*Ein wirklich merkwürdiges – Ding – das ihr da euer eigen nennt, Rotauge. Ich habe noch nie ein Gefährt von euch Zweibeinern aus komplettem Metall gesehen! Und ihr behauptet es könnte fliegen? Ich traue euch Titanen zwar inzwischen viel zu, doch ein fliegendes metallenes Ungetüm, das so groß ist wie ich selbst?* knurrte Dun'var ungläubig, während die kleine Gruppe gemeinsam beim Albatross ankam, der tatsächlich von seiner Größe her durchaus mit Schattenklaue mithalten konnte.
John hatte den mittlerweile über 200 Jahre alten Sturmtransporter schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, geschweige denn ihn betreten oder mit ihm geflogen, weswegen es ihn doch erstaunte ihn in so guter Verfassung zu sehen.
„Naja, irgendwie müssen wir es ja hier auf den Berg geschafft haben, oder?" meinte Steven glucksend, wobei er sich seinen schwarzen Unteranzug über die Schulter warf, den er zuvor zusammen mit seinen Schuhen aufgelesen hatte. *Hhm. Ein gutes Argument, aber ich glaube es trotzdem erst, wenn ich es sehe. Es hat noch nicht einmal richtige Flügel!* erwiderte der mitternachtsblaue Gigant skeptisch und betrachtete den blaugrauen Flieger genauer. „Man braucht nicht unbedingt Flügel um zu fliegen, Dun'var, aber jetzt ist auch nicht die Zeit euch über unsere Technik aufzuklären. Hey! Alex! Wie geht's Emily? Hat sie sich wieder etwas beruhigt?" entgegnete Julia und stürmte eiligst auf ihren Bruder zu, der auf einmal die Laderampe des Albatrosses betrat.
Das kühle, grelle Licht aus dem Innenraum des Flugzeugs verlieh ihm ein noch bedrohlicheres Aussehen als er ohnehin schon besaß und vor allem sein riesiger Schatten fiel fast über die gesamte Gruppe, da er etwas über ihnen stand. Als Nurton jedoch aus dem direkten Schein der Innenbeleuchtung hervor auf sie zu trat, konnte Miller deutlich sehen, dass sein Sohn alles andere als einen wütenden oder bedrohlichen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Er wirkte eher bedrückt und sehr beschämt, als er ihnen entgegentrat, die Augen voller Schwermut.
„Ihr geht es soweit gut, Julia. Feyth ist bei ihr und lässt sie keine Sekunde aus den Augen. Die Kleine ist echt ein Wunder, sie hat ihr mehr helfen können, als ich es je gekonnt hätte." murmelte Alex und lächelte schwach, als Stearn vor ihm zum Stehen kam und ihm mitfühlend die Hand auf die linke Schulter legte. „Feyth ist genau das, was Emi jetzt gerade braucht, neben Rob vielleicht." stimmte die Pilotin schmunzelnd zu und betrat den Albatross, während die anderen Titanen zusammen mit Alanna endlich die Laderampe erreichten. Robert drückte seinen Bruder kurz dankend an sich, wobei er ihm etwas leise ins Ohr flüsterte und seinen Helm überreichte, ehe auch er ins Innere des Fliegers verschwand. Nurton starrrte kurz gedankenverloren auf seine Kopfbedeckung, bevor er sie an seiner Hüfte einhakte.
Danach stand schließlich John gemeinsam mit der Elfe vor seinem Sohn, der erneut beschämt den Kopf senkte.
„Tut mir wirklich leid Dad. Ich weiß, ich hätte mich besser unter Kontrolle haben müssen, aber ich war einfach so unglaublich wütend als Murtagh uns erzählt hat, dass Stevens Kampf im Prinzip fast komplett sinnlos war, weil nicht nur Filia ihre Tochter tot sehen möchte. Bei dem Gedanken daran, dass jemand ein so junges und unschuldiges Mädchen aus einem so nichtigen Grund umbringen will, kommt mir einfach die Galle hoch! Und bei der Sache mit Emily fang ich gar nicht erst an." begann er sich zunächst leise zu entschuldigen, schwang jedoch schnell in ein wütendes Knurren um, wobei sich seine rechte Hand zu einer Faust ballte. Miller kannte diese spontanen Gemütsschwankungen bereits zu genüge von Alex und Emily und wusste mit ihnen umzugehen. Daher trat er an seinen Ziehsohn heran und legte ihm väterlich die Hand auf die Schulter, während er ihm ein sanftes Lächeln schenkte und erwiderte: „Schon gut Alex, niemand ist ja wirklich zu Schaden gekommen. Und ich weiß, wie schwer es für dich und Emily ist, eure Emotionen unter Kontrolle zu halten. Außerdem hast du dich ja wieder gefangen und deiner Schwester geholfen, als sie dich am meisten gebraucht hat."
Diese Ermutigung zauberte wieder ein schwaches Lächeln auf Nurtons Gesicht, was durch sein raubtierartiges Gebiss allerdings eher leicht bedrohlich wirkte. „Mag sein, Dad, aber ich werde mich trotzdem sobald es geht bei Aesdol und Eragon für mein Verhalten entschuldigen. Ich hoffe seine Verletzungen waren nicht allzu gravierend?" erklärte Alex und zog besorgte beide Augenbrauen empor. „Du hast dem Kerl echt eine ordentliche Rechte verpasst Alex, die wird der noch in 100 Jahren spüren glaub ich. Aber die Elfen haben ihn wieder zusammengeflickt, also keine Angst." gluckste Steven als Antwort, während er spielerisch Tinira zurückhielt, welche sich neben ihn gestellt hatte und Nurton mit großen Augen wie gebannt anstarrte. Gleichzeitig versuchte sie ihren Kopf zu ihm zu strecken, doch Coule umschlang ihren Hals mit seinem Arm, sodass sie gezwungen war ihre Schnauze bei ihm zu behalten.
Alex's Blick wanderte hinüber zu seinem Bruder und dem zitronengelben Drachenmädchen und ein paar Augenblicke später begriff er offenbar, was mit ihr los war. John sah ebenfalls hinüber zu Dun'vars Tochter und bemerkte sofort, dass ihr Verhalten stark dem von Saphira und Feyth ähnelte, als sie in Nurton's Nähe gewesen waren.
Wenn nicht sogar noch stärker.
„Oh verdammt, Entschuldigung!" fluchte der goldbraun gepanzerte Titan, während er eiligst seinen Helm von der Hüfte riss und ihn sich mit einem Zischen auf den Kopf setzte, wo die automatische Versiegelung griff. 'Ah stimmt, Robert erwähnte etwas von Pheromonen.' blitzte es dem Colonel indessen durch den Kopf und er sah zu, wie sich Tinira wie durch ein Wunder ein paar Sekunden später wieder entspannte und leicht den Kopf schüttelte. „Tut mir wirklich, ich kann das leider nicht unterbinden. Es ist wohl besser, wenn ich den Helm aufbehalte, solange in der Nähe von Drachen bin." meinte Alex entschuldigend und neigte respektvoll den Kopf in Richtung von Schattenklaue und Tinira.
Der mitternachtsblaue Gigant brummte amüsiert als er erwiderte: *Euer Geruch entspricht dem eines starken Männchens, Alex. Kein Wunder, dass meine Tochter gerade so angetan von euch war. Und selbst ich muss zugeben, dass es mich reizen würde, gegen euch zu kämpfen mein Freund, aber dafür ist jetzt wohl der falsche Zeitpunkt.* „Oh, ja klar, das würde ich eher vermeiden, wenn ich es kann, Schattenklaue." bemerkte der Soldat abwehrend und ballte verärgert die Faust gen Steven, der in sich hinein grinste, als er das gelbe Drachenmädchen wieder freigab. Dieses wiederum wandte den Blick trotzdem nicht von Nurton ab und kostete abermals die Luft.
John jedoch runzelte nachdenklich die Stirn.
Er hatte früher schon öfters miterlebt, dass sein Sohn stark auf die Pheromone anderer Tiere ansprach, doch er hatte noch nie mitbekommen, dass Alex selbst Duftstoffe in solch einem Ausmaß absonderte. Dazu kam noch die Schockstarre, nach Saphiras „Kuss". 'Irgendetwas läuft da im Hintergrund, so viel steht fest.' dachte er, aber verdrängte diesen Gedankengang sofort wieder in den Hintergrund. Was immer es auch sein mochte, es war tat gerade nicht wirklich etwas zur Sache und falls es doch etwas Größeres war, würde sein Sohn ihn schon noch darauf ansprechen, dessen war er sich sicher.
Nichtsdestotrotz musste er ein wenig stutzen, als Tinira noch einen Schritt auf Nurton zutrat, ihn von oben bis unten mit ihren durchdringenden gelben Augen musterte und dann schließlich mit ihrem Kopf vorschnellte und ihm in den linken Arm biss!
Nicht wirklich wie ein Raubtier, das seine Beute fasst, sondern eher – zärtlich knabbernd?
Ihre Zähne erzeugten ein metallisches Klimpern auf der Panzerung des Atlas und der vollkommen baffe Alex starrte sie zur wie zur Salzsäule erstarrt an, ohne auch nur daran zu denken, seinen Arm wegzuziehen. Keiner der Umstehenden brachte auch nur einen Ton über ihre Lippen, selbst Dun'var wirkte völlig überrumpelt. Lediglich Steven, der auch überrascht dreinblickte, meinte perplex: „Ohhkay – was genau sehe ich da gerade?"
„Das ist die Art, wie ein Drachenweibchen ihr Interesse an einem Partner zeigt." flüsterte Alanna ungläubig, während Tinira nach einigen weiteren kleineren Bissen von seinem Arm abließ und sich stattdessen auf das linke Bein stürzte, was den Titanen fast nach hinten umwarf und ihn vor allem aus seiner Starre riss. Behutsam packte er die Schnauze des Drachenmädchens und drängte sie weg von seinem Bein, doch anstatt locker zu lassen, begann sie abermals an seiner Hand und Unterarm zu knabbern.
Diesmal an der Rechten.
Aber auch der Kommentar der Elfe blieb nicht ohne Folgen. John warf ihr einen überraschten Blick zu, wohingegen Coule nach einigen Momenten zwischen Tinira und Alex hin und her sah und begann lauthals loszulachen, als sein Bruder versuchte das Drachenmädchen ohne Gewalt von ihrem Vorhaben abzubringen. „Ihr wollt mir also sagen, dass was sie da gerade tut, ist ungefähr das Gleiche als wenn ich eine Frau anbaggern würde? Wie geil ist das denn! Dann muss ich ja gar nicht lange suchen, mit wem ich dich verkuppel!" presste der Sergeant zwischen seinen Lachern keuchend hervor. „Was? Wieso sollte sie das tun? Alex ist immer noch ein Mensch und kein Drache!" hinterfragte Miller kopfschüttelnd, doch als er hinüber zu Alanna blickte, wirkte sie ebenso ratlos und vor allem noch schockierter als er selbst. „Ich – ich weiß nicht, John-Vodhr." brachte sie stammelnd hervor, während Tinira Nurton nun richtig ansprang und mit ihrem kompletten Gewicht zu Boden warf.
Dabei schnappe sie mit ihren Kiefern erneut nach seinem linken Arm und nur mit Mühe und Not schaffte Alex es sich halbwegs zu verteidigen. Sein Problem dabei war, dass er sie selbstverständlich nicht verletzten wollte. „Tinira! Bitte! Ich – bin kein passender Partner für dich! Bitte – hör auf, ich will dich nicht verletzen!" bat der goldbraun gepanzerte Soldat fast schon flehend und drückte dabei mit sanfter Gewalt ihren Kopf von ihm weg. Aber das half nur wenig, wenn man bedachte, dass sie mit ihrem gesamten Körper praktisch auf ihm lag und die linke Vorderpranke auf seiner Brust abgestützt hielt. Dabei knurrte sie deutlich hörbar und zog die Krallen über die dicke Panzerung des Atlas, was ein schrilles Kreischen nach sich zog. Johns Miene wurde ernst. Hätte sein Sohn keinen Anzug getragen, hätte ihm dieser Streich mit Sicherheit die gesamte Brust mitsamt Bauch aufgeschlitzt.
„Dun'var? Könnt ihr sie nicht davon abbringen? Mein Sohn will eure Tochter nicht verletzen, aber ohne Gewalt wird er sie nicht abschütteln können." fragte er streng, doch sein Stirn legte sich in tiefe Falten, als er bemerkte, dass Dun'var seine Tochter und Nurton mit einem unbeschreibbaren Ausdruck musterte. So als wüsste er selbst nicht, was gerade geschah. *Ich – kann nicht. In einen Balzkampf einzugreifen würde gegen alles gehen was ich für richtig halte.* gab der mitternachtsblaue Drache brummend zurück und Miller sah wie sich seine Krallen in den kiesbedeckten Boden gruben. Offensichtlich hielt er sich selbst davon ab in die Rauferei einzugreifen.
„Entschuldigen sie die Unterbrechung Sir, Mr. Holsted schickte mich nach draußen, da ich bei der Behandlung seiner Frau offensichtlich nicht gebraucht werde. Wie ich sehe, hat Mr. Nurton sich in einen kleinen Kampf verwickeln lassen. Was genau ist geschehen? Meine Sensoren registrieren eine stark erhöhte Pheromonkonzentration in der Luft!" platzte dann plötzlich Aidan unangekündigt in die Gruppe und schwebte hinüber zum Colonel , wo er neben seinem Kopf zum Stehen kam und mit seinem gelben Auge Alex und Tinira fokussierte. „Es hat den Anschein, dass Tinira sich zu Alex hingezogen fühlt und ihn zu einem sogenannten Balzkampf herausgefordert hat, Aidan." erklärte John knapp und war bereits dabei sich die Ärmel seines Hemds hochzukrempeln, um selbst den Kampf zu beenden, als er bemerkte wie Steven sich zum Kopf seines Bruders gestohlen hatte.
Nun saß der halbnackte Titan in der Hocke vor Alex und ein dickes Grinsen zog sich über seine Mundwinkel, während er Beobachtete, wie das gelbe Drachenmädchen doch endlich Nurtons Hand zwischen ihre Kiefer bekam. „Steven!" bellte Miller streng, aber er war zu weit entfernt, um noch irgendwie eingreifen zu können. „Was denn Dad? Ich glaube doch nur, dass sich zwei Liebhaber Auge in Auge gegenüberstehen sollten, wenn sie einander kennenlernen." feixte Coule und mit einer schnellen Griff löste er den speziellen Antipheromon-Helm seines Bruders von dessen Kopf und sprang danach hastig beiseite.
„Was zum –?" fluchte der goldbraun gepanzerte Titan, verstummte jedoch augenblicklich, als er instinktiv durch seine Nase Luft holte. „Oh verdammt Steven! Weg Alanna!" rief der Colonel todernst, als er sah, wie Alex's Pupillen sich verkleinerten und er seinen noch zuvor flehenden Ausdruck verlor.
John konnte die Elfe gerade noch beiseite ziehen, ehe ein wütendes Brüllen aus Nurtons Kehle drang.
Im nächsten Moment jaulte Tinira überrascht auf, als sie mit brachialer Gewalt beiseite geworfen wurde. Sie rappelte sich jedoch rasch wieder auf und wirkte leicht überrascht, als sie bemerkte, dass Alex binnen des kurzen Moments aufgesprungen war und sie nun mit seinen dunkelgelben Augen wie ein Raubtier fixierte. Die Kiefer hatte er dabei leicht geöffnet, sodass seine kegelartigen Reißzähne für alle anwesenden zu sehen waren und auch seine Haltung veränderte sich so, dass er nun bereit war jeden Moment auf sie zu zuschnellen.
Ein leises, drohendes Fauchen war deutlich von ihm zu hören.
'Das ist nicht gut.' stellte Miller nüchtern fest und noch ehe er etwas sagen konnte, stürzte sich Alex mit weit aufgerissenem Maul auf das gelbe Drachenmädchen. Dieses wiche jedoch nicht zurück, sondern machte eher einen aufgeregten Eindruck auf John, als sie sich gegen den anstürmenden Nurton warf. Sie eröffnete auch den Kampf, indem sie mit ihrer rechten Pranken nach dem Soldaten schlug, der den Hieb mit vor sich gehaltenen, überkreuzten Armen abblockte. Doch ihr Momentum reichte aus, um ihn ein Stück zurückzudrängen und er gezwungen war, seine Füße in den roten Kies zu graben.
„Aidan, blockier sofort seinen Anzug, bevor überhaupt etwas passieren kann!" befahl Miller zackig und verzog angestrengt das Gesicht, als die KI entschuldigend erwiderte: „Tut mir leid, Sir, doch der Anzug des Captains befindet sich bereits, oder besser gesagt immer noch im EMP-Modus. Ich kann nicht auf seine Systeme zugreifen."
'Das ist schlecht. Bleiben nur zwei andere Möglichkeiten.' stellte der Colonel nüchtern fest.
Inzwischen hatte Alex Tiniras Vorstoß ausgebremst und stieß sie nun seinerseits mit seinem überkreuzten Armen zurück, bevor er mit gefletschten Zähnen ausholte und sie am linken Vorderbein erwischte. Es war kein vollständiger Treffer, er streifte ihre Schuppen nur leicht, doch die Wucht reichte zusammen mit den gepanzerten Handschuhen des Atlas aus, um eine oberflächliche Fleischwunde zu reißen. Schmerzhaft, ja, aber nicht sonderlich schwerwiegend. Daher jaulte das Drachenmädchen auch nur kurz schmerzerfüllt, schnappte im nächsten Moment jedoch schon wieder nach Nurtons rechten Bein und bekam es mit ihren kräftigen Kiefern zu fassen! Mit einem starken Ruck riss sie den Titanen von den Beinen, aber Alex war zu schwer für den jungen Drachen, sodass sie ihn lediglich etwas über den Kies hin und her schwingen und nicht groß umherschleudern konnte. Das gab dem Titan Zeit sich wieder kurz zu sammeln.
Mit einem drohenden Knurren beugte er sich nach vorn und hielt sich mit den Händen an den Hörnern an Tiniras rechte Schläfe fest. Dabei beließ er es jedoch nicht und so schnappte er im nächsten Moment mit seinen brachialen Kiefern nach vorn, wo er ihr rechtes Ohr zwischen die Zähne bekam, was dem gelben Drachenmädchen ein überraschtes und wütendes Brüllen entlockte. Für einige Momente verblieben sie in dieser merkwürdigen Position, Nurtons rechtes Bein in Tiniras Maul und er selbst verbissen in ihr rechtes Ohr.
Miller nutzte die Gelegenheit und wandte sich an Alanna, die nach wie vor neben ihm stand und einen geschockten Gesichtsausdruck vorwies. „Alanna! Könnt ihr keine Magie wirken, um sie aufzuhalten?" fragte er todernst und packte sie an der Schulter, um sie aus ihrer Starre zu holen. Die Elfe schüttelte sich kurz, wohl um wieder Herrin ihrer Sinne zu werden, dann sah sie schweigend von dem kämpfenden Pärchen auf zu John und schüttelte missmutig den Kopf. „Nein, Nirlath weigert sich mir ihre Energie zur Verfügung zu stellen. Und ich selbst würde es nicht einmal ansatzweise wagen zu versuchen einen Drachen und einen Titan gleichzeitig nur mit meinem eigenen Energiefluss aufzuhalten. Lediglich Dun'var oder Tinira hätten die nötige Energie den Kampf der beiden zu unterbinden, aber beide weigern sich vehement dagegen! Tut mir leid, John-Vodhr." erklärte sie beschämt und legte ihre Faust über die geheime Brusttasche, in der Nirlaths Eldunari versteckt lag. „Das hätte ich mir denken können. Gut, dann bleibt nur noch eine Option, ehe der Kampf noch eskaliert. Vorsicht!" erwiderte der Colonel trocken und zog Alanna erneut beiseite, als Tinira mit Alex im Maul zu ihnen herüber getorkelt kam.
Sie schlug mit ihrer rechten Pfote nach dem Titan, der sich nach wie vor in ihrem Ohr verbissen hatte und bekam ihm nach wenigen Versuchen zu fassen. Mit einem Ruck drückte sie ihn zu Boden, doch da Nurton keinerlei Anstalten gemacht hatte seinen Biss zu lösen, riss er ein großes Stück der Ohrmuschel mit aus auf seinem Weg nach unten. Das ließ das Drachenmädchen sich aber nicht gefallen und kratzte ihrerseits mit ihrer rechten Pranke über Alex's Gesicht, wodurch sie zwei große und tiefe Striemen in seinem geschuppten Gesicht zurückließ, von denen sich einer quer von der Stirn über das linke Auge zog und auch noch die gesamte Wange mit aufriss. Der Soldat brüllte wie am Spieß, stieß die Pranke die ihn am Boden hielt bei Seite und sprang wieder auf die Beine, wo er sich erst mal mit der linken Hand übers Gesicht fuhr und das blaue Nanitenblut, das danach am Panzerhandschuh klebte, betrachtete. Er blickte wieder auf zu Tinira, die immer noch einen aufgeregten Ausdruck besaß und seine Augen verschmälerten sich zu wütenden Schlitzen.
Ohne zu zögern sprang er vorwärts auf das Drachenmädchen zu und überraschte sie damit dermaßen, dass er ohne Probleme an ihr linkes Vorderbein gelangen konnte und seine mächtigen Kiefer in ihren Oberschenkel schlug. Seine Zähne durchdrangen ihren Schuppenpanzer mit Leichtigkeit und wie ein Krokodil warf er seinen hin und her, wodurch er wenige Momente später ein großes Stück ihres Muskels samt Unterhaut und Schuppen herausriss. Diesmal war es an Tinira vor Schmerzen zu brüllen und hastig machte sie einen Satz rückwärts, während Alex das blutige Stück Fleisch ausspuckte und ihr abermals sein nun vor Blut tropfendes Maul mit den kegelförmigen Reißzähnen zeigte, gefolgt von einem drohenden Fauchen. Tiniras verletztes Bein zitterte leicht, als sie es wieder aufsetzte und sie jaulte leise, doch das Drachenmädchen schüttelte den Schmerz scheinbar ab und fixierte den goldbraun gepanzerten Titan wieder mit ihrem gewohnten Blick.
Dann drehte sie ihm blitzschnell das Hinterteil zu, wodurch ihr Schwanz mit seinen langen Stacheln wie eine überdimensionierte Peitsche auf Alex zu schnellte. Dieser konnte dem Angriff nicht mehr rechtzeitig ausweichen und bekam die volle Wucht des stachelbewehrten Muskelstrangs zu spüren. Doch nicht nur der Titan spürte diesen Hieb. Auch Tinira jaulte vor Schmerzen auf, als sie ihn mit ihrem Schwanz traf. Schließlich war der Effekt im Grunde so, als ob sie einen über drei Tonnen schweren massiven Stahlbalken getroffen hatte. Das gab Nurton die Möglichkeit den Schlag wegzustecken und ohne Umschweife seinerseits seine Zähne in ihren Schwanz zu schlagen. Allerdings kam er nicht dazu ihr erneut ein großes Stück herauszureißen, da das Drachenmädchen laut aufbrüllte und ihn mit einem weiteren Schlenker schon wieder abschüttelte. Doch das reichte, um einen deutlich sichtbaren Gebissabdruck in ihrem Schuppenkleid zurückzulassen.
Von dem erneuten Schwanzhieb wurde Alex diesmal einige Meter weggeschleudert und landete auf seinem Allerwertesten, weshalb er einige Augenblicke brauchte, um sich erneut aufzurappeln.
Das gab John Zeit endlich zu handeln.
Der Colonel hatte sich bereits die Ärmel seines Hemds bis über die Armbeuge hinauf hochgekrempelt, wodurch deutlich seine mutierten Hände und Unterarm mit den tiefroten Schuppen zu sehen waren. Eigentlich hatte er sich geschworen, das was er jetzt vorhatte nie wieder zu tun, da er es als grausam betrachtete, doch die Situation ließ ihm keine Wahl. Es war die einzige Möglichkeit die beiden Kampfhähne ohne weiteres Blutvergießen auseinanderzubringen.
„Alanna, ihr bleibt bei Dun'var! Aidan, du ebenfalls! Steven! Hilf mir deinen gefährlichen Firlefanz wieder auszubaden und halte Alex fest solange du kannst!" rief er den Umstehenden bitterernst zu, während er selbst auf Tinira zu spurtete, die gerade den Biss in ihrem Schwanz begutachtete. „Schon dabei!" gab Coule, der bis jetzt das ganze Spektakel mehr oder minder stillschweigend verfolgt hatte, knapp zurück und eilte hinüber zu seinem Bruder. Er mochte zwar der stärkste Titan sein, doch Alex lag in dieser Hinsicht nicht weit hinter ihm. Miller hoffte einfach darauf, dass Steven ihm die nötigen paar Sekunden verschaffen konnte, um das gelbe Drachenmädchen außer Gefecht zu setzen.
Dieses schnellte mit ihrer Schnauze empor, als er an ihrem linken Vorderbein zum Stehen kam und seine rechte Hand an die offene Fleischwunde legte. „Tut mir leid." sagte er nur nüchtern, ehe er seinen Plan in die Tat umsetzte.
Wie jeder andere Titan besaß auch er eine eigene Darwin-Mutation, die ihm seit jeher missfiel. Er besaß zusätzliche Elektroplaxe in seinen beiden Armen welche die Folge des Einbaus von Zitteraal-DNA in seine eigene DNA war. Jede einzelne dieser speziellen Muskelzellen produzierte eine Spannung von 0,15 Volt und bei einer Anzahl von weit über einer halben Millionen solcher Zellen pro Arm bedeutete das, dass er mit einer einzelnen, simplen Handberührung seinen Gegner einen Schock mit über 100.000 Volt und einer Stromstärke von über zwei Ampere verpassen konnte!
Im Normalfall war der Schock nicht tödlich und vergleichbar mit einem starken Taser, da seine Entladungen nur wenige Millisekunden andauerten, doch wenn er wollte, konnte Miller seinen Gegner auch zu Tode schocken, indem er beide Hände nutzte und eine regelrechte Barrage an elektrischen Entladungen auf seinen Feind abfeuerte.
Aber im Falle von Tinira wollte er sie auf keinen Fall töten und wenn möglich auch nicht ernsthaft verletzten, weswegen er sich auf eine minimale Ladung beschränkte, welche jedoch immer noch ausreichte den kompletten Körper des Drachenmädchens mehrfach spastisch zucken zu lassen und sie vor Schmerzen jaulend von ihm wegsprang so gut sie noch konnte. Allerdings zitterten danach ihre Beine und der gesamte Körper trotzdem noch, wodurch sie sich gezwungener Maßen auf den Bauch fallen ließ. Sie würde für die nächsten paar Minuten nicht einmal annähernd daran denken jemanden anzugreifen.
'Eine besänftigt, fehlt noch der zweite.' dachte er und drehte sich ohne zu zögern um, wobei er das Blut, das an seiner Hand klebte so gut es ging. Er rannte auf Alex und Steven zu, der so gut er konnte von Tinira und John ablenkte und schon einige Hiebe eingesteckt hatte, was Miller an der mit Nanitenblut überzogen rechten Faust von Nurton erkennen konnte. Der goldbraun gepanzerte Titan versetzte seinem Bruder gerade noch einen rechten Schwinger, der Steven mittig auf der linken Wange erwischte, als John die beiden erreichte.
Er war zwar immer noch nicht so beweglich unterwegs wie vor seiner Drachen-Mutation, doch es reichte aus, um den schwerfälligen Alex zu überrumpeln und auf seinen Rücken zu springen. „Tut mir leid Sohn, aber das wird nun unglaublich weh tun." bat er im schon im Voraus um Entschuldigung, als er die linke Hand auf Nurtons Gesicht legte und eine ähnliche Ladung wie zuvor bei Tinira entlud. Zum Glück waren die tiefen Kratzer noch nicht komplett verheilt, wodurch der Schock überhaupt erst richtig bei dem Krokodils-Titanen wirken konnte. Schuppen schwächten nämlich in der Regel die Wirkung stark ab, weswegen er beide Hände hätte nutzen müssen. Doch so reichte nur eine, dass Alex ebenso wie das Drachenmädchen spastisch zu zucken anfing und wie am Spieß brüllte, als die knapp 100.000 Volt durch seinen Kopf und Körper schossen.
Wenige Momente später sprang John wieder herunter von seinem Rücken, während der Koloss zuckend in die Knie ging und laut hörbar keuchte.
Ohne zu zögern nutzte Steven die Chance aus und setzte seinem Bruder den Helm wieder auf den Kopf, wo er sich mit einem Zischen erneut versiegelte. „Okay, merke: Dumme Idee Alex den Helm abzunehmen. Sorry Dad." murmelte er anschließend missmutig und wischte sich sein Blut aus dem Mundwinkel.
„Allerdings!" entgegnete John streng und drehte sich zu den herannahenden Dun'var, Alanna und Aidan um, wobei der mitternachtsblaue Gigant logischerweise wenige Meter entfernt bei seiner nach wie vor zitternden Tochter zusammen mit Aidan zum Stehen kam, während die Elfe vor den Titanen mit ungläubiger Miene stehenblieb.
„Wie – was – wie habt ihr das gerade gemacht John?" fragte sie stammelnd, doch der Colonel verschränkte mit einem nüchternen Blick die Arme vor der Brust, ehe er ernst erwiderte: „Das werde ich euch erklären, sobald ich ein ernstes Gespräch mit Nirlath und Dun'var bezüglich ihrer erzieherischen Maßnahmen geführt habe!"

DU LIEST GERADE
[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...