„Wer sind sie? Identifizieren sie sich!" verlangte Steven ernst, während er und Robert beide ihre Waffen immer noch auf die Neuankömmlinge gerichtet hielten. Eine gewisse Anspannung lag in der Luft, da die hünenhaften Begleiter der braunhaarigen Frau ebenfalls ihre Waffen gezogen hatten und angriffsbereit dastanden. Eine falsche Bewegung von beiden Seiten und es würde zum Kampf kommen.
Doch die Titanen mussten stutzen, als die kleinwüchsige Frau, die gerade mal knapp bis zum Bauch ihrer Beschützer reichte, sich zu diesen umdrehte, etwas in einer gutturalen Sprache sagte und die Hünen daraufhin ihre Waffen senkten. Mit wehenden, braunen Locken wirbelte sie wieder herum und sah Steven und Robert mit großen Augen an.
„Unglaublich. Einfach unglaublich. Ihr müsst die Jungs sein, von denen John mir erzählt hat. Weitere Titanen, hier in Nidhan. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich an so etwas geglaubt." murmelte sie staunend, schüttelte dann kurzangebunden den Kopf und fügte hinzu: „Aber wo sind denn meine Manieren? Ich bin Angela die Kräuterhexe und das ist Nar Khartog, Häuptling des mächtigen Wartok-Stammes. Solembum habt ihr ja bereits kennengelernt." Der grauhäutige Mann neben Angela riss den Kopf nach oben und zeigte den beiden Soldaten knurrend seine schutzlose Kehle.
In diesem Moment machte es 'Klick' in Roberts Hirn und er senkte verblüfft die Waffe.
„Ihr seid Angela? Die Angela?" „Die Wahrsagerin, von der Tymdek uns erzählt hat?" fragte Steven skeptisch, ließ die Maschinenkanone dennoch sinken. „Oh! Ihr seid meinem alten Freund bereits begegnet? Ich und meine Begleiter waren gerade auf dem Weg zu ihm, um noch zwei Gefangene abzuholen, als wir den Radau hier hörten." antwortete die Kräuterhexe und deutete hinter die Titanen, wo nach wie vor die Kadaver der Shrrgs und des Nagras lagen. Robert sah über seine Schulter zurück und runzelte missmutig die Stirn.
Dann wandte er sich wieder Angela zu und erklärte höflich: „Nur ein kleiner Jagdzwischenfall. Ein Rudel Shrrg hat versucht uns unsere Beute abzunehmen und sich dabei übernommen. Aber das Mal bei Seite. Verzeiht, dass wir euch zunächst für Feinde gehalten haben, aber unsere Instinkte waren zum Großteil noch auf Gefahr eingestellt. Ich bin Titan 05, Major Robert Holsted und mein Gefährte hier ist Titan 01, Sergeant Major Steven Coule." „Sehr erfreut Ma'am." entgegnete Steven respektvoll und neigte leicht den Kopf. Angela lächelte freundlich und erwiderte die Geste. „Soso, Titan 01 und Titan 05. Man hört den Soldat in euch sofort heraus." „Man gewöhnt sich gewisse Sprechweisen an, da muss ich ihnen zustimmen Madam." meinte Holsted entschuldigend und warf einen kurzen Seitenblick auf die Werkatze Solembum, der von seinem Baumstumpf sprang und mit erhobenem Schwanz hinüber zur Kräuterhexe stolzierte.
Coules Aufmerksamkeit hingegen galt eher den grauhäutigen Hünen, die mit ihrer Größe selbst ihm und Robert in fast nichts nachstanden. „Entschuldigt die Frage, Nar Khartog, aber ich komme einfach nicht darum, eure Statur zu bewundern. Ihr seid kein Mensch, oder?" fragte er schließlich nach einigen Augenblicken, woraufhin ihm ein paar der Krieger hinter dem Häuptling misstrauisch ansahen und untereinander tuschelten. Khartog grunzte zustimmend und nickte. „Ihr habt recht, Krieger, wir sind keine Menschen. Wir sind die Urgralgra oder, wie euer Volk uns nennt, Urgals. Und selbst unter meinem Volk stechen wir noch heraus, da wir altes Blut in unseren Adern tragen. Wir sind Kull." antwortete er grollend und die Männer hinter ihm stießen einige zustimmende Brüller aus.
„Habt ihr damit ein Problem, Mensch?" rief einer der Kull aus den hinteren Reihen. „Habt ihr mich überhaupt mal richtig angeschaut? Man könnte mich genauso einen Menschen nennen, wie euch. Nein, ich habe keinerlei Probleme damit, dass ihr Urgals seid." gab der Sergeant glucksend zurück, wobei er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und Khartog so um mehr als einen ganzen Kopf überragte. Der Häuptling wandte sich zu dem Störenfried um und bellte ihm etwas in ihrer gutturalen Sprache zu. Der Kull zuckte zusammen und blickte beschämt zu Boden.
„Verzeiht ihm, Krieger, er ist noch jung und unerfahren. Falls ihr euch dennoch in eurer Ehre beleidigt seht, so steht es euch nach unserem Recht zu, ihn zu einem Zweikampf ohne Waffen herauszufordern." bemerkte Khartog knurrend, doch Coule hob ablehnend die Hand. „Ach, geht schon in Ordnung Häuptling. Da habe ich schon weitaus schlimmere und vor allem unbegründetere Beleidigungen an den Kopf geworfen bekommen. Außerdem habe ich gerade erst einen unnötigen Kampf hinter mir, das reicht für den Moment."
„Ihr müsst ihn wirklich entschuldigen, Steven, er hat beim Fest der längerwerdenden Nächte den Fehler begangen, John um ein Kräftemessen zu bitten, das nicht zu seinem Gunsten ausging, wenn man die Beule an seiner Stirn betrachtet. Deswegen sucht er wohl absichtlich nach einem Weg sich eine zweite einzufangen." sprang Angela erbost dazwischen und warf dem angesprochenen Urgal einen funkelnden Blick zu. Die beiden Titanen erstarrten zur Salzsäule und sahen einander vollkommen überrumpelt an. „Ihr habt wirklich John getroffen? Wo und wann?" wollte Holsted aufgeregt wissen.
Beruhigend hob die Kräuterhexe ihre Hände.
„Alles zu seiner Zeit, meine Lieben. Jetzt wüsste ich erst einmal gern, was genau hier vorgefallen ist, bevor noch einer der Halbstarken hier versucht den dicken Max zu markieren. Weshalb ward ihr auf der Jagd nach einem Nagra? Gingen euch etwa die Vorräte aus?" Es juckte den beiden Soldaten in den Fingern beharrlich zu bleiben, doch in Anbetracht ihrer Lage, war es wohl besser zu kooperieren.
„In gewisser Weise. Es gibt da so sechs kleine, geflügelte Gründe, weshalb wir auf der Jagd waren. Neun, wenn man die Eltern und den Bruder noch dazuzählt und zehn, da mir selbst auch der Magen knurrt. Wobei ich, Gott sei Dank, keine Flügel besitze." antwortete Coule, während er die Maschinenkanone auf seinem Rücken festmachte. Robert nickte zustimmend und musste unwillkürlich grinsen, als Angelas Ausdruck von Verwirrung auf Begeisterung kippte.
„Ach du meine Güte! Ist es etwa schon soweit? Ich dachte nicht, dass Lyath schon jetzt ihre Eier legen würde, ganz zu schweigen, dass gleich sechs davon schlüpfen! Ward ihr etwa dabei? Geht es ihr und den Jungen gut? Ich muss sofort zu ihnen!" plapperte die kleine Frau wirr drauflos, wobei die Worte wie ein Fluss aus ihr herauszusprudeln schienen, das Nagra, die Shrrgs und der Zwischenrufer vollkommen in den Hintergrund drängend.
„Ganz ruhig, Ma'am. Lyath und den Kleinen geht es gut. Alina hat sie mit Sicherheit schon auf eventuelle Probleme untersucht und behandelt." erwiderte der Sergeant glucksend und der Major holsterte seine Pistole. „Ja, sie sind zwar gesund, aber hungrig, wie du schon am eigenen Leib erfahren hast. Deshalb sollten wir auch dieses Gespräch am besten verschieben, bis wir zurück in der Höhle sind. Mit dem Nagra, versteht sich." Überrascht runzelte Angela die Stirn. „Alina? Gibt es etwa noch mehr von euch?" „Die gesamte Titan-Einheit befindet sich zu Zeit in Nidhan, ja. Aber nur fünf von uns sind gerade in dieser Gegend hier." erklärte Steven und sah skeptisch an der Kräuterhexe und den Kull vorbei, als er ein merkwürdig, ersticktes Geräusch vernahm.
„Das hätte ich mir denken können. Und diese Kameradin von euch ist eine Heilerin?" entgegnete die Frau und Robert nickte. „Die beste die ich kenne und leider musste sie das vor ein paar Stunden wieder unter Beweis stellen. Es gab einige Komplikationen bei Lyaths Eiablage. Noch ein Grund mehr uns zu beeilen." Angela wirkte schockiert als sie erwiderte: „Bei den Göttern! Was ist geschehen?" „Ganz ruhig Ma'am. Ihr geht's gut, das hab ich doch schon gesagt. Aber wenn ihr mir nicht glaubt, können wir auch schnell das Nagra auf nen Baumstamm aufspießen und zügig zurück zu Tymdeks Unterschlupf marschieren. Dann könnt ihr euch selbst davon überzeugen." meinte Coule und deutete mit dem Daumen auf den herumliegenden Kadaver des Riesenwildschweins hinter ihm.
Gleichzeitig jedoch verengten sich seine Augen, als er zwischen den grauen Muskelbergen der Urgals einen gefesselten Menschen entdeckte, der in nichts anderes als ein zerlumptes Hemd und Leinenhose gekleidet war und dicke Stricke um die Handgelenke trug. Ein Knebel in seinem Mund erklärte auch die erstickten Geräusche, die er gerade gehört hatte. „Wer ist der Gefangene?" wollte er misstrauisch wissen, woraufhin auch Robert den Mann bemerkte. „Sein Name ist Berdon und er gehört zu den beiden Elfen, die ihr unweigerlich in Tymdeks Hort gesehen habt. Aber das kann warten. Ich muss so schnell es geht zu Lyath, nicht dass ich euch misstraue Steven, aber in den letzten Wochen ist so viel geschehen, dass ich kein unnötiges Risiko eingehen will." antwortete die Kräuterhexe ernst.
„Also auch ein Kinder-Entführer." knurrte der Sergeant und ballte kurz die Hand zur Faust. Er entspannte sich wieder, als sein Bruder ihm die Hand auf die Schulter legte. „Angela hat recht, das kann warten. Spießen wir das Nagra auf und machen uns auf den Rückweg, die anderen warten mit Sicherheit schon. Außerdem wird es allmählich dunkel und du weißt, was Tymdek über eine Nacht in diesem Wald gesagt hat." „Na schön, vorher muss ich es aber erst ausnehmen. Dauert nur ein paar Minuten, du kannst derweil ja mal einen geeigneten Baum suchen." brummte Coule, drehte sich um und zog sein langes Messer aus der Scheide, während er hinüber zum erlegten Wildschwein trabte. Robert sah zu Angela hinüber und zuckte entschuldigend mit den Schultern, bevor er ebenfalls sein Messer zog und die Bäume um sie herum eingehend musterte.
„Könnt ihr mir sagen, was für Probleme Lyath bei der Eiablage hatte? Waren es Krämpfe oder vielleicht doch zu viel Stress? Entschuldigt falls ich aufdringlich klinge, aber sie hat in den letzten paar Tagen einiges mitgemacht und wurde sogar schwer vergiftet. Der Gedanke daran, dass ich hätte helfen können, aber nicht da war, bringt mich noch um den Verstand!" richtete die Wahrsagerin wieder das Wort an den Piloten und lief hinter ihm her, als er einen jungen, kräftigen Baum auserkoren hatte. „Ich verstehe sehr gut was sie meinen, Ma'am. Aber keine Sorge, Alina hat sich um alles gekümmert. Um eure Frage konkret zu beantworten: Soweit ich weiß, war es eine Kombination aus allen Faktoren, zwei der Eier hatten sich im Legekanal ineinander verkeilt und blockierten ihn." antwortete der Titan ruhig, doch anstatt die Kräuterhexe zu beruhigen, schien er genau das Gegenteil bewirkt zu haben.
Sie schlug die Hände vor dem Mund zusammen.
„Du meine Güte! An so etwas hatte ich gar nicht gedacht! Wie habt ihr das herausgefunden und vor allem gelöst, wenn ihr keine Magie nutzen könnt? Ihr könnt doch keine Magie nutzen, oder?" „Nein, nein, keine Magie. Unsere Technologie ist der euren einfach einige Zeitalter voraus. Alina musste zwar operieren, um die Eier per Hand aus der Gebärmutter zu heben, aber Lyath hat die Prozedur gut überstanden." „Ihr habt was getan?!" „Äh, vereinfacht ausgedrückt hat meine Schwester Lyath zunächst betäubt, dann den Bauch aufgeschnitten, die Eier herausgeholt und anschließend wieder zugenäht. Das mag zwar etwas hart klingen für euch, aber so eine Operation wird in unserer Heimat tagtäglich routinemäßig durchgeführt und Kaiserschnitt genannt." erklärte er etwas verlegen, während Angelas Augen immer größer wurden. „Ach du liebes Lieschen! Ihr sagt also, dass ihr es irgendwie geschafft habt die Schuppen an Lyaths Bauch zu durchtrennen, die stärker sind als Stahl und anschließend die Eier zu entnehmen? Und dann die einzelnen Muskelstränge wieder zusammenzunähen? Wärt ihr nicht ein Titan, hätte ich euch hier und jetzt für verrückt erklärt." meinte die Wahrsagerin kopfschüttelnd. „Und ihr seid sicher, dass es ihr absolut gut geht?"
„Alina ist die beste Ärztin , die ich kenne, so wahr ich hier stehe, Lyath geht es gut. Tretet nun etwas bei Seite, ich will nicht, dass ihr etwas von dem Baum auf den Kopf bekommt." erwiderte Robert ernst und schob die kleinere Frau sanft zu Seite. Erst danach holte er kräftig mit dem Messer aus und begann einen kleinen Keil aus dem Stamm herauszuschlagen. Schon nach nur ein paar Schlägen knarzte der Baum bedrohlich. Mit einem mächtigen Tritt gab der Soldat ihm den Rest und er kippte in die von ihm vorhergedacht Richtung. Krachend kam er auf dem Boden auf und schnell musste er einen Fuß neben den Stamm setzen, damit er nicht in den Bach rollte. Der Baum war nicht besonders groß, oder kräftig, aber er würde ausreichen, um das Nagra ohne Probleme zu transportieren.
„Es will mir immer noch nicht in den Kopf gehen, Robert. Wie habt ihr es geschafft zu verhindern, dass sie verblutet? Ich kenne zwar selbst einige Kräuter, die Blutungen stoppen können, aber nicht in solchen Dimensionen. Aber ich vertraue auf euer Wort, dass ihr nichts geschehen ist. Trotzdem erstaunt es mich zutiefst." murmelte Angela in ihren nicht vorhandenen Bart weiter, während Robert dazu übergegangen war, die Zweige und Äste des jungen Baumes abzuschlagen. „Ähh, da bin ich bei weitem nicht beste Ansprechpartner, Ma'am. Am besten fragt ihr da Alina, sobald wir zurück in der Höhle sind. Sie wird euch sicherlich alles genauestens erklären können." entgegnete Holsted entschuldigend und sah hinüber zu Steven, der gerade damit beschäftigt war, das Nagra zu Enddärmen.
„Bah! Was hat dieses Vieh denn gefressen? Ohne den Atlas müsste ich wohl eine ganze Woche lang in purem Alkohol baden um den Geruch wieder wegzukriegen." brummte der Sergeant und warf den losgelösten Darm mitsamt Anhängseln auf die Leichen der Shrrgs, gefolgt von der Lunge und den anderen ungenießbaren Innereien. Nur die Leber und das Herz behielt er bei sich.
„Muss das wirklich sein? Ich versteh ja die Leber, aber das Herz? Wirklich?" fragte der Pilot leicht geekelt über Funk, als Coule die beiden Organe in die linke Hand nahm. „Hey, wir müssen immerhin als Vorbilder für Babydrachen dienen und für ein Raubtier ist das eben normal." antwortete Steven glucksend und Robert wusste genau, dass er ein breites Grinsen hinter dem Visor aufgesetzt hatte.
„Wenn du glaubst ich werde in ein rohes Nagra-Herz beißen, hast du dich aber ziemlich geschnitten." widersprach der Major und schob den entästeten Baumstamm längsseits zwischen die Beine des Wildschweins, wobei er das Ende durch den Hals des Tieres steckte, damit es nicht herunterfallen konnte. Dann packte Steven das vordere Ende des Stammes und lud es ich sich auf die rechte Schulter, während Robert das gleiche mit dem hinteren Ende tat, nur nutzte er die linke Schulter. Ohne seine Innereien wog das Nagra zwar einiges weniger, doch nichtsdestotrotz bog sich das Holz ein gutes Stück unter dem Gewicht durch.
„Wie wären dann soweit, Ma'am. Falls sie einen schnelleren Weg von hier zu Tymdeks Unterschlupf kennen, als mitten durch den Wald, sollten sie vorangehen." meinte der Sergeant höflich, woraufhin Angela, die sie die letzten paar Minuten still beobachtet hatte, nachdenklich nickte. „Natürlich, folgt uns einfach. Es ist nur ein relativ kurzer Marsch bis zu seiner Höhle von hier aus." erklärte sie und ging zurück zu den Urgals, die respektvoll am Baumstumpf gewartet hatten, ebenso wie Solembum, der die beiden Titanen mit neugierigen Blicken bedachte. Die Kräuterhexe sagte etwas zu Nar Khartog, welcher wiederum seinen Männern etwas zu bellte. Dann drehten sie sich alle um und stapften zurück durch das Gestrüpp, durch welches sie ursprünglich auf die Lichtung gelangt waren. Angela und die Werkatze folgten ihnen auf dem Fuße und auch die Soldaten setzten sich vorsichtig in Bewegung.
Glücklicherweise entstand durch die vorausgehenden Kull eine Art Schneise im Unterholz, wodurch sie wenig Probleme hatten, das gigantische Wildschwein hindurch zu bugsieren. Ansonsten hätten sie wohl viele schweißtreibende Minuten mehr gebraucht, um das Dickicht zu durchqueren. So jedoch benötigten sie nur einige Augenblicke, bis sie hinter der Kräuterhexe und ihren Begleitern aus dem Wald traten und sich einer kahlen Felswand gegenübersahen.
„Wir befanden uns so nah am Waldrand?" stellte Steven überrascht fest und Angela nickte erneut. „Deswegen haben wir auch den Radau eures Kampfes sofort gehört." „Ich komme mir gerade extrem dumm vor, wenn ich daran denke, dass wir den ganzen Weg zurück durch den Wald gegangen wären." kommentierte Robert, während sich der ganze Tross, mit Angela an der Spitze in Bewegung setzte, wobei die beiden Titanen das Schlusslicht bildeten. „Wenn ich alle dummen Dinge aufzählen müsste, die ich je getan habe, würden wir noch in zwei Wochen hier stehen." entgegnete Coule prustend über Funk.
Seine Haltung änderte sich jedoch schlagartig, als er ernst fragte: „Was glaubst du, hat sie mit Vater zu schaffen?" Unwillkürlich zuckte der Pilot mit den Schultern, wodurch das Wildschwein ein Stück weiter nach vorne rückte. „Ich weiß nicht. Zumindest scheint sie mit ihm gesprochen zu haben und da dieser Gefangene da zu den Elfen gehört, nehme ich stark an, dass Dad da auch seine Finger im Spiel hatte." „Vermutlich. Hoffen wir einfach, dass sie die Infos rausrückt, sobald das Gröbste geklärt ist." „Angela war in den Büchern zwar immer etwas komisch, aber äußerst hilfsbereit und nett. Mich wundert es nur, dass sie immer noch am Leben ist, schließlich müsste sie inzwischen weit über 100 Jahre alt sein, ziemlich unwahrscheinlich für einen Menschen." „Dafür sieht sie aber noch ganz ordentlich aus, ich hätte sie nicht über 40 geschätzt. Und wir sind auch über 200 Jahre alte Menschen, Rob." „Steven." „Jaja, schon klar. Da ist irgendwas im Busch, aber solange sie sich nicht plötzlich vor meinen Augen in einen Troll oder sonst irgendein Monster verwandelt soll es mir egal sein." „Wohl kaum." gab Robert scherzhaft zurück und aktivierte dann die Funkverbindung zu Micheal.
„Mike, bitte kommen." „Hier Mike, was gibt es Robert? Die Kleinen werden so langsam richtig wuschig, ich hoffe, dass du gute Neuigkeiten hast, bevor die uns noch die Haare vom Kopf fressen." antwortete Forke woraufhin der Major nicht anders konnte, als zu lachen. „Die Jagd war erfolgreich, wir ham eins der Riesenwildschweine erlegt und sind gerade auf dem Rückweg."
„Aber? Das ist mit Sicherheit nicht der Grund weswegen du mich angefunkt hast."
„Oh, es nichts Schlechtes, falls du das denkst. Nein, wir haben unterwegs nur ein paar Gäste aufgegabelt, die selbst zu Tymdek wollten. Angela, die Kräuterhexe und eine Leibgarde aus Kull, angeführt von Nar Khartog. Und natürlich die Werkatze Solembum."
„Angela, tatsächlich? Tymdek hat mir vorhin erzählt, dass sie auf dem Rückweg nach Ilirea die beiden Elfen abholen wollte, aber ich dachte nicht, dass sie bereits jetzt auftauchen würde. Eine angenehme Überraschung."
„Oh ja, vor allem, weil sie scheinbar noch vor kurzem mit Vater gesprochen hat. Ich weiß, wir haben keinen Zeitdruck mehr, aber ich wüsste schon gern, wo Paps sich gerade aufhält."
„Nicht nur. Alles klar, wann werdet ihr ungefähr wieder hier sein?"
„Schätzungsweise in etwas über einer Stunde? Keine Ahnung, wie weit genau es ist."
„Verstanden, ich sage den anderen Bescheid. Mike Ende." meinte der Admiral zufrieden und Holsted erwiderte: „Roger.", bevor er die Verbindung beendete.
Der restliche Weg zurück zu Tymdeks Höhle verlief danach relativ ereignis- und vor allem gesprächslos, da Angela etliche Meter vor ihnen lief und die Kull nicht gerade die redseligsten Gesellen darstellten. Nur der gefesselte Berdon drehte seinen Kopf ab und zu nach hinten und starrte sie mit großen Augen an. Steven musste den Impuls auf ihn zuzuspringen und laut 'Buh!' zu rufen unterdrücken, wobei der Instinkt diesem Verbrecher hier und jetzt den Hals umzudrehen fast genauso stark war. Schließlich, als sie der Gasse zwischen Felswand und Wald knapp zehn Kilometer gefolgt waren und allmählich die letzten Sonnenstrahlen auf sie herab strahlten, kam der ihnen bereits bekannte Vorsprung vor dem Drachenhort ins Blickfeld. Allerdings war dieser nicht leer, sondern Mark und Micheal standen wartend dort.
Während der Ingenieur seine Arme vor der Brust verschränkt hielt, hatte der Admiral seine Hände hinter dem Rücken gefaltet und sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet. Zusätzlich trugen sie ihre Helme nicht auf dem Kopf, sondern hatten sie an ihrer Hüfte befestigt. Die beiden wurden jedoch in den Hintergrund gerückt, als Tymdek aus der Höhle zu ihnen trat und die Titanen wortwörtlich in den Schatten stellte.
„Erinnere mich daran, niemals einen Streit mit Tymdek anzufangen, ja?" murmelte Steven, Robert über Funk zu, der zur Bestätigung einmal seine grünes HUD-Lämpchen aufleuchten ließ. Der gigantische, schwarze Drache war wirklich respekteinflößend und dem Piloten kroch ein ehrfürchtiger Schauer über den Rücken, da der Riese ihnen ein lautes Brüllen entgegenschickte. Wie wenn sie es abgesprochen hoben sowohl Coule als Holsted ihre jeweils freie Hand zum Gruß, wobei der Sergeant dadurch das Herz und die Leber durch die Luft schwenkte. „Ich bin ein Idiot." seufzte der Sergeant missmutig, als weiter Bluts- und Schleimtropfen auf seinen Helm fielen.
Wenige Minuten später kam die Gruppe um Angela schließlich zum Halt vor der Höhle und Micheal rief ihnen zu: „Sehr erfreut ihre Bekanntschaft zu machen, Angela und natürlich auch die eure, Nar Khartog. Ich bin Titan 03, Vizeadmiral Micheal Forke und das hier ist mein Kamerad, Titan 02, Brigadier-General Mark Duncan. Wer unser schuppiger Freund hier ist, muss ich ihnen glaube ich nicht erzählen. " „Sehr erfreut." fügte Mark hinzu und neigte respektvoll den Kopf. Die Arme ließ er jedoch dennoch verschränkt vor der Brust ruhen, wohingegen Tymdek seinen langen Hals zu der Gruppe hinunter beugte und ihnen eine Rauchschwade ins Gesicht blies.
„Oho! Ein Admiral und ein General! So hohe Tiere gibt es also in den Reihen der Titanen! Freut mich euch beide kennenzulernen und vor allem freut es mich besonders dich wiederzusehen, alter Freund! Ich habe bereits gehört, dass Glückwünsche angebracht sind!" zwitscherte die Kräuterhexe lächelnd drauflos und winkte den dreien auf dem Vorsprung fröhlich zu. Dunkelschwinge brummte basserfüllt und zwinkerte der kleinen Frau dankend zu.
„Auch der Wartok-Stamm übermittelt euch seine Glückwünsche, Dunkelschwinge! Mögen eure Jungen genauso stark werden wie ihr selbst!" knurrte auch Khartog hochachtungsvoll und schlug sich mit der Faust auf die Brust, eine Geste, die seine Männer wiederholten. Zweifellos ein Zeichen des Respekts, welches von Tymdek mit einem kurzen Nicken seines gewaltigen Kopfes bedacht wurde.
„Jaja, haben sich jetzt alle gegenseitig genug Honig ums Maul geschmiert? Es gibt hier schließlich auch eine ernste Sache, weswegen wir überhaupt auf die Jagd sind! Hey Tymdek! Wie wärs, könntest du uns helfen dieses Vieh auf den Vorsprung zu hieven? Wird etwas schwer so ganz ohne Seil." fragte Steven stumpf dazwischen, wofür er von den Urgals und auch dem gefangenen Berdon entsetzte Blicke zugeworfen bekam. Der Drache hingegen schnaubte belustigt.
*Natürlich Steven. Einen ordentlichen Fang den ihr da gemacht habt, meinen Respekt.* meinte Dunkelschwinge freundlich und beugte sich dann erneut mit der Schnauze zu ihnen herunter, packte das Nagra mit seinen gewaltigen Kiefern und hievte es ohne Mühe und mitsamt dem Baumstamm hinauf auf den Vorsprung, wo er den Kadaver vor dem Höhleneingang ablegte. „An dem Teil is zumindest genug Fleisch für alle drann." gluckste der Sergeant, trat einige Schritte von dem Vorsprung zurück und rief Mark zu: „Hast du mir gleich eine Hand frei?" Dann sprintete er los setzte zu einem Sprung an. Mit der Hilfe des Atlas schaffte er es auch fast bis ganz hinauf, doch auf dem letzten Meter schien er in der Luft zu verhungern, bis der Ingenieur sich dazu erbarmte seine freie Hand zu ergreifen und vollends herauf zu ziehen. „Danke, klettern ist etwas schwer, wenn man ne Leber und en Herz in der Hand hält." sagte Coule und gab seinem Bruder einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter mit. Duncans genervter Blick reichte jedoch als Antwort völlig aus, sodass Steven entschuldigend mit den Schultern zuckte und sich Richtung Höhle davon tollte.
„Angeber." murmelte Robert kopfschüttelnd und trat vor neben Angela, die sich gerade mit Khartog, der immer wieder nickte und schließlich entgegnete: „Wir werden hier auf euch warten, Uluthrek." „Gut, gut, ich werde es nicht allzu spät werden lassen, schließlich soll das hier nur eine kurze Steppvisite sein. Aber versprechen kann ich leider nichts Khartog." erklärte Angela fröhlich, woraufhin der große Kull leise knurrte. „Es wird so lange dauern, wie es eben dauert, Uluthrek. Macht euch keine Gedanken um uns."
„Also schön. Robert? Wärt ihr so freundlich mir hinaufzuhelfen? Ich war noch nie ein besonders guter Kletterer." meinte die Kräuterhexe lächelnd und wandte sich dem Titanen zu, der höflich den Kopf neigte. „Sehr gerne Ma'am. Wie steht es mit eurem pelzigen Beglei – ter?" erwiderte Robert und runzelte die Stirn, als er während des Satzes neben Angela auf den Boden blickte und Solembum verschwunden war.
'Ich hätte schwören können, dass er vor zwei Sekunden noch da war.' dachte der Pilot verwirrt und Angela lachte amüsiert.
„Oh, Solembum wird schon zu uns finden, falls er es will, keine Sorge." „Dann haben Werkatzen ja ziemlich große Ähnlichkeiten mit ihren kleinen Verwandten." murmelte der Titan belustigt und ging tief in die Hocke, damit die Frau auf seinen Rücken klettern und die Arme um seinen Hals schlingen konnte. „Gut festhalten Ma'am!" bat er die Kräuterhexe anschließend und begann mit dem Aufstieg. Angela war derart leicht, dass er ihr Gewicht nicht einmal wirklich spürte, weshalb er mehrfach mit den Augen nach unten linste, um sich zu vergewissern, dass sie ihre Arme auch wirklich um ihn geschlungen hatte. Robert benötigte nicht einmal eine ganze Minute, bis er oben auf dem Felsvorsprung ankam und wieder in die Knie ging, um seinen Passagier absteigen zu lassen.
„Also ich muss sagen, ich könnte mich durchaus daran gewöhnen von einem starken, jungen Kerl herumgetragen zu werden." kicherte die Wahrsagerin, als der Pilot ebenfalls den Helm vom Kopf nahm. „Dann wird es euch sicherlich enttäuschen zu hören, dass er bei weitem nicht mehr so jung ist, wie er aussieht." bemerkte Micheal scherzhaft und reichte ihr die Hand zur Begrüßung. „Ja, das Äußere kann wirklich täuschen, mir sieht man mein Alter ebenso wenig an." erwiderte Angela lächelnd und schüttelte die ihr gereichte Hand herzlich, bevor Tymdek sich vor die Titanen schob und die kleine Frau sanft mit der Schnauze anstupste. Ein tiefes Schnurren drang unter seinen dicken Muskelbergen hervor. „Ich freue mich auch dich wiederzusehen, alter Freund, aber sag, ist mit Lyath und euren Jungen alles in Ordnung? Ich möchte sie gerne sehen." sagte sie ernst, woraufhin ihr der gewaltige Drache beruhigend zuzwinkerte. „Na wenn das so ist, dann führ mich mal in deine gute Stube, ich kann es kaum erwarten!" Dunkelschwinge zwinkerte abermals, drehte sich behäbig auf der Stelle um und trabte langsam an Steven, der inzwischen auch den Helm abgenommen hatte und dem Nagra vorbei in die Höhle, dicht gefolgt von der Kräuterhexe und den anderen Titanen.
Im Weggehen warf Mike noch einen kurzen Blick nach unten und stellte zufrieden fest, dass die Urgals sich bereits niedergelassen hatten und gerade dabei waren ein Lagerfeuer zu errichten. 'Vermutlich sehen sie sich selbst als unwürdig an, Tymdeks Hort zu betreten.' mutmaßte der Admiral und musste unweigerlich grinsen, als er Coule und Holsted bemerkte, die sich abermals das riesige Wildschwein auf die Schultern luden.
„Da habt ihr es aber gut gemeint mit der Beute." meinte er scherzhaft. „Hey, besser zu viel, als zu wenig. So kann immerhin auch Lyath etwas mitessen, die braucht das dringend nach diesen Strapazen." entgegnete der Sergeant schulterzuckend und lief mit Robert zusammen hinter ihnen her. „Deine Vorliebe fürs Makabere hast du offensichtlich auch nicht verloren. War es notwendig das Herz aufzubewahren?" wollte Mark missmutig wissen, während er einen abschätzigen Blick auf Stevens linke Hand warf. „Nur weil du keine Innereien magst, heißt das nicht, dass kleine, fleischfressende Drachen sie auch nicht leiden können. Außerdem sind im Herz viele gute Vitamine." hielt Coule schnippisch dagegen und erhielt sogar Unterstützung von Tymdek, der ihnen wohl mit einem Ohr lauschte. *Er hat recht, sie müssen lernen die richtigen Teile eines Tieres zu fressen und dabei sind das Herz und die Leber zwei gute Anfänge.* „Meinetwegen, solange ich nichts davon essen muss, soll es mir egal sein." brummte der Ingenieur aufgebend und schaltete die Lichter des an seiner Hüfte baumelnden Helms ein, damit es nicht ganz so dunkel im Gang war. Denn von draußen erreichten sie nur noch wenige Sonnenstrahlen und selbst diese wurden immer rarer, da die Sonne langsam unterging.
„Wir sollten wohl im Laufe der nächsten Stunden aufbrechen, wenn wir noch rechtzeitig zurück in Lendol sein wollen." meinte Micheal nachdenklich, was Duncan mit einem Nicken bestätigte. „Alina wird wohl über Nacht hierbleiben wollen, falls es Probleme mit Lyath gibt, aber ich denke wir anderen sollten trotzdem gehen. Ich muss mich so schnell wie möglich an die Reparatur des Albatross machen und wir sind außerdem zu einem kleinen Festmahl eingeladen. Es wäre äußerst unhöflich dort nicht zu erscheinen, insbesondere, da sie es extra wegen uns vorbereiten." „Das stimmt, aber jetzt sollten wir erst einmal die Jungen versorgen und ich möchte noch ein paar Worte mit Angela wechseln." „Einverstanden."
Mit diesen Worten bog die kleine Gruppe in den Hauptraum ein, wo Lyath immer noch erschöpft im Nest lag, während Dekri seine liebe Mühe hatte, seine kleinen Geschwister davon abzuhalten, seinen Schwanz zu beißen. Die weißgerüstete Alina saß neben der roten Drachendame am Rand des Nests und hatte das kleine türkisfarbene Drachenmädchen auf ihrem Schoß, welches immer noch sehr matt wirkte, wenngleich es auch einfach nur genierisch die Augen geschlossen hatte, da die Ärztin es zärtlich streichelte. Abgerundet wurde das ganze Bild durch Aidan, der stillschweigend und blau leuchtend neben der Titanin auf Kopfhöhe schwebte.
„Ach herrje!" rief Angela frohlockend aus und erhielt mit dem Ausruf sofort sämtliche Aufmerksamkeit der Jungtiere. Fünf neugierige, kleine Augenpaare betrachteten sie musternd bevor die kleinen Drachen allesamt auf sie zustürmten. „Hah! Dieses Mal bin wenigstens nicht ich der Lackaffe." prustete Steven, doch das Lachen blieb ihm im Halse stecken, als die Jungen im letzten Moment ihren Weg änderten, an Angela und Tymdek vorbeistoben und auf ihn zuhielten.
„Fuck my life!" stöhnte der Titan noch, dann sprangen ihn die Kleinen bereits laut fiepend und quiekend an. Allerdings ergab sich Coule dieses Mal nicht einfach so seinem Schicksal, sondern ließ den Baumstamm mit dem Nagra los und hechtete sich nach links weg. Damit hatten die Jungdrachen nicht gerechnet, weshalb sie verdutzt auf dem Kopf und Rücken des Riesenwildschweins landeten. Die Verwirrung hielt nur kurze Zeit an, jedoch lange genug, damit der Sergeant sich abrollen und die Beine in die Hand nehmen konnte. Er rannte schnurstracks in einen weiteren Gang, der sich von der Hauptkammer abspaltete, dicht gefolgt von dem kleinen Schwarm Drachen.
Die Titanen und Angela lachten lauthals über diesen urkomischen Anblick und selbst Tymdek und Lyath grunzten amüsiert. „Wie lang ist dieser Gang, in den er da gerannt ist?" fragte Robert keuchend und prustete los, als Dunkelschwinge antwortete: *Vielleicht 60 Fuß. Es ist eine Sackgasse.*
Ungefähr zwei Sekunden später schallte ein lautes „Fuck!" aus dem Tunnel, gefolgt von mehreren weiteren Flüchen und lautem Gefiepe, Gequieke und Gefauche.
Nur wenige Momente danach stapfte der Titan mit fertigem Gesichtsausdruck zurück in den Raum, wobei das dunkelrote Junge auf seinem Kopf, das Waldgrüne und das Mattgraue auf seinen Schultern saßen während er das Magentafarbene zusammen mit dem Blauen im rechten Arm trug. „Memo an mich selbst: Verschreie nie etwas, wenn du dir nicht 100 Prozent sicher bist." grummelte Steven entnervt und zog flink die Leber in seiner linken Hand beiseite, als das tiefblaue Drachenmädchen danach schnappte. Vom Herz fehlte jede Spur. „Sie scheinen dich ja echt gern zu haben." meinte Holsted grinsend, worauf der Sergeant mit einem trockenem Lachen antwortete, was er jedoch sofort bereute, da die Naniten noch damit beschäftigt waren die vielen Kratz- und Bissspuren zu heilen. „Autch, autsch, autsch, autsch, autsch." zischte er und ging hinüber zu Lyath wo er die Jungen eines nach dem anderen absetzte, doch als er beiden Mädchen auf seinen Schultern herunterheben wollte, wehrten diese sich mit leisem Knurren und rieben ihre Schnauzen an die jeweilige Backe ihrer Seite.
„Ach wie goldig!" rief Angela immer noch halb lachend und trat ebenfalls zu ihm ans Nest, um die Kleinen aus der Nähe zu betrachten. *Sie mögen dich scheinbar sehr, Steven. Sieh es als Kompliment an, so etwas würden sie niemals freiwillig tun, wenn sie sich nicht absolut sicher bei dir fühlen würden.* erklärte Lyath aufmunternd und stupste das magentafarbene Männchen ermahnend an, da er etwas zu stürmisch mit seinen Geschwistern spielte. „Solange sie sich benehmen, soll es mir recht sein. Sie hat mir sowieso nichts getan, sonder sofort diesen Platz dort eingenommen, als sie mich erreichten." antwortete der Soldat glucksend und streichelte das grüne Drachenmädchen liebevoll über den Kopf, was dieser ein leises Schnurren entlockte.
Das Mattgraue auf seiner rechten Schulter protestierte halbstark, woraufhin Coule auch ihr zärtlich den Hals tätschelte.
„Rot, Grau, Blau, Türkis, Grün und Purpur? Das sind nicht die Jungen eures jetzigen Geleges, wenn man das Purpurne außen vor lässt! Herrjemine, kann das sein? Alle Eier eurer alten Gelege sind gleichzeitig geschlüpft?" stellte die Kräuterhexe mit aufgerissenen Augen fest, was Aidan dazu veranlasste zu antworten: „Dies ist nicht vollkommen korrekt, Ma'am. Die Abstände zwischen den einzelnen Schlupfmomenten betragen sechs Minuten 34 Sekunden, drei Minuten 28 Sekunden, vier Minuten 45 Sekunden, zwei Minuten 17 Sekunden und zwei Minuten 56 Sekunden. Die Zeitspanne des Schlupfes beträgt also insgesamt exakt 20 Minuten."
Micheal und Mark fuhren sich synchron mit der Hand über das Gesicht, wohingegen Angela die KI perplex musterte. „Ein Geist, der eine körperliche Stimme hat? Faszinierend." murmelte die Wahrsagerin. Aidans Licht blitzte kurz violett auf. „Ich bin kein Geist, Ma'am, sondern eine künst –" setzte er zu einer Erwiderung an, doch Mike sprang schnell dazwischen.
„Er ist ein Geist in einer Maschine. Er – sieht nur so aus, wie die Wesen, die ihr als Geister kennt." „Wie darf ich mir das vorstellen? Sein Verstand sitzt also in ein Gefäß aus Metall?" hakte Angela nach und der Roboter leuchtete grün auf. „Dies ist größtenteils korrekt." „Faszinierend. Ich glaube, sobald ich meine Aufgaben hier erfüllt habe, werde ich noch ein längeres Gespräch mit dir führen. Wie war dein Name noch gleich?" „Aidan, Ma'am. Ich freue mich bereits auf dieses Gespräch." Mit diesen Worten warf ihm die Kräuterhexe noch einmal einen nachdenklichen Blick zu, bevor sie sich zu Lyath, Dekri und den Jungen umdrehte, welche mittlerweile wieder dazu übergegangen waren das Schwanzende ihres großen Bruders zu jagen.
„Sie sind wirklich allerliebst, noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche, ihr beiden. Aber Robert erzählte mir etwas von einem Problem, dass du bei der Eiablage hattest, Lyath." meinte sie an die rote Drachendame gewandt, die ihr bestätigend zuzwinkerte. Die Titanen konnten nicht hören, was sie miteinander per Telepathie besprachen, doch Alina stand trotzdem auf, wobei sie das türkisene Drachenmädchen vorsichtig auf den Arm nahm und ging zu der Wahrsagerin hinüber. Die war inzwischen auf das Nest geklettert und betastete vorsichtig den Verband an Lyaths Bauch, wo sich auch immer noch ihr neues Gelege befand. Angestrengt betrachtete und befühlte sie die Stelle um die Operationswunde herum einige Momente lang, bis sie sich schließlich zu der Ärztin umdrehte und anerkennend nickte.
„Ich weiß zwar nicht, wie genau ihr es angestellt habt, aber Lyaths Zustand ist um Welten besser, als zum Zeitpunkt meines letzten Besuches. Alina war der Name, richtig? Robert meinte schon, ihr wärt die beste Heilerin die er kenne. Und von dem was ich sehe, kann ich dem nur zustimmen." „Vielen Dank, Angela. Aber euch die gesamte Operation genau zu erklären würde wohl ziemlich lange brauchen, da ihr einiges unserer Technik nicht verstehen werdet." erwiderte die Titanin respektvoll. „Oh, ihr könnt es versuchen. So viel Zeit habe ich noch, bevor ich diese beiden Kerle dort drüben mit nach Ilirea nehme." entgegnete Angela lächelnd und deutete kurz auf die beiden Elfen in der Ecke. „Nun, wenn das so ist, so will ich mein bestes tun. Es ist selten, das ich mit jemandem professionell über meine Arbeit sprechen kann und mit Aidans Hilfe hier, werdet ihr vielleicht Dinge sehen, die ihr noch nicht so kanntet." meinte Alina freundlich. Sie setzte sich wieder zurück auf das Nest, legte das schläfrige Drachenjunge behutsam in ihren Schoß und drehte sich zur Kräuterhexe hin, die ebenfalls einen Schneidersitz einnahm, während Aidan stumm neben dem Kopf der Ärztin schwebte.
Währenddessen hatten Micheal, Mark und Robert das Nagra zur gigantischen Feuerstelle hinübergetragen, wo Steven mit seinen beiden Passagieren bereits auf sie wartete. Er hatte die Leber sogar schon in kleine Stückchen geschnitten und auf einem flachen Stein ausgebreitet. Diesen hatte er zuvor so nah an das Drachenfeuer herangezogen, dass eine große Hitze von ihm ausging und die Leberstücke zischend gebraten wurden.
„Ah, es geht doch nichts über den Geruch von gebratener Leber." sinnierte der Sergeant genüsslich und ging in die Hocke, um die Stücke auf dem Stein zu wenden. „Du brätst sie? Ich dachte Drachen verzehren ihre Mahlzeit roh?" fragte Duncan skeptisch. Er trat einen Schritt zu Seite, um nicht im Bratendampf zu stehen. „Die haben schon das Herz roh gefressen, das dürfte schon anstrengend genug für ihre kleinen Bäuchlein sein. Und Gekocht ist Fleisch eben bekömmlicher. Oder sollen wir doch aufs Ganze gehen und den Kleinen ein rohes Stück Keule geben, Tymdek?" erwiderte Coule und sah Tymdek dabei an, der hinter den Titanen hergekommen war. *Nein, ihr habt durchaus recht, Steven. Etwas rohes Fleisch ist in Ordnung, aber sie sind wirklich noch zu jung, als dass sie größeren Mengen vertragen würden. Wären sie ohne euer Beisein geschlüpft hätte ich die Beute ebenfalls mit meinem Feueratem gebraten.* antwortete der große Drache zustimmend brummend.
Steven grinste frech und sagte: „Na also, das hast du es. Dann schneidet mal einige Fleischstücken aus der Keule von dem Vieh raus, damit ich es auf dem Stein hier brutzeln kann. Die Leber sollte eigentlich schon so gut wie durch sein, braucht nicht lange." Mit diesen Worten zerschnitt er eines der Leberstücke in der Mitte, spießte es auf die Messerspitze und betrachtete es sorgfältig. Als er es für durch befand, reichte er es an das waldgrüne Drachenmädchen auf seiner linken Schulter, die zunächst misstrauisch daran roch, dann aber doch zaghaft hineinbiss. Und noch bevor das Mattgraue Mädchen auf seiner anderen Schulter protestieren konnte, hielt er ihr die andere Hälfte hin, welche sie sofort aus seinen Fingern riss.
„Oi, da ist aber jemand gierig." gluckste der Titan schmunzelnd und wandte sich an Mark, der Robert und Mike dabei beobachtete, wie sie das rechte Hinterbein des Wildschweins abtrennten. „Mark, wärst du so freundlich und bringst die restlichen Leberstücke zu den anderen Jungen? Insbesondere der Kleine bei Alina sah so aus, als könnte er die Leber ganz gut brauchen." „Solange ich nicht mehr hier rumstehen muss, klar." erwiderte der General und streckte erwartungsvoll die Hand aus. Zügig packte Coule die einzelnen Leberstücke und stapelte sie alle, bis auf drei, in der ausgestreckten Hand. Sobald er damit fertig war, legte Duncan die andere Hand darauf, damit nichts herunterfiel und ging hinüber zu Alina und Angela, wo Aidan der Kräuterhexe soeben ein kleines Hologramm von Lyath präsentierte. Er reichte den Drachenmädchen auf seinen Schultern gerade die letzten Stücke Leber, als ein lauter, energischer Signalton aus den Helmen aller Titanen ertönte und als sie hinunterblickten erstarrte alle zur Salzsäule.
Das Signallämpchen in ihrem HUD blinkte rot.
Sofort setzten sie sich allesamt die Helme auf den Kopf, woraufhin Micheal die Verbindung öffnete und Jonas angestrengte Stimme durch die Lautsprecher dröhnte.
„Aufklärungsteam, bitte kommen! Code Red, ich wiederhole: Code Red! Wir werden angegriffen!"
Schlagartig sprangen alle Schalter in Forkes Körper auf Gefahr und er antwortete ernst: „Hier Mike, was ist los Jonas, von wem werdet ihr angegriffen?"
Schussgeräusche, kreischende Frauen und lautes Gebrüll waren deutlich im Hintergrund zu hören, als der Colonel antwortete: „Fünf Drachen und einige Dutzend menschlicher Soldaten, genau Anzahl unbekannt. Wir evakuieren das Dorf, aber die zivilen Verluste sind hoch! Brauchen dringend Unterstützung und vor allem ärztliche Hilfe, es gibt einige Schwerverletzte!"
„Großer Gott! Fünf Drachen? Geht es meiner Frau gut?"
„Amanda ist bereits in Sicherheit, aber sie hat ein paar leichte Verbrennungen an Armen und Beinen abbekommen. Wir führen – " Jonas unterbrach sich und man konnte kurz das dumpfe Hämmern seiner Maschinenkanone hören. „Wir führen die Dorfbewohner in das kleine Wäldchen am Fuß des Hügels, aber wir verlieren mehr, als dass wir retten! Es ist ein Massaker! Mit den Soldaten werden wir fertig, aber die Drachen sind eine gänzlich andere Liga, vor allem, da wir nur MKs oder Pistolen haben!"
Micheals Magen verkrampfte sich leicht und sein Herz rutschte ihm in die Hose, doch er zwang sich ruhig zu bleiben. „Verstanden! Haltet durch, wir stoßen so schnell es geht zu euch! Julia! Schnapp dir sofort so viele Railguns und Munition wie du tragen kannst und hilf den anderen! Am besten nimmst du dir selbst das Gaußgewehr mit! Sag dem Prof aber er soll sicherheitshalber unter Deck bleiben!"
Er warf einen kurzen Seitenblick auf Dunkelschwinge, der ihn mit skeptischen Augen musterte. „Und Jonas? Versucht tödliche Gewalt gegen die Drachen zu vermeiden, wenn es geht. Setzt sie nur als allerletzte Notwehr ein!"
„Roger!" rief Julia und auch Milten sandte ein grünes Bestätigungslämpchen.
„Verstanden, Evakuierung wird fortgesetzt!"
Er beendete die Funkverbindung und in der darauf folgenden Stille, hätte man eine Nadel fallen gehört. Dann jedoch sprangen alle Titanen einsatzbereit auf.
„Planänderung! Lendol wird von Drachen und Menschen gleichermaßen angegriffen und die Dorfbewohner abgeschlachtet! Tymdek, ich mache das nur äußerst ungern, aber ich bitte dich uns dorthin zu fliegen. Zu Fuß würden wir viel zu lange brauchen." knurrte Forke angespannt, während Steven die beiden Drachenmädchen zu ihren Geschwistern setzte. *Das kleine Küstendorf wird von Mitgliedern meines Volkes angegriffen?* fragte Tymdek aufgebracht und ein lautes Brüllen donnerte durch die Höhle. Angela schlug entsetzt die Hände vor den Mund und rappelte sich ebenfalls auf. „Bei allen Göttern. Das muss die Schwarze Rose sein, aber wieso sollte sie so etwas tun?"
„Unwichtig! Für jede Sekunde, die wir hier verplempern sterben unschuldige Menschen! Was ist nun also Tymdek, helft ihr uns oder nicht?" erwiderte der Admiral unwirsch, worauf Dunkelschwinge mit einem bedrohlichen Knurren antwortete. *Natürlich helfe ich euch, Micheal! Wir fliegen sofort los!* „Ich komme auch mit. Falls es wirklich so schlimm ist, wie ihr sagt, werdet ihr meine Hilfe sehr gut brauchen können." fügte die Kräuterhexe bestimmt hinzu und Mike nickte. „Gut. Alina? Wird Lyath eventuell noch Probleme bekommen?" „Nein, sollte sie nicht. Ich habe ihr vorhin noch eine kleine Dosis Schmerzmittel verpasst, das müsste vollends ausreichen. Solange sie ruhig liegen bleibt, kann nichts passieren." entgegnete die Ärztin kurz angebunden und schnallte sich den großen Arztkoffer auf den Rücken.
„In Ordnung, ihr habt Alina gehört, Lyath. Bleibt einfach ruhig liegen und macht euch keine Sorgen, ich verspreche, dass Tymdek nichts geschehen wird." meinte Micheal an die rote Drachendame gewandt, die ihm ihrerseits zuzwinkerte und ernst meinte: *Ihm wird schon nichts geschehen. Und nun geht, bevor euch die Sorge um eure Frau und euer Kind noch umbringt, Micheal.* Der Titan schluckte schwer und neigte respektvoll den Kopf. „Danke." Tymdek schleckte seiner Brutpartnerin noch einmal liebevoll über die Wange, bevor er sich umdrehte und mit den Soldaten im Schlepptau zurück zum Höhlenausgang lief.
Der Admiral hatte derweil Angela auf seinen Rücken gehoben und folgte dem schwarzen Drachen hinaus. Aidan folgte ihm auf dem Fuße. Es dauerte nicht lange, bis sie zum Ausgang gelangten, wo sie sich in der mittlerweile angebrochenen Nacht wiederfanden. „Lasst mich kurz mit Nar Khartog sprechen." bat die Kräuterhexe, woraufhin Forke kurz an den Rand des Vorsprungs trat. „Haltet euch kurz."
Hastig rief die Wahrsagerin dem Kullhäuptling, welcher sofort aufgestanden war, als er Tymdek bemerkt hatte, etwas in dessen Sprache zu. Khartogs Augen weiteten sich vor Entsetzen und er bellte seinen Männern Befehle zu. „Ok, wir können." bemerkte Angela knapp. Micheal registrierte es stumm und trat dann zu Dunkelschwinge hinüber, der sich flach hingelegt hatte, um die Titanen aufsitzen zu lassen.
Mark und Alina saßen bereits in der großen Mulde auf seinem Rücken, während Steven und Robert mit gezogenen Waffen am vorderen Rand der Felsplattform warteten. Der Drache konnte sie unmöglich alle auf seinem Rücken tragen, ohne sich eventuell durch das geballte Gewicht der Soldaten selbst zu verletzen, weshalb er Coule und Holsted in seinen Vorderpranken halten würde. Zumindest war das der Plan, den sich der Sergeant auf die Schnelle ausgedacht hatte. Zügig kletterte Mike zu den anderen beiden auf Tymdeks Rücken und legte dort dann seinen linken Arm um Alinas Brust, während er mit der rechten Hand Angelas Halt an seinem Hals sicherte. „Wir wären soweit, Tymdek!" rief er dem gigantischen Drachen angespannt zu, der laut knurrte. *Gut festhalten!*
„Aidan, du folgst uns einfach!"
„Zu Befehl, Sir."
„Dann go, go, go!" brüllte Steven und hob mit Robert synchron die Arme an, sodass Tymdek ihn sauber mit den Pranken umfassen konnte. Mit einem gewaltigen Sprung stieß der riesige Drache sich von dem Felsvorsprung ab und stieg mit Hilfe einiger kräftiger Flügelschläge in den Himmel auf, wobei er die beiden Titanen in seinen Klauen beinahe durch die Baumkronen des Waldes zog. Den drei Soldaten und Angela erging es jedoch nur wenig besser, da sie ordentlich von den sich bewegenden Muskelmassen durchgeschüttelt wurden, doch das war nichts im Vergleich zu einem Flug durch Flak-Feuer. Rasch gewannen sie einige hundert Meter Flughöhe, während sich die nächtliche Landschaft unter ihnen auftat und der Mond langsam am Firmament aufging.
„Jonas, Statusreport?" fragte Micheal angespannt über Funk und verzog das Gesicht, als durch die Verbindung laute Schmerzensschreie, wütendes Gebrüll und MK-Feuer zu hören waren.
„Lage ist nach wie vor kritisch! Konnten bislang nur knapp zehn Personen inklusive Amanda in Sicherheit bringen und sind gerade dabei die letzten Überlebenden aus dem Dorf zu schaffen, aber die Verluste sind extrem hoch. Wir haben es jedoch durch einen Glückstreffer geschafft einen der Drachen vom Himmel zu holen, der irgendwo am Strand abgestürzt ist. Vermutlich nicht tödlich, der Treffer hat ihm lediglich den rechten Flügel zerrissen. In Deckung!" antwortete Jonas ihm mit angestrengter Stimme und schrie die letzten Wort nicht zu Mike, sondern zu den Leute neben ihm. Erneut donnerte ein lautes Brüllen durch die Lautsprecher, gefolgt von knisterndem Rauschen und dem panisch, schmerzerfülltem Gekreische zweier Frauen.
„Fuck! Feuer eröffnen! Treibt ihn zurück, treibt ihn zurück! Rollt sie auf dem Boden! Erstickt die Flammen! Vorsicht! Vier von links, ausschalten Mathew!"
Mehrere Pistolenschüsse hallten durch Micheals Helm, dann kehrte wieder etwas halbgare Ruhe ein.
„Verfluchter Mist! Schafft die beiden sofort zu Emily in den Wald, Mathew, Alex, ihr gebt ihnen Feuerschutz! Der Rest weiter mit mir!" kommandierte der Colonel eilig und richtete dann das Wort wieder an den Admiral, dessen Kiefer krampfhaft aufeinander gepresst waren, da er seinen Kameraden, seiner Familie, nicht helfen konnte.
„Sorry Mike, wir wurden gerade angegriffen und zwei Dorfbewohner schwer verletzt. Wir brauchen dringend Alinas Hilfe bei der Notversorgung! Wie weit seid ihr noch entfernt?" „Verdammte Scheiße! Ich schätze knapp zehn Minuten! Holt die restlichen Zivilisten aus dem Dorf und zieht euch in den Wald zurück! Wir kommen aus nördlicher Richtung mit einem verbündeten Drachen geflogen, auf keinen Fall das Feuer eröffnen!" entgegnete der Admiral eindringlich und Jonas Bestätigungslämpchen leuchtete grün auf.
„Bestätigt, verbündeter Drache aus nördlicher Richtung in T minus zehn Minuten. Jonas Ende."
Es knackte in seinen Lautsprechern und in die Verbindung wurde getrennt. Er musste den anderen Titanen nicht berichten, was geschehen war, er hatte auf einer offenen Frequenz mit Milten geredet. Jeder von ihnen wusste, was für ein Blutbad gerade in Lendol angerichtet wurde. Selbst Tymdek schien durch seinen Geist mitgehört zu haben, denn knurrte wütend und beschleunigte seinen Flügelschlag noch einmal.
Jonas gesamter Körper war angespannt. Einer der Drachen war gerade direkt über sie hinweggeflogen und hatte die Gruppe in seinen grünen Feueratem getaucht. Er, Mathew, Alex, Shenmi, Amber, Shixin und Sebastian hatten durch ihren Atlas nichts davon gespürt, doch die beiden jungen Frauen, die sie aus dem Dorf bringen wollten, besaßen weniger Glück. Nur durch ein Wunder war es den Titanen noch gelungen die Flammen zu löschen, aber nichtsdestotrotz hatten die beiden schwerste Verbrennungen am gesamten Körper erlitten und von ihrer einstigen Haarpracht war nichts mehr übrig, selbst die Augenbrauen waren weggebrannt worden. Nun trugen Shenmi und Sebastian die schwerverletzten Frauen aus dem Dorf, während Alex und Mathew ihnen Feuerschutz gaben. Somit blieben nur er, Shixin, Amber und die restlichen Titanen von Team Bravo, Chloe, Joseph, Sarah und Kevin, mit der Ausnahme von Emily und Benjamin in Lendol, wobei er Bravo befohlen hatte den Zugang der Siedlung zu bewachen, damit sie sich nicht jedes Mal den Weg frei schießen mussten, wenn sie eine Gruppe Zivilisten in Sicherheit brachten.
'Mike braucht noch zehn Minuten bis er mit den anderen hier ist. Bis dahin sind die restlichen Bewohner auch nur noch Asche, verdammte Scheiße! Wo bleibt Julia mit den Railguns? Wir müssen unbedingt diese Drachen vom Himmel holen oder zumindest vertreiben!' dachte der Colonel grimmig und führte seine zwei verbliebenen Teammitglieder zu einem der fünf letzten Häuser, in denen sie noch nicht nach Überlebenden gesucht hatten, doch seine Hoffnung jemanden leben darin zu finden, liefen gegen Null, da es nur noch brennende Ruinen waren.
Daran erinnert wurde er, als sie auf dem Weg über zwei weitere verkohlte Leichen stolperten, denen jemand einmal das linke Bein und einmal direkt den Kopf abgeschlagen hatte. Der ranzige Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase und er lies das Team kurz stoppen, um die Kadaver zu untersuchen.
„Grausames Schicksal, der eine war nach dem Schwerthieb gegen den Hals sofort tot, aber der andere muss bei lebendigem Leibe verbrannt sein, armer Teufel." fluchte Shixin und murmelte kurz ein kleines Gebet für die Toten. „Bastarde! Diese Soldaten sind echter Abschaum." merkte Amber wütend an, bevor Milten den Befehl zum Weitergehen gab. Das Geschrei eines kleinen Kindes und seiner Mutter ließen Jonas aufschrecken. „Dort, das Haus gegenüber! Los, los, los!" rief er den beiden zu und mit den MKs im Anschlag spurteten sie über den mit grünen, blauen und roten Flammen verseuchten Marktplatz.
Kurz vor dem Haus konnten sie schon den Grund für die angsterfüllten Schreie hören, als das Gelächter mehrerer der schwarzgerüsteten Soldaten an ihre Ohren drang mühelos durchbrach Jonas mit der Schulter voran die bereits teilweise verkohlte Tür und sah sich geschwind im Raum um. Er war noch nicht so sehr vom Drachenfeuer eingenommen, wie er zuerst vermutet hatte, sodass sogar noch einige der Holzmöbel intakt waren. Sein Blick huschte nach rechts und er eröffnete ohne zu zögern das Feuer, da einige der Soldaten ihnen mit erhobenen Schwertern und Schildern entgegen gestürmt kamen.
Die erste panzerbrechende 30 Millimeter Kugel durchbohrte den Schild des ersten Angreifers, zertrümmerte die Traghand und durchschlug danach die nur mit Lederrüstung und Kettenhemd gepanzerte Brust und hinterließ auf dem gesamten Weg ein knapp faustgroßes Loch im Körper des Mannes. Ohne weiteren Mucks kippte der Soldat tot nach vorne weg, während weitere Kugeln über ihn hinweg zischten und die restlichen drei Angreifer durchsiebten. Blut und Gedärme verteilten sich am Türrahmen, aus dem die Kerle angerannt gekommen waren.
„Gesichert!" meldete Zhou und schritt mit erhobener Waffe über die toten Körper hinweg in den Raum, aus dem sie gekommen waren, Jonas und Amber dicht hinter ihm. In der von bläulichen Flammen erhellten Kammer fanden sie zwei weitere Soldaten vor, die eine Frau und ihre Tochter als Geißeln vor sich hielten.
„Lasst uns gehen Dämon, oder wir töten die beiden!" blaffte einer der Männer, dessen Helm tief ins Gesicht gerutscht war.
Ohne auch nur im entferntesten einen Fick auf die Drohung zu geben, zielten der Milten und Parker auf jeweils einen der Soldaten und drückten ab. Die Frau und das kleine Mädchen kreischten beiden panisch, als sich die Köpfe der Angreifer in grau-rotes Konfetti verwandelten und Blut und Hirnfetzen auf ihre Haare und Gesichter klatschen.
„Ganz ruhig, ganz ruhig, sie sind jetzt in Sicherheit Ma'am. Wir werden sie im nu aus dem Dorf schaffen." sprach der Colonel beruhigend auf sie ein, während hinter ihm nun scheinbar doch die Dachbalken nachgaben und der Ausgang unter lautem Getose verschüttet wurde. „Plan B!" kommandierte er, woraufhin Shixin das Mädel und Jonas selbst die Frau nahmen und dann alle zusammen mit der Schulter voran durch die brennende Wand krachten. Das war der Sargnagel für die schon marode Stabilität des Hauses und es stürzte hinter ihnen zusammen. Sie ließen die beiden Dorfbewohner wieder los, welche ein paar Schritte vor ihnen zurückwichen.
Milten wollte sie gerade fragen, ob es noch weitere Überlebende in den Häusern gab, als er ein lautes Rauschen über ihnen bemerkte. Nicht nur er, sondern auch die anderen beiden Titanen registrierten das bedrohliche Geräusch.
„Nein!" brüllte der Colonel und hechtete nach vorn, um die Frau und ihre Tochter aus der Gefahrenzone zu holen. Er erreichte die Mutter, doch für das Mädchen fehlten im die letzten notwendigen Millimeter.
Hilflos musste er mitansehen, wie sich die gewaltigen, zähnebewehrten Kiefer des roten Drachens um das kleine Mädchen schloss und es wie eine leblose Puppe mitgerissen wurde. Er blinzelte und im nächsten Augenblick war das Raubtier mit seiner Beute bereits wieder in den dunklen Nachthimmel entflohen. Zwecklos eröffneten Amber und Shixin das Feuer auf den Drachen, doch der war bereits wieder so hoch gestiegen, dass es praktisch unmöglich war ihn mit den relativ langsam schießenden MKs zu erwischen. In halber Schockstarre rappelte sich Jonas mit der Frau, welche das Bewusstsein verloren hatte, im Arm auf und beobachtete entsetzt, wie das Reptil seinen Kopf wild hin und her warf und dem kleinen Mädel dadurch das Rückgrat brach.
Was danach kam, brachte den gestandenen Kommandeur zum Würgen.
Der Drache verschlang den leblosen Körper im Ganzen und selbst vom Boden aus konnte er noch die Wölbung erkennen, welche das tote Mädchen im Hals des Ungeheuers hinterließ.
„Mein Gott!" hörte er Amber schockiert flüstern, während Shixin bewegungslos dastand.
Ein ohrenbetäubendes Brüllen riss sie alle aus ihrem Schock und instinktiv richteten sie ihren Blick auf die Quelle des Geräuschs. Ihre Augen wurden groß, als sie im Mondschein den gigantischen, schwarzen Drachen entdeckten, der seine Artgenossen wie Zwerge erscheinen ließ.
Gleichzeitig schallte ein donnernder Peitschenknall über sie hinweg und der rote Drache, der das Mädchen gefressen hatte, stürzte getroffen und bewusstlos zu Boden.
„Verdammter Mist! Ich war eine Minute zu spät!" hörte er Julia über Funk wütend fluchen. Einen Augenblick später krachte die Flugechse bereits einige Meter von ihnen entfernt auf den Boden und es ertönte ein lautes, mehrstimmiges Knacken, als ihr linker Flügel und das linke Vorderbein unter dem massigen Körper zerquetscht wurden.
„Julia!" keuchte Jonas überrascht und eilte mit der ohnmächtigen Frau im Arm zusammen mit seinen beiden Kameraden hinüber zu der Scharfschützin, welche gerade das riesige Gaußgewehr, das fast ebenso lang, wie ein Titan groß war, auf dem Rücken befestigte und danach eine große Kiste vom aschebefallenen Boden neben sich aufhob. „Ich wünschte nur, ich hätte das Kind retten können." knurrte sie wütend und stellte den Behälter vor ihnen ab, als die drei zu ihre gelangt waren. „Das Schicksal hatte leider andere Pläne für das junge Mädchen, möge ihre Seele nun in Frieden ruhen." bemerkte Zhou einfühlsam, doch der Colonel sagte streng: „Schluss mit diesem Schicksalskram Shix, sie ist tot, das können wir nicht ändern. Und der Drache lebt mit Sicherheit auch noch, oder Julia?" „Ich habe ihn lediglich am Hals erwischt, muss wohl einen wichtigen Nerv erwischt haben. Wenn er den Sturz überlebt hat, dann ja."
„In Ordnung, ich und Julia werden die Echse sichern und ihr beide nehmt euch jetzt die Railguns aus der Kiste und verjagt die anderen Drachen, bevor noch mehr Leute draufgehen! Versucht sie aber nicht zu töten!" Die Titanen nickten bestimmt, öffneten die Vorratskiste und langten sich jeweils eine Railgun mitsamt Munition und Verbindungskabel für den Fusionsreaktor heraus. Mit wenigen Handgriffen verbanden sie die energiehungrigen Waffen mit dem Reaktor des Atlas.
Daraufhin begannen die Gewehre einsatzbereit zu summen.
Währenddessen stellten sich Jonas und Stearn zum Kopf des roten Drachens. Mit grimmiger Miene stellte Milten fest, dass das Tier immer noch atmete, wenngleich auch röchelnd, was auf mehrere gebrochene Rippen hindeutete. 'Geschieht dir recht, Mistkerl.' dachte der Colonel angewidert und warf der, nach wie vor bewusstlosen, Frau einen musternden Blick zu, doch sie schien glücklicherweise unverletzt zu sein. „Tut mir wirklich leid, dass ich ihre Tochter nicht retten konnte." flüsterte er beschämt und gab dann lautstark den Befehl: „Feuer!"
Sofort erklang eine pulsierende Kakofonie aus Peitschenknallen, als die Hochfrequenz-Railguns damit begannen ihre spezielle Eisen-Wolfram Munition mit mehreren Kilometern pro Sekunde zu verschießen. Es war die ideale Waffe für die Flugabwehr und praktisch Overkill im Einsatz gegen die, im Vergleich zu Jetfightern, behäbigen Drachen.
Binnen Sekunden erwischten Shixin und Amber eine der drei verbliebenen Echsen und stanzten mit der 12,7 Millimeter Munition große Löcher in die feinen Flügelmembranen. Das Reptil kreischte vor Schmerzen auf und trudelte dann Richtung Boden, da ihm durch die zerfetzten Flügel der Auftrieb fehlte. Schließlich krachte er irgendwo südlich des Dorfes in den Hügel.
„Sehr gut, jetzt den Blauen dort!" rief Jonas und deutete auf die kleinere der beiden verbliebenen Echsen. Gleichzeitig bemerkte er eine Gruppe von zehn Soldaten auf sie zustürmen und brüllte Julia zu: „Zehn Feinde auf elf Uhr!" Er legte selbst auf die anstürmenden Männer an, allerdings war seine Zielgenauigkeit durch die Frau im linken Arm stark eingeschränkt, weshalb nur zwei der Soldaten getroffen zu Boden gingen.
Einem der beiden prangten zwei gigantische Löcher in der Brust, wohingegen dem anderen das rechte Bein und der linke Arm fehlten.
Stearn setzte ebenfalls zum Schuss mit dem Gaußgewehr an. Sie schaffte es mit einem Glückstreffer gleich drei Angreifer auf einmal zu erledigen, da sie in direkter Linie hintereinander her gerannt waren. Ihre Köpfe platzten wie überreife Früchte, als die 20 Millimeter Kugel mit mehreren Kilometern pro Sekunde in sie einschlug, während der Überschallknall des Schusses in Jonas Ohren widerhallte.
Dann hatten die Männer sie bereits erreicht.
Schwungvoll warf sich Milten die ohnmächtige Dorfbewohnerin über die Schulter und drosch mit dem Gewehrkolben des MKs auf den Soldaten, der ihn gerade hatte angreifen wollen. Ein ekelerregendes Knacken und Knirschen ertönte, als der gehärtete Stahl, den Helm und Schädel des Mannes zertrümmerten. Blut, Knochen- und Gehirnstücke verteilten sich auf dem Boden zu seinen Füßen, doch der Titan beachtete es nicht. Stattdessen ließ er in einer einzelnen, fließenden Bewegung die Maschinenkanone fallen, zog sein Kampfmesser und wehrte damit den Schwertschlag eines weiteren Soldaten ab. Er nutzte dessen kurze Verwirrtheit gnadenlos aus, indem er ihm sein Knie in die Magengrube rammte, damit sämtliche Organe zerquetschte und anschließend mit einem Messerstich ins Auge erledigte.
Derweil war auch Julia das Ziel zweier schwarzgerüsteter Soldaten geworden. Einem der beiden konnte sie im letzten Moment noch eine Kugel durchs Hirn jagen, sodass nur einer der beiden sie wirklich erreichte. Aber dessen Schwert prallte wirkungslos mit der dicken Panzerung des Atlas zusammen und verbog sich dadurch sogar leicht. Fassungslos starrte der nicht gerade kleinwüchsige Mann die riesige Scharfschützin an, was diese ausnutzte und ihm mit einem schnellen Handgriff den Kopf um 180 Grad verdrehte, als wäre er eine Spielpuppe.
So blieb nur noch ein einziger Angreifer übrig, der die zwei Titanen entgeistert anblickte und nach einem kurzen Seitenblick auf seine toten Kameraden und den schwerverletzten, roten Drachen die Waffe fallen ließ.
„Ihr – ihr seid keine Menschen! Nur ein Schatten könnte so etwas tun! Bei Tirane, bitte verschont mich! I – ich ergebe mich! Ich werde euch alles verraten, was ich weiß, aber bitte lasst mich Leben, Dämon." flehte er Jonas auf Knien an, die Augen vor Panik weit aufgerissen. Er bemerkte nicht einmal, wie seine Hose vom Blut seiner Kameraden durchweicht wurde.
Blitzschnell wog der Colonel in seinem Kopf ab, ob er den Mann am Leben lassen wollte oder nicht. Schließlich entschied er, dass es wichtig wäre in Erfahrung zu bringen, wer für dieses Blutbad verantwortlich war, weswegen er dem Kerl eine, für seine Verhältnisse, schwache Ohrfeige gab, die ihn ins Land der Träume und Kopfschmerzen beförderte.
„Du wirst uns Rede und Antwort stehen, Bastard, und wenn ich dir dafür deine Eier abschneiden muss." knurrte er wütend und hörte dann Amber, die, fast schon erleichtert, rief: „Sie drehen ab! Die Drachen, sie fliehen!"
Er und Julia schauten nach oben in den Himmel und tatsächlich, die beiden verbliebenen Drachen, ein azurblauer und ein bronzefarbener, stießen lautes Gebrüll aus, das eher nach blanker Panik, als nach Drohung klang und drehten in Richtung Meer ab. „Ich kann mindestens einen noch von ihnen erwischen, bevor sie außerhalb der effektiven Reichweite sein, mit viel Glück beide. Soll ich?" fragte Stearn abschätzend und lud mit einem Handgriff, die nächste Wolfram-Eisen Patrone in den Lauf des Gaußgewehrs. Jonas überlegte ernst und wollte seinerseits wissen: „Könntest du jetzt noch einen Punkt an ihren Körpern treffen, der sie nicht sofort tötet aber trotzdem außer Gefecht setzt?" Die Scharfschützin zuckte knapp mit den Schultern. „Fifty-Fifty. Es kann klappen, aber auch in die Hose gehen. Was nun, das Zeitfenster wird enger?"
Daraufhin schüttelte Milten den Kopf.
Er würde es dieses feuerspeienden Echsen zwar gönnen, ausgeknipst zu werden, die mehr als dreißig Toten waren dafür Grund genug, doch andererseits durfte er sich nicht von seinen Rachegelüsten leiten lassen. Micheals Befehle waren klipp und klar gewesen. Tödliche Gewalt nur, falls absolut notwendig.
„Nein. Unsere Mission ist es, die restlichen Dorfbewohner aus diesem Inferno und vor den Soldaten zu retten, nicht Drachen zu jagen. Wenn sie abhauen, lass sie abhauen, das bringt uns nur Vorteile." erklärte er bestimmt, worauf Julia mit einem Nicken antwortete und stattdessen ihre Aufmerksamkeit wieder der unmittelbaren Umgebung widmete. Währenddessen aktivierte der Colonel die Funkverbindung zu Sarah, der Leiterin von Team Bravo.
„Bravo, bitte kommen."
„Hier Bravo, was gibt's?"
„Wir haben jetzt drei der fünf Drachen vom Himmel geholt und die restlichen beiden fliehen zurück aufs Meer."
„Roger, das haben wir gesehen."
„Gut, dann rückt jetzt in Fächerformation von Osten her durch das Dorf vor und sucht nach Überlebenden. Jeglicher Widerstand ist sofort auszuschalten." Er warf einen kurzen Blick auf den bewusstlos im blutigen Schlamm liegenden Soldaten und fügte hinzu: „Falls ihr auf Deserteure stoßt, die sich ohne Kampf ergeben, nehmt sie gefangen. Wir müssen den Drahtzieher hinter diesem Anschlag herausfinden. Jonas Ende."
„Verstanden, rücken aus!" bestätigte Sarah die Befehle und die Funkverbindung wurde beendet.
Fast zeitgleich rief Shixin angespannt: „Vorsicht von oben!"
Instinktiv richteten alle ihre Waffen in den Himmel, bis auf Milten, dessen Maschinenkanone noch mit Hirnresten übersät auf dem Boden lag. Allerdings genügte ihm ein kurzer Blick, um zu blaffen: „Waffen runter, das ist ein Freund!"
„Du willst mich doch verarschen." murmelte Amber ungläubig, während über ihnen ein gigantischer, schwarzer Drache zur Landung auf dem feuerüberzogenen Platz ansetzte.
Dieses Monstrum ließ seine fünf anderen Artgenossen wie Zwerge neben sich verblassen. Schwingen die fast die halbe Fläche des Dorfes überspannten, Klauen, die länger waren als sein Arm und ein Maul, in dessen Schlund wohl ohne Zweifel ein gesamter Titan hineingepasst hätte. Jede einzelne Faser seines Unterbewusstseins schrie förmlich, dass er davonlaufen und sich im nächstbesten Erdloch verstecken sollte, doch der Soldat in ihm, rührte sich keinen Millimeter. Der Drache kam nämlich nicht allein und vor allem hatte Micheal ihn angekündigt.
In seinen beiden Vorderpranken trug er Steven und Robert, welche knapp zehn Meter über dem Boden von ihm fallengelassen wurden und zusammen mit ihrem Begleiter krachend aufsetzten. Ein leichtes Beben ließ selbst die Titanen kurz wanken und ein nahestehendes, brennendes Gebäude stürzte vollends in sich zusammen. Kurz darauf sprang auch noch Mark von seinem Rücken und gesellte sich mit gezogener Waffe zu den beiden anderen.
„Verfluchte Scheiße, dass sieht hier ja wie in Moskau, nur in kleiner. Wie sieht die Lage aus Jonas? Wir haben von Tymdeks Rücken aus gesehen, das ihr zwei der Drecksäcke vom Himmel geholt habt, ehe sich die letzten beiden verpisst ham." knurrte Coule grimmig und trat mit Holsted und Duncan zu ihnen herüber und nickte in Richtung des röchelnden Jungdrachen. „Er lebt noch?"
„Ja er lebt noch, mit schwersten Verletzungen, aber die können warten. Ich möchte erst einmal gerne wissen, wer er ist." erwiderte Jonas und zwang sich dazu, nicht zurückzuweichen, als der schwarze Drache sich zu ihm hinunter beugte und kurz musterte. Dann hörte er eine tiefe, bassvolle Stimme in seinem Kopf, die nur zu dem Giganten vor ihm gehören konnte.
*Mein Name ist Tymdek Dunkelschwinge, Jonas Milten und ich bin ein Freund eures Vaters.*
Der Colonel stutzte überrumpelt und antwortete leicht verwirrt: „Tymdek Dunkelschwinge? Ihr seid ein Freund von John?"
„Er gehört praktisch zur Familie, Dad hat seine kleine Tochter quasi adoptiert. Total süß! Nicht so, wie dieser Bastard hier. War schrecklich mitanzusehen, wie er das arme Kind gefressen hat." antwortete Steven anstatt Tymdek und versetzte dem roten Drachen einen leichten Tritt gegen die rechte Schulter, doch es kam keine Reaktion zurück.
„Ist eine längere Geschichte, die können wir euch später erzählen. Merk dir einfach, dass Tymdek zu uns gehört und du dich voll und ganz auf ihn verlassen kannst. Tymdek? Was ist?" fügte Robert hinzu und blickte den schwarzen Drachen fragend an, als dieser über sie hinweg trat und den am Boden liegenden Roten näher betrachtete, wobei sich seine kristallblauen Augen weiteten.
Er ließ ein überraschtes Schnauben über sie hinwegfegen.
*Ich kenne dieses Küken! Sein Name ist Shad und er gehört zu einem Drachenreiter namens Keno!* grollte er vollkommen ungläubig.
„Feind von rechts!" rief Shixin dazwischen und erledigte die beiden feindlichen Soldaten, welche es gewagt hatten, sie von hinter einer Hausecke her zu belauschen. Milten ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen.
„Wollt ihr damit sagen, dass dieser Keno das Massaker hier befehligt hat?"
Dunkelschwinge knurrte bedrohlich und zeigte dem Titanen seine rasiermesserscharfen Zähne. *Beschmutzt seinen Namen nicht, ohne die ganze Geschichte gehört zu haben! Shad wurde vor ein paar Wochen entführt, zusammen mit seinem Reiter. Allerdings konnte John den Jungen retten, bevor sie ihn außer Landes schmuggeln konnten, nur das Küken hier hatte offensichtlich weniger Glück.*
„Was? Ich verstehe nicht ganz –" setzte Jonas skeptisch an, doch Mark unterbrach ihn unsanft.
„Details können wir später klären, aber hier und jetzt müssen wir noch so viel retten wie es geht. Wisst ihr, ob es noch Überlebende in den Häusern gibt?" „Unwahrscheinlich, dieses Feuer ist dermaßen heiß, dass es schon genügt einige Minuten lang danebenzustehen und man wird gekocht. Falls es jemand solange überlebt hat, würde es an ein Wunder grenzen." entgegnete Zhou missmutig, während er Tymdek immer noch neugierig musterte. „Also haben wir die Schlacht gewonnen?" setzte der Ingenieur nach, woraufhin Milten langsam nickte. „Wir müssen nur noch knapp fünf Dutzend Soldaten ausschalten, aber im Prinzip die Schlacht vorbei, ja."
„Nur ob man uns bei einem solchen Massaker Sieger nennen kann, ist die andere Frage." fügte Parker hinzu und lud aussagekräftig ihre Railgun nach.

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[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...