Folgen der Schlacht

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„Woah! Jonas, alles okay? Den Krach haben wir ja bis hier gehört! Hat der Drache etwa nicht kooperiert?" fragte Steven Milten über Funk, während dieser gerade hinüber zu seiner Maschinenkanone ging, welche teilweise in den, durch das Drachenfeuer, geschmolzenen Sand eingesunken war.

„So ungefähr, es ist alles in Ordnung. Scheinbar war dieser Drache hier wirklich feindlich, Tymdek hat vor Wut geschäumt, als er gesehen hat, wer genau es war. Sein Name ist Bralluth und Tymdek hat ihm Dinge an den Kopf geworfen wie Verräter, Eierdieb und Menschenfresser." antwortete Jonas ernst und knirschte mit den Zähnen, als er die MK aus dem noch fast glühenden Glas zog. Die enorme Hitze hatte den Lauf verbogen und sogar stellenweise die Magazinhülle zerschmolzen. Ganz zu schweigen von dem flüssig gewordenen Sand, der sich in jede noch so kleine Ritze gedrückt hatte und einen Großteil des Gewehrs mit rötlich leuchtendem Glas überzog.

Die Waffe war hinüber.

„Menschenfresser? Oha, das klingt übel. Habt ihr ihn gefangen nehmen können?" bemerkte der Sergeant und Milten musste unwillkürlich zu Bralluths Leiche hinüber schauen, wo Tymdek immer noch das rechte Vorderbeine in die Flanke des grünen Drachens gedrückt hielt und die schwarzgerüsteten Soldaten böse anfunkelte. Doch keiner der Männer wagte es auch nur aufzuschauen, geschweige denn einen Muskel zu rühren. Der Colonel warf die kaputte Maschinenkanone wieder zu Boden und trat mit gezogener Pistole wieder hinüber zu Dunkelschwinge.

„Nicht ganz, er ist tot. Tymdeks Hass auf ihn war derart groß, dass er mich damit angesteckt hat. Aber ich denke wir wären ohnehin nicht darum herum gekommen. Einige der Soldaten haben versucht die Landungsboote zu erreichen und damit zu fliehen, aber Bralluth hat sie davon abgehalten und sogar drei seiner Verbündeten umgebracht." erwiderte Jonas und blickte kurz auf die drei Leichen, welche kleinräumig verstreut im Sand lagen. Ihnen fehlten Arme, Beine und zweien sogar der Kopf.

Ohne Zweifel hatte sich der grüne Drache an ihnen gütlich getan.

„Das klingt übel. Wenn Tymdek so wütend wird, dass er ihn umbringt ohne darüber nachzudenken, dann muss dieser Kerl echt was ausgefressen haben, das kannst du mir glauben. Ich hoffe nur, dass uns Bralluths Tod nicht im nachherein noch in den Arsch kneift, schließlich dürfte er ziemlich viele Infos über den Angriff gehabt haben." knurrte Coule und Milten stimmte zu. „Das befürchte ich auch. Nur war mein Kopf im Kampf dermaßen von Tymdeks Zorn gefüllt, dass ich nicht weiter darüber nachgedacht habe. Aber ich kann es nicht mehr ändern, wir müssen jetzt das Beste aus der Situation machen. Immerhin konnten wir ein knappes Dutzend Soldaten festnehmen. Das erhöht zumindest Mal die Chancen darauf, dass einer dieser Bastarde uns mit Infos versorgen kann." „Da haste wohl recht." „Leider ja. Sind Shenmi und Alex eigentlich bereits bei euch?" „Gerade eben angekommen, ja." „Und, was meint Alex zu den Verletzungen?" „Moment." meinte Steven knapp und durch ein leises Knacken verstand Jonas, dass er kurzzeitig die Verbindung zu ihm gemutet hatte.

Während er also auf eine Antwort wartete, wandte sich der Titan an Tymdek, der ihm seinen massigen Kopf zudrehte. Es überraschte ihn, als der Gigant beschämt sagte: *Es tut mir Leid, dass ich euch in meinen Zorn mit eingebunden habe, Jonas. So etwas sollte nicht geschehen, aber in meiner Wut, habe ich unbewusst euren Verstand beeinflusst. Das ist nicht richtig!* „Wenn es euch beruhigt, ich glaube ohnehin nicht, dass wir ihn gewaltlos hätten niederringen können. Aber dieses Thema werden wir genauer besprechen, wenn das alles hier sich erst einmal beruhigt hat. Jetzt interessiert es mich viel mehr zu erfahren, wer dieser Drache überhaupt war und vor allem, warum ihr ihn dermaßen hasst." entgegnete Milten streng, woraufhin der schwarze Gigant zustimmend zwinkerte.

*Natürlich, Krieger. Sein Name ist Bralluth und er gehört zu einer Gruppe meines Volkes, die euch Menschen hassen und als nicht weiter wie zweibeiniges Schlachtvieh sehen. Wenn sie könnten, würden sie noch heute über euere größten Städte hinweg fliegen, sie bis auf die Grundmauern niederbrennen und sich an eurem Fleisch gütlich tun. Sie sind der Abschaum meines Volkes!*knurrte Dunkelschwinge wütend und schlug seine Klauen demonstrativ durch die schuppige Haut des toten Bralluth, sodass Blut über seine Pranke hinweg spritzte.

Jonas linke Hand ballte sich zur Faust und verkrampfte.

„Ihr sagt also, dass sie so etwas wie hier in Lendol tun würden und das aus tiefster Überzeugung?" hakte er mit scharfer Stimme nach. *Leider ja. Sie sind von ihrer eigenen Arroganz verblendet, glauben, dass die Drachen dazu bestimmt sind über andere zu herrschen, weil wir stärker sind als alle anderen. Ihr Hass auf euer Volk wird von alten Verbrechen genährt, für die ihr nicht einmal ansatzweise die Schuld tragt. Galbatorix mag ein Mensch gewesen sein, ja, doch man kann ein ganzes Volk nicht aufgrund der Taten eines einzelnen Mannes verdammen!* grollte Tymdek. „Ich beginne euren Zorn zu verstehen, Tymdek. Nur weil man stärker ist als jemand, bedeutet das nicht, dass man über ihm steht. Das ist eine der größten Tugenden, die Vater uns beigebracht hat und die wir nie gebrochen haben. Trotzdem, war es notwendig in zu töten? Wir hätten ihn nach dem Standort seiner Gruppe befragen können, um dann alles auf einmal gefangen zunehmen." bemerkte der Titan und sah, wie Dunkelschwinge beschämt die Augen schloss.

*Ich kann nichts gegen meine Natur tun, mein Freund. Dieses wilde Blut fließt nun einmal durch meine Adern, genauso wie schon zuvor bei den Alten. Es ist wie es nun einmal ist.* „Ich verstehe. Gegen eure Instinkte könnt ihr euch natürlich nicht wehren." meinte der Colonel und wollte gerade noch etwas hinzufügen, als Steven sich wieder entmutete.

„Sorry, dass es etwas länger gedauert hat, aber ich musste kurz beim Verbandanlegen helfen. Aber zu deiner eigentlichen Frage: Alex meint es wäre alles nur halb so schlimm. Ihre Flügel sind größtenteils zwar gebrochen, die Flügelhaut zerfetzt und sie hat mehrere Brüche in ihren Beinen, aber dadurch, dass sie quasi bergab gerollt ist, nach ihrem Fall hat sie Glück im Unglück gehabt. Ein paar Wochen Bettruhe, beziehungsweise Nestruhe und es sollte alles passen." „Alles klar, dann ist es zum Glück nicht wirklich schwerwiegendes. Halte mich auf dem Laufenden, falls etwas passiert, ansonsten wartet einfach dort auf weitere Anweisungen." erwiderte Jonas zufrieden. „Verstanden, Steven Ende." sagte Coule und beendete den Funkkontakt wieder.

*Es freut mich zu hören, dass eure Kameraden Ileakri helfen konnten, Jonas.* brummte Dunkelschwinge kräftig und der Titan nickte erleichtert. „Ich hätte mir schwere Vorwürfe gemacht, wenn nicht, vor allem die sie ja in gewissen Maßen unschuldig ist an alledem." Mit diesen Worten öffnete er einen Funkkanal zu Emily, die sich um Shad hatte kümmern sollte. „Emily? Jonas hier, wie sieht es aus mit Shad?" Ihm lief ein Schauer über den Rücken, als er den eiskalten Ton in der Antwort der Feldärztin bemerkte.

„Schlecht. Wir müssen ihn sofort auf die Venator schaffen und operieren, ansonsten wird er entweder sterben, oder Schlimmeres erleiden, liegt ganz im Auge des Betrachters."



„Ich habe gerade den Dorfeingang passiert, Robert, oder zumindest das, was davon noch übrig ist. Mike hat mir auch Aidan mitgegeben. In knapp zwei Minuten werden wir bei euch sein, wenn es keine Zwischenfälle gibt." teilte Emily, Robert über Funk mit und verzog missmutig das Gesicht, als sie die dutzenden, verbrannten und verstümmelten Leichen auf und neben der Straße bemerkte. Blaue und grüne Flammen züngelten links und rechts von ihr Meterweit in die Höhe. Von den Häusern waren nur noch brennende Ruinen zu erkennen.

„Verstanden, Emily. Versuch dich etwas zu beeilen, Shad hat angefangen Blut zu husten und auch durch die anderen Verletzungen verliert er Unmengen davon." erwiderte der Pilot besorgt, woraufhin die Sanitäterin sich angespannt auf die Zunge biss. „Alles klar, ich bin sofort da." antwortete sie knapp und beendete dann den Funkkontakt, nur um Sekundenbruchteile später Aidans Stimme aus ihren Lautsprechern schallen zu hören. „Der Drache namens Shad wird mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit eine kollabierte Lunge aufweisen, vermutlich ausgelöst durch gebrochene Rippen, die sich in sie hineingebohrt haben. Zusammen mit dem beschriebenen Blutverlust dürfte der Drache sich in einem äußerst kritischen Zustand befinden, Miss Smith." analysierte die KI ihrer gewohnt ruhigen Art, während sie neben der Titanin her schwebte und die Umgebung sorgfältig mit ihrem gelben Auge übersah.

„Ich bin ausgebildete Feldärztin, das weißt du schon, oder? Halt dich lieber bereit für eine Blutanalyse, so wie Robert klang, wird dieser Shad mehrere Liter Blut verloren haben." entgegnete Emily leicht genervt worauf Aidan mit einem grünen Aufleuchten antwortete. „Wie sie wünschen Ma'am. Allerdings muss ich sie darauf hinweisen, dass durch den EMP sämtliche Computersysteme auf der Venator zerstört wurden. Ich besitze deswegen keinerlei ferngesteuerten Zugang mehr auf die medizinische Abteilung und daher auch nicht auf den ARPB. Sie müssten ihn manuell einschalten und selbst die Blutprobe einführen."

Smith nickte verstehend.

Der ARPB, kurz für Analyzer and ReProducer of Blood, war ein Apparat, dem es möglich war, jede eingespeiste Blutprobe, zu analysieren und danach mit den erhaltenen Informationen in großer Menge herzustellen. Und falls Robert mit seinen Aussagen die Sache nicht einfach nur dramatisierte, würden sie diese Maschine dringend benötigen. Das Problem dabei war nur, dass der ARPB in der medizinischen Abteilung der Venator stand und selbst in vollem Sprint würde sie etwas mehr als fünf Minuten dorthin benötigen, plus die zusätzlichen zwanzig Minuten, die der Apparat brauchte, um die Probe zu analysieren, die etlichen Liter Blut herzustellen und in Beutel zu verschweißen, die sie dringend für die Transfusionen benötigte. Ein wahrer Wettlauf gegen die Zeit, vor allem da sie nur knapp drei Liter Kochsalzlösung bei sich trug und diese wahrscheinlich nicht einmal einsetzten konnte, da sie nicht kompatibel mit Drachenblut war.

'Zur Not muss ich die Wunden einfach mit dem Schweißer veröden, menschliche Hämostatika könnten vielleicht bei Drachenblut nicht wirken. Das kann zwar üble Narben geben, aber immer noch besser, als draufzugehen.' dachte die Feldärztin und bog zusammen mit der KI auf den Marktplatz ein, der von roten, blauen und grünen Flammen umschlossen war. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie auf der Mitte des Platzes den roten, verletzten Drachen entdeckte, der noch vor wenigen Minuten einer der Hauptakteure im Angriff gegen Lendol gewesen war und nun röchelnd da lag.

Daneben standen Robert und Mark, die ihnen auffordernd zuwinkten und vor den beiden saßen, an eine große Vorratskiste gelehnt, eine Frau und einer der schwarzgerüsteten Soldaten. Beide offensichtlich bewusstlos.

„Da seid ihr ja endlich! Schau dir Shad bitte sofort genauer an! Die beiden hier kannst du getrost vernachlässigen, die Frau ist nur ohnmächtig und der Kerl hat von Jonas eine übergezogen bekommen. Er hier allerdings wurde von einem Schuss aus Julias Gewehr am Hals erwischt und ist daraufhin knapp 200 Meter zu Boden getrudelt. Harter Aufschlag. Hat ihm den linken Flügel und mindestens noch das linke Vorderbein gebrochen, vermutlich noch mehr. Jedenfalls hustet er ja mittlerweile schon Blut, also tippe ich darauf, dass einige Rippen sich in die Lungen gebohrt haben. Von anderen inneren Quetschungen will ich mal gar nicht reden." erklärte der Pilot lautstark, während er gemeinsam mit dem Ingenieur zu seiner Kameradin lief und hin zu Shad führte.

Dabei fiel Emily erschrocken auf, dass der Boden vor dem Drachen komplett von Blut durchtränkt war und es quoll weiterhin üppig aus dem vollkommen zerquetschten linken Vorderbein, das man nicht einmal mehr als solches erkennen konnte. Untermalt wurde das ganz dann noch vom Verletzten selber, der in einem Anfall von Krämpfen weiteres Blut ausspie und teilweise ihre ansonsten weiße Beinpanzerung rot besprenkelte. „Verfluchter Mist! Ich untersuche ihn sofort! Aidan, mach bitte einen Komplett-Scan, damit ich sehe, was für innere Verletzungen er hat." meinte die Ärztin hastig, aktivierte ihre Helmlampen um optimale Beleuchtung zu haben und trat ganz nah an Shads Brust heran. „Sehr wohl Ma'am, starte Scanvorgang." bestätigte Aidan und begann sofort den Körper des Drachens mit seinem Scanner abzutasten, wobei er beim Kopf anfing. Gleichzeitig stellte Emily den Arztkoffer, den Alina ihr zur Verfügung gestellt hatte, neben ihr auf den Boden und öffnete ihn.

Dann machte sie einen Schritt hinüber zur Schnauze des Drachen, montierte eine der Suchlampen aus dem Helm, hob das Augenlid des linken Augen an und leuchtete es an. Die schlitzartige Pupille reagierte nur zögerlich, kein gutes Zeichen. Anschließend steckte sie die Lampe zurück und betastete vorsichtig den Kiefer, der, wie sie sehr schnell feststellte, an mehreren Stellen gebrochen und der Unterkiefer ausgerenkt war. Zudem hatte der Drache seine eigene Zunge auf den Zähnen aufgespießt. Alles an sich sehr schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich.

Also ging sie weiter zum Hals, wo ihr sofort die enorme Schusswunde auffiel. Julias Gaußgewehr hatte ein fast faustgroßes Loch im Fleisch hinterlassen und eines der größeren Blutgefäße und die Halswirbelsäule dabei nur knapp verfehlt. Ein Zentimeter weiter rechts und Shad wäre binnen Sekunden tot gewesen. So jedoch hatte sie hauptsächlich nur Muskeln getroffen und durch die Schockwelle die Nerven im Rückenmark kurzfristig überladen. Allerdings blutete die Wunde trotzdem recht stark, weswegen die Feldärztin den Schweißer aus dem Koffer kramte und aktivierte. Praktisch sofort begann die Wolfram-Titan-Legierung des Geräts zu glühen und sie setzte es vorsichtig an. Es zischte jedes Mal leise, als der Schweißer das Gewebe berührte und dadurch verödete. Obwohl der Vorgang in der Regel extrem schmerzte, kam vom Drachen keinerlei Reaktion, nicht einmal ein Zucken. Das beunruhigte Emily noch mehr.

Nur wenige Sekunden später, hatte sie die gesamte Wunde ausgebrannt und damit die Blutung gestoppt, um das vernarbte Gewebe konnte sie sich später noch genug Sorgen machen. Sie ging noch sicher, dass sie auch wirklich alles erwischt hatte, dann rückte sie ein Stück weiter zur Brust und zum linken Vorderbein.

Grimmig biss sich die Titanin auf die Unterlippe.

Das Bein war nicht mehr vorhanden, beziehungsweise, die blutige Pampe aus zerquetschten Muskeln, gerissenen Sehnen, zerfetzten Bändern und gebrochener Knochen war nicht mehr als solches zu erkennen. Was auch immer sie tat, nicht einmal Alina würde es wieder funktionstüchtig zusammenflicken können. 'Da werden wir um eine Amputation nicht herumkommen. Nur kann ich die Schnittstelle danach nicht veröden, ansonsten würde ich die Nerven zu stark beschädigen und eine Prothese unmöglich machen.' dachte sie fieberhaft und kramte eine relativ kleine Spritzen zusammen mit einer kleinen Spraydose aus dem Arztkoffer. Ein Betäubungsmittel und ein Hämostatikum. Während sie das Betäubungsmittel ohne Probleme in das Gewebe um das Schultergelenk jagen konnte, musste sie das blutstillende Mittel weiträumig auf dem gesamten blutigen Stumpf verteilen. Sie durfte nicht eine einzige Stelle übersehen, ansonsten würde es beständig weiterbluten.

Sie atmete erleichtert auf, als das Hämostatikum seine volle Wirkung entfaltete, sämtliches Blut an Ort und Stelle gerinnen ließ und gleichzeitig eine schützende, weiße Membran darüber bildete. Das hatte zweierlei Funktion. Erstens, würde man so sofort erkennen, ob noch irgendwo Blut austrat und zweitens wirkte es antibakteriell, sodass der Verletzte einen größeren Schutz vor einer Blutvergiftung hatte. Sorgfältig überprüfte die Titanin, ob auch alles wirklich weiß war und legte schließlich das Spray beiseite, als sie sich dessen sicher war. 'Gut, damit hätten wir die beiden schlimmsten Blutungsherde schon mal eingegrenzt. Der linke Flügel sieht auch übel aus, mehrfach gebrochen und die Haut dazwischen zerfetzt. Ich würde ihn gerne hervorziehen, aber ich habe Angst den Drachen zu bewegen, solange ich nicht weiß, was für innere Verletzungen er hat.' redete sie mit sich selbst in Gedanken und fragte Aidan dann laut: „Wie sieht es mit dem Scan aus, Aidan?" „Einen Moment noch, Ma'am." erwiderte die KI stoisch ruhig.

Sein Moment entpuppte sich als wenige Sekunden, in denen er die letzten zwei Meter des langen Schwanzes mit den Strahlern abtastete. Danach leuchtete er kurz grün auf, nur um sofort in ein kräftiges Rot überzugehen.

„Scanvorgang abgeschlossen, Lieutenant. Warnung! Gesundheitszustand des Drachens namens Shad kritisch! Innere Verletzungen beinhalten: Leichte Fraktur des Schädels, mehrere ausgerenkte Halswirbel, Fraktur des linken Schultergelenks, komplette Fraktur der linken Flügelknochen, Bruch der Wirbelsäule auf Höhe des 12. Rückenwirbels, acht Rippenfrakturen und daraus resultierende Kollabieren des rechten Lungenflügels und Verletzung des linken Lungenflügels durch Knochensplitter, mehrere innere Blutungen im Bauchraum, schwache Leberruptur und eine leichte Fraktur des linken Hüftgelenks. Achtung, Überlebenschancen ohne sofortige Operation: Null Prozent. Mit Verlaub, Miss Smith, es ist ein Wunder, dass dieser Drache immer noch atmet. Ich empfehle ihnen unverzüglich Major Kensac zu kontaktieren und den Verletzten auf der Venator zusammen operieren, ansonsten wird er innerhalb der nächsten 15 Minuten verbluten." erklärte Aidan und zeigte der Ärztin auf ihrem HUD jeweils ein Bild seines Scans, während er die einzelnen Verletzungen aufzählte.

„Großer Gott!" murmelte Emily und ihr Magen verkrampfte sich leicht. Sie hatte auf den Schlachtfeldern schon zahlreiche grausame Verletzungen gesehen, aber das hier, es grenzte an ein Wunder, dass dieser Drache überhaupt noch lebte. Auch Robert und Mark, die bisher nur als Beobachter daneben standen, wirkten schockiert. „Ich wusste ja, das er schwerverletzt ist, aber das?" meinte der Ingenieur ernst, wohingegen der Pilot bereits losrannte und ihm angespannt zurief: „Los, nun steh nicht einfach nur dumm rum! Wir holen schon mal die Repulsortrage, damit wir ihn transportieren können!" „Was? Ja, natürlich! Emily du schaffst das hier alleine, oder? Die anderen sollten die restlichen Soldaten im Dorf schon ausgeschaltet haben." Smith macht eine wischende Handbewegung, als sie entgegnete: „Ja und jetzt lauf!" Ohne weiteren Kommentar setzte Duncan Holsted hinterher, der bereits außer Sicht gerannt war.

Dann wandte sich die Feldärztin erneut an die KI. „Kontaktiere Alina! Sag ihr einfach, was du mir gesagt hast!" „Wie sie wünschen Ma'am." antwortete der Roboter und Emily wühlte hastig im Arztkoffer umher, um die Dose Bioschaum zu finden.

Nach einigen endlos erscheinenden Sekunden, zog sie endlich den kleinen Metallkanister und schüttelte ihn heftig. 'Ich muss versuchen, die Blutungen im Bauchraum zu stoppen, das bringt uns ein paar Minuten mehr.' dachte sie angestrengt und trat an Shads Flanke, die sich zwar kaum noch, aber dafür umso hektischer hob und senkte. Vorsichtig zupfte sie eine der Schuppen an einer Stelle heraus, von der sie aus Aidans Scan wusste, dass dort keine Organe an der Oberfläche saßen und jagte die spitze Metallkanüle der Bioschaumdose tief in die darunterliegende Haut. danach injizierte sie den Inhalt der Dose.

Der Bioschaum war darauf ausgelegt Wundräume zu schließen und blutungsstillend und vor allem blutbinden zu wirken. Außerdem verhinderte er, dass die Organe im Bauchraum während des Transports verrutschen konnten, seine antibakterielle Wirkung war dabei nur eine nützliche Nebensache. Sie entleerte den kompletten Inhalt der Dose in seinen Bauchraum und langte sogar nach einer weiteren, da eine einzelne niemals ausreichen würde. Allerdings nutzte sie für die zweite Ladung Bioschaum eine andere Bauchregion, um sicherzugehen auch alles zu erwischen.

Währenddessen meldete sie die KI, welche immer noch in knalligem Rot leuchtete, erneut zu Wort: „Ich habe Major Kensac Bescheid gegeben, Ma'am. Sie wird unverzüglich zu ihnen stoßen." „Sehr gut! Kannst du mir sagen, ob ich mit dem Bioschaum den Großteil der Blutungen im Bauch erwischt habe?" erwiderte die Feldärztin, woraufhin Aidan die Bauchregion abermals mit seinen Scannern abtastete. „Positiv! Blutungen um 85,71 Prozent reduziert, Lieutenant." „Ausgezeichnet, das dürfte uns genug Zeit verschaffen, ihn auf die Venator zu schaffen und mit Blut aus dem ARPB zu versorgen." meinte Emily und atmete einmal tief durch.

Dann trat sie noch einmal an den Hals des roten Drachens und legte ihm Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand auf die Schuppen, um nach dem Puls zu fühlen. Andere Titanen mussten dafür ihren Panzerhandschuh ablegen, doch die Experimente mit dem Darwin-Protokoll hatten ihr eine überaus nützliche Fähigkeit eingebracht. Sie besaß sogenannte Spaltsinnesorgane in Händen und Füßen, die es ihr ermöglichten selbst noch die geringsten Vibrationen in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Im Grunde war sie damit ein lebendes Seismometer, nur um ein hundertfaches sensibler.
Leider war es jedoch nicht die einzige Veränderung, die sie von den Experimenten behalten hatte, doch das tat nun nichts zur Sache.

Etwas erleichtert stelle Smith fest, dass der Puls des Drachens zwar recht hoch, doch gleichzeitig auch recht stark war, wenn man bedachte, wie viel Blut er verloren hatte. Viel mehr konnte sie jedoch von außen tun. Für eine Halskrause war er viel zu groß, Schmerzmittel musste sie ihm nicht verabreichen, da er ohnehin in einer Art Koma lag und an die innenliegenden Verletzungen konnte sie momentan nicht heran. Das einzige was übrig blieb war, ihm eine Infusion zu legen, doch dafür brauchte sie erst Gewissheit, dass die Kochsalzlösung nicht schädlich für Shad war. Also langte sie nach steril verpackten, leeren Spritze für Blutabnahmen.

„Mach dich bereit für eine kurze Blutanalyse, Aidan. Untersuch bitte, ob ich ihm Gefahrlos eine Kochsalzlösung verabreichen kann." merkte sie gegenüber de KI an, die sie jedoch zu ihrer Verwunderung aufhielt, indem sie antwortete: „Eine Blutanalyse ist nicht nötig, Ma'am. Ich hatte bereits die Möglichkeit, Drachenblut zu analysieren. Sie müssen der Lösung exakt 1,59g Natriumchlorid hinzufügen, um sie für einen Drachen ungefährlich zu machen." Emily blinzelte überrascht, hakte aber nicht näher nach, woher die KI bereits eine Probe Drachenbluts hatte. Ohne zu zögern griff sie sich die sechs Beutel Kochsalzlösung mitsamt Infusionsschlauch aus dem Arztkoffer, dazu noch einen automatischen Dosierer und die Dose mit Natriumchlorid.

Der Dosierer besaß eine feine Kanüle, gerade groß genug, um das feingemahlene Kochsalz mit Druckluft hinaus zu pressen. Sie musste lediglich das Vorratsbehältnis füllen, 1,59g eingeben und schon würde der Apparat auf Knopfdruck die gewünschte Menge im Bruchteil einer Sekunde aus der Kanüle jagen. Genau das tat die Ärztin auch und injizierte in jeden Infusionsbeutel die entsprechende Menge Natriumchlorid. Anschließend schüttelte sie sie kurz durch, um alles ordentlich zu durchmischen. Währenddessen bemerkte Emily, dass Jonas einen Funkkanal zu ihr öffnete. Sie nahm ihn an und kurz darauf schallte seine Stimme durch ihren Helm.

„Emily? Jonas hier, wie sieht es aus mit Shad?"

Er klang angespannt.

Mit kalter, ernster Stimme erwiderte sie: „Schlecht. Wir müssen ihn sofort auf die Venator schaffen und operieren, ansonsten wird er entweder sterben, oder Schlimmeres erleiden, liegt ganz im Auge des Betrachters." Eine kurze Pause entstand, in der die Ärztin Aidan zu verstehen gab, ihr die Position einer Vene am Hals anzuzeigen, was dieser mit einem dünnen Laserstrahl tat.

„Ich – verstehe. Brauchst du Hilfe?" meinte Milten schließlich nach einigen Sekunden. „Ich werde Hilfe beim Transport benötigen, am besten schickst du noch Sarah und Shix zu mir." antwortete Smith angestrengt, während sie gleichzeitig vorsichtig den Venenkatheter setzte, nachdem sie zwei der Schuppen ausgerissen hatte, die ihr im Weg waren. „Verstanden, das mach ich sofort." bestätigte der Colonel ihre Bitte und beendete den Funkkontakt wieder.

Zufrieden widmete sich Emily wieder voll und ganz ihrer Aufgabe und nach einigen Versuchen, saß der Katheter endlich richtig. Sofort verband sie einen der Infusionsbeutel mit ihm und hob den Beutel an, damit die Kochsalzlösung fließen konnte. Kurz darauf öffnete sich ein weiterer Funkkanal, diesmal jedoch auf einer offenen Frequenz.

„An alle: Jeder, der nicht unmittelbar mit der Versorgung eines der beiden Drachen zu tun hat, findet sich unverzüglich im Sanitätscamp ein! Ich wiederhole, unverzüglich zum Sanitätscamp kommen! Wir evakuieren alle Zivilisten auf die Venator! Micheal Ende." donnerte Mikes Stimme durch ihre Ohren und wie alle anderen auch, betätigte sie seine Befehle mit ihrem grünen HUD-Lämpchen.

Nur wenige Augenblicke später stürmten Shixin und Sarah in vollem Sprint auf die Feldärztin zu und kamen wenige Meter vor ihr und Shad zum stehen. „Jonas sagte, du bräuchtest Hilfe beim Transport des Drachens. Wo sind Mark und Robert?" meinte Sarah angespannt und betrachtete Shad musternd, wohingegen Zhou mit Emilys Einverständnis den Infusionsbeutel übernahm.

„Mr. Holsted und Mr. Duncan sind losgegangen, um eine Repulsortrage für den verletzten Shad zu holen, Miss Parker." erklärte Aidan in seiner typisch abgeklärten Art. Parker nickte und fügte dann fragend hinzu: „Wie geht es ihm?" „Schlecht. Er hat sehr viel Blut verloren, einer seiner Lungenflügel ist kollabiert und die Rückenwirbelsäule ist gebrochen. Wir müssen ihn dringend auf die Venator schaffen und operieren, ansonsten wird er sterben oder zumindest querschnittsgelähmt bleiben. Wenn er Glück hat." teilte Emily ihrer Kameradin mit. „Das klingt ernst, hätte er nicht ein kleines Mädchen vor meinen Augen gefressen, würde ich fast Mitleid mit ihm haben." knurrte diese und wurde dafür von Shixin gerügt.

„Er ist ein Raubtier, sogar das Alpharaubtier dieser Welt. Für einen Drachen sind im übertragenen Sinne, Menschen nicht viel mehr, als ein Schwein für uns. Außerdem musst du bedenken, dass er zu einem Reiter gehört. Also ist es unwahrscheinlich, dass er so etwas bei klarem Verstand tun würde." „Das macht das ganz nicht weniger grausam." hielt Sarah dagegen, woraufhin Zhou langsam den Kopf schüttelte. „Das habe ich auch nicht behauptet, aber wir dürfen ihn nicht verurteilen, bevor wir nicht die Wahrheit kennen. Oder würdest du ihn immer noch hassen, wenn sich herausstellt, dass sein Geist von jemand anderem kontrolliert wurde?"

Darauf antwortete Parker nicht sofort, sondern blickte den großen, roten Drachen erneut an. „Nein, vermutlich nicht. Es ist einfach nur – ich weiß auch nicht. Es macht mich einfach wütend, dass er ein so junges Mädchen gefressen hat, welches seine gesamte Zukunft noch vor sich hatte!" murmelte sie schließlich und ging hinüber zu nach wie vor ohnmächtigen Frau. „Das Schicksal ist ein heimtückischer Freund, der die ohne Vorwarnung ein Messer in den Rücken rammt, wenn du es am wenigsten erwartet." stimmte Shix zu. Mit wenigen Handgriffen half er Smith dabei den mittlerweile leeren Infusionsbeutel durch einen Vollen auszutauschen.

Als Emily sich danach etwas entspannte, meldete sich die KI zu Wort. „Verzeihung Lieutenant, ich wollte sie in ihren Bemühungen nicht unterbrechen, aber sie scheinen nun alles soweit unter Kontrolle zu haben. Deshalb wollte ich sie darauf hinweisen, dass mir beim Scanvorgang eine kleine Anomalie auf der Stirn des Drachens aufgefallen ist. Sie sollten sich es einmal anschauen." Skeptisch zog die Feldärztin eine Augenbraue nach oben, kam der Bitte jedoch nach und beugte sich hinunter zu Shads Kopf. Sein röchelnder, teilweise blutiger Atem bereitete ihr große Sorgen, doch sie konnte ohne OP nichts groß dagegen tun. „Auf der Stirn sagtest du?" hakte sie nach. „Positiv. Dem Scan nach zu urteilen, sollte es sich um ein edelsteinartiges Gebilde von der Größe einer Drachenschuppe handeln." bestätigte Aidan und zielte mit seinem Laserpointer auf die ungefähre Mitte zwischen den Augen des roten Drachens.

Verblüfft stellte die Titanin fest, dass der Lichtstrahl beim Auftreffen auf die Schuppen diffus zurückgeworfen wurde. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, es war nicht Besonderes an der Stelle zu erkennen. Nachdenklich fuhr sie mit ihren Fingern darüber und staunte, als sie an genau diesem Punkt eine Erhebung spürte! „Was zur Hölle ist?" fragte sie sich leise, packte die Schuppe, die keine Schuppe war, zwischen Daumen und Zeigefinger und zupfte den Gegenstand von Shads Stirn. Erst als sie ihn sich direkt vor das Visier hielt, erkannte sie, dass es ein perfekt geschleifter Rubin war, dessen Oberfläche exakt die Struktur einer Drachenschuppe imitierte.

„Faszinierend." meinte die KI und tastete den handballengroßen Edelstein mit seinem Scanner ab. „Ich kann nichts Besonderes daran erkennen, es ist ein gewöhnlicher roter Rubin, der perfekt bearbeitet wurde. Es gibt nicht einmal Bearbeitungsspuren, weder von mechanischen Werkzeugen, noch von Schnittlasern." „Dann muss ihn jemand mit Magie erschaffen haben und da er nicht entdeckt werden sollte, gehe ich stark davon aus, dass er die Ursache für sein Verhalten ist." merkte Shixin an, während er über Emilys Schulter spähte.

„Das könnte zutreffen, Captain. Mr. Milten und seine Gruppe fanden bei der ebenfalls abgestürzten Drachendame namens Ileakri einen ähnlichen Stein, nur dass dieser bereits Risse hatte." fügte die KI hinzu, während die Feldärztin den Rubin vorsichtig in ihrer Hand musterte. „Wir müssen ihn dieser Angela zeigen, die mit Mike und den anderen gekommen ist. Sie könnte wissen, was es damit auf sich hat. Bis dahin bewahr ich ihn am besten in meiner Tasche auf." meinte sie, öffnete die grüne Tasche an ihrer Hüfte und ließ den Edelstein vorsichtig hineingleiten. „Gute Idee, wenn es die wirkliche Angela aus den Büchern ist." stimmte Zhou zu und warf kurz dem Infusionsbeutel in seiner Hand einen Blick zu.

Da spürte Emily leichte Erschütterungen im Boden aus nördlicher Richtung und sah auf. Erleichterung machte sich in ihr breit, als sie Alina und hinter ihr Mark und Robert entdeckte, die mit Höchstgeschwindigkeit auf sie zugerannt kamen. Nur wenige Sekunden später hatten sie sie erreicht. „Wie geht es ihm? Hat sich sein Zustand verschlechtert?" fragte Kensac sofort, worauf sie mit einem Kopfschütteln antwortete. „Nein, er hält sich den Umständen entsprechend konstant. Ich habe die äußern Blutungen gestillt und auch die Inneren so gut es geht mit Bioschaum versiegelt. Jetzt gerade habe ich ihm noch Infusion angelegt, um den Blutverlust zumindest ein wenig zu kompensieren. Aber wir müssen ihn schleunigst operieren." Der Major nickte zustimmend und besah sich kurz selbst die Halswunde und das linke Vorderbein.

„Okay, gute Arbeit. Dann lasst ihn uns mal auf die Trage befördern. Aidan, ich nehme an, du kannst sie neu kalibrieren?" meinte sie nach einigen Augenblicken, was die KI mit einem grünen Aufleuchten bestätigte. „Positiv, Major. Sie müssen lediglich die beiden Tragebalken links und rechts von ihm auf den Boden legen, den Rest übernehme ich." Ohne groß weiter erklären zu müssen, taten Holsted und Duncan genau das. Sie legten die knapp drei Meter langen Röhren, mit einem Meter Durchmesser, links und rechts neben Shad ab und traten zurück. „Einen Moment." sagte Aidan und seine Farbe wechselte auf gelb. Einige Augenblicke später erwachten die beiden Repulsorstangen zum Leben und erhoben sich knapp einen Meter nach oben, bevor der rote Drache wie von Zauberhand anfing ebenfalls zu schweben. Allerdings verharrte er dabei in der exakt gleichen Haltung, die er zuvor inne gehabt hatte.

Das war der enorme Vorteil der Repulsortrage.

Sie nutzten im Grunde die gleiche Technologie wie die Repulsoren, welche die Venator normalerweise in der Luft hielten, doch im Gegensatz zu diesen, konnten sie eine Art Stasisfeld zwischen sich erzeugen, das den Patienten ohne Risiko anhob. So konnte man auch Personen mit gebrochenen oder angeknacksten Wirbeln transportieren, ohne größeren Gefahren ausgeliefert zu sein.

„In Ordnung, Shixin, Sarah, ihr schaut das hinten nichts passiert und legt euch die Frau und den Gefangenen über die Schulter, Robert, Mark ihr übernehmt jeweils eine Repulsorstange. Wir beide passen vorne auf, Emily. Die Kisten lassen wir erst mal hier, die sind nicht so wichtig. Aidan, du achtest darauf, dass die Trage stabil bleibt." ordnete Alina befehlsgewohnt an und zügig kamen die anderen ihren Anweisungen nach während Shix den Infusionsbeutel zu Shad legte. „Sehr wohl, Major." bestätigte die KI und positionierte mittig über dem Drachen.

Es dauerte ein paar Momente, bis alle in Position waren und sie sich Richtung Dorfausgang gedreht hatten, doch schließlich passte alles und Kensac gab den Befehl zum Ausrücken. Mit sechs Titanen war es zum Glück kein Problem den roten Koloss zu bewegen und so kamen sie relativ gut voran. Sie ließen die brennenden und rauchenden Ruinen Lendols hinter sich drehten dann nach rechts und marschierten weiter zur Klippe. Auf dem Weg kamen sie auch an Steven, Julia, Shenmi und Alex vorbei, die neben einem blauen Drachen standen oder in der Hocke saßen und ihnen zuwinkten.

„Viel Erfolg Wir warten hier, bis ihr die Trage nicht mehr braucht. Das Mädel hier hat zum Glück im Unglück gehabt und sich nur relativ leicht verletzt." rief der Sergeant ihnen zu, was Emily und Alina mit gehobener Hand entgegennahmen. Allerdings warfen sie der feuerspeienden Echse wachsame Blicke zu. Sie war kleiner, als Shad und weniger bullig gebaut. Ihre blauen Schuppen schienen eine gewisse Ruhe auszustrahlen und ihren Kopf hatte sie mit geschlossenen Augen zwischen Alex und Julia gelegt. 'Kaum zu glauben, dass etwas derart friedliches und niedliches Wesen ein solches Massaker anrichten kann.' dachte die Feldärztin und schüttelte leicht das Haupt. Wer auch immer für diesen Angriff verantwortlich war, würde den vollen Zorn der Titanen zu spüren bekommen!

Ohne Chance Gnade!

So also beförderten sie den schwerverletzten roten Drachen über die grünen Wiesen hinweg, vorbei am Wäldchen, wo sich ihnen Mathew und Amber mit jeweils einen bewusstlosen und schwerverbannten Dorfbewohner auf den Armen, anschlossen. Sie sagten nichts, sondern nickten einander nur stumm zu. Schließlich, ein paar Dutzend Meter weiter, kamen sie zu der Klippe, an deren Fuß die Venator vor Anker lag.

'Jetzt müssen wir nur schauen, wie wir die Tarnfolie umgehen können.' überlegte Emily nachdenklich, doch zu ihrer Verwunderung konnten sie das Schiff, von mehreren Suchscheinwerfern erleuchtet, unter sich erkennen. Die Folie war nicht mehr da.

„Mike hat sie abgerissen. Er ist stinksauer, also passt ja auf, was ihr mit dem Vieh da macht." erklärte Mathew leise, verstärkte den Griff um seinen Verletzten und ließ sich dann schnell an der Notleiter nach unten gleiten. Amber folgte ihm schweigend.

„Das ist nicht gut, wenn Micheal wütend ist. Erinner dich daran was das letzte Mal passierte, als er richtig sauer war." meinte Robert, ließ die Repulsorstange los und trat zu den beiden nach vorne. Auf der rechten Seite, tat Mark es ihm gleich und auch Shixin und Sarah kamen mit der Frau und dem Soldaten nach vorn. „Er wird ihm nichts tun, schließlich war er es ja, der sagte, wir sollten tödliche Gewalt gegen die Drachen vermeiden." tat Alina seine Bedenken ab, doch der Pilot blieb skeptisch. „Das war, bevor er dabei zusah, wie Shad ein kleines Mädchen gefressen hat. Ich sag ja nicht, dass er ihn abmurksen will, aber passt auf, wie ihr mit ihm umgeht, während Mike dabeisteht." „Das wird schon gehen. Er ist ja nicht Steven." hielt die Ärztin dagegen, woraufhin Holsted aufgebend mit den Schultern zuckte. „Wenn du es schaffst Steven richtig anzupissen, dann Gnade dir Gott. Na schön, aber ich werde vorsichtshalber immer mit dabei sein."

„Gut. Aidan? Du schaffst es, ihn vorsichtig nach unten zu bringen?" „Selbstverständlich, Miss Kensac. Kleine Bewegungen kann ich mit der Repulsortrage durchaus vollziehen." antwortete Aidan, der mittlerweile wieder zu seinem üblichen Blau zurückgekehrt war. „Perfekt, wir warten unten auf euch." entgegnete Alina und schwang sich dann die Leiter hinunter, dicht gefolgt von den anderen, wobei Zhou und Parker ihre Passagiere etwas fester an sich drückten. Die KI schwebte währenddessen langsam mit Shad hinter ihnen her.

Unten angekommen liefen sie gemeinsam in Richtung des kleinen Basiscamps, dass sie auf dem Rumpf des Schiffs errichtet hatten, wo Micheal mit Amanda und Angela bereits auf sie warteten. Der Admiral stand hinter seiner Frau und hatte sie in eine schützende Umarmung genommen.

Emily knirschte mit den Zähnen, als sie von den dicken Verbänden an Amandas Armen und Beinen daran erinnert wurde, was für Schmerzen sie durch das Drachenfeuer erlitten hatte. Das Gesicht war rußgeschwärzt, die Augen gerötet und ihre ansonsten so gepflegten Haare sahen verschmort und verdreckt aus. Von ihrer Kleidung ganz zu schweigen. Dagegen wirkte selbst die Kräuterhexe mit ihren wuschigen braunen Locken und den abgetragenen Klamotten ordentlich. Mitleidig bemerkte die Feldärztin, wie sie sich ängstlich an Mikes rechten Arm klammerte, als Aidan und Shad neben ihnen herunterkamen, keine zehn Meter von ihr entfernt. Micheal, der seinen Helm locker an der Hüfte hängen hatte, beugte seinen Kopf zu ihr hinunter und flüsterte ihr beruhigend zu, doch als er wieder aufblickte schossen seine Augen förmlich Blitze auf Shad. Mathew hatte recht gehabt.

Der Vizeadmiral war bis zum letzten Zipfel gereizt.

„Da seid ihr ja endlich. Ich habe Chloe bereits angewiesen den oberen Hangar zu räumen und das grobe medizinische Equipment ranzukarren. Der ARPB und die chirurgischen Utensilien. Falls ihr sonst noch etwas braucht, wisst ihr ja, wo ihr es findet. Und jetzt los, bevor er noch draufgeht." knurrte er überraschend verhalten und nickte an sich vorbei. „Schon klar. Komm mit Aidan." gab Alina zurück und deutet mit einer Handbewegung in Richtung der gepanzerten Ladeluke, die nun komplett offen stand.

Es wäre nicht klug gewesen dem Kommandanten in diesem Moment groß zu widersprechen.

„Du meine Güte." flüsterte Angela schockiert, als die kleine Gruppe an ihnen vorbei marschierte und schickte sich an ihnen zu folgen, doch Micheal hielt sie mehr oder minder sanft zurück. „Entschuldigt, Angela. Ihr könnt der Operation natürlich beiwohnen, sobald wir Gespräch hinter uns gebracht haben." sagte er bestimmt, woraufhin ihn die Kräuterhexe einen besorgten Blick zuwarf. „Es wäre vielleicht besser bis zum Morgengrauen zu warten, wenn sich euer Zorn etwas – " begann sie zu erwidern, doch sein Gesichtsausdruck allein reichte, um sie verstummen zu lassen.

„Ich bin Herr über meine Sinne, Angela und ich werde keinerlei Rücksicht auf die Nachtruhe Eragons nehmen. Kontaktiert ihn bitte durch die Traumsicht. Ich will es ihm persönlich mitteilen, dass wir den entführten Reiterdrachen gerettet haben, während er damit beschäftigt war, ein unschuldiges Dorf in Schutt und Asche zu legen und sich an den Bewohnern gütlich zu tun. Ich warne euch nur vor, dass ich etwas lauter werden könnte. Um es Herrn Schattentöter verständlich beizubringen."



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt