Von Sinnen

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„Du willst mir also weiß machen, dass dieses Schwert dem Oberhaupt deines Ordens gehört, er es vor zwanzig Jahren auf einem Flug verloren hat und es niemals gefunden hat? Selbst mit Magie nicht?" fragte John skeptisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das klingt nicht gerade glaubwürdig musst du zugeben." *Da ist was drann.* stimmte Feyth zu und beschnupperte das Kästchen neugierig. Keno, der es immer noch in Händen hielt, seufzte. „Na schön, vielleicht waren es auch nur zwei Jahre, aber der Rest stimmt! Meister Murtagh persönlich hat es mir so erzählt." 'Das ergibt keinen Sinn, niemand verwechselt Zwanzig mit Zwei. Da stimmt etwas nicht, Holzauge sei wachsam.' dachte sich der Titan und musterte das Kästchen genauer.

„Sollen wir es öffnen, um sicher zu gehen, dass es auch wirklich dort drin ist?" schlug er vor, doch der Drachenreiter schüttelte den Kopf. „Ich denke es wäre besser, es nicht zu öffnen. Wer weiß, mit welchen Schutzzaubern Meister Eragon es versehen hat." „Er wird es bestimmt nicht mit einem tödlichen Zauber geschützt haben, das wäre viel zu riskant, wenn er es an einem Ort aufbewahren will, an dem er unteranderem Kinder unterrichtet. Ich verstehe nicht viel von Magie, aber könnte es nicht sein, dass er einen Zauber darauf gewirkt hat, der ihm mitteilt wo sich das Kästchen befindet, wenn es jemand öffnet? Das würde zumindest mehr Sinn ergeben, als denjenigen einfach nur zu töten." sagte John und Keno kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Du könntest recht haben, aber was wenn zusätzlich zum Auffindungszauber ein schädlicher Zauber darauf liegt?" „Das werden wir gleich herausfinden, gib mir die Kiste." „Aber du könntest dich verletzen, wenn nicht sogar umbringen, wenn du sie öffnest!" „Kleiner, ich werde diese Kiste öffnen, ob du es willst oder nicht, es hängt an dir, ob ich dir dabei den Arm brechen muss, oder nicht." knurrte der Soldat und streckte fordernd die Hand aus.

Erschrocken über Johns Brutalität wich Keno zurück. Dem Titan war es jedoch egal, er würde den Jungen zwar nur ungern verletzen, doch der lange Militärdienst durch zwei Weltkriege hindurch, hatte ihm jeglichem Skrupel beraubt. Den Eid, den er damals zusammen mit seinen Brüdern und Schwestern nach Abschluss ihres Trainings geleistet hatte, diejenigen zu schützen, die schwach und hilflos waren, war in dem Moment für den Drachenreiter erloschen, als er sich geheilt hatte.

*Keno, gib ihm einfach die Kiste. John weiß was er tut.* sprang Feyth ein, doch der Junge hielt das Kästchen weiter fest umklammert. „Nein! Woher willst du das wissen? Er hat nicht das Recht dazu, diese Kiste zu öffnen!" zeterte er, was Johns Misstrauen ihm gegenüber nur noch weiter schürte. Der Drachenreiter wirkte wie ausgewechselt. *Ich weiß es einfach. Ich fühle es.* antwortete das Drachenmädchen und fixierte den Jungen mit ihren grünen Augen. Er lachte überheblich und meinte abfällig: „Deine Mutter hat recht, du bist ein wertloses Stück Müll, dass es nicht wert ist, Drache genannt zu werden." Dieser Satz besiegelte sein Schicksal.

Wie ein Blitz, traf Johns Faust Keno in den Magen und knockte den Jungen sofort aus. Er kam nicht einmal mehr dazu zu würgen oder zu schreien, sondern kippte einfach bewusstlos nach hinten weg, während ihm das Kästchen aus der Hand fiel. „Alles in Ordnung?" fragte der Titan Feyth, in deren Augen er schon dicke Tränen erkennen konnte. *Er war einer meiner einzigen Freunde! Das ist nicht der Keno, den ich kenne!* schluchzte sie und vergrub ihren Kopf in seinem Schoß. Völlig überrumpelt von ihrer Reaktion, tätschelte er ihr zögerlich den Hals.

„Das war auch nicht Keno. Ganz ruhig Feyth. Es muss diese Kiste sein, er wurde immer aggressiver, je länger er sie in Händen hielt." meinte er tröstend und langte nach dem Kästchen. *Ja, aber du hast sie mehrere Stunden lang getragen! Wieso hat sie dann dich nicht beeinflusst?* entgegnete sie etwas beruhigter und John zuckte mit Schultern. „Ich weiß es nicht. Es gibt nur einen Weg herauszufinden, ob es wirklich an der Kiste liegt. Leg deine Pfote darauf." sagte er. Feyth sah ihn schockiert an und meinte: *Nein! Ich will nicht böse werden! Ich will niemandem weh tun!* „Wirst du nicht, dafür sorge ich schon. Bitte, lege deine Pfote auf die Kiste, ich verspreche auch, dich sofort davon zu erlösen, wenn wir ein Ergebnis haben." erwiderte der Soldat bittend und widerwillig berührte das Drachenmädchen die Kiste mit ihrer linken Pfote. Dann warteten sie.

Vorsichtshalber warf John einen kurzen Blick auf Keno. Er hatte zwar nicht allzu fest zugeschlagen, da er ihn nicht hatte umbringen wollen, aber glücklicherweise konnte er keine großen Verletzungen entdecken und auch seine Atmung war regelmäßig. Nach ein paar Minuten fragte er das Drachenmädchen: „Wie fühlst du dich?" *Ganz normal.* gab sie zurück. John wartete noch weitere zehn Minuten, bis er erneut fragte: „Wie fühlst du dich?" *Müde. * antwortete sie und wandte ruckartig ihren Kopf ab, als Keno laut stöhnte und sich aufrichtete.

„Was ist passiert? Feyth! Es tut mir so leid! Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist." stammelte er und blickte das Drachenmädchen beschämt an. „Das hier ist in dich gefahren." sagte John laut und hob die verzierte Kiste empor. „Undbitr? Aber wie?" fragte der Junge verwirrt und hielt sich stöhnend den Bauch, während er aufstand und sich auf den nächstbesten Felsen setzte. *Ich bin froh, dass du wieder du bist.* meinte Feyth fröhlich und schleckte ihm zart über die Wange. „Wir wissen nicht wie, aber offenbar hat dieses Ding irgendeinen Einfluss auf dich gehabt, solange du es in Händen hieltst. Auf mich und Feyth hingegen scheint es merkwürdiger Weise nicht zu wirken." erklärte der Soldat und verstärkte den Griff um die Kiste. „Ich werde sie jetzt öffnen, um zu sehen, was wirklich im Innern versteckt ist." Keno nickte und sagte: „Ja. Es war komisch. Ich habe es nicht einmal wirklich mitbekommen, wie ich immer aggressiver wurde, es fühlte sich alles ganz normal für mich an."

Er und Feyth sahen angespannt zu, wie John aufstand, die Kiste mit beiden Händen am einen Ende packt und dann mit voller Wucht gegen einen der herumliegenden Felsen schmetterte. Das Holz splitterte jedoch nur leicht und er brauchte drei weitere Schläge, bis das Kästchen am anderen Ende endlich aufbrach und etwas auf den Boden fiel. Ihre Augen weiteten sich.

*War Broms Drache nicht Blau gewesen?* fragte Feyth verwirrt und Keno antwortete ebenso verblüfft: „Jedenfalls war sie nicht Rot, so viel steht fest."



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt