„Aufwachen du kleiner Bastard! Ich habe einige wichtige Fragen, die du mir beantworten sollst." knurrte John und schüttete zum zweiten Mal eine Handvoll Wasser über den Kopf des immer noch ohnmächtigen Elfs. Doch auch diesmal schreckte der Gefangene nicht auf. Allerdings bemerkte der Titan, dass die Augenlieder des Mannes kurz zuckten, als das Wasser sie traf. „Er will wohl einfach nicht aufwachen, was machen wir da nur?" fragte er Lyath zynisch. Die Drachendame antwortete ihm nicht, sondern legte ihre Zunge auf den Bauch des Elfen und wanderte dann langsam hoch in Richtung Gesicht. Das schwarze Gewand wurden durch die Widerhaken ihrer Zunge leicht eingerissen, doch als sie seinen Kopf erreichte, drehte sie die den großen Muskel um und schleckte dem Gefangenen mit der Unterseite genüsslich übers Gesicht.
John spürte wie der Elf sich anspannte, während er von Lyath regelrecht gekostet wurde, jedoch hielt er noch immer krampfhaft die Augen zu und versuchte seinen Atem so flach wie möglich zu halten.
Der Titan verlor seine Geduld und packte den rechten Zeigefinger des Elf zwischen seinen eigenen Zeigefinger und Daumen und zerquetschte das erste Fingerglied des Mannes. Daraufhin brüllte der Gefangene wie am Spieß und wand sich in Johns eisernem Griff, der ihn süffisant fragte: „Na, gut geschlafen? Ich muss zugeben, nicht viele hätten es geschafft weiterhin Bewusstlosigkeit vorzutäuschen, wenn er von einem Drachen abgeleckt wird, Respekt." „Lasst mich los Dämon! Ihr seid wahnsinnig!" brachte der Elf hinter einer gequälten Grimasse hervor was von John mit einem düsterem Lachen beantwortet wurde. „Nun Spitzohr, wenn ihr euch genauer umseht bin ich sicher, dass ihr diese Bitte wieder zurücknehmt. Obwohl, wie wäre es, wenn ich euch loslasse? Meint ihr, ihr überlebt die messerscharfen Zähne eines Drachen, ganz zu schweigen vom zersetzenden Magensaft? Wie wärs? Wollen wir es herausfinden? So wichtig bist du nun auch wieder nicht, schließlich haben wir noch deinen kleinen Freund hier, der sicherlich kooperativer ist, wenn ich ihm erzählt habe was mit euch geschah. Was sagt ihr dazu Lyath?" Ein tiefes Knurren drang aus den Untiefen hinter dem Elf hervor, der sich, nachdem er bemerkte hatte, wo er sich befand, panisch an den Arm des Soldaten klammerte. „Ich glaube sie ist hungrig, oder was meint ihr, Elf?" scherzte John und zuckte kurz mit seinen Fingern, woraufhin ihn der Elf voller Furcht ansah und sich seine Nasenlöcher weiteten. Er fixierte jedoch nicht John, sondern Feyth, die das Ganze von seiner Schulter aus beobachtete. Der Soldat bemerkte es und schüttelte den Gefangenen kurz.
„Augen auf mich mein Freund, ansonsten werde ich an deinen Beinen testen, wie scharf die Zähne eines Drachens wirklich sind." knurrte er und senkte seinen Arm um ein paar Zentimeter, um seine Worte zu unterstreichen.
An Feyth gewandt meinte der Soldat: „Feyth, es wäre am besten, wenn du Keno hilfst den anderen Gefangenen zu versorgen." Das Drachenmädchen brummte zustimmend und sprang von seiner Schulter, nachdem sie dem Elf noch einmal ihre Zähne gezeigt hatte.
Dieser starrte nun ihn den Titan an, voller Abscheu, Furcht und Hass in den Augen. Mit relativ fester Stimme wollte er wissen: „Wer seid ihr?" John packte erneut den Zeigefinger des Mannes und zerquetschte das zweite Glied. Über den Schmerzensschrei des Elfen hinweg meinte er fragend: „Ich glaube, ihr versteht nicht ganz in welcher Position ihr euch befindet, kann das sein? Ich will es euch noch einmal erklären: Ich stelle die Fragen, ihr antwortet. So einfach ist das. Sollte mir eine eurer Antworten nicht gefallen, werdet ihr es schon spüren und ich bin nicht gerade gut gelaunt. Wenn ihr auch nur versucht Magie einzusetzen, breche ich euch das Genick, verstehen wir uns? Also noch einmal von vorn. Wie lautet euer Name?"
Mit schmerzverzerrtem Gesicht presste der Elf hervor: „Tanil." „Na also, das war doch gar nicht so schwer, oder?" lobte der Titan und hob den Mann wieder etwas weiter von Lyaths Unterkiefer weg. „Nun, Tanil, was genau hattet ihr beide denn vor, außer uns zu töten?" „Das kann ich euch nicht sagen." entgegnete Tanil hastig und schrie, als John seinen linken Unterarm derart kräftig packte, dass die Knochen zu brechen drohten.
„Hör zu Junge, du kannst gerne Versuchen hier den harten Burschen zu spielen. Das hatte ich schon oft und glaube mir, keiner dieser Typen hat es je länger als zwanzig Minuten überstanden ohne auszupacken. Es wird mir ein Vergnügen sein, dir zu zeigen wo die Grenzen deines Körpers liegen. Du wärst überrascht, mit welchen Verletzungen man alles überleben kann. Ich bin schon gespannt was zuerst nachgibt! Das Fleisch, oder der Geist?" erklärte der Soldat zynisch und kugelte mit einem heftigen Ruck die Schulter des Elfen aus. Abermals brüllte der Mann und Tränen rannen ihm über die Wange. „Noch einmal: Was genau hattet ihr vor?" fragte John, doch Tanil presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Gleichgültig zuckte der Titan mit den Schultern packte die linke Hand des Mannes und brach sie mit einem kurzen Ruck, wobei er jedoch darauf achtete, dass die Knochensplitter die Haut nicht durchdrangen. Ein Stöhnen entrann der Kehle des Elfen und er schloss für einen kurzen Moment die Augen. „Was hattet ihr vor?" wollte John nun zum dritten Mal wissen. Als Tanil sich jedoch immer noch weigerte bewegte er die gebrochene Hand ein wenig hin und her, woraufhin der Elf wie am Spieß brüllte. Unter Tränen brachte er hervor: „Wir – wir sollten nur die – die Eier der Drachens mitnehmen. Wir hatten nicht erwartet, dass sie wach sein und Besuch haben würde." „Und da habt ihr euch gedacht, dass ihr selbst Hand anlegen müsst, wenn schon das Gift versagt hat?" knurrte John, doch Tanil schüttelte den Kopf. „Da – das Gift hätte sie nur ei –einschlafen lassen sollen für eine lange Zeit. Wir würden es nicht wagen einen Drachen zu töten."
„Sicher, und ich bin der große böse Wolf. Was kommt als nächstes? Das euer Todeswort mich nicht hätte töten sollen?" „Ich – hatte Panik. Wir haben mit so etwas nicht gerechnet." „Das ändert nichts an der Tatsache, dass du es getan hast Junge." knurrte John und lies die verletzte Hand wieder los. „Sagen wir, ich würde dir die Sache mit dem Schlafgift abkaufen, wer hat euch dann geschickt ihre Eier zu stehlen? Wie heißt eure kleine Verbrecherorganisation?"
„Wir sind keine Verbrecher!" gab Tanil zischend zurück und erntete dafür ein lautes Knurren von Lyath. Der Titan schüttelte ungläubig den Kopf. „Tanil, ich weiß ja nicht was für Gesetze in diesem Land gelten, aber da wo ich herkomme ist Entführung ein großes Verbrechen, insbesondere wenn es dabei um Kinder geht. Also, wer hat euch geschickt?" „Das kann ich euch nicht sagen." entgegnete der Elf mit zusammengepressten Kiefern woraufhin John sein rechtes Bein ergriff und es auf Lyaths Zähnen aufspießte. Ohne großen Widerstand durchdrangen sie den Oberschenkel, durchtrennten Muskeln, Sehnen, Knochen und Tanil kreischte während er krampfhaft versuchte mit den Händen sein Bein zu erreichen, was jedoch durch den ausgekugelten Arm und dem eiserenen Griff des Titanen unterbunden wurde. „Oh, das sieht schmerzhaft aus Tanil. Ich denke ihr solltet euch nicht zu sehr bewegen, diese Dinger sind ja schärfer als mein Messer." bemerkte er hämisch und lehnte sich auf das geschundene Bein, wodurch sich die Zähne noch tiefer gruben. Lyath knurrte leise, als einige Tropfen Blut auf ihre Zunge fielen und der Elf schmerzerfüllt wimmerte.
„Und? Willst du immer noch deinen Befehlshaber schützen, oder sagst du uns jetzt endlich wer euch geschickt hat?" fragte John erneut. Mit tränenerfülltem Gesicht antwortete Tanil vor Schmerz zitternd: „I –ich kann euch nicht sagen wer mich geschickt hat. Ei – ein Zauber verhindert es."
„Gibt es einen solchen Zauber?" *Ja, aber dafür benötigt man etwas sehr wertvolles von demjenigen, den man unter diesen Bann stellen will. Entweder unser kleiner Möchtegern-Eierdieb dient seinem Herrn treu und hat ihm dieses Ding freiwillig gegeben, oder aber er wurde zu einer Art Sklave gemacht. Mir gefällt der Gedanke zwar nicht, aber man könnte ihn zu all dem hier gezwungen haben, was ihn zwar nicht unschuldig, allerdings auch nicht wirklich schuldig machen würde. Seid vorsichtig Jäger.*entgegnete die rote Drachendame besorgt. „Ich verstehe." murmelte John und nahm seinen Arm vom aufgespießten Bein des Elfen. Dann wandte er sich wieder an Tanil.
„Könnt ihr uns wenigstens den Namen eurer Gruppe nennen Spitzohr?" Wie aus der Pistole geschossen antwortete der Mann: „Die Schwarze Rose." Es war offensichtlich, dass Johns Folter ihr Ziel erreicht hatte. „Die Schwarze Rose, na wenigstens passen eure Klamotten dazu. Wo sind die anderen aus eurer Einheit?" „Sie campieren auf einem Plateau ungefähr dreißig Meilen von hier." erklärte der Elf, dem immer noch dicke Tränen über die Wangen rannen, seine Stimme schien sich jedoch halbwegs gefangen zu haben, auch wenn sie noch etwas zittrig war. „Und euch beide hat man als Vorhut geschickt?" „Ja."
„Wie viel Zeit bleibt uns, bis der Rest eurer traurigen kleinen Bande hier eintrifft?" fragte der Titan in scharfem Ton und zog Tanil so nah an sich heran, dass der Atem des Elfs sein Visier beschlug. „Vie – vielleicht ein paar Stunden, ich weiß es nicht. Sie mussten erst noch die Zelte abbauen, bevor sie los konnten." antwortete Tanil schluckend, während sich seine Augen vor Furcht weiteten.
Johns Haltung veränderte sich. Er ließ den Elf wieder herab, sodass er eine ganze Armlänge von ihm entfernt war, umfasste vorsichtig das verletzte Bein und hob es behutsam von den Zähnen. Dann hievte er den Mann aus Lyaths Maul und setzte ihn neben den anderen Elfen an die Wand, wo Keno noch dabei war, den Schwerverletzten zu versorgen. Feyth, die direkt neben dem Drachenreiter saß, fletschte die Zähne, legte die Ohren an und knurrte böse in Tanils Richtung, aber John brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Auch Dekri und seine Mutter, die fast den gesamten Gang ausfüllte, rückten etwas mehr auf und beobachteten die beiden Elfen misstrauisch. Vollkommen gefühlslos meinte er an den Elfen gewandt: „Tut mir leid, ich scheine es etwas übertrieben zu haben. Danke das du so kooperativ warst." Dann packte er den ausgekugelten Arm und renkte ihn mit einem Ruck wieder ein, was ein schmerzerfülltes Stöhnen Seitens Tanils zur Folge hatte. Unbeeindruckt fuhr John fort.
„Wie lange ist es her, dass ihr beiden losgeschickt wurdet, die Eier zu stehlen?" „Der Anführer hat uns losgeschickt, sobald der Regen aufgehört hatte. Vielleicht ein paar Stunden? Ich weiß es nicht genau, ich besitze keine dieser neumodischen Taschenuhren." entgegnete der Elf und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Arm, wobei ein kleines Blutrinnsal aus dem zerquetschten Finger quoll und den schwarzen Stoff seines Gewands benetzte. 'Der Regen hat wohl früher bei ihnen aufgehört als bei uns. Die können jeden Moment hier auftauchen.' dachte sich John und warf einen kurzen Blick auf Keno, der beide Hände auf die Brust des blondhaarigen Elfen gefaltet hatte und mit geschlossenen Augen irgendwelche Formeln murmelte, die er nicht kannte.
„Wie sieht es mit ihm aus?" fragte er trocken und anstatt dem Drachenjäger antwortete ihm Feyth. *Er hat viel Blut verloren und ist immer noch bewusstlos, aber er wird es überstehen.* meinte das kleine Drachenmädchen, während sie immer noch auf Tanil fixierte war. „Gut." Ohne weiter zu zögern, kramte der Titan die beiden schwarzen Tücher, welche er den Elfen vom Kopf gerissen hatte, vom Boden auf und knebelte damit zunächst Tanil und anschließend seinen Kameraden. „Damit sollten sie keine Magie wirken können, oder?" wollte er von Keno wissen, welcher noch seinen letzten Zauber vollendete und dann bestätigend nickte. Der Drachenreiter wirkte etwas schwammig auf den Beinen, als er aufstand, jedoch schon nach ein paar Augenblicken wieder mit festem Schritt neben ihm zum stehen kam.
„Was hast du jetzt vor John?" fragte der Junge und blickte den Titanen gespannt an. „Wir können hier nicht bleiben. Die restlichen ihrer Einheit werden schon bald eintreffen und wenn sich diese beiden nicht bei ihrem Anführer melden, wissen sie, dass etwas nicht stimmt. Mein Vorschlag wäre es, dass wir zu einem sicheren Ort flüchten und dort die Befragung ohne Zeitdruck fortführen. Wahrscheinlich wissen diese Kerle auch, was mit deinem Drachen, Shad, passiert ist. Was sagt ihr dazu Lyath? Keno könnte auf eurem Rücken Platz finden und ihr nehmt die beiden Gefangenen in eure Klauen, während Dekri unser Reisegepäck trägt." erklärte John monoton.
*Und was ist mit euch, Jäger?* wollte Lyath wissen, doch der Soldat zuckte nur mit den Schultern. „Ich bin wohl zu schwer um auch noch auf euch zu reiten, deshalb folge ich euch einfach zu Fuß. Das sollte kein Problem sein. Ihr kennt in dieser Gegend mit Sicherheit ein geeignetes Versteck." *Wir könnten zu Vaters Nest fliegen. Da würden sie niemals hin finden.* schlug Feyth vor und die große Drachendame zwinkerte ihr freundlich zu. *Das ist eine gute Idee meine Kleine.*
„In Ordnung, Wir müssen uns beeilen. Keno, Dekri, ihr bleibt hier und bewacht die beiden Gefangenen. Ich glaube zwar nicht, das sie irgendetwas anstellen können, aber sicher ist sicher. Lyath, ihr müsst mir kurz erklären, wie ich eure Eier einpacken muss, damit ihnen nicht geschieht." orderte John mit befehlsgewohnter Stimme an und lief nach einem letzten prüfenden Blick auf die beiden Elfen zurück in den Hauptraum der Höhle, indem noch immer das große rote Feuer prasselte. Lyath und Feyth folgten dicht hinter ihm. Er blieb dicht vor dem Feuer stehen und musterte nachdenklich die beiden Eier, welche inmitten der Flammen ruhten.
„Sind sie zerbrechlich? Benötigen sie eine Polsterung?" wollte er dann von der großen Drachendame wissen, die ihm nach einem belustigten Schnauben antwortete: *Nein. Dracheneier sind härter als ein Diamant. Selbst ihr, oder ich könnten sie mit unserer gesamten körperlichen Kraft nicht einmal ankratzen.* „Das vereinfacht die Sache enorm." meinte der Soldat und wollte nach den Eiern greifen, stoppte jedoch auf halben Weg.
„Darf ich?" fragte er ernst und erst als ihm Lyath zuzwinkerte griff er ins Feuer. Das Drachenfeuer mochte zwar außerordentlich heiß sein, doch er spürte nichts von der Hitze, während er jeweils ein Ei in jede Hand nahm. Er war trotz allem vorsichtig mit den Eiern, obwohl Lyath ihm versichert hatte, dass ihnen nichts geschehen könne, schließlich waren es immer noch zwei ungeborene Babys, die er in Händen hielt. Es wäre unverantwortlich gewesen, sie fallen zu lassen. So also ging er, die Eier sacht gegen seine Brust gedrückt hinüber zum großen Sack, indem sich ihr gesamtes Gepäck befand. Er legte die Eier auf den Boden neben dem Sack, öffnete ihn und packte sie beide vorsichtig hinein, zwischen das Dörrfleisch und den eingewickelten Kräutern. Dann band er den Sack wieder zu, mit dem stärksten Knoten, den er mit dem kurzen Stück Seil bewerkstelligen konnte und schulterte ihn.
Bevor er jedoch zu Keno, Dekri und den Gefangenen zurück ging sammelte John noch kurzerhand die Socken und Schuhe des jungen Drachenreiters ein, die wenigstens halbwegs getrocknet waren. *Im nachherein war das doch so keine gute Idee.* meinte Feyth kleinlaut, doch der Titan überging ihren Kommentar und marschierte mit den beiden Drachen im Schlepptau zurück in den Gang.
„Du solltest dir wieder deine Socken und Schuhe anziehen Keno." sagte er, als er schließlich neben dem Drachenreiter stehen blieb und ihm die beiden Sachen zuwarf. „Oh, danke." entgegnete der Junge und schlüpfte sofort hinein. Dann wandte sich John Dekri zu und hielt dem silbernen Drachen den Sack entgegen. „Pass gut darauf auf." ermahnte er ihn, als dieser den Sack vorsichtig mit seinen Kiefern packte. Der Titan selbst warf sich jeweils einen der Elfen über die Schulter, wobei er nicht sonderlich sanft mit ihnen umging und meinte dann an alle: „In Ordnung, wir sollten aufbrechen."
Mit den Drachen und Keno im Schlepptau marschierte er zügig durch den Höhlengang in Richtung Ausgang. Ihr Schritte hallten laut klackernd von der Höhlenwand ab und erzeugten ein Geräusch das klang, als würde eine ganze Kompanie durch den großen Felstunnel laufen. Heller Sonnenschein strahlte ihnen vom Zugang her entgegen, als sie die Kurve hinter sich ließen. John war nur noch wenige Meter von der großen Öffnung entfernt, als ihm wieder diese Stimme durch den Kopf schallte.
*Warte! Sie sind schon ganz nah, ich kann sie spüren. Sie wissen, dass etwas nicht stimmt, haben ihre Waffen gezogen, lange Bögen, spitze Pfeile. Du musst sie schützen!*
Wie angewurzelt blieb er stehen und deutete den anderen mit einem Zeichen an ebenfalls stehen zu bleiben. *Was ist Jäger?* fragte Lyath angespannt, aber der Soldat antwortete nicht. 'Dieses Ding hatte schon einmal recht.' dachte er und entgegnete der Drachendame dann ernst: „Nennt es Instinkt wenn ihr wollt. Kostet die Luft, ich glaube wir haben unser Zeitfenster bereits verpasst." Lyaths Nasenlöcher weiteten sich, als sie zu schnuppern anfing und tatsächlich schnaubte sie überrascht während sie meinte: *Ihr habt recht Jäger, ich rieche sie. Es ist keine Meile mehr zwischen ihnen und uns. Was sollen wir tun?*
Es war kein Frage für John. Er wusste was zu tun war. Es gab zwei Möglichkeiten die Situation zu lösen, doch nur eine davon kam für ihn in Frage.
*Nutze mich!* flüsterte ihm die Stimme erneut zu.
Es ergab Sinn. Er benötigte eine ordentliche Waffe, für das was er vorhatte, also setzte er die beiden Elfen unsanft vor den Füßen der roten Drachendame ab und nahm Dekri den Sack aus dem Maul. Hastig entknotete er das Seil und holte nach einigen Sekunden des Suchens das mit schwarzem Tuch umwickelte Schwert hervor. Lyath und Dekri wichen vor John zurück, als er das Tuch herunterriss und der blanke, blutrote Stahl zum Vorschein kam.
*Woher habt ihr dieses Schwert?* wollte die Drachendame wissen, nachdem sie die anfängliche Überraschung überwunden hatte, doch der Titan winkte ab. „Das ist unwichtig." erklärte er kühl.
„Hört mir jetzt genau zu. Ihr nehmt Keno und die beiden Elfen und fliegt zusammen mit Feyth und eurem Sohn zu Tymdek. Verstanden? Ich werde die Männer angreifen und von euch ablenken. Nur so könnt ihr es schaffen zu fliehen."
*Nein!* erwiderten Lyath und Feyth gleichzeitig, aber der Soldat schüttelte den Kopf.
„Es ist der einzige Weg, sie haben noch einen vollwertigen Magier in ihren Reihen und Keno ist momentan nicht in der Verfassung gegen ihn zu kämpfen. Und ihr beide auch nicht. Tut einfach was ich gesagt habe."
*Aber John –* setzte Feyth verzweifelt an, doch der Titan unterbrach sie.
„Kein 'Aber' Feyth. Das ist es, was es heißt Soldat zu sein. Sich für andere in den Weg zu werfen. Für das größere Wohl. Zählt bis Zehn, nachdem ich fort bin, dann fliegt los."
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und marschierte langsam auf den Höhlenausgang zu.
Kurz bevor er ins Freie trat blickte er noch einmal über die Schulter und sagte mit einem warmen Lächeln auf den Lippen, von dem er wusste, sie würde es bemerken: „Keine Sorge, ich habe bisher immer meinen Weg zurück gefunden. Wir sehen uns wieder, versprochen."
Dann stürmte er mit erhobenem Schwert aus der Höhle und den vollkommen überrumpelten Bogenschützen entgegen, die nicht damit gerechnet hatten etwas anderes als einen Drachen zu bekämpfen.
Sie standen knapp zweihundert Meter bergauf entlang des Weges aufgereiht, sodass sie ein perfektes Schussfenster auf den Höhlenzugang hatten. Panisch ließen sie ihre Pfeile auf den herannahenden Titanen losschnellen, doch entweder verfehlten ihn die unsauber gezielten Geschosse, oder aber sie prallten wirkungslos an der dicken Panzerung des Atlas ab. Sie konnten zwei Salven abfeuern, bis John den ersten der zehn vermummten Banditen erreichte.
Es war lange her, seit er das letzte Mal mit einer Waffe ähnlich des Schwerts gekämpft hatte, doch er musste kein Meisterfechter sein, um diese Kerle zu bezwingen.
Den ersten Bogenschütze den er erreichte, schaffte es nicht einmal mehr sein eigenes Schwert zu verteidigen zu erheben, bevor ihn der Soldat mit einem brutalen Hieb die rote Klinge von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte zerteilte. Blut und Gedärme spritzen über seinen Anzug, doch er hielt nicht an.
Er erreichte den zweiten Schützen, der es immerhin schon geschafft hatte seine Waffe zu ziehen, aber sehr zu Johns Freude fuhr das blutrote Schwert durch den Stahl, als wäre er aus Butter. Der Kopf des zweiten Mannes kullerte dem Titan zwischen den Beinen hindurch und einige Blutspritzer prallten auf sein Visier, hinterließen jedoch keine Spur, als sie wieder vom Panzerglas herunter glitten.
Er wollte gerade den dritten Banditen angreifen, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, wie einer der hinteren Männer seinen Arm ausstreckte und auf etwas hinter John deutete. Es mussten die anderen sein, die nun endlich aus der Höhle flohen. Der Bogenschütze legte auf die Drachen an, doch in einer fließenden Bewegung, ließ der Soldat das Schwert in seine linke Hand gleiten, riss mit der rechten sein Messer aus der Scheide und warf es nach dem Mann. Er hatte nicht gut genug gezielt, um ihn tödlich zu treffen, doch dass sich das Messer in den Bauch des Mannes bohrte reichte aus, um ihn am Schuss zu hindern.
Unterdessen waren die beiden Banditen vor ihm gemeinsam zum Angriff übergegangen und stürmten mit erhobenen Kurzschwertern auf ihn zu. Gekonnt wich er dem ersten Schlag aus und parierte den zweiten mit seinem Handgelenk. Dann packte der Titan seine blutrote Klinge wieder mit beiden Händen und stieß sie dem einen Mann in die Brust, der keine Chance mehr hatte den Stich abzuwehren. Mit einem erstickten Schrei stürzte der Kerl vornüber und blieb reglos liegen.
John war gerade im Begriff dem vierten Angreifer sein Schwert in den Schädel zu rammen als ein donnerndes Wort über ihn hinwegfegte und ihn versteinerte.
Er konnte sich nicht mehr rühren!
Wirkungslos prallte der vom Schützen ausgeführte Schlag gegen seinen Arm, doch so sehr er es auch versuchte, er konnte sich nicht mehr bewegen, selbst seine Finger und Zehen schienen in ihren Positionen eingefroren worden zu sein. Einzig allein seine Augen und seine Atmung funktionierten noch und er sah sich aufmerksam um, um den Urheber seines versteinerten Zustands zu finden.
In der Ferne konnte drei Gestalten am Himmel ausmachen, Dekri, Lyath und Feyth und ihm fiel ein Stein vom Herzen. 'Immerhin sie haben es geschafft.' dachte er mit Genugtuung und richtete seinen Blick nach vorn auf den Weg, wo die übrigen vermummten Männer nun eine Art Gasse gebildet hatten, durch die zwei Gestalten mit pechschwarzen Pferden auf ihn zugeritten kamen.
Der kleinere der beiden, ein Mann mittleren Alters, trug eine schwarze, ausladende Plattenrüstung am Körper, jedoch verdeckte weder ein Tuch noch ein Helm seinen Kopf. An der Hüfte war offensichtlich sein Schwert angebracht, das in einer feinverzierten Scheide steckte und auf dem Rücken konnte John einen mittelgroßen Rundschild erkennen. Ein kurzer Stoppelbart zierte das kampfgezeichnetes Gesicht, eine Narbe zog sich quer über die linke Wange und sein dunkelbraunes Haar war zu einem kurzen Zopf zusammengebunden. Der Titan schätzte, dass er wohl schon viele Kämpfe gefochten haben musste.
Ganz anders hingegen die zweite Person.
Es war eine hochgewachsene Frau, mit langem blonden Haar, das ihr in den Nacken fiel und recht jung anmutenden Gesichtszügen. Im Gegensatz zu ihrem Begleiter trug sie eine feingearbeitete, braune Lederrüstung am Leib und eine lange Lanze aus feinstem Holz und silberner Spitze ragte hinter ihrem Rücken hervor. 'Eine Elfe.' bemerkte er überrascht, als er ihre spitzgeformten Ohren erkannte.
Wiehernd kamen beide Pferde vor ihm im matschigen Boden zum Stehen. Der gerüstet Mann blieb im Sattel, während die Elfe elegant vom Pferd glitt und zu ihm herüberkam. Er versuchte es noch einmal sich mit aller Macht aus seiner Starre zu befreien, doch keiner seiner Muskeln rührte sich auch nur einen Millimeter.
„Welch Kraft! Ich habe schon lange nicht mehr so viel Energie aufbringen müssen, um einen Mann zu fesseln. Ihr dürft euch geehrt fühlen Krieger." meinte sie mit melodischer Stimme und berührte seinen Helm in der Wangengegend. Sie war nicht so groß wie der Titan, weswegen sie ihren Arm dafür voll ausstrecken musste. Ihr Blick streifte den seinen kurz, bevor sie ihn auf die davonfliegenden Drachen richtete. „Ihr habt ihr geholfen zu entkommen, Soldat. Das ist ehrbar, aber auch dumm." fügte sie hinzu und bei den letzten Worten breitete sich ein stechender, eiskalter Schmerz in seinem Kopf aus. Er war unerträglich, doch er konnte nichts dagegen tun, wie ein Eiszapfen dem ihm jemand in den Schädel gerammt hatte.
„Herrin Alanna, wir sollten hier nicht lange verweilen. Dun'var hat uns davor gewarnt zu lange in seinem Territorium zu bleiben." brummte der schwarzgerüstete Mann und fast schlagartig verebbte der schreckliche Schmerz in seinem Kopf.
„Ihr habt recht Hauptmann. Gebt Befehl, dass wir umkehren. Wir brechen umgehend auf nach Trefholm." entgegnete die Frau zustimmend und fügte nach einem Blick auf John hinzu: „Und bringt die magischen Ketten um unseren Gast reisefertig zu machen."
„Zu Befehl Herrin."
DU LIEST GERADE
[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...