Schlacht um die Drachenfestung - Teil 4

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„Verfluchte Scheiße war das laut! Alle Mann okay? Niemand verletzt?" konnte John Steven rufen hören, als er den Blick von Aidan abwandte und mit noch leicht klingelnden Ohren Eragon und Pelendol auf die Beine zog. Die beiden Drachenreiter wirkten für einige Momente etwas orientierungslos, da sie immer wieder kurz die Augen zupressten, gleichzeitig eine Hand an die Schläfe legten und offensichtlich versuchten mit einem Gähnen ihr Gehör wiederzuerlangen. Sofort bemerkte der Titan das kleine Rinnsal aus Blut, welches den beiden aus ihren Ohren rann. Offensichtlich hatte Aidans Schallangriff ihr komplettes Trommelfell zerfetzt. „Alles soweit in Ordnung, Steven. Den Drachenreitern hat es wohl das Trommelfell zerrissen, aber keine weiteren schwerwiegenden Wunden." antwortete er seinem Sohn daraufhin nüchtern und fasste dem Großmeister auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

Dieser drehte sich schlagartig zu ihm um, wobei Miller sein schmerzverzerrtes Gesicht deutlich einsehen konnte. Ohne zu zögern tippte sich der Colonel mit der freien Hand auf Höhe seines rechten Ohrs auf den Helm, gefolgt von einer strichförmigen Geste, die dem Reiter klarmachen sollte, dass sein Gehör verletzt war. Glücklicherweise schien das, zusammen mit den Schmerzen, die Eragon offensichtlich erfuhr, zu genügen und der Drachenreiter nickte knapp, ehe er begann Zauberformeln in der Alten Sprache zu murmeln. Zufrieden wies John daraufhin in gleicherweise Pelendol auf das Problem hin, der ebenfalls sofort begriff, was er meinte und ebenfalls begann sich mit Magie zu heilen. Erst dann sah der Titan wieder hinüber zu den anderen, die sich inzwischen alle wieder aufgerappelt hatten. Micheal ging gerade hinüber zu Aidan, der geschwind dem Admiral entgegenkam. „Ich habe den Kontakt zu unseren beiden Zielen verloren, Sir. Sie scheinen mithilfe eines durch Magie geschaffenen Wurmlochs geflohen zu sein, zumindest konnten meine Sensoren einen kurzen Spike der Greenes-Strahlung feststellen. Es tut mir leid für diese Unbequemlichkeit, bezüglich ihres Gehörs, Admiral, doch ich sah keine andere Möglichkeit unsere Feinde anderweitig in die Flucht zu schlagen." plapperte die KI ohne zu zögern drauflos, was ihr ein respektvolles Nickens seitens Mike einbrachte. „Schon in Ordnung Aidan, lieber habe ich ein Klingeln in den Ohren, als mich mit solchen Monstern anlegen zu müssen. Gut gemacht." lobte er den Roboter der kurz grün aufleuchtete. „Danke, Sir." „Das war aber echt verflucht laut, Aidan. Ich glaub ohne den Helm hätte es mir glatt das Ohr zerrissen." kommentierte Steven das Ganze und gesellte sich zu seinem Bruder und der Maschine.

Millers Blick huschte weiter und blieb kurz auf Shenmi hängen, die gerade dabei war Hagrind behutsam auf die Beine zu helfen und ihm klarzumachen, dass seine Ohren verletzt waren. Doch dann horchten sie allesamt aufgeschreckt auf, als Julias todernste Stimme durch die riesige Halle schallte.

„Wir brauchen hier schnell ärztliche Hilfe! Nodhryn hat es schwer erwischt!" brüllte die Scharfschützin angestrengt und sofort schnellte Johns Kopf hinüber in ihre Richtung.

Er hatte zwar schon angenommen, dass der silberne Drache einige Verletzungen davongetragen hatte, nachdem in Vishá mit voller Wucht erwischt hatte, doch seine Augen weiteten sich erschrocken und seine steinharte Miene wich einem schockierten Ausdruck. Eine riesige Lache aus dickem, rotem Drachenblut hatte sich unter Nodhryn ausgebreitet, der völlig bewusstlos auf der linken Seite lag. Seine rechte Seite hingegen, dort, wo ihn der Schattendrache mit ihrer Pranke getroffen hatte, war vollkommen zerfetzt. Vier gigantische Striemen zogen sich diagonal über seine Flanke, beginnend von seinem Nacken bis hin zu seiner Hüfte. Blut quoll in Massen daraus hervor und sogar einige Innereien lugten teilweise nach draußen, wie zum Beispiel Teile seines Darms und, wenn Miller es richtig sah, die Spitze seiner Leber. Zusätzlich hatte der Prankenhieb offensichtlich einige seiner Rippen gebrochen, von denen nun die spitzen Stümpfe von dreien durch ihre weiße Färbung grotesk durch das ganze Blut hervorstachen. Immer wieder durchzuckten Krämpfe im Sekundentakt den Körper des silbernen Drachen, dessen Leben buchstäblich aus ihm herausrann. Julia kniete neben ihm, direkt an seiner Flanke in dem See aus Drachenblut und hatte bereits das kleine Notfall-Kit hervorgezogen, das zur Standartausrüstung der Titanen im Kampfeinsatz gehörte. Verzweifelt versuchte sie die Blutung mit einem großen, blutungshemmenden Tupfer zu stillen, doch es hatte ungefähr den gleichen Effekt, als würde sie versuchen den Mississippi mit Hilfe eines einzelnen Wattebäuschchens auszutrocknen.

Ohne zu zögern schoss der Blick des Colonels wieder hinüber auf Eragon und Pelendol, die jedoch immer noch vollkommen damit beschäftigt waren, ihre zerstörten Mittelohren zu heilen und hatten überhaupt nichts von der Notsituation mitbekommen. Miller dachte kurz darüber nach, die beiden Reiter darauf aufmerksam zu machen, dass Nodhryn ihre Hilfe benötigte, aber erstens würde es wohl zu lange dauern, es ihnen richtig klarzumachen, da die Sache aus ihrer momentanen Position nur schlecht einsehbar war und zweitens wäre es ohne verheilte Ohren unmöglich gewesen ihnen bei der Versorgung zu helfen. Es blieb einfach nicht genug Zeit, denn so stark wie die Blutung wirkte, hatte der silberne Drache weniger als eine Minute zu leben. Womit nur eine andere Möglichkeit blieb, die ihm in den Sinn kam und die auch Micheal glücklicherweise erkannt hatte. „Aidan! Starte dein medizinisches Analyse-Programm und hilf Nodhryn! Improvisier, wenn du musst!" rief er der KI zu, die keine Zeit verlor, sondern nur abermals grün aufleuchtete und danach sofort hinüber zu Stearn und Nodhryn schoss, noch bevor die Titanen auch nur einen Schritt setzen konnten. Ohne wirklich etwas zu erklären, packte der Colonel sowohl Eragon als auch Pelendol unter seine Arme und rannte zusammen mit den anderen Aidan hinterher, der gerade schon dabei war, die Verletzung mit seinem blauen Scannerstrahl zu analysieren. Währenddessen hatten die beiden Reiter unter Johns Armen begonnen lautstark zu protestieren, aber sie verstummten schlagartig, als sie Nodhryn und den unter ihm entstandenen See aus Blut bemerkten.

Shenmi schoss von rechts neben ihnen ebenfalls auf den schwerverletzten Drachen zu und mit einem Blick konnte Miller Hagrinds knochenbleiches Gesicht unter dem dichten Bart erkennen, da die Titanin ihn in ihren Armen trug.

Es waren nur noch ein paar Meter bis zu den anderen, als der Colonel sah, wie Aidan den Scanner wieder abschaltete und ernst an Julia gewandt meinte: „Ich werde die Wunden kauterisieren, bitte treten sie zurück, Captain." Stearn ließ sich das nicht zweimal sagen und sprang rasch beiseite, sodass die KI nun freies Feld hatte. Wie zuvor im Kampf mit den Elfen in der Eingangshalle sah John, wie der Roboter seinen Laser aktivierte und damit direkt auf die zerfetzte Flanke des Drachens zielte. Es folgte jedoch kein anhaltender Strahl, sondern so präzise wie nur eine KI es konnte zielte er mit dem Laser offensichtlich auf die einzelnen größeren Blutgefäße und schoss im Sekundentakt mehrere Impulse mit dem roten Laser ab. Dicker Dampf begann von den riesigen Wunden aufzusteigen, als Aidan nach und nach sämtliche offenen Blutgefäße mit den Laserimpulsen traf und somit diese verödete. Der Dampf war dabei lediglich das durch die enorme Hitze regelrecht kochende Blut. Wie eine kleine Diskokugel bewegte sich die KI auf und ab und feuerte dabei praktisch pausenlos Impulse mit ihrem Laser ab. Das alles verlief so schnell, dass sie gerade neben Nodhryn und Julia inmitten des Blutsees zum Stehen kamen, als Aidan seinen Laser bereits wieder deaktivierte. „Alle lebensbedrohlichen Blutungen gestillt, Admiral, der Drache Nodhryn ist nicht mehr in akuter Lebensgefahr. Gesamter Blutverlust bei circa 29,8 Prozent, kritische Schwelle von 31 Prozent noch nicht überschritten. Es tut mir leid Sir, ich musste mit dem Laser improvisieren und habe dabei einige Verbrennungen dritten Grades erzeugt. Diese Stellen sollten nach der weiteren Notversorgung schnellstmöglich behandelt werden." erklärte die KI knapp und stimmte dabei einen entschuldigenden Ton an.

„Sehr gut Aidan, ausgezeichnet. Die Verbrennungen sind erst mal egal, Hauptsache du konntest die Blutungen stoppen. Fertige jetzt bitte einen genaueren Scan an, damit du Eragon und den anderen sagen kannst, worum sie sich zuerst kümmern müssen." erwiderte Mike erleichtert ausatmend und auch von John fiel deutlich die Anspannung ab, jetzt da das Schlimmste fürs erste abgewandt werden konnte. Gleichzeitig setzte er Eragon und Pelendol wieder ab, die sofort bestürzt an Nodhryns Seite sprangen. Neben sich konnte er Hagrind laut: „Nodhryn!" schreien hören, ehe der Zwerg mit zittrigen Beinen an ihm vorbeihastete, um schließlich direkt am Kopf seines Seelenbruders auf die Knie zu stürzen. Der Colonel konnte ihn gut verstehen, immerhin wusste er, wie eng die Verbindung zwischen Drache und Reiter war. „Sehr wohl, Sir. Beginne medizinischen Tiefenscan." bestätigte Aidan daraufhin Mikes Befehl und begann erneut den schwerverletzten Drachen ab zu scannen, dessen Atmung äußerst schnell und vor allem röchelnd abgehackt anmutete. Für Miller ein klares Zeichen dafür, dass sich mindestens eine der Rippen in die Lunge gebohrt haben musste.

„Das ist echt eine Menge Blut. Hättest du es nicht bemerkt, wäre er wohl draufgegangen, bevor es einer von uns gesehen hätte, Julia." knurrte Steven missmutig und nickte seiner Schwester anerkennend zu, die inzwischen zu ihnen getreten war und sich dabei etwas das Blut von den Beinen wischte. Trotzdem machte sie mit all dem dunkelroten Drachenblut auf ihrer sonst blaugrauen Rüstung den Eindruck gerade ein Massaker veranstaltet zu haben. „Es war purer Zufall, dass ich gesehen habe, was mit ihm los ist. Dieser Schattendrache muss ihn übel mit den Klauen erwischt haben. Solche Wunden habe ich zuvor noch nie gesehen." entgegnete die Scharfschützin angespannt und sah dabei hinüber auf Nodhryn, an dessen Flanke nun sich Eragon und Pelendol zu schaffen machten, die sich offensichtlich rasch vollends ihre Ohren geheilt hatten, da John sie sich deutlich angeregt in der Alten Sprache unterhaltend hören konnte. Allerdings musste er seiner Tochter zustimmen. Diese beiden Schatten waren jenseits von dem gewesen, was sie bisher als Gegner vor sich gehabt hatten.

„Er hatte wohl noch Glück, dass sie ihn nicht wirklich töten wollte, sonst wäre er es wohl. Holy fuck, wenn ich nur daran denke, gegen dieses Monster antreten zu müssen, wird selbst mir leicht flau im Magen. Hast du gesehen, wie die beiden unsere komplette Barrage an Kugeln einfach ignoriert haben? Allein deine Gau-30 hätte ihnen eigentlich die Gedärme zerreißen müssen, als bestünden sie aus Konfetti!" sprach Coule wenige Augenblicke später Millers Gedanken in seiner eigenen Form aus und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. Auch Micheal stimmte nickend zu. „Was allein solche Schutzzauber für Energie fressen müssen, mag ich mir nicht vorstellen wollen. Ich habe mit Mark am Prototyp eines Plasmaschilds für Schiffe gearbeitet und allein um gewöhnliches MG-Feuer abzuwehren haben wir einen kleinen Fusionsreaktor benötigt, wobei sich das Schild gerade mal über einen faustgroßen Apfel erstreckte! Solch einen Schild auf einen so gigantischen Drachen wie Vishá auszubreiten, würde wohl selbst den Reaktor der Venator vollkommen ausreizen. Diese beiden Schatten müssen unglaublich mächtig sein. Nicht nur deswegen. Hast du bemerkt, wie sehr sie Eragon, Pelendol und Hagrind gleichzeitig unter Druck setzen konnten?" erklärte der Admiral und sah dabei hinüber auf John der nachdenklich den Kopf neigte. „Das stimmt. Dieser Gadara muss alle drei von ihnen gleichzeitig im Geiste attackiert haben und hatte noch genug Konzentration und Stärke übrig, um uns die Stirn zu bieten. Nicht zu vergessen, dass er es im selben Moment mit dutzenden der Eldnuari zusätzlich aufnehmen musste." meinte der Colonel, wobei sein Kopf eher zufällig hinüber in Richtung des Tisches schwang, woraufhin sich seine Haltung wieder etwas anspannte.

Sie hatten durch Nodhryns Verletzungen glatt die vier Elfen vergessen, die selbst teilweise schwerverletzt dasaßen!

„Kommt mit, wir müssen den Elfen erste Hilfe leisten!" bemerkte er ernst und deutete in Richtung der Elfen. Die Blicke seiner Kinder folgten der Hand und sie nickten alle zustimmend, als er sich bereits in Bewegung setzte. „Da hätten wir vor lauter Nodhryn doch glatt die Spitzohren vergessen. Wenigstens scheint Filia nichts Gefährliches abbekommen zu haben, außer vielleicht Aidans Schallangriff. Hat wohl ihr Innenohr etwas malträtiert, die kommt nicht mal mehr auf die Beine ohne auf die Schnauze zu knallen." meinte Coule unterwegs, was John dazu veranlasste kurz auf die grüne Drachendame zu schauen, die etwas abseits des Tisches lag. Es löste in ihm eine gewisse Genugtuung aus, zu sehen, wie Filia vergeblich versuchte auf die Beine zu kommen, aber immer wieder seitlich wegkippte, da sie keinerlei Gefühl mehr für ihr Gleichgewicht besaß. „Dann hatte sie wohl Glück." war das einzige, was er im Bezug auf die Drachendame knurrte, ehe er den Blick wieder abwandte und sie wenige Augenblicke später am Tisch mit den Elfen zum Stehen kamen. Sie waren allesamt mit Spritzern des blaugrünen Ra'zacbluts eingedeckt und Yaela und Isil wirkten nach wie vor bewusstlos. Ihnen fehlte jedoch bis auf ein paar Kratzer, den blutigen Ohren und den jeweiligen Platzwunden an der Schläfe nichts.

Dagegen hatte es Bloedhgarm und Silad schon deutlich schlimmer erwischt, wobei die beiden noch bei Bewusstsein waren. Jetzt aus der Nähe konnte Miller deutlich erkennen, was ihnen fehlte. Den Stumpf des abgeschlagenen rechten Arms vom Wolfkatzenelf hatte er bereits schon zuvor gesehen, doch nun sah er, dass man Silad das linke Bein etwas über dem Knie sauber abgetrennt hatte. Beiden lief zudem ein kleines Rinnsal Blut aus den Ohren und sie wirkten noch benommen von Aidans Schallangriff. „Shenmi, Micheal, ihr kümmert euch bitte um Silad. Julia, du hilfst mir Bloedhgarm einen Druckverband anzulegen. Steven, untersuch bitte die anderen zwei, ob sie etwas mehr abbekommen haben, als einen Schlag gegen den Kopf." befahl der Colonel ohne lange zu zögern. „Natürlich." erwiderte Shenmi und langte sofort nach dem kleinen Notfall-Kit an ihrem Gürtel, ehe sie mit Mike vor Silad in die Hocke ging. „Aye aye." kam es stattdessen von Steven zurück, während John nun ebenfalls den kleinen Erste-Hilfe-Kasten vom Gürtel zog und mit Julia näher zu Bloedhgarm trat. Die gelben Katzenaugen des Elfs fokussierten sich zitternd auf ihn, woraufhin Miller instinktiv seinen Helm absetzte, um seinem Gegenüber etwas psychologische Sicherheit zu geben.

Stearn tat es ihm gleich und begann danach den Armstumpf zu untersuchen, indem sie mit sanfter Gewalt Bloedhgarms Hand entfernte. Ein dumpfes, schmerzerfülltes Stöhnen war die Folge davon, doch es führte kein Weg daran vorbei. Der Colonel mochte den Elfen nicht unbedingt, doch im Gegensatz zu Filia tat er ihm in gewisser Weise leid, als er sah, dass von dem Arm nicht mehr als eine Handbreit Oberarm übriggeblieben war. Zu oft hatte er bei Kameraden solche Wunden gesehen und selbst notversorgen müssen. Rasch entfernten sie mithilfe von Julias Messer das umliegende mitternachtsblaue Fell, welches vollkommen mit Blut verklebt war und legten anschließend einen Druckverband an. Zum Schluss verabreichte ihm John noch eine der kleinen bereits fertig abgezogenen Spritzen aus dem Notfall-Kit, was einfach nur ein Antibiotikum war und zusätzlich entzündungshemmend wirkte. Danach legte er dem Elf mit beruhigender Miene die Hand auf die linke Schulter und nickte bestimmt, worauf dieser ebenfalls schwach nickte. Entweder stand er noch zu sehr unter Schock, um mit Worten zu antworten, oder der doch recht hohe Blutverlust hatte ihn bereits zu stark geschwächt. Es war dem Titanen jedoch einerlei, was zählte war, dass sie die schlimmste Wunde fürs erste versorgt hatten. Den Rest konnte später noch Eragon oder einer der anderen beiden Reiter richten.

Allerdings brachte ihn diese Sache auch wieder ins Grübeln, vor allem, da Stearn genau den gleichen Punkt ansprach, über den er gerade nachdenken musste. „Für jemanden der angeblich ein Monster ist, der nur töten will, hat dieser Schatten aber viel Wert darauf gelegt, dass seine Opfer überleben. Ich meine, wozu hätte er die Elfen am Leben lassen sollen, wenn er es nur auf die Eldunari abgesehen hatte? Oder was meinst du, Dad?" murmelte sie skeptisch und Miller musste ihr nickend zustimmen, während sie sich beide wieder aufrichteten. „Da hast du recht. Irgendetwas stimmt nicht ganz, so wie wir es sehen." erwiderte er ernst und sah hinüber zu Shenmi und Micheal, die ebenfalls gerade damit fertig wurden, Silads Bein zu verbinden. „Schatten sollen eigentlich das pure Böse symbolisieren, aber dieser Gadara scheint entweder kein echter Schatten zu sein, oder aber er denkt um dermaßen viele Ecken, dass er auf mich noch sogar halbwegs vernünftig wirkt. Er passt überhaupt nicht zu dem, was wir bisher von der Schwarzen Rose gesehen haben, ansonsten wäre keiner der Elfen hier noch am Leben, ganz zu schweigen von den Eldunari." merkte der Admiral an und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. „Vor allem: Warum hat er seine eigenen Verbündeten niedergemetzelt nachdem er erfuhr, dass die beiden Elfen auf der Treppe tot waren? Ich weiß ja nicht wie ihr das seht, aber auf mich wirkte der Kerl echt stocksauer." gab Steven zusätzlich noch zu bedenken, wohingegen Shenmi ernst erwiderte: „Es ist wirklich merkwürdig, ja. Aber wir sollten uns jetzt erst einmal auf das hier und jetzt konzentrieren. Über so etwas können wir später auch noch diskutieren! Wir verschwenden gerade wertvolle Zeit!"

Das war wie ein Wachrüttler für John, dessen Augen sich erschrocken weiteten, als er dank Yangs Worte sich daran erinnerte, dass es weitere Schüler, Kinder und andere Personen in der Festung gab, die praktisch hilflos den Ra'zac gegenüberstanden!

„Die Kinder!" rief er mit hochkommender Angst aus, doch noch bevor die alten Erinnerungen ihn in Panik verfallen ließen verschwand jegliche Emotion wieder von seinem Gesicht, als die dritte Persönlichkeit erneut die Kontrolle an sich riss. Jetzt in Panik zu verfallen konnten sie sich nicht leisten. „Oh Scheiße! Ja!" stimmte Steven fluchend zu und sofort war ein jeder von ihnen wieder angespannt. „Eragon wird das ebenso verdrängt haben, wie wir vor lauter Aufregung. Lasst uns zurück zu Nodhryn gehen." erklärte der Colonel daraufhin nüchtern und setzte sich wieder den Helm auf dem Kopf. Julia tat es ihm gleich und ohne weiter Zeit zu verlieren, eilten sie zusammen zurück in Richtung der Reiter und dem silbernen Drachen. Den Elfen konnten sie ohnehin nicht weiterhelfen und da sie außer Lebensgefahr waren, bestand keine extreme Eile sie weiter zu behandeln.

Dagegen war es fast schon kritisch, wie viel Zeit bereits verstrichen war, in denen die Ra'zac praktisch ungehindert durch die Festung wüten konnten.

Binnen weniger Momente kamen sie in dem See aus Drachenblut neben der riesigen Echse zum Stehen, deren Atmung sich inzwischen etwas normalisiert hatte. Eragon, Pelendol und Hagrind waren offensichtlich gerade dabei die Lunge und Rippen des Drachens unter Aidans Anweisungen hin zu heilen. „Sehr gut, Sir. Sie haben die kollabierte Lunge wieder stabilisiert und den gebrochenen Rippenbogen geheilt. Ich schlage vor, dass sie als nächstes die verschobenen und teilweise verletzten Bauchraumorgane in Angriff nehmen." plapperte die KI munter und deutete dabei mit dem Laserpointer auf den hervorquellenden Darm. „Danke Metallgeist, das werden wir tun!" erwiderte der zwergische Drachenreiter dankbar und rückte gemeinsam mit dem Elf ein Stück zur Seite, um sich dem genannten Problem zu widmen, während sich Eragon aus der knienden Position erhob und sich den Titanen zudrehte. Er wirkte gleichermaßen angestrengt, aber doch auch erleichtert, als er meinte: „Ihr habt meinen Dank, meine Freunde. Hättet ihr nicht so schnell reagiert – ich mag mir nicht vorstellen, was geschehen wäre. Wie geht Bloedhgarm-Elda und den anderen?" „Sie sind relativ glimpflich davongekommen. Bloedhgarm wurde ein Arm und Silad ein Bein abgeschlagen, während Yaela und Isil nur bewusstlos geschlagen wurden. Wir haben ihnen Verbände angelegt, was fürs erste ausreichen sollte." antwortete John nüchtern und warf kurz einen musternden Blick auf die Wunden des Drachens die nun schon um Welten besser aussahen, als noch vor wenigen Minuten. Trotzdem würde allein der Blutverlust dafür sorgen, dass er für den Rest des Kampfes ausfiel. Der Schattentöter vor ihm presste missmutig die Kiefer aufeinander und stöhnte dann kurz auf, wobei er sich an die Schläfe fasste. Skeptisch wollte Miller ihn bereits fragen, was los war, doch der Drachenreiter kam ihm zuvor.

„Tut mir Leid, es ist nur, die Eldunaris rufen alle durcheinander in meinem Geist, es herrscht blankes Chaos unter ihnen. Es ist schwer die Kontrolle darüber zu behalten, an was ich gerade denke, vor allem nach dem Angriff dieses Schattens." erklärte er knurrend und schüttelte benommen den Kopf. Nachdenklich hob Miller eine Augenbraue empor, als er daraufhin trocken wissen wollte: „Er hat also tatsächlich die Eldunari angegriffen? Wie konnte er es gleichzeitig mit dutzenden, wenn nicht gar hunderten Drachen und drei Reitern gleichzeitig aufnehmen?" Eragons Miene verfinsterte sich noch weiter und er ballte die rechte Hand zur Faust, ehe er erwiderte: „Ja, ich konnte spüren, wie er die Eldunari noch während unseres Gesprächs anging. Und ich weiß nicht, wie er das geschafft hat. Er, beziehungsweise die beiden, müssen unglaublich mächtig sein, mächtiger als die Schatten, die ich bisher in meinem Leben getroffen habe. Es müssen mehrere Dutzend Geister in diesem Schatten eingesperrt sein, wenn nicht gar hunderte. Solch eine Macht habe ich nicht verspürt, seit wir Galbatorix ein Ende bereitet haben." „Wartet, ihr sagt also, diese Schatten wären so mächtig wie Galbatorix?" unterbrach ihn Micheal ungläubig, aber der Drachenreiter nickte zögerlich. „Vielleicht nicht ganz, aber er kommt ihm mit Sicherheit sehr nahe, vor allem mit diesem Schattendrachen. Aidan sagte uns, dass sie Nodhryn mit nur einem einzigen Prankenhieb so zugerichtet hätte. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn Aidan die beiden nicht in die Flucht getrieben hätte. Mein alter Lehrmeister sagte mir einmal, dass schon ein elfischer Schatten ein Albtraum für Alagäsia wäre, was glaubt ihr dann, dass ein Drache als Schatten anrichten könnte?" meinte der Großmeister todernst. „Nichts Gutes." kommentierte Steven, worauf ihm Shenmi und Julia nickend zustimmten.

John hingegen verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich verstehe was ihr meint, Schattentöter, aber darüber müssen wir später diskutieren. Eure Festung ist nach wie vor in eine Belagerung verwickelt und die Schwarze Rose hat praktisch freies Feld, um gegen eure Schüler und andere Personen hier im Gebäude vorzugehen. Wir dürfen hier unten keine weitere Zeit mehr verlieren." bemerkte er kühl und Eragons Augen weiteten sich vor geschockter Erkenntnis. „Barzûln! Ihr habt recht John, wir verschwenden kostbare Zeit! Pelendol, Hagrind, kommt ihr mit Nodhryns Heilung vollends alleine klar?" rief der Reiter fluchend aus und wandte sich rasch an seine beiden Ordensmitglieder. Pelendol nickte als Antwort hastig, während er entgegnete: „Natürlich, Ebrithil! Geht, rasch! Ihr müsst Vanir-Elda und die Schüler finden, ehe es zu spät ist! Wir kümmern uns um alles hier unten." Der Großmeister warf ihm daraufhin einen abschätzenden Blick zu, bevor er leise aufgebend seufzte und dann erwiderte: „Gut, ich vertraue euch beiden. Und wir sollten nun keine weitere Zeit mehr verlieren, John." Damit wandte er sich dem Titan zu, der bestimmt nickte. Wie im Automatismus lud er seine Maschinenkanone nach, während er befehlsgewohnt brummte: „In Ordnung, Steven und ich in der Front, Eragon in der Mitte. Micheal, Shenmi, Julia, ihr bildet die Nachhut. Aidan, über uns. Los, los, los!" „Jawohl, Sir!" kam es im Chor von seinen Kindern und Aidan zurück und binnen Sekunden hatten sie ihre jeweilige Position eingenommen und ihre Waffen durchgeladen, wohingegen Eragon sein blaues Schwert mit festem Griff bereithielt.

„Und los! Eragon, ihr weißt uns den Weg!" schnauzte der Colonel dann nüchtern, woraufhin sich die Gruppe im Laufschritt in Bewegung setzte. „Vanir und die Schüler sollten sich großen Speisesaal verbarrikadiert haben! Kennt ihr den Weg noch?" merkte der Großmeister angespannt an, als sie die große Eingangspforte in Richtung Treppe durchschritten. Zackig durchforstete John seinen Verstand nach der Lage des großen Speisesaals. Dort wo Vanir sie hingeführt hatte, um Keno zu treffen. „Ja natürlich. Aber dieser Saal ist groß genug für Drachen, oder?" erwiderte er daher prompt, was Eragon bejahte. „Für die kleineren Drachen, ja. Wir wollten unseren Schülern die Möglichkeit geben gemeinsam ihre Mahlzeiten abzuhalten." „Was bedeutet, dass wir es eventuell mit Lehtrblaka oder Drachen zu tun bekommen." vervollständigte Miller seinen Gedankengang nüchtern und begann bereits darüber nachzudenken, wie sie solchen Gegnern begegnen sollten. Der Drachenreiter versuchte ihn zu beschwichtigen, indem er meinte: „Keine Sorge, solange es nicht zu viele, oder zu große Drachen sind, sollte ich sie mit Magie außer Gefecht setzen können, wenn sie keine Schutzzauber besitzen.", was jedoch nur eine halbgare Lösung für den erfahrenen Soldaten darstellte.

Allerdings gab es auf die Schnelle keine einfachere Möglichkeit mit eventuellen Drachen umzugehen, da sie keinerlei Betäubungsmunition mitgebracht hatten und Aidans Schallemitter war diesmal keine Alternative, wenn Kinder anwesend waren. Daher erwiderte er zustimmend: „Wir werden uns in dem Fall auf euch verlassen müssen, Schattentöter."

Der Großmeister nickte selbstbewusst und richtete dann erneut das Wort an ihn, diesmal mit einer Bitte. „John, ich weiß selbst, dass wir keine Zeit verschwenden dürfen, um zu den Jünglingen zu gelangen, aber es gibt etwas, oder besser gesagt jemanden in meinem Büro, dass mir ebenso kostbar ist." Der Titan drehte den Kopf leicht nach hinten, während sie weiterhin die Treppen empor hasteten und sagte schlicht: „Ich höre." „Es gibt dort einen Eldunari, von goldgelber Farbe und etwas größer als mein Kopf. Es ist der Eldunari meines alten Lehrmeisters, Glaedr-Elda. Ich würde ihn gerne in Sicherheit wissen, auch wenn ich bereits so mit ihm in Kontakt stehe, doch ihn hier körperlich bei uns zu haben, würde mich wirklich extrem beruhigen." erklärte der Schattentöter eindringlich. John verstand natürlich sofort, worum es dem Reiter ging, schließlich hatten sie gerade erst erlebt, wie eine Schatten mehrere Drachen in ihren Eldunaris getötet hatte und nun wollte der Großmeister sicher gehen, um seinen eigenen Lehrmeister zu retten. Doch nicht nur deshalb befand er den Vorschlag für akzeptabel, sondern auch, weil die Energie eines Drachens bei ihnen zu haben enorm hilfreich sein würde, da er nicht wusste, über welche Distanzen dieser Energieaustausch im Geiste möglich war. Deswegen entgegnete er trocken: „Einverstanden. Micheal, Julia, ihr werdet Glaedrs Eldunari sichern gehen und danach zu uns in den Speisesaal stoßen. Eragon, erklärt ihnen kurz wohin sie laufen müssen."

„Dies ist nicht nötig, Sir. Ich kenne den Weg und kann den Admiral und den Captain dorthin führen, wenn sie wollen. Ansonsten dürfte die Wegbeschreibung zu lange für ihre Bedürfnisse dauern." plapperte Aidan plötzlich dazwischen, was Miller dazu veranlasste, kurz die KI über ihnen zu fokussieren. „Wie lange werdet ihr brauchen, hin und zurück, Aidan?" wollte er wenige Augenblicke später wissen, worauf der Roboter ohne zu zögern antwortete: „Solange es keine unvorhersehbaren Zwischenfälle gibt, ungefähr sieben Minuten, nachdem wir das Ende der Treppe erreicht haben, Sir." „In Ordnung, das ist noch akzeptabel, falls wir auf euch warten müssten. Gut, du führst sie zu Eragons Büro." beschloss er anhand der Aussage, woraufhin Aidan zufrieden sagte: „Zu Befehl, Sir." und auch Micheal zustimmte: „Ein guter Plan."

„Vielen Dank John, das bedeutet mir wirklich viel. Aber ich sollte euch vorwarnen Micheal und Julia, Glaedr-Elda wird euren Geist durchsuchen wollen, um sicherzugehen, wer ihr seid und was eure Absichten sind. Bitte nehmt es ihm nicht übel, wenn er dabei etwas – grobschlächtig – wird" fügte Eragon danach dankbar hinzu, was Julia nur mit dem Kommentar abwiegelte: „Keine Sorge, deswegen schickt Dad ja auch uns beide und nicht Steven.", worauf von Coule ein lautes: „Hey!" zurückkam. Der restliche Treppenaufstieg verlief jedoch ohne weitere Zwischenfälle und sofort schoss Miller der Geruch von geronnenem Blut in die Nase, als sie die gigantische Eingangshalle der Feste erreichten. Nachwievor lagen dort die beiden erwachsenen Drachen schlafend auf dem Boden, umgeben von zahlreichen zerfetzten Leichen. Sie verloren jedoch keine Zeit und mit einem Wink verschwanden Forke, Stearn und Aidan in einem kleinen Nebengang, während John, Shenmi, Steven und der Großmeister den großen Hauptgang in Richtung des Speisesaals nahmen.

Miller konnte währenddessen spüren, wie die Angst um die Kinder sowohl im väterlichen als auch im aggressiven Teil seiner Persönlichkeit anwuchs. Es wurde immer schwerer sie zu unterdrücken, was damit zusammenhängte, dass das Trauma mit Samantha natürlich immer noch an seinem Geist nagte. Um wieder etwas klarer im Kopf zu werden fragte er den Drachenreiter nüchtern: „Könnt ihr spüren, wer sich alles in dem Saal aufhält?" Dieser antwortete nicht sofort, sondern schien es selbst kurz zu überprüfen, ehe er angestrengt erwiderte: „Jein. Ich kann auf jeden Fall Vanirs Geist in dem Saal spüren, da er mir so gut vertraut ist, doch ich müsste den meinen zu weit öffnen, um mehr zu erfahren, aber das wäre zu riskant. Ich kann euch nur sagen, dass mehr Wesen in dem Raum sind, als es meinen Informationen nach sein sollten." „Das heißt Double-Time! Wer auch immer es auf die Kinder abgesehen hat, hat Vanirs Blockade bereits durchbrochen!" analysierte John das Ganze zackig und bedeutete kurzerhand Eragon auf seinen Rücken zu springen, bevor er und Steven und Shenmi ihre Geschwindigkeit erhöhten. Das war schlecht. Er hatte gehofft wenigstens einmal auf der glücklichen Seite zu sein, aber mit der Gewissheit, dass die Unholde der Schwarzen Rose bereits im Speisesaal selbst waren, durften sie keine einzige Sekunde mehr verschwenden. Sonst würden die jungen Reiter unweigerlich so enden, wie Keno und Shad, als er damals in Nidhan gelandet war. Gleichzeitig wuchs die Angst seiner anderen beiden Persönlichkeiten exponentiell an.

Was würden wohl die Ra'zac mit Kindern anstellen, wenn sie schon die beiden Wächter auf der Treppe so verschandelt hatten? Dieser schreckliche Gedanke allein, sorgte schon fast dafür, dass sich eine der beiden anderen Persönlichkeiten nach vorne schob, doch noch konnte er die Kontrolle behalten.

Gerade so.
Und Yang half ihm nicht wirklich dabei, indem sie wütend knurrte: „Wenn sie den Kleinen etwas angetan haben, werde ich sie lebendig in der Luft zerreißen!" und Coule zustimmend brummte: „Nicht nur du."

Schier endlos fühlte es sich an, wie sie den langen Gang entlang rannten, bis schließlich eine riesige Tür vor ihnen auftauchte, die nur zu dem großen Speisesaal führen konnte. Zu ihrer Missmut stand sie bereits sperrangelweit offen und lautes Geschrei und Gebrüll drang von innen zu ihnen nach draußen. „Bereithalten! Wir müssen den Überraschungsmoment für uns nutzen, das heißt wir können nicht langsamer tun und warten, da feindliche Zauberer uns leicht entdecken könnten. Was immer ihr tut, Priorität ist die Sicherheit der Kinder! Erstellt so schnell wie möglich eine Schutzzone um sie herum!" befahl Miller eindringlich aber mit gedämpfter Stimme. Von seinen beiden Kindern kam ein grünes Bestätigungslicht in seinem HUD als Antwort, wohingegen Eragon bestimmt flüsterte: „Ich bin direkt hinter euch John!"

Nur einen Moment später erreichten sie die Tür und mit nur einem Blick übersah der Colonel die Situation im Innern.

In der hinteren linken Ecke hatte sich ein gutes Dutzend Personen zusammengedrängt, von denen die meisten die weiße Küchengarnitur trugen. Es waren Männer, Frauen, Jugendliche und auch Kinder, wobei die vier Männer der Gruppe den äußersten Ring und damit eine Art lebenden Schutzwall für die anderen bildeten, obwohl sie keinerlei Waffen in den Händen hielten. Die Todesangst stand ihnen allesamt ins Gesicht geschrieben. Vor ihnen hatten sich drei halbstarke Drachen aufgebaut, von denen ein jeder deutlich kleiner war als Tinira. Insbesondere der kleinste von ihnen, mit seinen beigen Schuppen kam ihm sehr bekannt vor. Er hatte keine Zweifel, dass es sich um Delon handeln musste, was bedeutete, dass der junge Simon sich im Pulk der verängstigten Leute befinden musste. Die anderen beiden Jungdrachen, ein aschgrauer und ein zinnoberroter, sagten ihm hingegen nichts, wobei sie ein Stück größer waren, als Delon. Doch alle drei knurrten und fauchten ihre Widersacher vor ihnen gleichermaßen kampfeslustig an. Ein ganzes Dutzend Soldaten, allesamt in schwarze Gewänder gehüllt, unter denen aber noch hier und da ein Stück ihrer grauen Plattenrüstung hervor lugte, stand dort und hatte alle ihre Schwerter und Schilde gezogen. Zusätzlich konnte der Colonel zwei Ra'zac in ihren typischen schwarzen Kutten erkennen, die die Soldaten flankierten. Zwei weitere Männer standen hinter der ganzen Schaar und waren ihrer waffenlosen Aufmachung nach zu urteilen Magier, denn im Gegensatz zu ihren Kumpanen hielten sie keinerlei Schwerter in Händen und ihre Kleidung ähnelte den zwei Zauberern, die sie auf dem Plateau bei ihrer Landung erledigt hatten.

Ein lautes Klirren zog für einen Moment seine Aufmerksamkeit auf sich. Dort in der vorderen linken Ecke hatten zwei in schwarze Gewänder gehüllten Elfen, eine Mann und eine Frau, Vanir sprichwörtlich in die Ecke getrieben und bearbeiteten ihn mit präzisen Schwerthieben. Aber der Lehrmeister hielt unter offensichtlich großer Anstrengung dagegen, sodass es den Eindruck machte, dass keine der beiden Parteien die Oberhand besaß.

Dann ertönte das schrille, schmerzerfüllte Kreischen einer jungen Frau aus der ungefähren Mitte des gigantischen Saals und Miller erstarrte zu einer Salzsäule, als er die grausame Szenerie vor sich erblickte.

Dort, keine zehn Meter vor ihm lag eine nur leicht bekleidete Frau auf einem der Tische. Ihre weiße Küchenkleidung war zerfetzt und stellenweise mit Blut verschmiert, wohingegen ihr zu einem Knoten gestecktes schwarzes Haar schweißgebadet auf ihrem Kopf klebte. Er kannte dieses Mädchen, es war Miriam aus dem Gasthaus dem „Goldenen Drachen". Der Colonel zuckte regelrecht zusammen, als sich ein spitzer Ra'zacschnabel in ihren Magen grub, wie die Krähen es bei Leichen taten. Abermals schrie das arme Mädchen wie am Spieß, als dieses Ungetüm ihr bei lebendigem Leib den Bauch aufpickte und anschließend den blutbeschmierten Schnabel, gefüllt mit Fleischfetzten und Teilen der Innereien wieder herauszog. Ein zweiter Schnabel gesellte sich hinzu und stieß ebenfalls hinab, in Begleitung eines erneuten Kreischens und einem lachenden Keckern des ersten Ra'zac.

Wie unter Schock ließ John seine Waffe laut klirrend zu Boden fallen.

Wut.

Hass.

Zorn.

Verzweiflung.

Trauer.

Es gab kein Wort, das beschreiben konnte, was für Gefühle in dem alten Soldaten aufwallten, als er diese junge Frau dort halbnackt vor sich liegen sah, während sie bei lebendigem Leib angefressen wurde wie ein Stück Aas. Wie ein Taifun stürmte sein Verstand hin und her, bis mit einem Schlag eine Totenstille einsetzte und er nur noch seinen eigenen Herzschlag hören konnte. Etwas strömte aus den Untiefen seiner zersplitterten Persönlichkeit hervor, überflutete alles andere und brachte die anderen zum verstummen.

Das nächste was folgte, war ein unnatürliches, animalisches Brüllen, welches dem Soldaten über die Lippen kam, als die vierte Persönlichkeit ihn übermannte und er sich gleichzeitig den Helm vom Kopf riss.

Es gab niemanden mehr um ihn herum, keine Shenmi, keinen Eragon, keinen Steven. Er sah nur noch die beiden Ra'zac und die hilflose Frau vor sich.

Wie ein wildes Tier stürzte er nach vorne, woraufhin die beiden Bastarde sich erschrocken zu ihm umdrehten und dabei von dem Mädchen abließen. Sie langten gerade nach ihren nutzlosen Waffen, als Miller sie erreichte. Mit unmenschlicher Kraft rammte er dem linken Ra'zac seinen rechten Arm mitten durch die Brust und schnappte gleichzeitig mit seinen Kiefern nach dem Kopf. Er spürte den kurzen Widerstand, der ihm das Exoskelett bot, doch es interessierte ihn nicht. Für ihn war es nur wichtig, dass er den Bastard mit seinen Drachenzähnen am Hals zu packen bekam. Mit aller Macht biss er zu und schleuderte dabei seinen Kopf hin und her wie ein Wolf, der seine Beute zerriss. Mühelos durchdrangen seine messerscharfen Zähne den harten Außenpanzer des Ra'zac, dem er im nächsten Moment praktisch brutal den Kopf von den Schultern riss wie ein Raubtier. Gleichzeitig packte er die linke Schulter des schon leblosen Unholds und zerteilte den kompletten Körper des Ra'zac mit einem zornigem Gebrüll. Blaugrünes Blut und Innereien flatschten wild über seine Panzerung und der ranzige Geschmack ihres fauligen Fleischs breitete sich in seinem Mund aus.

Angewiderte schleuderte er den abgerissenen Hals samt Kopf beiseite und griff stattdessen nach dem dunkelgefärbten Herz, welches direkt neben seiner rechten Faust in der Luft schwebte. Es zerplatzte wie eine überreife Tomate zwischen seinen Fingern und mit großer Genugtuung warf er die beiden Körperhälften quer durch den Raum, sodass sie krachend gegen eines der großen Fenster klatschten.

Im nächsten Moment bohrte sich ein brennender Schmerz durch seinen Rücken und den Bauch und als er an sich herunterblickte, entdeckte er das stahlgraue Schwert, dessen Spitze aus seinem Unterleib herausragte. Doch Schmerz interessierte ihn nicht. Brüllend packte er das Schwert und wirbelte mit ausgefahrenem rechtem Arm nach hinten, um den Übeltäter zu erwischen. Dieser wich jedoch mit einem wütenden Klicken aus und versuchte ihm den Schnabel stattdessen in den Hals zu rammen. Der Ra'zac unterschätzte dabei jedoch den Titanen in seiner jetzigen Verfassung deutlich.

Mit einer Bewegung, die ihm selbst beinahe den Arm auskugelte und einige Muskelfasern zerriss, bekam John das Ungetüm mit der rechten Hand am Kopf zu fassen, sodass er den Schnabel wenige Zentimeter vor seinem Fleisch stoppen konnte. Nun hielt er den Schädel des Ra'zac wie einen Handball und erhöhte immer mehr den Druck, wodurch der Außenpanzer zunächst zu ächzen begann und schließlich laut knackte, während der Unhold panisch in seinen Fängen kreischte und versuchte seinen Arm zu brechen. Voller Zorn packte der Colonel daher einen der Arme mit seiner Linken und riss ihn aus dem Gelenk heraus, als sei der Ra'zac nur eine gewöhnliche Spielpuppe aus Stoff, woraufhin er ihm animalisch ins Gesicht brüllte, wobei einige Speichelspritzer auf dem schwarzen Exoskelett landeten.

Aber so einfach würde er den Kerl nicht sterben lassen.

Er musste leiden, für das, was er der Frau angetan hatte, für das, was er Melissa angetan hatte!

Wie besessen rammte er dem Ra'zac die zu einem Speer geformte linke Hand in die Flanke, wobei seine gepanzerten Finger krachend durch die natürliche Rüstung drangen, worauf ein ekelerregendes Schmatzen folgte. Im Inneren schloss sich seine Faust um irgendwelche Eingeweide, es interessierte ihn nicht was es war und mit einem lauten Flatschen riss er den Batzen an Innereien aus dem Leib des Ungetüms. Dieses riss seinen Schnabel weit auf um ein grausiges Kreischen auszustoßen, doch Miller nutzte den Moment, um ihm die linke Hand samt Eingeweide in den viel zu engen Schlund zu stoßen. Es knackte und krachte laut, als er seinen Arm bis zum Ellbogen in den Hals des Ra'zac rammte, wodurch große Teile des Exoskeletts vom Hals abgesprengt wurden. Noch gab es jedoch einen letzten Funken Leben in dem Viech, nachdem er die Hand wieder hervorzog, die nun vollkommen mit übelriechendem Speichel und blaugrünem Blut benetzt war. Erst jetzt presste er die rechte Hand vollends zu einer Faust zusammen, wodurch er den Schädel nun vollkommen zermalmte und graugelbe Gehirnmasse zusammen mit blaugrünem Blut zwischen seinen gepanzerten Fingern und den schwarzen Exoskelettbruchstücken hervorquoll.

Anschließend hämmerte er den Ra'zac mit einem triumphierenden Brüllen auf den Boden vor ihm und begann wie wild auf die Leiche einzutreten, als würde er einen übergroßen Käfer zertrampeln. Seine Tritte waren dabei so kräftig, dass sie nicht nur den Außenpanzer des Ungetüms sprengten, wie trockenes Holz, sondern auch noch Risse im steinernen Boden des Saals zurückließen. Inmitten seines wilden Getrampels hörte er plötzlich ein lautes Fauchen zu seiner Linken. Wie ein Wachhund schoss sein Kopf hinüber zu der Quelle des Lauts, wo er einen aschgrauen Drachen entdeckte, der ihn mit gefletschten Zähnen anknurrte.

Er hatte es also auch auf Melissa abgesehen!
Wie ein tollwütiger Wolf schäumte Johns Mund praktisch vor Wut, als er sich der neuen Bedrohung zuwandte und ihm ein donnerndes Brüllen entgegenschickte.

Doch noch bevor er sich auf ihn stürzen konnte krachte etwas unglaublich Schweres in seine Seite und holte ihn mühelos von den Beinen. Wie wild versuchte er sich wieder aufzurappeln, doch mächtige Arme schlossen sich um seine Seiten und klemmten ihn ein wie Schraubstock.

„Holy fuck! Dad! Komm wieder zu dir!" schrie ihm die Person entgegen, die ihn nun ihrerseits wie ein kleines Kind vom Boden hob, doch er gab nicht klein bei. Wütend schnappte er nach dem braungebrannten Gesicht und stöhnte keuchend auf, als der Kerl ihm eine derart harte Kopfnuss verpasste, dass er schon Sternchen vor den Augen sah. „Wach auf!" brüllte ihm der Mann erneut energisch entgegen und erst jetzt begann sich der Nebel um Johns Verstand wieder zu lichten.

Die Szenerie hinter und neben der Person vor ihm nahm wieder ihre ursprünglichen Konturen an, als sein Tunnelblick allmählich verschwand. Er musste mehrfach unwillkürlich blinzeln, bevor er wieder in das Gesicht des Mannes blickte, den er nun als Steven wiedererkannte. „Ste – Steven?" murmelte er benommen, woraufhin Coule ein erleichtertes Seufzen ausstieß und den Klammergriff um seinen Vater wieder lockerte.

„Heilige Scheiße Dad! Puuh! Du hast gerade zwei Ra'zac mit bloßen Händen in der Luft zerrissen und warst im Begriff dich auf einen der Jungdrachen zu stürzen! Ich konnte dich zum Glück aber gerade noch aufhalten." erklärte ihm der Hüne tief durchatmend, woraufhin leichte Panik von Miller Besitz ergriff. „Ich habe niemanden verletzt, oder?" fragte er hastig und ein ganzer Berg löste sich von seinem Herz, als Steven schnell den Kopf schüttelte. „Bis auf die Ra'zac nein. Auch wenn du den Kleinen wohl den Schock ihres Lebens beschert hast." Dabei deutete er hinter sich und eine schwere Schuld legte sich über Johns Gewissen, als er die panischen Gesichter der Menschen, aber vor allem der Kinder sah, die ihn anstarrten, als wäre er der Teufel in Person.

[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt