trafen auf ihr saphirblaues. Sie stieß ein überraschtes Knurren aus und zuckte instinktiv leicht zurück. *Dun'var hat nicht gelogen. Ein Mensch mit den Augen eines Drachens!* rief sie verblüfft und rückte wieder an ihn heran, um seine Augen genauer zu betrachten. Währenddessen waren seine hellbraunen Haare binnen Sekunden vom starken Regen durchnässt worden und klebten ihm jetzt schwer auf dem Schädel.

*Wie ist das möglich? Ich kenne Elfen, die sich mit Magie Tieraugen gegeben haben, doch keiner hat es je gewagt die Augen eines Drachens zu imitieren. Aber eure sind keine Täuschung, das sehe ich.* murmelte Saphira verwirrt, während auch Eragon nun neugierig vor John trat und in sein Gesicht blickte. Keno hatte er dabei wieder in die Arme genommen. „Mein Körper besitzt die Fähigkeit sich Eigenschaften von anderen Wesen anzueignen, wenn es eine Verbesserung zu meinen eigenen darstellt. Euch den genauen Mechanismus zu erklären, würde jetzt zu viel Zeit beanspruchen. Wir sollten jetzt wieder aufbrechen." erklärte der Titan kurz angebunden und hielt seine Hand schützend über Feyths Kopf, die sich eng an seinen Hals gedrückt hatte.

„Bei den Göttern." hauchte der Drachenreiter erschrocken und seine Augen wurden groß, als er die Drachenaugen selbst sah. „Ich glaube ihr habt wirklich einiges zu erklären, Herr Miller." „Wie ich bereits sagte, ich stehe euch gerne für Fragen zur Verfügung, sobald wir das wichtigste über den Lendol-Angriff besprochen haben. Wir sollten wieder aufbrechen, Meister Drachenreiter, bevor einer der Blitze noch in Dun'var oder Saphira einschlägt." entgegnete der Colonel kühl. Doch die beiden konnten nicht anders, als noch ein paar weitere Momente auf ihn zu starren. Erst als Schattenklaue ein lautes Schnauben vernehmen ließ, schüttelte sich Eragon kurz und nickte dann. „Verzeiht, aber es ist einfach überaus faszinierend einen Menschen mit den Augen eines Drachens zu sehen. Ihr habt recht, wir sollten so schnell wie möglich Drakenfort erreichen. Über eure Fähigkeiten können wir auch später noch lange genug reden." meinte er und der Titan stimmte ihm ausdruckslos zu. „Das verstehe ich, Schattentöter."

Gleichzeitig setzte er sich auch wieder den Helm auf den Kopf und versiegelte ihn. Danach nahm er Alanna erneut auf die Arme, welche das alles stillschweigend verfolgt hatte und noch immer sehr mitgenommen wirkte. 'Sie wirkt fast so stark mitgenommen wie Keno und hat noch keinen einzigen Piep gesagt, seit Eragon uns von dem Angriff erzählt hat. Vielleicht ist es aber auch der Schwur, der sie daran hindert etwas zu sagen? Wie auch immer, wir müssen so schnell es geht in dieses Gasthaus gelangen, um uneingeschränkt sprechen zu können. Dann kann Eragon auch endlich diesen Zauber von ihr nehmen. Ich hätte die Situation mit Saphira anders lösen müssen, wir haben zu viel Zeit verloren.' dachte Miller selbstkritisch und trat aus der kleinen Kuhle heraus, die er in der Straße hinterlassen hatte.

Danach setzte sich die wild zusammengewürfelte Gruppe erneut in Bewegung.

*Darf ich fragen, von wem ihr diese Augen bekommen habt? Mein Sohn und seine Tochter besitzen keine roten Augen und auch Feyth ist ein waldgrüner Drache.* wollte Saphira neugierig wissen, während sie zusammen mit den anderen beiden Drachen hinter ihnen her ging und dabei den Kopf weiterhin links neben dem Soldaten hielt. Feyth fiepte ihr traurig zu, was von der großen Drachendame mit einem wohlwollendem Zwinkern beantwortet wurde. „Das ist korrekt. Meine Augen sind nach dem Vorbild einer Drachendame namens Lyath verändert worden." erwiderte John trocken. *Feuerschuppe? Ihr habt sie vor der Schwarzen Rose geschützt, nicht wahr?* „Auch das stimmt, Schimmerschuppe. Wobei ich ihr lediglich half die Vergiftung zu überwinden und anschließend zu fliehen. Aber das wisst ihr ja bereits." Saphira knurrte wütend. *Ja. Ein weiterer Grund, weshalb mein Verhalten euch gegenüber unangebracht war, Rotauge. Ich danke euch im Namen meines ganzen Volkes für eure Hilfe. Hätte die Schwarze Rose Feuerschuppe zufassen bekommen, will ich nicht wissen, was mit ihr geschehen wäre.* „Das ist meine Aufgabe als Soldat, Saphira. Aber wir sollten jetzt nicht über derlei Dinge sprechen. Meine Gedanken sind momentan eher bei dem Angriff auf Lendol." bemerkte der Colonel tonlos, woraufhin Schimmerschuppe betroffen blinzelte.

*Das verstehe ich, John. Auch ich brenne innerlich wegen dieser Schandtat. Küken zu benutzen um ein Massaker an unschuldigen Menschen zu begehen, wenn ich diesen Bastard eines Anführers in die Klauen bekomme, werde ich ihm bei lebendigem Leibe die Gedärme aus dem Körper reißen und mich an seinem Blut satttrinken!* knurrte die blaue Drachendame aufgebracht. Feyth fauchte zustimmend und auch der Titan nickte ernst. „Ich hoffe, dass Alanna Licht in diese Angelegenheit bringen kann, sobald euer Reiter den Schwur von ihr genommen hat." meinte er trocken und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben, als die Elfe in seinen Armen mit schwacher Stimme zu stammeln begann: „John-Vodhr, ich – ich – der Angriff –" Dann jedoch schlug sie die Hände wieder vor den Mund und machte laute Würgelaute.

'Der Zauber muss sie daran hindern etwas zu sagen.' mutmaßte John scharfsinnig und fragte: „Ihr wisst etwas über diesen Angriff? Nickt einfach, wenn das stimmt."

Sie nickte heftig.

Millers Augen verengten sich angespannt, bevor er laut von Eragon wissen wollte: „Wie weit noch, bis wir das Gasthaus erreichen, Meister Drachenreiter? Alanna besitzt offenbar wichtige Informationen bezüglich des Angriffs." „Das habe ich bereits vermutet, Herr Miller. Es ist nicht mehr weit, das Gasthaus liegt außerhalb der eigentlichen Stadt." erwiderte der Drachenreiter bestimmt. Er warf dem Colonel über die Schulter einen beklemmten Blick zu.

„Gut." entgegnete dieser tonlos. Danach herrschte wieder Stille zwischen ihnen und auch Saphira schien sich aus seinem Geist zurückgezogen zu haben. Stattdessen meldete sich Feyth zu Wort.

Sie klang mitgenommen.

*Tante Saphira tut es wirklich leid, dich niedergeschlagen zu haben. Aber du warst auch rücksichtslos ihr nicht sofort alles zu sagen, John! Ich habe deine Schmerzen gespürt. Ich – ich – ich bin so durcheinander John. Wie kann jemand so etwas furchtbares nur tun? All diese Leben, zerstört.* Sie begann zu wimmern und der Titan dachte schnell über seine Möglichkeiten nach. Ihm blieb jedoch nichts anderes übrig, als sich zurückzuziehen und seiner gutmütigen Persönlichkeit die Kontrolle zu überlassen, denn sie war die einzige, die in der Lage war das kleine Drachenmädchen zu trösten. Sofort veränderte sich seine Haltung. Er verlagerte Alanna erneut auf seinen linken Arm und tätschelte Feyth liebevoll den Hals.

„Ist schon gut, Kleine. Solche Leute brauchen keine Gründe, sie tun diese Dinge einfach nur aus persönlichem Vergnügen. Sie sind kranke Psychopathen." flüsterte er ihr tröstend zu und drückte das Kinn seines Helms sanft gegen ihre Stirn. *Es macht ihnen Spaß unschuldige Leben zu ruinieren? Wie soll so etwas Spaß machen? Das ist grausam!* schluchzte sie traurig und erwiderte seine Geste, indem sie ihre Wange fest an seine Schläfe presste. „Wenn ich das wüsste meine Kleine, wenn ich das nur wüsste." seufzte John leise und streichelte weiterhin ihre Schnauze. Auch Alanna legte vorsichtig ihre zittrige Hand auf Feyths Schwanz. Als der Soldat sie kurz anblickte stellte bedrückt fest, dass dicke Tränen aus ihren Augen rannen und sich mit dem Regen auf ihren Wangen vermischten. Es schien sie wirklich heftig mitzunehmen.

So liefen sie noch einige Minuten weiter durch den strömenden Regen, begleitet von zuckenden Blitzen und lauten Donnerschlägen, bis schließlich ein großes, hölzernes Haus vor ihnen am Straßenrand auftauchte. Durch seine Drachenaugen konnte der Soldat deutlich das flackernde Licht erkennen, das aus den geschlossenen Läden nach außen drang. „Hier werden wir für heute Nacht unterkommen. Feyth kann bei euch bleiben, doch Dun'var, Tinira und Saphira werden in dieser Scheune dort auf uns warten müssen. Du weißt Bescheid, Große." erklärte Eragon lautstark und deutete rechts neben das Holzhaus. Der Titan folgte der Hand mit seinem Blick und überraschend tauchte eine riesige Scheune im Schein seiner Helmlampen auf. Das Gebäude war scheinbar extra für Drachen errichtet worden, denn es war locker groß genug um mehrere von ihnen darin zu beherbergen.

Saphira schnaubte missmutig und führte ihren Sohn und seine Tochter an ihnen vorbei hinüber zur Scheune, wobei Dun'var und Tinira dem Soldaten und dem Drachenreiter unbestimmbare Blicke zuwarfen, bevor sie der blauen Drachendame folgten. Sie würden ihrem Gespräch in Gedanken zuhören, dem war der Colonel sich sicher. Er bemerkte ein feingeschnitztes Schild, das mit Hilfe eines Pfahls in den Boden vor dem Gasthaus gerammt worden war.

In dicken, schwarzen Buchstaben stand dort geschrieben: ‚Gasthaus zum goldenen Drachen'.

„Wir werden uns ein Zimmer hier nehmen, Keno muss sich in einem Bett ausruhen und auch uns anderen wird etwas Wärme gut tun, wenn wir über die Sache reden." erklärte der Großmeister. „Da habt ihr recht, Meister Eragon." stimmte Miller zu und setzte Alanna auf dem Boden ab, wo sie sich jedoch sofort an seine linke Hand klammerte. Ihre Beine zitterten so stark, dass sie ohne seine stützende Hilfe, wohl einfach zusammengesunken wäre. Zuvorkommend öffnete John die schwere Holztür, sodass Eragon mit Keno in den Armen ohne Probleme hindurchgehen konnte. Dann trat er selbst ins Innere.

Der Schankraum war groß und nahm mit Sicherheit einen Großteil des Erdgeschosses ein. Mehrere Tische mit Bänken standen fein säuberlich aufgebaut herum, ein Feuer prasselte im Kamin an der rechten Wand und viele der flammenlosen Laternen, die der Soldat bereits aus Angelas Wohnhöhle kannte, erleuchteten den Raum. An den Wänden hingen vielerlei Gemälde und Jagdtrophäen, von ausgestopften Bärenköpfen, bis hin zu dem Geweih eines großen Hirsches. Schließlich wandte sich sein Blick der linken Seite zu, wo er die massive Schanktheke bemerkte hinter der eine einzige Person stand und einen schweren Tonkrug abtrocknete. Es war eine zierlich gebaute Frau mit dicken, schwarzen Haaren, die zu einer Art Zopf zusammengeknotet waren. Sie trug eine weiße Bluse mit einer schwarzen Schürze darüber und dazu noch einen schwarzen Rock. Insgesamt wirkte sie recht jung, maximal 20 Jahre.

„Ah, Miriam! Einen guten Abend wünsche ich dir. Furchtbares Wetter. Sag deinem Vater bitte Bescheid, dass ich für heute Nacht mein übliches Zimmer nehme und Saphira natürlich in der Scheune übernachtet. Ach und könntest du uns bitte vier warme Met bringen?" begrüßte der ältere Drachenreiter die junge Frau freundlich. Miriam ließ ihren Blick kurz über die ungewöhnliche Gruppe schweifen, doch anstatt wie von John gedacht verwirrt zu wirken, nickte sie bestätigend und sagte mit piepsiger Stimme: „Sehr wohl, Meister Eragon. Ich werde Vater sofort Bescheid geben und den Met anrichten." „Ich danke dir. Tut mir leid wegen dem Dreck." entgegnete der Schattentöter lächelnd und deutete dem Titanen an, ihm zu folgen.

Der Colonel sah das Mädchen noch einen Moment verwundert an, erst dann trabte er zusammen mit Alanna und Feyth dem Großmeister hinterher, der eine unhübsche Schlammspur auf dem blankpolierten Dielen hinterließ. Die Holzbretter ächzten und knarzten unter Millers Gewicht. Der Drachenreiter führte sie hinüber zu Treppe die in den ersten Stock führte, woraufhin der Soldat stehen blieb uns sich auf die Unterlippe biss.

„Das wird nicht funktionieren." bemerkte er knapp und Eragon warf ihm einen fragenden Blick zu. „Warum?" „Ich wiege mit dieser Rüstung hier zusammen knapp 6.600 Pfund, ich glaube kaum, dass diese Holztreppe das aushalten wird." erklärte John.

Der Drachenreiter machte große Augen und dachte kurz nach, bevor er laut sagte: „Miriam? Wir bleiben doch hier unten. Könntest du uns ein paar trockene Tücher und eine Schüssel heißes Wasser bringen? Danke." „Natürlich, Meister Eragon, dauert nur einen Moment." entgegnete die junge Frau von hinter der Theke und verschwand schnell in einem Hinterzimmer, das stark nach einer Lagerkammer aussah.

Währenddessen hatte sie kehrtgemacht und waren vom Großmeister an einen der Tische geführt worden, der nah am lodernden Kaminfeuer stand. „Wärt ihr so gut noch einen weiteren Tisch zu uns zu stellen, Herr Miller?" bat er den Titanen höflich, der zustimmend nickte und genau das tat. Für ihn war das Gewicht des Tisches praktisch vernachlässigbar und mit ein paar Handgriffen hatte er ihn passgenau an der Kante des anderen positioniert.

Gleichzeitig eilte Miriam mit einem ganzen Stapel voll Leinentücher zu ihnen herüber und legte ihn auf dem gerade herbeigestellten Tisch ab. Dabei erhaschte sie einen genaueren Blick auf Alanna, die sich immer noch zitternd auf eine der beiden Bänke gesetzt hatte, die rechts und links der Tische standen. „Oh, Meisterin Alanna! Ich habe euch zunächst gar nicht erkannt! Es ist schön euch nach so langer Zeit wiederzusehen. Ah, aber ich vergesse mein Pflichten. Ich bringe euch sofort das heiße Wasser, Meister Eragon!" meinte die Wirtin freundlich und verschwand mit diesen Worten bereits wieder in Richtung Theke.

Derweil hatte der ältere Drachenreiter Keno vorsichtig auf den Tisch gelegt, in mehrere der Leinentücher eingewickelt und etwas in das Ohr des Jungen geflüstert, das John nicht verstanden hatte. Allerdings bemerkte er, wie sich der Körper des Knaben entspannte und mutmaßte, dass der Großmeister wohl einen helfenden Zauber gewirkt hatte. Zu guter Letzt formte der Schattentöter aus zweien der Tücher eine Art Kissen, das er behutsam unter Kenos Kopf legte. Danach schritt er um den Tisch herum, berührte die Rückenlehne der Sitzbank und murmelte erneut einige unverständliche Worte, bevor er sich neben Alanna auf die Bank setzte und leise seufzte. Mit einer Handbewegung bat er den Titanen sich zu setzten, welcher dem ganzen jedoch eher misstraute.

„Bitte setzt euch, John. Ich habe die Bank mit Magie verstärkt, sie wird euer Gewicht aushalten." forderte er ihn höflich, doch erst nach einem missmutigem Fiepen Feyths kam Miller dem nach und setzte sich den beiden gegenüber hin. Gleichzeitig nahm er den Helm vom Kopf, woraufhin ihm der kleine Drache liebevoll über die Wange schleckte.

Für das was nun folgte, wollte er Eragon, und vor allem Alanna, von Angesicht zu Angesicht gegenübersitzen.



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt