*John? Was ist los? Ich hatte so einen schönen Traum.* murmelte Feyth gähnend und streckte sich genüsslich. Ihr Kopf wandte sich mit blinzelnden Augen von Keno zu John und das Drachenmädchen erstarrte, als sie das zugekniffene rechte Auge des Titanen bemerkte. „Es ist nichts passiert, Keno hatte nur einen Albtraum und ist deswegen aufgewacht. Dabei bist du leider von seiner Brust gepurzelt." erklärte der Soldat ruhig und warf dem kleinen Drachen einen entschuldigenden Blick zu.
Er musste unwillkürlich schlucken, da Feyths smaragdgrüne Augen zu Schlitzen geformt waren und ein vorwurfsvolles Knurren aus ihrer Kehle drang. *John? Was ist mit deinem Auge passiert? * wollte sie mit scharfer Stimme wissen und war mit einem Sprung auf den Beinen. Der Colonel seufzte aufgebend und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während der junge Drachenreiter wieder von ihm abließ und sich schniefend aufrappelte. „Nun – wie soll ich das erklären? Sagen wir einfach ich habe ein kleines Problem behoben." versuchte John sich aus der Situation herauszuwinden, doch das war zwecklos.
Geschwind wie ein geölter Blitz kletterte das Drachenmädchen auf seine Schultern und besah sich das zerstochene Auge genauer. Sie fauchte leise, als sie die blass rosafarbenen Augenlider, die die Naniten bereits geheilt hatten, betrachtete und begann dann missmutig an seinem Ohrläppchen zu knabbern, geradeso, dass es nicht wirklich schmerzte, aber dennoch äußerst unangenehm war. *Dich darf man keine Sekunde alleine lassen, John! Das eigene Auge auszustechen – eigentlich sollte ich dir dafür die Nase abbeißen!* knurrte der kleine Drache aufgebrachte, wobei ihr Schwanz wild umher peitschte. Der Titan unterdrückte den Impuls sie von seinem Ohr wegzudrücken und tätschelte stattdessen beruhigend ihren Hals. „Tu das bitte nicht, damit fügst du dir nur selber Schmerzen zu. Und du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen, ich habe schon weitaus Schlimmeres durchgestanden." flüsterte er ihr sanft zu, was Feyth zumindest ein wenig besänftigte, sie von seinem Ohr abließ und stattdessen zärtlich über das geschlossene Auge schleckte. *Mach sowas bitte nie, nie wieder! Versprich mir das!* entgegnete das Drachenmädchen mit geradezu flehender Stimme. Leicht schockiert bemerkte der Soldat an seinem Hals, dass der Körper des kleinen Drachens merklich zitterte.
Er musste kein Genie sein, um zu wissen warum.
„Feyth, du hattest mir doch versprochen, solche Erinnerungen aus meinem Geist nicht mehr einzusehen. Bitte, du schadest dir damit nur selbst, meine Kleine." rügte er sie mit mitleidigem Blick und presste ihre Stirn gegen die seine. Feyth fiepte traurig und leckte mit ihrer Zunge über sein Kinn. *Aber du hast schon so viel Leid alleine ertragen. Und wenn du solche Dummheiten machst, muss ich dir doch helfen.* murmelte sie kleinlaut, woraufhin John ihr ein dankbares Lächeln zu warf.
„John? Was ist mit deinem Auge geschehen? Wurden wir angegriffen? Es ist mir gerade nicht aufgefallen, weil der Traum noch dermaßen präsent war." fragte Keno bestürzt nachdem er aufgestanden war und sich den Dreck von der Hose geklopft hatte Der Soldat hob beschwichtigend die linke Hand. „Nein, nein. Es ist alles in Ordnung, Junge. Ich habe lediglich die Gunst der Stunde genutzt, um ein kleines Problem zu beheben." erklärte er dem Knaben, was dessen Verwirrung allerdings nicht verringerte. „Problem? Ich verstehe nicht – " „John-Vodhr sah sich dazu gezwungen, sein menschliches Auge ebenfalls durch ein Drachenauge ersetzten zu lassen, da der Unterschied in der Sehkraft zu stark ist, um sich daran zu gewöhnen. Dabei wählte er einen – sehr direkten Weg." sprang Alanna dem Titanen bei und schenkte ihm ein Schmunzeln. Kenos Augen weiteten sich, als er begriff, was die Elfe meinte. „Du hast doch nicht etwa – ? Großer Gott! John!"
Besänftigend legte John ihm seine Hand auf die Schulter. „Mach dir keinen Kopf darüber. Meine Na – mein Auge ist schon wieder so gut wie geheilt. Hättest du noch eine Stunde geschlafen, wäre es dir vermutlich nicht einmal groß aufgefallen. Zumindest solange es noch Nacht ist." meinte er lächelnd. „Vermutlich, es ist einfach nur schwer zu begreifen, dass so etwas für dich ein 'kleines Problem' ist. Da will ich gar nicht erst wissen, was passieren muss, damit du glaubst, es wäre ein großes Problem." entgegnete der Drachenreiter, während sie alle zurück zum Lagerfeuer traten. „Das, was mit dir und Shad geschehen ist, sehe ich als so etwas an. Dein Albtraum hat das nur noch einmal bekräftigt." erwiderte der Titan ernst und reichte dem Jungen eine der noch vorhandenen, schon geschälten Kartoffeln. Auch der kleinen Feyth, die inzwischen damit fertig war, sein Auge abzuschlecken hielt er eine der Knollen vor die Schnauze und sie biss herzhaft hinein.
Keno hingegen nahm zwar die Kartoffel dankbar nickend entgegen, rührte sie jedoch nicht an, sondern starrte traurig zu Boden. Alanna setzte sich neben ihn auf den umgefallenen Baumstamm und lächelte aufmunternd. „Lass dich nicht unterkriegen, Keno-Finiarel. Sobald Meister Eragon, den Bann von mir genommen hat, werde ich endlich die Geheimnisse der Schwarzen Rose mit euch teilen können. Dann wird es uns ein Leichtes sein, Shad zu befreien." „Das ist schön und gut, Alanna-Elda, aber wir brauchen noch ein paar Tage, bis wir in Drakenfort ankommen und ich mag mir gar nicht vorstellen was alles passieren kann, wenn mein Traum nicht einfach nur ein Traum war! Was wenn es wahr ist?" widersprach der junge Drachenreiter mit angsterfüllter Stimme. Seine Hand schien sich dabei um die Kartoffel herum zu verkrampfen. *Was für ein Albtraum?* wollte das grüne Drachenmädchen auf Johns Schulter wissen, doch der Soldat antwortete ihr nicht.
Stattdessen sah er den Jungen mitleidig an. Er wusste selbst, wie grauenhaft real solche Albträume sein konnten, schließlich war das der Grund, für seine anormal langen Phasen ohne Schlaf. Entschlossen ballte er die rechte Hand zur Faust. „Mach dir keine Sorgen. Unser Verstand spielt uns manchmal solche Streiche. Es war nur ein schlechter Traum. Vertrau mir, ich weiß wovon ich rede." meinte der Titan ernst. „Aber es fühlte sich so wirklich an." widersprach Keno noch nicht ganz überzeugt und Alanna bemerkte: „Es war vermutlich nicht dein Albtraum, sondern der deines Seelengefährten. Deshalb fühlte sich alles so an, als wärst du wirklich vor Ort, weil du es mit deinem Geist wirklich warst, nur eben in seinem Traum." Der Junge sah vom Boden hoch in das mitfühlend, lächelnde Gesicht der Elfe und zwang sich selbst zu einem schmalen Lächeln. „Das aus eurem Munde zu hören, ist wirklich eine kleine Erlösung, Ebrithil. Ich hoffe nur, wir erreichen die Stadt schon bald, um Shad zu befreien. Ich will nicht, dass er so schreckliche Träume lange ertragen muss!" „Überlass das nur mir. ich werde dafür sorgen, dass wir früher als geplant in Drakenfort ankommen." sagte der Colonel bestimmt und reichte Feyth eine weitere Kartoffeln, da sie ihre erste bereits verputzt hatte.
Der junge Drachenreiter sah ihn skeptisch an. „Wie willst du das anstellen?" „Dun'var. Er sagte zu mir, dass uns begleiten wolle, nachdem sich um eine wichtige Sache gekümmert hat. Ich werde ihn darum bitten uns dorthin zu fliegen. Er ist groß und stark genug uns drei zu tragen." erklärte John, woraufhin Keno ihm einen überraschten Blick zuwarf. „Du – du willst wirklich Dun'var Schattenklaue darum bitten, uns nach Drakenfort zu fliegen?" fragte er stammelnd und John nickte. „Das werde ich. Oder willst du mir etwa sagen, dass du als Drachenreiter Flugangst hast?" „Nein, nein! Es ist nur – es ist Schattenklaue! Einer der drei Anführer seines Volkes! Soweit ich weiß, hat er noch nie zugelassen, dass jemand auf seinem Rücken reitet! Warum glaubst du, dass er es bei uns tun wird?" „Wie habt ihr es doch gleich erklärt Alanna?" wandte der Titan sich an die ältere Drachenreiterin. Diese hatte das linke Bein über das rechte Knie gelegt und die Hände im Schoß übereinander gefaltet. „Dun'var hat in einem fairen Zweikampf gegen John-Vodhr verloren. Nach dem uralten Recht der Drachen und seinem eigenen Ehrenkodex steht John damit über ihm in der Hackordnung. Schattenklaue wird seiner Bitte nachkommen, insbesondere, weil er und ich eine lange und innige Freundschaft pflegen." antwortete die Elfe, wobei sie zustimmend den Kopf neigte.
Zusätzlich zwinkerte sie dem Soldaten verstohlen zu und tätschelte mit ihrer linken Hand die verborgene Brusttasche. Der Colonel zog skeptisch eine Augenbraue nach oben, fragte aber nicht weiter nach. „Genau das, danke Alanna."
„Wow! Jetzt hast du schon den Respekt von zweien der drei Drachenanführer! Ich bin so froh, dass wir uns dort im Wald begegnet sind John, wer weiß, wo ich ansonsten bereits wäre." meinte Keno bewundernd und biss zaghaft von der Kartoffel in seiner Faust ab. *Dann hätte ich dich befreit!* knurrte Feyth respekteinfordernd und plusterte sich auf Johns Schulter zu voller Größe auf. „Natürlich hättest du das meine Kleine." lachte der Titan und kitzelte sie am Bauch, woraufhin das kleine Drachenmädchen quiekende Laute ausstieß und kopfüber in seine Arme purzelte. Auch Alanna schmunzelte fröhlich und selbst der junge Drachenreiter konnte nicht anders, als kurz prustend zu lachen, wobei er feuchte Kartoffelmatschklumpen ins Feuer spuckte, das bei jedem Tropen zischte. Der Colonel war froh, den Burschen auch wieder lachen zu sehen, bei allem was er durchgemacht hatte keine Selbstverständlichkeit.
Die nächsten paar Minuten verbrachte der Soldat damit den kleinen Drachen überall zu kitzeln, wo er ihn zu fassen bekam, während das Drachenmädchen ihrerseits versuchte ihn zum Lachen zu bekommen. Keno aß derweil noch zwei weitere Kartoffeln und beobachtete mit Alanna amüsiert das spaßige Treiben. Schließlich hechelte Feyth erschöpft und sagte *Ich – ich gebe auf. Waffenruhe! Du hast gewonnen.* „Dann steht es jetzt Fünf zu Eins für mich." entgegnete der Titan grinsend und streichelte ihr zärtlich über den Kopf. *Das ist nicht fair! Du bist kein bisschen kitzelig am Kinn und der Rest von dir ist unter der Rüstung versteckt! Dafür musst du mich jetzt füttern!* protestierte der kleine Drache und öffnete erwartungsvoll ihr Maul. John lachte herzhaft, griff nach einer der verbliebenen Kartoffeln und schob sie ihr zwischen die Kiefer.
*Das müssen wir irgendwann noch einmal wiederholen, dann aber ohne deine Rüstung.* grummelte das Drachenmädchen, während sie, so gut es mit ihren scharfen Reißzähnen ging, die Knolle zerkaute. Der Titan seufzte leise und kraulte sie hinter dem Ohr. „Ich denke nicht, dass das mögliche sein wird Kleine. Den Großteil meiner Rüstung kann ich nur mit speziellem Werkzeug öffnen und das gibt es weder in Nidhan, noch Surda, noch Alagäsia. Einzig und allein meine Hände und die Unterarme kann ich von Hand abmachen. Aber freu dich nicht zu früh, ich bin nur an zwei Stellen kitzelig und die liegen nicht dort." erklärte er schmunzelnd. *Wo denn dann?* wollte Feyth neugierig wissen, woraufhin er einmal auf seinen Bauch und einmal auf die Füße klatschte. „Jetzt weißt du zumindest schon einmal wo." entgegnete der Colonel augenzwinkernd und sah an den Baumkronen vorbei, hinauf in den langsam heller werdenden Himmel.
Nicht mehr lange und die Sonne würde im Osten ihre heutige Reise am Firmament beginnen. Ein Kribbeln in und um sein rechtes Auge herum, ließ den Soldaten kurz innehalten. Das Gefühl kehrte langsam wieder in das Gewebe zurück, was nur bedeuten konnte, dass die Naniten ihre Arbeit abgeschlossen hatten und nun das Betäubungsmittel abbauten. Langsam und vorsichtig öffnete er sein verheiltes Auge, wobei er den Impuls sich mit der Hand zu reiben unterdrücken musste. Er blinzelte mehrmals, bis die verschwommene Wahrnehmung seines rechten Sehorgans zu einem gestochen scharfem Bild wurde und zusammen mit dem Abbild des linken Augapfels ein normales und vor allem einheitliches Sichtfeld bildete. Zumindest normal für Drachenaugen. Alles um ihn herum, was auch nur im Entferntesten rot in sich trug stach aus der Landschaft hervor. Das helle Grau, in welchem sein modifiziertes, menschliches Auge die Nacht wahrnahm, war verschwunden und hatte dem farbenprächtigen Abbild des Drachenauges Platz gemacht.
Das grüne Drachenmädchen in seinem Schoß sah ihn mit einem neugierigen Blick an und auch Alanna musterte Johns Gesicht fasziniert. Nur Keno ließ sich von einem Rascheln im Gebüsch ablenken, wobei der junge Mensch wohl ohnehin wenig erkannt hätte. *Das sieht – ungewöhnlich aus. Ich meine, noch ungewöhnlicher als davor.* murmelte Feyth, stellte sich auf ihre Hinterbeine und richtete sich auf, um die Augen des Titanen aus nächster Nähe zu betrachten. Die Vorderbeine hatte sie dabei auf der verschrammten Brustplatte abgestützt. „Ich muss sagen, es steht euch, John-Vodhr. Mit diesen Augen werdet ihr selbst gestandene Männer schon mit einem einfachen Blick einschüchtern können." meinte die Elfe nickend. Erst jetzt bemerkte auch der junge Drachenreiter was geschehen war und sah den Colonel staunend an. „Ich habe noch nie sonderlich viel auf Äußerlichkeiten gegeben, Alanna. Aber ich muss sagen, dass ich es im nachherein nicht bereue diese Augen bekommen zu haben, auch wenn etwas gewöhnungsbedürftig ist, alles in derart knalligen Farben zu sehen." entgegnete der Soldat schulterzuckend, langte nach seinem herumliegenden Helm und zog den Wasserkanister von seinem Rücken.
Sanft drückte er Drachenmädchen wieder hinunter, um Platz zu haben den Kopfschutz zunächst auszuspülen und danach mit Wasser aufzufüllen, damit er sich in im flackernden Licht des Lagerfeuers selbst betrachten konnte. Feyth hatte recht. Der Anblick war höchst ungewöhnlich. Sein normales, menschliches Gesicht und mitten darin die reptilienhaften, roten Drachenaugen, die Lyaths zum verwechseln ähnlich sahen. 'Daran werde ich mich wohl erst noch gewöhnen müssen. Wenn Shenmi mich jetzt sehen könnte, würde sie wohl grün vor Neid werden.' dachte er schmunzelnd, kippte dann das Wasser aus dem Helm und verankerte den Tank wieder auf seinem Rücken. Der kleine Drache aus seinem Schoß schnurrte zufrieden und kletterte ihm erneut auf die Schultern. Den Kopf an seinem Kinn reibend flüsterte sie glücklich: *Mir gefällt es.* John lächelte und gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Das glaube ich dir aufs Wort."
Damit stand er auf und ließ seinen Blick über den südwestlichen Horizont schweifen, von woher sie gekommen waren. Allerdings konnte er nichts außer vereinzelten Wolken und einem großen Schwarm von Vögeln entdecken. Nichts, dass einem riesigen Drachen gleichkam. Gleichzeitig gewann die Sonne in seinem Rücken immer mehr an Höhe, sodass bereits ein wunderschöner Sonnenaufgang im Osten zu beobachten war. 'Hier zu warten hilft uns auch nicht weiter. Am besten wir brechen auf und bringen zusätzlich noch ein paar Meilen hinter uns.' überlegte der Titan und setzte sich den Helm wieder auf den Kopf. Ein leises Zischen signalisierte ihm, dass die automatische Versiegelung gegriffen hatte und er rümpfte die Nase, als ihn der Geruch von altem Kochwasser übermannte. Schnell verdrängte er jedoch die Gedanken daran und meinte: „Lasst uns zusammenpacken und wieder aufbrechen. Der Morgen graut schon und wir gewinnen nichts, wenn wir hier nur herumsitzen." Feyth auf seiner Schulter brummte bekräftigend und auch Alanna und Keno erhoben sich von dem Baumstamm. „Das stimmt, John-Vodhr. Dun'var wird uns ohnehin einholen, ob wir nun laufen oder nicht." entgegnete die Elfe zustimmend, woraufhin der junge Drachenreiter nickte. „Etwas Bewegung wird mir sicherlich gut tun und diesen grässlichen Albtraum aus meinem Kopf drängen." Er sah den Soldaten fragend an. „Vorausgesetzt, ich muss nicht wieder auf den Rucksack, was natürlich auch in Ordnung wäre." fügte er hinzu, wobei die letzten Worte eher ein Murmeln, als sonst etwas waren.
John schüttelte jedoch den Kopf. „Nein, musst du nicht. Wir werden dein Tempo gehen, schließlich will ich ja nicht mit Gewalt die Straßen in Nidhan ruinieren." erwiderte der Titan und zwinkerte dem Jungen aufmunternd zu, der daraufhin erleichtert lächelte. Dann trat er hinüber zu seinem improvisierten Nachtlager, um es zusammenzulegen und zum Rucksack zu tragen, während der Colonel mit Hilfe des Wassertanks auf seinem Rücken das Lagerfeuer löschte. Dabei erhaschte er endlich einen kurzen Blick auf das Bild, welches Alanna mit dem Stock in den Boden gezeichnet hatte.
Beziehungsweise war es kein Bild, sondern vielmehr eine Art Text in einer ihm fremden Schrift geschrieben. Am ehesten glich es in seiner Form noch einem Gedicht. Die Elfe bemerkte seinen musternden Blick und verwischte ihr Kunstwerk hastig mit dem Fuß. John sah sie verwundert an. „War das Gedicht etwa so grauenhaft, dass ich es nicht lesen sollte? Keine Angst, ich beherrsche eure Sprache und Schrift ohnehin nicht." gluckste er und schüttelte leicht belustigt den Kopf, als ihre Wangen zartrosa anliefen. „Ich – äh – es – es war etwas Persönliches – nur etwas das mir durch den Kopf ging. Es soll vorerst ein Geheimnis bleiben, John-Vodhr." rechtfertigte sie sich hastig. „Schon gut, schon gut, ich wollte euch nicht zu nahe treten." erwiderte der Soldat ruhig und behielt vorsichtshalber sein photographisches Gedächtnis für sich.
Das hinderte jedoch nicht, dass Feyth seine Gedanken belauschte.
*Was ist ein photographisches Gedächtnis?* wollte das Drachenmädchen neugierig wissen, als der Titan damit fortfuhr im Rucksack nach Angelas Magieunterdrücker zu suchen. Er seufzte leise, bevor er ihr gedanklich antwortete: 'Ich kann mir Dinge, die ich einmal gesehen habe bis auf das kleinste Detail hin genau einprägen und mich später daran erinnern.' *Das klingt nützlich!* meinte sie und deutete mit ihrem Schwanzende auf die kleine Phiole, die er gesucht hatte. *Ich glaube du suchst das, oder?* „Ja, danke." entgegnete der Colonel lächelnd und tätschelte dem Drachen zärtlich den Kopf.
Danach nahm er das Fläschchen aus dem Ranzen und trat zu Alanna hinüber, die ihm einen missmutigen Blick zuwarf. Trotzdem wehrte sie sich nicht, als er die Phiole öffnete und ihr zwei Tropfen einflößte. Sie schluckte sie hinunter und streckte dann angeekelt die Zunge heraus. „Hoffen wir, dass es heute das letzte Mal ist." murmelte die Elfe, woraufhin der Titan das Fläschchen wieder verschloss und zustimmend nickte. „Das wäre wünschenswert, in mehrerlei Hinsicht." Er nahm von Keno die Decken entgegen, die dieser fein säuberlich zusammengelegt hatte und verstaute sie zusammen mit dem Magieblocker im Rucksack, den er im Anschluss gut verschloss. Dann scheuchte er kurz Feyth von seinen Schultern, um sie nicht zwischen ihm und dem Ranzen einzuquetschen, den er nun hochnahm und auf seinem Rücken festzurrte. Das kleine Drachenmädchen blieb jedoch nicht einfach so auf dem Boden sitzen, sondern kletterte über Johns rechten Arm und Schulter nach oben auf die Oberkante des Rucksack, wo noch zuvor das Feuerholz festgemacht worden war. *Ha! Schau, ich bin größer wie du!* kicherte sie frech, was dem Soldaten ein breites Grinsen aufs Gesicht zauberte. „Dann lasst uns nun aufbrechen. Keno, du gibst das Tempo vor." sagte er schließlich laut und bedeutete den beiden Drachenreitern ihm zu folgen.
„Wie ihr wünscht, John-Vodhr."
„Ja!"
Mit diesen Worten verließen sie die relative Geborgenheit des kleinen Hains und traten zurück auf die Straße. Der nächtliche Wind hatte einige abgebrochene Zweige und Laub auf die grauen Pflastersteine gefegt, doch den beschmutzten Abschnitt ließen sie schon bald hinter sich, auch wenn der junge Drachenreiter für das Verhältnis des Titanen recht langsam ging. Das störte diesen allerdings nicht sonderlich groß, da er gebannt Feyth zuhörte, die ihm eine kleine Geschichte von ihr und ihrem Bruder auf der Jagd erzählte. Scheinbar teilte sie die Erzählung auch mit Kenos Geist, denn der Junge fragte immer wieder bestimmte Dinge nach, zum Beispiel wie ihr Bruder, dessen Name Kirto war, ein bestimmtes Flugmanöver im Dickicht der Bäume fliegen konnte, obwohl es dort kaum Platz gab. Die Antwort des Drachenmädchens war ebenso simpel wie angeberisch: *Größe heißt eben nicht alles, kleine Drachen sind wendiger als Große.*
Der Colonel schmunzelte amüsiert und lauschte weiter der Geschichte. Alanna, die grazil neben ihnen herlief, konnte wegen dem Magieblocker Feyths Worte nicht hören, doch sie lächelte trotzdem fröhlich über die unregelmäßigen Einwürfe des jüngeren Drachenreiters und erklärte selbst ein paar davon, falls sie den Eindruck hatte, dass der kleine Drache es nicht konnte. So verging die Zeit wie im Fluge, aus frühem Morgengrauen wurde früher Mittag und es zogen einige Wolken mehr über ihnen zusammen, sodass sie immer wieder längere Zeit im Schatten anstatt Sonnenschein laufen mussten. Nach Feyth lag es an John, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Er überlegte einige Augenblicke, bis er sich dazu entschloss ihnen die kleine Anekdote zu erzählen, wie er durch ein Missgeschick, auf Lebzeiten Hausverbot in der Bibliothek seiner Heimatstadt erhielt, nachdem ein Knallkopf Feuerwerkskörper auf dem Klo gezündet hatte. Dabei musste er einige Punkte leicht abändern, damit die drei es verstanden, doch das tat den Lachern, die er von ihnen bekam, keinen Abbruch.
Schließlich fragte Alanna an den Titanen gewandt: „Verzeiht, falls ich etwas direkt wirke, John-Vodhr, aber die amüsante Geschichte, die ihr gerade erzählt habt, ist vor über 200 Jahren geschehen? Habe ich das richtig behalten?" Sie klang überrascht. Der Colonel nickte. „Vor 242 Jahren, um genau zu sein." korrigierte er sie, was ihre Augen nur noch größer werden ließ. „Das ist unglaublich. Ich meine, ich wusste bereits seit der Nacht nach eurer Gefangennahme, dass ihr schon einige Winter erlebt habt, doch über 242 Jahre? Das ist ein höchst außergewöhnliches Alter für einen Menschen, der kein Reiter ist." bemerkte sie, woraufhin John mit den Schultern zuckte. „Das ist es auch in meiner Heimat. Dort bin ich, beziehungsweise war ich, der älteste, lebende Mensch mit meinen 263 Jahren. Aber hier bin ich vermutlich nur einer von vielen, zumindest unter eurem Volk. Selbst ihr könntet schon weitaus älter sein, wie ich." „Oh durchaus, ihr seid sogar noch relativ jung, wenn man sich an den Gepflogenheiten meines Volkes orientiert. Aber ich bin viel jünger, als ihr es seid, John-Vodhr, überschätzt das nicht." erwiderte die Elfe, vermied es jedoch ihr genaues Alter zu nennen und der Colonel hielt sich mit dem Nachfragen zurück, um einem nützlichen Ratschlag seines Vaters zu folgen.
'Frage eine Frau niemals nach ihrem Alter!'
„Aber ich sollte nicht überrascht sein, nachdem ihr bereits schwerste Verletzungen binnen weniger Stunden geheilt habt, John-Vodhr. Da dürfte es ein leichtes für euren Körper sein, den Alterungsprozess aufzuhalten." fügte Alanna nach einer kurzen Pause hinzu und lächelte gutmütig. Erneut nickte der Soldat. „Das stimmt."
Da schoss ihm plötzlich ein stechender durch den Kopf, gefolgt von Larvas nervöser Stimme: *Gefahr! Sieh in den Himmel!*
Schlagartig verschwand jegliche Emotion von Johns Gesicht.
Ohne groß darüber nachzudenken suchte er den Himmel über ihnen ab, bis sein Blick auf der Sonne haften blieb, oder besser gesagt, auf das, was sich versucht hatte mit der Sonne im Rücken anzuschleichen. Ein Drache und es war nicht Dun'var! Blitzschnell wandte er seinen Kopf wieder von dem näherkommenden Räuber ab, um sich nicht zu verraten. 'Er ist viel kleiner als Dun'var, vielleicht doppelt so groß wie Dekri und gerade noch zwei Klicks entfernt, maximal. Sollte kein Problem sein, ihn zu überwältigen ohne tödliche Gewalt, ich muss nur Feyth und die anderen in Sicherheit bringen.' analysierte er in Windeseile die Situation und sah sich in der näheren Umgebung um. In knapp 600 Metern Entfernung bemerkte er die Brücke, welche über einen der zahlreichen Flüsse in dieser Region ragte. Ein guter Ort, um sich zu verstecken, nicht perfekt, aber ausreichend.
Mit stoisch ruhiger Stimme erklärte er: „Feyth, Keno, Alanna, auf mein Kommando hin, werdet ihr so schnell es euch möglich ist zu dieser Brücke dort vorne rennen, beziehungsweise fliegen. Versteckt euch unter ihr und kommt erst heraus, wenn ich es sage, verstanden? Ich werde mich nicht wiederholen, haltet euch bereit." Alle drei starrten den Titanen verdutzt an. *Was ist los John?* wollte Feyth wissen und auch Alanna fragte verwirrt: „Habt ihr etwas gesehen, John-Vodhr?" Vollkommen tonlos antwortete der Soldat: „Ich werde mich nicht wiederholen, befolgt meine Anweisungen und es wird euch nichts geschehen, bereithalten!" Ohne groß den Kopf zu bewegen sah er nach oben in die Sonne, wo er dank der verdunkelten Hornhaut, den Drachen deutlich erkennen konnte. Er war bis auf einen knappen Klick herangekommen und kam schnell näher.
„Jetzt!" blaffte der Titan, woraufhin die Elfe und der Drachenreiter lossprinteten und auch das kleine Drachenmädchen flügelschlagend Richtung Brücke abhob. Er selbst verlangsamte sein Tempo ein wenig, um noch mehr Abstand zwischen sich und seine Gefährten zu bringen und stellte den Rucksack neben sich ins Gras. Zufrieden stellte er fest, dass der Angreifer immer noch auf ihn herabstürzte. *Nutze mich!* krächzte Larva in seinen Gedanken, doch unbeeindruckt lehnte John ab. „Unnötig. Ich will den Drachen befragen, nicht töten."
Stattdessen ballte er seine Hände zu Fäusten, blieb stehen und ging in die Hocke. Ein lautes Brüllen schallte über die ebene hinweg, als der Drache keine hundert Meter vom Boden entfernt seine gewaltigen Schwingen ausbreitete, um etwas abzubremsen und dann völlig auf den Soldaten herabzustürzen. Dieser jedoch hatte so ein Manöver schon vorhergeahnt und schnellte zum passenden Augenblick wie eine Sprungfeder dem Raubtier entgegen. Knapp sechs Meter über dem Boden trafen sie aufeinander.
Gleich einem Presslufthammer rammte John dem Reptil beide Fäuste in den dunkelgelb geschuppten Bauch, was ein ersticktes Fauchen und Röcheln zur Folge hatte. Allerdings brüllten auch seine Muskeln und Bänder vor Schmerz. Krachend setzte der Drache auf der gepflasterten Straße auf, wohingegen der Titan von der Wucht des Aufpralls etwas abseits ins Gras geschleudert worden war. Seine Landung fiel jedoch recht glimpflich aus und binnen einer Sekunde war er bereits wieder auf den Beinen.
Erst jetzt nahm er sich einige Augenblicke Zeit, seinen Gegner näher zu betrachten. Die geflügelte Echse maß gut und gern zwölf Meter vom Kopf bis zum Schwanzende und dunkelgelbe Schuppen bedeckten ihren Körper. Der Drache musste noch sehr jung sein. Das Raubtier fletschte die Zähne und stieß abermals ein wütendes Brüllen aus. Es fixierte ihn mit seinen zitronengelben Augen und bereitete ohne Zweifel einen weiteren Angriff vor. Das ließ John allerdings nicht zu.
Ohne weiter zu zögern rannte er auf den Angreifer zu, wobei ganze Grasbüschel mitsamt Erde von seinen schweren Stiefeln aus dem Boden gerissen wurden. Mühelos wich er dem plumpen Schwanzhieb aus und zuckte auch nicht zurück, als der Drache tief Luft holte und ihm seine goldgelben Flammen entgegen spie. Ganz im Gegenteil, er nutzte das, durch das Feuerspeien, eingeschränkte Sichtfeld des Reptils aus, um die Distanz zwischen ihnen zu verringern. Er holte kräftig mit dem rechten Arm aus, sprang empor und hämmerte seine Faust in die linke Schläfe der Echse. Dabei hielt er sich jedoch mit der Kraft zurück, um ihm den Schädel nicht vollends einzuschlagen.
Der Schlag zeigte Wirkung. Benommen taumelte der Drache ein paar Schritte zurück, während das Feuer aus seinem Rachen erstickte. Der Titan setzte einen weiteren Faustschlag, diesmal mit Links, hinterher, der seinen Gegner allerdings verfehlte, da er unvorhersehbarer Weise zu Boden ging, nur um sofort wieder aufzuspringen und dem Soldaten einen Schwinger mit der rechten Pranke zu verpassen.
Der Hieb traf den Colonel unvorbereitet, weswegen er nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und wenige Meter zurückgestoßen wurde. Auch der darauf folgende Schwanzhieb verfehlte sein Ziel nicht, sondern wurde von John abgewehrt, indem er seine Arme wie einen Schild vor sich hielt. Er ließ dem Drachen keine Chance erneut die Oberhand zu gewinnen, sondern packte den Schwanz mit beiden Händen und brach ihn an der Stelle zwischen ihnen, indem er sein Knie hinein rammte.
Die Echse jaulte vor Schmerzen auf und schnappte mit ihren Kiefern blind nach dem Titanen, der dem Angriff mit einem kleinen Schritt zu Seite auswich und seinerseits die rechte Faust auf den Oberkiefer zimmerte. Ein lautes Knacken war zu hören, als ein Riss in der dicken Knochenplatte entstand und aus dem Jaulen wurde ein Kreischen. John setzte hinterher und zielte mit einem weiteren Fausthieb auf den Unterkiefer, der durch die brachiale Krafteinwirkung aus den Gelenken sprang und ebenfalls bedrohlich knackste. Aber noch immer wehrte sich das Raubtier, trotz der gewaltigen Schmerzen, die es durchlitt. Erneut schlug es mit seiner Pranke nach dem Soldaten, doch die Wucht reichte nicht einmal mehr um ihn zurückzudrängen, oder gar einen Kratzer im Atlas zu hinterlassen.
Der Colonel gab nicht nach, fasste mit der linken Hand in den Schlund des Drachen und packte die sich windende Zunge, mit einem Griff wie ein Schraubstock. Gleichzeitig zog er in einer einzelnen fließenden Bewegung, das Messer aus seiner Halterung und setzte es seinem Widersacher an die schon malträtierte Schläfe. „Gib auf, du bist klar unterlegen." verlangte er kühl und tatsächlich stoppte der Drache in seinen Bewegungen, auch wenn seine Muskeln noch extrem zitterten.
„Gut, ich will dich nicht weiter verletzten, aber mache dir keine falschen Vorstellungen. Eine falsche Bewegung und ich ramme dir dieses Messer ins Hirn, verstanden? Ich werde nun deine Zunge wieder loslassen." erklärte John todernst und lockerte seinen Griff um den glitschigen Muskel, während das zitronengelbe Auge ihn vollkommen entgeistert anstarrte.
Da kreischte Larva panisch: *Hinter dir!*
Binnen einer Millisekunde war der komplette Körper des Titanen in Alarmbereitschaft. Er hörte hinter sich ein lautes Rauschen und hechtete ohne nachzudenken zur Seite. Keine Sekunde zu früh, denn sofort danach krachte es lautstark hinter ihm und eine kleine Schockwelle raste durch den Boden. Blitzschnell rollte er sich im feuchten Gras ab, kam wieder auf die Beine und stellte sich kampfbereit auf, die Beine in Ausfallschrittposition und beide Arme zuschlagbereit erhoben, wobei er in der rechten Hand das Messer hielt. Ein Blick auf den Neuankömmling sorgte jedoch dafür, dass sämtliche Spannung von dem Soldaten abfiel und er die Fäuste sinken ließ.
„Dun'var. Ich hätte es wissen müssen." meinte er trocken, während der gigantische, mitternachtsblaue Drache ihm zu zwinkerte.
Er saß gegenüber dem dunkelgelben Angreifer, der neben dem Riesen geradezu wie ein Zwerg wirkte und hatte sich fürsorglich zu ihm hinunter gebeugt. Zärtlich stupste er seinen kleinen Artgenossen an, der ein leises Wimmern vernehmen ließ, ansonsten jedoch still liegen blieb. Der Kampf hatte scheinbar deutliche Spuren bei ihm hinterlassen.
Beiläufig steckte John das Messer zurück in seine Halterung, die gelbe Echse war keine Gefahr mehr, und winkte seinen Gefährten zu, die das Ganze von der Brücke aus beobachtet hatten. Entgegen seiner Anweisung, hatten sie keinen Schutz unter ihr gesucht, doch das interessierte ihn nicht sonderlich, insofern alle unverletzt waren. Alanna, Keno und Feyth kamen stürmisch auf sie zu gerannt beziehungsweise im Fall des Drachenmädchens geflogen, und machten große Augen. Insbesondere die Elfe wirkte extrem nervös, denn sie rief erschrocken: „Tinira!" und eilte an die Seite des dunkelgelben Drachens der ihr ein ersticktes Fiepen als Antwort gab.
'Tinira, das klingt weiblich.' vermutete der Titan, während er sich hinter die ältere Drachenreiterin stellte und Feyth einen kurzen Blick zuwarf, die sich ängstlich auf seinem Rücken versteckte und nur mit dem Kopf über seine Schulter lugte. Der junge Mensch kam als letzter der drei bei ihnen an und stemmte schnaufend die Hände in die Hüften. „Sobald du wieder zu Atem kommst, könntest du bitte nach dem verletzten Drachen sehen Keno? Ein ausgerenkter Unterkiefer, vermutlich angebrochen, ein leichter Riss im Oberkiefer, ein Bruch in der Mitte des Schwanzes, eine Quetschung der Zunge und eventuelle Verletzungen an den Organen im Bauchraum. Ich bin mir sicher, Alanna wird dir gerne dabei helfen, falls du die nötige Magie nicht kennst. Und ihr, Dun'var, tätet gut daran zu erklären, was es damit auf sich hatte." bemerkte der Soldat abschätzend und wandte dich dann Schattenklaue zu, nachdem der Drachenreiter eifrig genickt hatte. Der riesige Drache schleckte seinem Artgenossen noch einmal liebevoll über die Stirn, bevor er den massigen Kopf in Johns Richtung wuchtete.
Ein dumpfes Brummen drang aus seinem Brustkorb. *Ich freue mich euch wiederzusehen, Jäger. Und was gerade geschehen ist, kann euch am besten meine Tochter, Tinira, selbst erklären. Ihr seid wirklich ein beeindruckender Kämpfer, Rotauge.* begrüßte Dun'var ihn und deutete sogar eine leichte Verbeugung an. Der Titan nickte und erwiderte: „Die Freude ist ganz meinerseits. Also ist der Drache der mich angriff, eure Tochter? Ich vermute stark, sie wollte mit eigenen Augen sehen, zu was ich im Stande bin. Äußerst riskant." Er verschränkte die Arme vor der Brust, während er Keno dabei beobachtete, wie er mit Alannas Hilfe anfing Tiniras Verletzungen zu heilen. Dun'var knurrte zustimmend. *Oh, ich hatte ihr davon abgeraten, aber sie ist nun einmal so dickköpfig wie ein Zwerg. Etwas, das sie mit ihrer Mutter gemein hat.* „Nun, hoffen wir, dass sie diese Lektion verinnerlicht. Man sollte niemals einen Gegner unterschätzen." erwiderte der Soldat nüchtern.
Insgeheim dachte er schon darüber nach, wer die Mutter des Jungdrachens sein könnte und hatte bereits auch einen Verdacht.
'Ist Nirlath Tiniras Mutter? Von der Farbe her könnte es passen und würde auch einige der Vorkommnisse mit Alanna und Dun'var erklären. Aber das ist ja nur Spekulation, es könnte theoretisch irgendein Weibchen sein, von dem ich noch nicht einmal gehört habe.' mutmaßte der Colonel und hatte noch nicht einmal den Gedankengang völlig zu Ende gebracht, da blies ihm Schattenklaue bereits eine dicke Rauchschwade entgegen.
*Woher wisst ihr von Sonnenschimmer, Jäger?* grollte der Drache bedrohlich, woraufhin John ohne die Miene zu verziehen auf Alanna deutete. 'Es war nicht schwer herauszufinden, dass ihr Drache in einem Seelenhort überdauert hat. Danach erzählte sie mir freiwillig davon. Falls ihr mir nicht glaubt, könnt ihr sie selbst fragen, sobald Meister Eragon den Bann von ihr genommen hat.' Dun'var sah von ihm hinüber zur Elfe und stieß dann einige Augenblicke später einen Ton aus, der stark nach einem schweren Seufzer klang. Schließlich meinte er matt: *Ja, Tinira ist meine und Nirlaths Tochter. Aber bitte, behaltet es für euch, Rotauge. Kaum jemand weiß davon und ich würde es gerne dabei belassen.* 'Ich richte mich ganz nach euch, Dun'var. Niemand wird von mir etwas darüber erfahren, außer vielleicht Feyth.' entgegnete der Titan in Gedanken und blickte auf seine Schulter, wo er die immer noch zitternde Feyth sah.
Ein Kloß bildete sich in seinem Hals.
Dem kleinen Drachen ging es nicht gut und das schon wieder wegen ihm! Fieberhaft ging er alle Gedankengänge noch einmal durch, um sicher zu sein, nichts vergessen zu haben, dann machte er wieder seiner anderen Persönlichkeit Platz, die das kleine Mädchen hoffentlich beruhigen konnte.
Sofort änderte sich seine Haltung und vorsichtig hob er Feyth nach vorne, wo er sie schützend an seine Brust hielt und beruhigend streichelte. „Ganz ruhig Kleine, du weißt doch, dass Dun'var dir nichts tun wird." flüsterte er ihr zu, was jedoch nur bedingt zu helfen schien. Schattenklaues Augen verengten sich kurzzeitig, bis er verstand, was gerade geschehen war und sagte dann mitleidig: *Ich habe dem Küken leider zahlreiche, schlaflose Nächte beschert, Jäger. Es ist nur verständlich, weshalb sie solche Angst vor mir hat.* „Sie wird sie irgendwann hinter sich lassen können, aber erst muss sie wieder Vertrauen zu euch fassen, Dun'var. Und das braucht Zeit." erwiderte der Soldat, während das kleine Drachenmädchen zitternd nickte. Der mitternachtsblaue Drache zwinkerte aufmunternd und wandte sich erneut seiner Tochter zu, deren Unter- und Oberkiefer, zusammen mit der Zunge bereits von Kenos Magie geheilt worden waren.
Deutlich konnte man sehen, dass die Zauber ihren Tribut von dem Jungen verlangten, der nun mit zittrigen Beinen nach hinten torkelte, um Tiniras Schwanz zu heilen. Dabei konnte John nicht untätig zusehen. Er trat zu den beiden Reitern, die sich neben der anormal verbogenen Gliedmaße niederließen und legte Keno seine rechte Hand auf die Schulter. „Nutze für die restliche Heilung meine Energie und nimm dir auch so viel, wie du durch die anderen Zauber verloren hast. Du sollst nicht für meine Taten geradestehen müssen." sagte er bestimmt. „Bist du sicher?" fragte der Junge nervös, woraufhin der Titan ernst nickte. „Ja."
Sein Ton erstickte jedes Widerwort im Keim.
„Gut, dann mach einfach deine Gedanken frei, den Rest erledige ich. Es wird sich – komisch für dich anfühlen." erklärte der Drachenreiter. „Ich bin bereits, lege einfach los, sobald du kannst." versicherte der Colonel und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Tinira ihm einen musternden Blick zuwarf. Er konnte hören, wie Keno damit begann in der Alten Sprache Verse aufzusagen, während er beide Hände gefaltet über der verletzten Stelle hielt. Die Handflächen begannen rötlich zu leuchten, was John durch seine Drachenaugen verstärkt wahrnahm. Kurz darauf spürte er, wie ihm etwas Kraft entzogen wurde. Nicht viel, ungefähr so, als würde er sprinten, nur eben ohne das er die Füße bewegte. Konzentriert schloss er die Augen.
Fast zwei ganze Minuten lang lauschte er den heilenden Versen, seinem eigenen Puls und dem rhythmischen Atem der Drachen, bis der Junge den Zauber vollendete und der energieabsaugende Strom verschwand. Etwas überrascht öffnete er seine Augenlider und fragte: „War das wirklich alles?"
„Seht selbst." antwortete Alanna, die bislang stumm neben dem Burschen gesessen hatte und deutete auf Tiniras Schwanz. Und tatsächlich, nichts war mehr von einem schweren Bruch zu erkennen, selbst Keno wirkte wieder fitter wie zuvor. „Dein Körper ist wirklich unglaublich John! So viel Energie! Du kannst es fast mit einem Drachen aufnehmen." meinte dieser aufgeregt und sprang auf die Beine. Die Elfe folgte seinem Beispiel. Dem Titanen blieb nichts anderes, als mit den Schultern zu zucken. „Nun, zumindest fühle ich mich nicht wirklich schwächer, ungefähr so als hätte ich einen kleinen Spurt hingelegt."
Da meldete sich eine ihm bisher unbekannte Stimme zu Wort, weiblich und noch sehr jung.
*Habt vielen Dank, großer Jäger. Es ist mir eine Ehre euch persönlich kennenzulernen.* Tinira klang reumütig und stimme den allerhöchsten Respekt vor ihm an. Ihre zitronengelben Augen strahlten ein gewisses Funkeln aus, das der Soldat bereits schon einmal in Dekris Augen bemerkt hatte. Höflich zog er sich den Helm vom Kopf, nachdem Feyth sich um seinen Hals gelegt hatte und verneigte knapp das Haupt. „Die Ehre ist ganz meinerseits, Tinira, doch der Dank gebührt nicht nur mir, sondern auch dem Jungen Keno." *Dem Menschenküken habe ich bereits meine Dankbarkeit gezeigt, Jäger, nur euch noch nicht. Eure Augen! Nun verstehe ich auch, weswegen Vater euch diesen Namen gab. * entgegnete sie fasziniert und stieß eine kleine Rauchwolke aus ihren Nüstern.
John schmunzelte leicht. „Du meinst Rotauge? Ja, ich denke er passt ganz gut. Aber versuche nicht davon abzulenken, dass du gerade eben einen großen Fehler begangen hast." erwiderte der Titan und das Drachenmädchen senkte beschämt den Blick.
*Das habe ich, Jäger, ja. Ich wollte meinem Vater nicht glauben, dass er von einem Menschen besiegt wurde, selbst als er mir seine Erinnerungen zeigte und ich seine Verletzungen sah, konnte ich es einfach nicht glauben. Und für meine Torheit, euch anzugreifen, habt ihr mich angemessen bestraft und vorgeführt, wie das Küken, dass ich noch bin. Nur eurer Gnade ist es zu verdanken, dass ich noch lebe.* „Seinen Gegner zu unterschätzen, ist der größte Fehler, den ein Krieger im Kampf begehen kann, das habt ihr nun durch diese schmerzvolle Lektion gelernt. Hört mehr auf euren Vater Tinira, denn für gewöhnlich wissen Eltern, wovon sie reden." merkte er eindringlich an und erhielt ein zustimmendes Brummen von Dun'var zu seiner Linken, was die junge Drachendame kurz zusammenzucken ließ.
Sie wirkte niedergeschlagen.
Aufmunternd legte ihr der Colonel seine Hand auf die Schnauze, die unter seiner Berührung leicht anfing zu vibrieren. „Werdet erst einmal so groß und stark wie euer Vater. Dann tretet ich gerne noch einmal gegen euch an." versprach er lächelnd, woraufhin sich Tiniras Miene sichtbar aufhellte. *Das werde ich!* versicherte sie und sprang voller Tatendrang auf die Beine. Erfreut bemerkte der Soldat, wie Feyth vorsichtig von seiner Schulter kletterte und langsam auf ihre größere Artgenossin zustapfte, die das kleine Drachenmädchen neugierig beschnüffelte.
Während die beiden sich begrüßten drehte John sich zu Schattenklaue um, der ihm einen respektvollen Blick zuwarf.
„Nun da das vorerst geklärt wäre, hätte ich eine kleine Bitte mit euch zu besprechen, Dun'var."
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[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...