Johns Augen verengten sich skeptisch ebenso wie die des Großmeisters. „Was meinst du damit, Alanna? Was hast du getan?" hakte Eragon mit scharfer Stimme nach, während der Titan sich zusammen mit Feyth halb über den Tisch und Keno beugte. Alanna bekam von seiner einschüchternden Gestik allerdings nicht viel mit, da sie immer noch die Hände vor die Augen hielt und dicke Tränen ihre Wangen herunterliefen. Mit brüchiger Stimme schluchzte sie: „I – ich war es. Ich habe den Vorschlag gemacht eine Eingreiftruppe aus Drachen zu erschaffen. Und ich war es auch, die den Einfall hatte diesen Trupp auf dem größten unserer Schiffe zu positionieren, um sie schnell und ungesehen verlegen zu können."
Schattentöter wirkte schockiert und Feyth fauchte bissig, nur John behielt seine Ruhe, wobei auch er gegen seine wütende Persönlichkeit ankämpfen musste. Gleichzeitig jedoch analysierte er die gegebenen Informationen rasend schnell und stellte kühl fest: „Deshalb wolltet ihr Lyath und ihre Kinder entführen. Ihr wolltet sie als Brutweibchen missbrauchen, um eure Truppen zu vergrößern. Und Keno und Shad habt ihr entführt, damit sie nach einer Gehirnwäsche einen solchen Trupp anführen würden. Ein wahrhaft grauenvolles Vorhaben."
Er ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne aufeinander. Sein anderes Ich tobte und wütete in seinem unsichtbaren Gefängnis. Er durfte es nicht nach oben kommen lassen, sonst würde die Situation eskalieren. Eragon, der bislang die Arme vor der Brust verschränkt gehalten hatte, fuhr sich mit der rechen Hand ungläubig über das Gesicht. „Du dachtest es wäre eine gute Idee wilde, junge Drachen zu entführen, unter die Kontrolle eines Magiers zu stecken und sie auf nichts ahnende Menschen zu hetzen? Ich kann das nicht glauben. Gerade du solltest es doch besser wissen!" murmelte er kopfschüttelnd und warf ihr einen verärgerten Blick zu. „Ich weiß – ich weiß!" rief Alanna und zog endlich die Hände vor dem Gesicht weg, wodurch die anderen deutlich ihre geröteten Augen sehen konnten. „Diese Idee hatte ich vor knapp zwei Jahren, als ich gerade erst der Schwarzen Rose beitrat. Ich war blind vor Wut, Hass und Trauer! Mein Verstand war vernebelt! Erst viele Monde später vermochte es Nirlath mich aus diesem Labyrinth des Schmerzes zu befreien. Seither vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht selbst dafür verfluche. Ich hatte immer gehofft, dass ich unseren Anführer dazu bewegen konnte, von diesem Irrsinn abzulassen, doch weitgefehlt. Und jetzt – jetzt bin ich für die Toten von Lendol verantwortlich! Ihr Blut klebt an meinen Händen und ich werde es niemals abwaschen können! Ich bin schuld am Schicksal der beiden Jünglinge! Ich allein!" krächzte sie und packte in ihrem Selbsthass ihre eigenen Haare. Mit einem Ruck riss sie sich ein ganzes Bündel der goldblonden Locken aus, noch ehe Miller, oder Schattentöter sie daran hindern konnten.
Feyth zornerfülltes Fauchen ging in ein schmerzerfülltes Jaulen über und ihr kleiner Körper verkrampfte sich. Eiligst bemühte sich der Colonel darum dem kleinen Drachenmädchen beruhigend über den Hals zu streicheln. Er konnte jetzt nicht loslassen, ansonsten würde seine aggressive Seite die Kontrolle übernehmen, also tat er sein bestes, Feyth beizustehen. „Ganz ruhig, Kleine." flüsterte er so gefühlvoll er konnte, während der Großmeister bestürzt Alanna ergriff, um sie davon abzuhalten sich weitere Verletzungen zuzufügen. Er flüsterte der Elfe irgendetwas zu, dass John nicht zu hören vermochte und fügte laut hinzu: „Du kannst die Vergangenheit nicht ändern, Alanna. Das was du getan hast ist durch nichts zu entschuldigen und wird eine harte Strafe nach sich ziehen, aber es hilft niemanden, wenn du dich jetzt in Selbstmitleid vergehen lässt. Hilf uns lieber diejenigen zu finden, die wirklich dafür verantwortlich sind!" Dabei sah er ihr tief und eindringlich in die Augen. „Meister Eragon hat recht. Ich selbst weiß wie es ist, das Resultat seiner früheren Fehler zu sehen. Ich bin daran zerbrochen. Schaut nach vorn und nicht zurück, es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung eure Schuld einzugestehen. Ihr werdet eure angemessene Strafe für eure Verbrechen erhalten, aber jetzt solltet ihr uns erst einmal sagen, wo wir die Drahtzieher des Angriffs finden können, Alanna." bemerkte der Titan trocken und horchte misstrauisch auf, als er zwischen Alannas Heulen und Feyths Jaulen das verräterische Knarzen einer Holzdiele vernahm.
Misstrauisch blickte er in Richtung Treppenaufgang, doch dort war nichts zu sehen und auch Miriam stand immer noch am Herd hinter dem Tresen, wo sie darauf wartete, dass das Wasser endlich warm wurde. 'Muss wohl der Sturm von draußen gewesen sein.' dachte er sich und widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Elfe, welche gerade ein Taschentuch von Eragon entgegennahm und ausgiebig schnäuzte.
„So viel Leid und das alles meinetwegen." schluchzte sie erneut, schien sich jedoch langsam zu fangen, denn wenige Augenblicke später fügte sie hinzu: „Das Schiff, auf dem die entführten Drachen untergebracht sind, heißt Persadia und wird von einem gewissen Kapitän Reinhold Blutlanze kommandiert. Eigentlich sollte es zur Zeit im Hafen von Reavstone vor Anker liegen, aber das ist wohl nicht der Fall." „Blutlanze, ich habe von diesem Mann gehört. Er soll früher einmal ein berüchtigter Pirat gewesen, bis er von König Janik aus Surda als Freibeuter rekrutiert wurde. Er ist für dieses Massaker verantwortlich?" meinte Schattentöter, aber Alanna schüttelte den Kopf. „Nein. Er befehligt nur das Schiff und seine Crew. Die eigentliche Befehlsgewalt über die Drachen und die Soldaten an Bord hat Lord Darrus." „Darrus, dieser schlangenzüngige Bastard! Erst vor zwei Monaten habe ich ihn empfangen und über die Beziehungen zwischen Surda und dem Orden gesprochen!" knurrte der Drachenreiter wütend und John fragte tonlos: „Er hat also diesen Angriff befohlen?" Sie nickte mit aufeinander gepressten Lippen. „Entweder er, oder der Anführer der Schwarzen Rose persönlich." entgegnete die Elfe. „Aber ich weiß es nicht genau. Ich wusste nicht einmal, dass sie vorhatten Lendol jetzt anzugreifen."
„Das heißt aber, ihr wusstet von einem in der Zukunft stattfindenden Angriff? Und habt es uns nicht versucht auf subtile Art und Weise mitzuteilen?" griff der Titan den Punkt auf, woraufhin Alanna beschämt den Blick senkte. „Am Tag, bevor ich euch begegnet bin, John-Vodhr, kontaktierte ich meinen Meister, der mich darüber in Kenntnis setzte, dass jemand die Männer in Lendol in die Flucht geschlagen hatte und dass der Anführer darüber nachdachte ein Exempel zu statuieren. Ich sollte ihn in zwei Tagen erneut kontaktieren, um mehr zu erfahren. Aber das ging ja schief, wie ihr sehr gut wisst, John-Vodhr." erklärte sie reumütig. „Ich habe einfach gehofft, dass wir Meister Eragon rechtzeitig erreichen, um ihm davon in Kenntnis zu setzen. Ich konnte ja nicht ahnen – " „Dass sie die Drachen schicken würden, um das Dorf auszulöschen, ich verstehe. Und selbst wenn doch, hätte euch euer Schwur daran gehindert es zu sagen." beendete kühl Miller den Satz für sie. Die Elfe nickte langsam.
„Das ist gut, sehr gut. Lord Darrus. Nun besitzen wir zumindest einmal einen Ansatzpunkt, auf den ich meine Leute ansetzen kann. Weißt du, wohin die Persadia nun fahren könnte?" merkte Eragon nachdenklich an und legte ihr eindringlich die rechte Hand auf die Schulter. Alanna überlegte kurz. „Ihr sagtet, dass John-Vodhrs Einheit zwei der fünf Drachen gefangen nehmen konnten?" „Ja und ein dritter fiel leider im Kampf." entgegnete der Großmeister ernst. Die Elfe erstarrte und Feyth, die gerade erst aufgehört hatte zu jaulen, begann leise zu wimmern. „Nein. Nein! Einer der Jungdrachen ist tot?" fragte sie mit erstickter Stimme und zur ihrem Entsetzten nickte der Schattentöter. „Leider ja. Deswegen muss ich wissen, wohin diese vermaledeiten Bastarde geflohen sind, Alanna." Noch schockiert von dieser Offenbarung stammelte sie: „Das – das Schiff, ja. Das wahrscheinlichste ist, dass sie erneut Reavstone ansteuern, aber – aber ich weiß es nicht, sie könnten auch vollkommen andere Befehle erhalten haben." Gleichzeitig fuhr sie sich erneut durch die Haar und John machte sich bereit zuzugreifen, falls sie erneut an ihnen ziehen wollte. Abermals rannen dicke Tränen ihre Wangen hinab.
Ein Blitz zuckte durch die geschlossenen Fensterläden und der darauffolgende Donner ließ das grüne Drachenmädchen auf Millers Schulter zusammenzucken. Der Soldat legte schützend die Hand über ihren Kopf. „Danke Alanna, du hast uns wirklich sehr geholfen. Ich werde im Morgengrauen sofort König Merto und König Janik kontaktieren, um zu veranlassen nach diesem Schiff Ausschau zu halten. Vielleicht ist das Glück ja ausnahmsweise einmal auf unserer Seite." meinte der Großmeister mit nun etwas freundlicherer Miene, wobei John jedoch deutlich erkennen konnte, dass der Drachenreiter immer noch schwer nachdenklich wirkte. „Ich wünsche es auch Ebrithil. So viel Tod, so viele Verletzte. Hätte ich nur damals schon auf Nirlaths Stimme der Vernunft gehört." murmelte Alanna mit brüchiger Stimme und drückte die linke Hand auf die versteckte Tasche, wo Nirlaths Eldunari saß. „Ihr trag an diesem Massaker nur eine geringe Teilschuld, Alanna. Mit Sicherheit hätte die Schwarze Rose auch ohne die Drachen das Dorf angegriffen und von Soldaten niederbrennen lassen. Das Resultat wäre ein ähnliches gewesen." kommentierte der Colonel trocken und verengte angespannt die Augen, als er erneut das Knarzen einer Holzdiele vernahm.
Diesmal deutlich näher.
Er sah sich suchend um, blickte in jede dunkle Ecke, aber dort war nichts Auffälliges. Und doch fühlte er sich beobachtet. Misstrauisch fragte er Feyth in Gedanken: 'Feyth? Ich weiß, du bist gerade sehr durcheinander, aber ich wollte fragen, ob du auch ein merkwürdiges Knarzen gehört hast. Jetzt schon zweimal. Ich könnte schwören, wir werden beobachtet.' Das grüne Drachenmädchen drehte kurz ihren Kopf zu ihm um und kostete dann die Luft mir ihrer Zunge. *Jetzt wo du es sagst. Ja, habe ich, aber ich dachte mir nichts dabei. Ich habe mich eher darauf konzentriert nicht zu würgen. Die armen Menschen und der arme Drache!* erwiderte Feyth traurig und sah sich nun ebenfalls im Schankraum um. Auch ihre Augen verengten sich.
*Die Luft schmeckt – komisch.*
'Das dachte ich mir.' bestätigte John kühl und fragte dann Alanna, die gerade einen kurzen Wortwechsel mit Eragon in der Alten Sprache führte: „Euer Anführer wusste davon, dass euch die Mitgliedschaft in der Schwarzen Rose nicht mehr behagte, oder?" Die Elfe blinzelte verwirrt, während sie antwortete: „Nun, ja. Schließlich hat er mir das Ungehorsam-Zeichen in die Hand gebrannt. Aber wie kommt ihr überhaupt jetzt darauf, John-Vodhr?" „Nennt es Instinkt." erwiderte der Colonel ernst und nickte dem Großmeister vielsagend zu. Der sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an, weshalb Miller die Stimme senkte. „Wir sind hier nicht allein." flüsterte er knapp, woraufhin sich die Augen des Drachenreiters verstehend weiteten und er leicht den Kopf neigte.
Einige Momente später gab er leise zurück: „Ich kann niemanden außer uns, Saphira, Dun'var, Tinira, Miriam und einigen schlafenden Menschen spüren. Falls uns wirklich jemand belauscht verbirgt er sich ausgesprochen gut. Seid ihr euch sicher?" „Ziemlich. Feyth kann es sogar wittern." bestärkte der Titan seine Vermutung und fokussierte eine Tür hinter Miriam, die nur einen kleinen Spalt weit offen stand. Das Drachenmädchen auf seiner Schulter knurrte zustimmend und stellte wachsam die Ohren auf. Die Falten auf Eragons Gesicht wurden tiefer. „Ich vertraue auf euren Instinkt, Herr Miller, aber wenn ihr wirklich recht habt, dann habe ich keine Ahnung, womit wir es zu tun haben. Es gibt zwar Zauber, die den Geist vor anderen verbergen können, doch die hinterlassen Spuren, so gering sie auch sein mögen. Hier spüre ich nichts davon." „Dann gibt es nur eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Ich werde den Lockvogel spielen. Ihr haltet euch hier bereit und bleibt am besten in meinem Kopf, damit ihr wisst, was geschieht." sagte der Soldat bestimmt, setzte Feyth vorsichtig auf Kenos Brust ab und erhob sich mit dem lauten Kommentar: „Ich werde kurz austreten gehen, Meister Drachenreiter. Entschuldigt mich einen Moment." Den Helm ließ er dabei bewusst liegen, um keinen Verdacht zu erregen. „Natürlich." entgegnete der Großmeister nickend, wobei er instinktiv die rechte Hand auf den Knauf seines Schwertes legte.
Das grüne Drachenmädchen fiepte leise, während Miller zielstrebig auf den Tresen und Miriam zu stiefelte. *Bitte sei vorsichtig.*rief sie ihm in Gedanken hinterher. 'Keine Sorge, Kleine. Halte dich bereit, für den Fall, dass ich recht hatte.' erwiderte John ernst und klopfte zweimal auf die hölzerne Theke, um die Aufmerksamkeit der jungen Frau zu erhalten.
Miriam drehte sich vom Herd her zu ihm um, erschrak leicht, da er sie um fast eine Körperlänge überragte und meinte dann schluckend: „Womit kann ich euch behilflich sein, Herr?" Ihre zu einem Zopf gebunden Haare glänzten leicht im flackernden Licht des Ofens. „Ich suchte lediglich das Klosett, gnädige Frau." antwortete der Titan nüchtern und zwang sich zu einem leichten Lächeln. „Ah, ihr mein die Toilette, oder? Bitte geht durch diese Tür dort und dann den Gang entlang. Es ist das letzte Zimmer auf der linken Seite." erklärte ihm das Mädchen scheinbar erleichtert, langte unter die Theke und reichte ihm einen kleinen, eisernen Schlüssel. „Hier ist der Schlüssel. Ihr könnt euch gerne eine der Laternen mitnehmen, falls es euch zu dunkel ist." „Ich danke euch, aber das wird wohl nicht nötig sein." entgegnete der Colonel trocken, nahm vorsichtig den Schlüssel entgegen, um ihn nicht zu verbiegen und schritt dann auf die nur angelehnt geschlossene Tür zu, auf welche Miriam gezeigt hatte. Gespielt lässig öffnete er sie, schlüpfte hindurch und schloss sie wieder hinter sich. Sofort konnte er die Veränderung in der Atmosphäre spüren.
Irgendetwas lauerte in der Dunkelheit auf ihn, daran hatte er jetzt keinen Zweifel mehr. Nun galt es nur noch herauszufinden, wer oder was es war. Also schritt er langsam den relativ langen und vor allem dunklen Gang entlang, der nur von einer einzigen, schwachen Öllaterne erleuchtet wurde, welche von der einigermaßen hohen Decke hing. Mehr als genug Licht jedoch für seine Drachenaugen. Mehrere Türen führten links und rechts des Ganges in verschiedene Zimmer. Sein Blick huschte hin und her, Beine und Arme leicht angespannt, um beim ersten Anzeichen zu zupacken oder bei Seite zu springen.
Doc h es geschah nichts.
Keine Tür sprang auf, niemand warf sich hinterhaltmäßig auf ihn und bis auf das Knarzen seiner Schritte konnte er auch nichts Ungewöhnliches hören.
So kam er ohne Zwischenfall am Ende des Ganges an und starrte misstrauisch zurück. Aber da war nichts, bis auf das laute Donnern eines weiteren Blitzeinschlags von draußen. 'Habe ich mich getäuscht?' fragte er sich skeptisch, während er die Toilette aufschloss und darin verschwand. Das WC war extrem schlicht eingerichtet. Ein einzelnes Fenster aus Glas, gegen das unaufhörlich der Regen klatschte und ein schlichtes Plumpsklo war alles, dass sich im Raum befand. Das war John jedoch egal, schließlich war er ohnehin nicht hierhergekommen um sich zu erleichtern. Er beschloss ein paar Minuten hier zu warten, um Miriam keinen Verdacht schöpfen zu lassen und stellte sich mit vor der Brust verschränkten Armen hin. Die Augen geschlossen, um sich voll und ganz auf seine anderen Sinne zu konzentrieren. So verging eine Minute.
Zwei Minuten.
Drei Minuten.
Vier Minuten.
Dann riss er angespannt die Augen auf, als er hinter sich an der Tür Geräusche hörte. Leise, klackende Schritte und das metallische Schleifen von Schwertern, die aus ihrer Scheide gezogen wurden. Sein Herz begann zu rasen. Waren es Magier? Oder nur einfache Attentäter die sich mit Hilfe bestimmter Mittel vor Eragon verbargen?
Die Tür wurde hinter ihm aufgestoßen, er hatte sie nicht abgeschlossen, und fast gleichzeitig traf ihn ein scharfer Gegenstand mitten auf den Hinterkopf und erzeugte ein metallisches Kreischen, als die scharfe Klinge die dünne Hautschicht zwar mühelos durchtrennte, aber an seinem legierten Schädelknochen abprallte und auf die Schulter abrutschte. Dabei schnitt sie ein großes Stück seiner Kopfhaut heraus. Die Wunde brannte höllisch, als hätte jemand kochendes Öl darüber gegossen und auch der Schlag an sich, ließ den Titanen etwas benommen zurück. Der Angreifer konnte kein normaler Mensch sein, nicht mit dieser Stärke.
Hastig schüttelte er den Kopf, um wieder Herr seiner Sinne zu werden, biss die Zähne aufeinander und wirbelte herum. Da standen die Angreifer, keinen Meter von ihm entfernt. Es waren drei, zwei hinter der Türschwelle und einer im Raum bei ihm. Sie trugen schwarze Kapuzenmäntel tief ins Gesicht gezogen, doch aus dieser Nähe halfen sie nicht, das Gesicht zu verbergen.
Leicht verwirrt bemerkte John die langen Schnäbel, die pechschwarzen, funkelnden Augen und ihre glänzende Haut, die Ähnlichkeiten mit dem Chitinpanzer eines Käfers hatte. Er hatte jedoch keine Zeit darüber nachzudenken, was diese Wesen waren, denn mit einem erbosten Zischen, riss die ihm an nächsten stehende Kreatur ihren Schnabel auf und blies ihm einen Schwall stinkender Luft entgegen.
'Ein Giftgas.' kombinierte er rasend schnell und drosch dem einigermaßen überraschten Angreifer die Faust ins Gesicht. Scheinbar hatte er geglaubt Miller mit dem Giftatem außer Gefecht zu setzen, aber so etwas stellte keine Bedrohung für einen Titanen dar. Die künstliche Lunge filterte das Gift schlicht und einfach heraus, bevor es überhaupt in den Körper gelangen konnte.
Ein ekelerregendes Knacken ertönte, als die gepanzerte Faust den eisenharten Insektenpanzer des Wesens traf und dieses durch die Tür hinaus gegen die gegenüberliegende Wand flog. Blau-grünes Blut spritzte über die Holzdielen und die Kreatur blieb reglos auf dem Boden liegen, ob sie nun tot war, oder einfach nur bewusstlos, konnte der Colonel nicht einschätzen. Er nutzte die kurze Überraschung, die er erzeugt hatte, um die relative Enge des Klos hinter sich zu lassen und trat hinaus auf den Gang, wo die beiden anderen Angreifer hastig zurückgesprungen waren.
Er erstarrte, als er hinter den beiden, drei weitere dieser Wesen erblickte, die ihn allesamt mit ihren schwarzen Augen fixierten und zischende und klackende laute ausstießen. 'Ich muss zurück zu Eragon, solange sie sich noch so verwirrt sind. Sie sind stärker und vermutlich auch schneller als gewöhnliche Menschen. Ohne meinen Helm könnten sie es womöglich schaffen, mich ernsthaft zu verletzen. Und der enge Gang hier ist für mich ebenso hinderlich, wie für sie. ' analysierte er binnen weniger Momente die Situation und wich gekonnt einem Schwertstreich aus, den eine der Kreaturen gegen ihn führte. 'Die sind wirklich schnell, er hätte mich fast erwischt.'
Er packte das am Boden liegende Wesen am Fuß und warf es mit voller Wucht gegen seine Kameraden, die dem leblosen Körper, jedoch mühelos auswichen, wobei der Titan ihre abgehackten Bewegungen registrierte. Ohne groß weiter diesen aussichtslosen Kampf zu führen sprintete er los in Richtung Schankraum hob schützend die Arme vor den Kopf, als die Attentäter versuchten ihn mit ihren blattförmigen Schwertern zu treffen. Allerdings passte einer von ihnen nicht gut genug auf und Miller konnte ihn ihm vorbeirennen am Schlafittchen packen. Die Kreatur kreischte lauthals, ihr Schnabel klappte auf und eine lange, spitze Zunge, wie die eines Spechts mit Widerhaken am Ende, kam auf sein Gesicht zugeschossen. Er riss den Kopf nach links, doch der Zungenspeer erwischte ihn trotzdem leicht an der rechten Wange, wo er einen tiefen Kratzer hinterließ. Zu mehr kam der Angreifer aber nicht, da der Soldat das Ende des Gangs erreicht hatte.
Mit knapp 80 Kilometern pro Stunde und drei Tonnen Gewicht als treibende Kraft dahinter zerquetschte er seinen Gegenspieler an der schweren Eichentür, welche durch die eintretenden Kräfte ebenfalls in tausende Trümmer zersplitterte. Blau-grünes Blut verteilte sich überall auf seinem Gesicht und der gesamten Rüstung. Einige Chitinsplitter der zerquetschten Kreatur schlitzten ihm die andere Wange und die Stirn auf. Miriam kreischte erschrocken auf, als Miller scharf abbremste und praktisch neben ihr zum Stehen kam. Angewidert warf er das zerfetzte Wesen vor sich zu Boden und griff gleichzeitig nach dem blattförmigen Schwert, das wenige Armbreit neben ihm lag. Vom Tisch her konnte er Eragon mit gezogenem Schwert auf sich zueilen sehen, den Umhang hatte der Drachenreiter in aller Eile abgeworfen. Angespannt brüllte John der Wirtin zu: „Lauft zu den anderen!"
Dann drehte er sich wieder dem Gang zu und riss gerade noch rechtzeitig die Klinge hoch, um einen Hieb gegen seinen Hals abzublocken. Diese Gegner waren keine einfachen Soldaten, die der Titan in den Boden stampfen konnte ohne nachzudenken. Eine falsche Bewegung und es könnte äußerst schmerzhaft für ihn enden.
„Ra'zac!" konnte er den Großmeister neben sich knurren hören und blitzartig schnellte sein blaues Schwert unter Millers Arm hervor. Einen Augenblick später fiel der abgetrennte Arm des Angreifers plump zu Boden, gefolgt von einem schmerzerfüllten Kreischen, das dem Colonel durch Mark und Bein ging. Er schüttelte das jedoch ab und setzte einen eigenen Schlag hinterher, der den Ra'zac vor ihm glatt in der Mitte zerteilte, wobei ein ekelerregendes Knacken und Flatschen zu hören waren. „Sie sind so schnell und stark wie Elfen und versucht nicht ihren Atem einzuatmen, er ist giftig!" rief ihm Schattentöter erklärend zu und brüllte einen Spruch in der Alten Sprache hinterher, während er die rechte Hand gegen die verblieben drei Kreaturen hielt. Scheinbar hatte die Magie jedoch keine Wirkung, denn die Ra'zacs keckerten übermütig und kamen mit zuckenden Bewegungen auf sie zu.
„Barzûl!" fluchte Eragon und setzte zu einem weiteren Zauber an, doch die Attentäter ließen es nicht dazu kommen. Mit erhobenen Schwertern stürzten sich zwei von ihnen kreischend auf den Drachenreiter und deckten ihn in eine Reihe von Hieben ein. Aus den Augenwinkeln heraus sah der Titan, wie der Drachenreiter doch relativ große Mühe hatte, den Angriffen entweder auszuweichen, oder sie zu blocken, aber nun fiel ihn der letzte der Ra'zac ihn an.
Stahl und Stahl prallten aufeinander, als Miller den Schwerthieb mit seinem Schwert auffing und gleichzeitig mit der linken Hand zum Schlag ausholte. Die Kreatur bemerkte sein Vorhaben allerdings rechtzeitig und duckte sich darunter weg. Sie nutzte die Ausweichbewegung aus und schlug mit ihrer Waffe gegen Johns linkes Knie. Die Wucht des Einschlags konnte der Colonel deutlich spüren, doch ansonsten prallte die Klinge wirkungslos an der dicken Panzerung des Atlas ab und hinterließ nur einen geringen Kratzer. Davon überrascht zögerte der Ra'zac einen Moment, was es dem Titanen ermöglich sein Knie in den Magen des Angreifers zu rammen.
Es knackte und das Wesen spuckte Blut aus seinem krähenartigen Schnabel, als es einige Meter zurückgestoßen wurde. Er setzte hinterher konnte gerade noch so den Kopf zurückreißen, bevor die Klinge des Ra'zac ihr Ziel fand. Allerding schaffte er es nicht ihr vollständig auszuweichen und sie zerschnitt ihm mit Leichtigkeit die Nase. Ein unglaublicher, brennender Schmerz durchzog Johns obere Gesichtspartie. Ohne Zweifel hatten die Attentäter ihre Waffen in starkes Gift getaucht. Glücklicherweise betäubten die Naniten in seinem Kreislauf die betroffene Stelle binnen Sekunden, wie schon zuvor an seinem Hinterkopf und sorgten dafür, dass er sich weiter auf den Kampf konzentrieren konnte. Mit Genugtuung stellte er fest, dass der Hieb gegen ihn wohl das letzte richtige Aufbäumen seines Gegners gewesen war, denn dieser verkrampfte nun halb, während sich unter ihm eine riesige Lache seines blau-grünen Blutes bildete und auch seinen Mantel vollkommen durchnässte.
Mit voller Wucht ließ er das Schwert auf den Ra'zac niederfahren, doch dieser schaffte es noch einmal auszuweichen, sodass das Schwert harmlos an seinem Chitinpanzer abglitt und krachend in Bodendielen schnitt. Da schrie Eragon plötzlich: „Vorsicht John!" und mit einem Mal hatte sich einer der anderen beiden Angreifer von hinten auf ihn gestürzt.
Er saß halb auf seinen Schultern und schnappte mit dem scharfen Schnabel nach seinem Kopf. Miller schaffte es völlig überrumpelt nicht mehr vollständig auszuweichen und er brüllte, als ihm vom Ra'zac das linke Ohr abgebissen wurde.
Blinde Wut stieg in ihm auf, die er nicht mehr kontrollieren konnte.
Achtlos warf er das Schwert beiseite. Mit Hass in den Augen und den Schmerz ignorierend griff er über sich und packte mit seiner rechten Hand den Kopf des Attentäters, bevor dieser von ihm herunterspringen konnte. „Willst du mich verarschen? Hier, ich zeig dir wie das geht!" brüllte er die Kreatur spuckend an und rammte ihren Kopf mit all seiner Kraft auf die Theke. Blut spritzte überall umher, als der Körperpanzer unter der enormen Krafteinwirkung barst. Der Ra'zac war auf der Stelle tot, doch John kümmerte das nicht. Immer und immer wieder hämmerte er den blutigen Matschklumpen, der einmal der Kopf des Wesens dargestellt hatte auf die schwere Holzplatte, bis nichts mehr davon übrig war.
Zornig atmend wandte er sich der Kreatur zu, der er zuvor das Knie in den Magen gerammt hatte. Diese versuchte ihm ihr Schwert ins Auge zu rammen, aber geschwind lenkte er den Schlag ab und trieb die Klinge in die Brust ihres Trägers. „Fuck you!" spuckte er ihm entgegen und drosch mit der Faust von oben auf den Kopf seines Widersachers. Mit einem ekelerregenden Knacken zertrümmerte er ihn, packte den leblosen Körper und warf ihn gegen den letzten lebenden Ra'zac, der ihm kreischend auswich, indem er einen großen Satz rückwärts, weg von Eragon machte.
„Keinen Ssschritt weiter Ssschattentöter! Oder eure Ssschützlinge werden den morgigen Tag nicht mehr erleben." ertönte wie aus dem Nichts eine zischende Stimme hinter ihnen, was sowohl den Drachenreiter, als auch den Titanen herumfahren ließ.
Sie erstarrten beide zur Salzsäule.
Am Tisch standen zwei weitere Ra'zac und bedrohten Alanna, Feyth, Miriam und Keno. Der Elfe hatten sie eine ihrer Klingen an den Hals gesetzt und auch das grüne Drachenmädchen zitterte vor dem Schwert an ihrer Kehle. Miller knirschte mit den Zähnen und ballte angespannt die Hände zu Fäusten. „Was wollt ihr?" blaffte der Großmeister knurrend zurück, was jedoch nur ein keckerndes Lachen als Reaktion zur Folge hatte. „Unssser Meissster will diesssess verräterisssche Elfenweib zurück in unssseren Reihen haben, Reiter. Alssso gebt sssie herausss, oder dasss Küken wird heute Abend unssser Mahl." entgegnete der größere der beiden und seine lange, spitze Zunge zuckte aus seinem Schnabel, um Feyth drohend über den Hals zu schlecken.
Das machte den Colonel rasend.
„Wage es ihr auch nur eine Schuppe zu krümmen und ich entdarme dich bei lebendigem Leibe und verfüttere dich an deine Kumpanen!" brüllte er dem Attentäter zu, der das allerdings nur zur Aufforderung nahm weiter über den Körper des kleinen Drachens zu lecken. Eragon musste sein Schwert vor seine Brust halten, um ihn zu bändigen. *Wartet.* flüsterte ihm der Drachenreiter in Gedanken zu.
„Alssso wasss issst nun, Ssschattentöter?" verlangte das Ungetüm zu wissen und zuckte zusammen, als plötzlich mit lautem Gebrüll und Getose ein Teil des kompletten Gasthofs eingerissen wurde. Zunächst das Dach, dann die östliche Wand. Durch den nun einfallenden Regen hindurch konnte der Titan deutlich Saphira erkennen, die mit gefletschten Zähnen dabei war das Haus auseinanderzunehmen, um zu ihnen zu gelangen. „Jetzt!" rief Schattentöter auffordernd, doch John hatte erst gar nicht darauf gewartet.
Er hatte die Distanz zwischen sich und den beiden Ra'zacs schon hinter sich gebracht und nutzte Schimmerschuppes Verwirrung aus, indem er den größeren der beiden Kerle am Bein packte und ihn wie eine Marionette durch die Luft wirbelte.
„Niemand.
Bedroht.
Meine.
Kleine.
Feyth!" brüllte er zornig und drosch bei jedem einzelnen Wort mit dem Ra'zac als Knüppel auf den anderen Attentäter ein, bis ihre Panzer brachen und sie nichts weiter als ein matschiger Haufen aus, Blut, Innereien und Stoff waren.
Währenddessen hatte Eragon sich des letzten verbliebenen Angreifers mit einer eleganten Schwerthiebfolge entledigt und eilte hinüber zum Tisch, wo der Colonel schwer atmend über den Leichen der beiden Ra'zac stand und Alanna tröstend Feyth und Miriam in die Arme schloss. Auch Saphira beugte ihren gigantischen Kopf zu ihrer kleinen Enkelin herunter und brummte beruhigend.
„Scheinbar hat euch euer Instinkt nicht betrogen, Herr Miller. Niemals hätte ich gedacht diese widerwärtigen Kreaturen jemals wieder zu Gesicht zu kriegen." meinte der Drachenreiter missmutig und steckte sein Schwert zurück in die Scheide. Doch Miller hatte kein Gehör dafür. Er starrte wie gebannt auf Feyth, die vor Angst immer noch schlotterte und ihre Schnauze tief in Alannas Busen vergraben hatte.
Diese Kreaturen hatten es gewagt sie anzufassen, sie zu begrabschen, ihr eine vergiftete Klinge an den Hals zu halten und angedroht sie zu fressen. Blitzschnell erinnerte sich sein Verstand an den ersten Ra'zac, den er zu Beginn des Kampfes ausgeknockt hatte. Unbändiger Hass durchflutete seinen gesamten Verstand, sodass er die unzähligen Schnitte an Gesicht und Hals gar nicht bemerkte, oder sogar sein fehlendes Ohr. Stattdessen marschierte er zielstrebig und eine blaue Blutspur hinter sich herziehend auf die zerborstene Tür in Richtung Klo zu und ballte die Hände zu Fäusten.
„Was habt ihr vor, John?" fragte Eragon verwirrt, als der mehr oder weniger stark verwundete Titan an ihm vorbei durch den Regen schritt und einen der zertrümmerten Dachbalken beiseite trat. „Einer der Bastarde kann noch am Leben sein. Wenn er es ist werde ich dafür sorgen, dass er sich wünscht nie geboren worden zu sein!" blaffte der Colonel zurück und verschwand im Durchgang.
Der Großmeister rannte ihm angespannt hinterher. „Nicht! Wir brauchen ihn, um ihn befragen zu können!" rief er ihm flehend hinterher, doch damit stieß er nur auf ein einzelnes, taubes Ohr.
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[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...