Wiedersehen mit Shad

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„Da kann ich dir nur zustimmen, Bruder. Es ist wirklich eindrucksvoll." konnte Miller, Eragon beeindruckt zustimmen hören, während er sich mit Karl an seiner Seite zu den Drachenreitern hin umdrehte. Hinter und neben ihm traten die anderen Titanen ebenfalls allesamt einen Schritt vor, sodass Micheal mit Amanda, die inzwischen Feyth im Arm trug wie ein kleines Baby, rechts von ihm und Jonas mit Alanna links neben ihm standen, wobei der der ganze Rest sich knapp hinter ihnen positioniert hatte. Dabei bildeten sie eine Art leichten Halbkreis, aus dem insbesondere Steven, Joseph und Benjamin hervorstachen.

Steven einfach nur, weil er selbst die anderen Titanen neben sich wie Pappfiguren aussehen ließ, ganz davon abgesehen, dass er als einziger den schwarzen, hautengen Unteranzug trug. Joseph und Benjamin hingegen trugen genauso wie Jonas ihren HAX-Suit und hatten jeweils ihre bevorzugte Bewaffnung an der magnetischen Rückenhalterung befestigt. Bens Anzug war in einem speziellen dunklen Grün angestrichen, das fast schon schwarz wirkte, aber im Sonnenschein deutlich grün schimmerte, wohingegen Joseph's Rüstung in einem knallen Gelb daher kam, das größtenteils mit einem blauen netzartigen Muster durchzogen war.

Allerdings zog etwas anderes Millers Aufmerksamkeit auf sich. Sein Blick wanderte nach rechts, wo er missmutig bemerkte, dass seine Schwiegertochter angefangen hatte, vor Angst leicht zu zittern, vor allem ihre Knie bebten so stark, dass er für einen Moment befürchtete, sie würde einknicken. Glücklicherweise war jedoch Micheal sofort zur Stelle und legte beruhigend und schützend den Arm um ihre Schulter. Gleichzeitig drückte er ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange, ehe er sich mit nun ernstem Gesichtsausdruck den Drachen und Reitern zuwandte.

John konnte natürlich ahnen, wovor Amanda so schreckliche Angst hatte und sah sich darin bestätigt, als er ebenfalls aufblickte und vor sich Eragon, Murtagh, Gertrude und ihre Schüler erblickte, hinter denen unmittelbar Saphira und die anderen Drachen standen, welche eine respekteinfordernde Wand aus Schuppen und Muskeln bildeten, die sie allesamt turmhoch überragten. Ausgenommen der Jungdrachen, wie Lerod und Forlon, die wiederum eher eingeschüchtert von den Titanen waren und deshalb dicht bei ihren jeweiligen Reitern blieben.

Fast wie aufs Stichwort schoben sich Benjamin und Joseph nach vorne zu ihnen und positionierten sich jeweils links und rechts leicht vor Amanda, wobei sie im selben Zug ihre Waffen von der magnetischen Halterung auf ihrem Rücken zogen und sie zumindest demonstrativ in die Hände nahmen.

Selbstverständlich ließen sie sie jedoch gesichert.

Es war eine eher instinktive Handlung, immerhin hatte man die Titanen daraufhin ausgebildet so einschüchternd wie möglich zu wirken. Bei gewöhnlichen Menschen erreichte diese Taktik auch den gewollten Erfolg, wie John gut an der leicht verängstigten Miene von Saskia erkennen konnte, doch gegen einen erwachsenen Drachen konnte man damit keinen Blumentopf gewinnen. So verwunderte es ihn nicht, dass Saphira ohne mit der Wimper zu zucken ihren Kopf langsam auf ihr Niveau herabsenkte und nur knappe drei Meter von Amanda und den Titanen inne hielt. Ihre Zunge kostete die Luft und ihr tiefblaues Auge musterte die hochschwangere Frau genau, wie der Colonel nur unschwer erkannte. Um die Situation etwas zu entspannen trat er deshalb einen Schritt vor und deutete freundlich nach hinten, während er lächelnd meinte: „Eragon, darf ich euch meine Familie vorstellen?"

„Aber natürlich, es freut mich sehr sie alle kennenzulernen! Insbesondere euch, Herr Forke." erwiderte der Großmeister ebenso freundlich und ging auf den Admiral zu, während er die Hand zum Gruß ausstreckte. Micheal ergriff die Hand und schüttelte sie freundschaftlich. „Die Freude ist ganz meinerseits, Schattentöter. Verzeiht bitte das – robuste – Auftreten meiner Brüder, sie haben lediglich instinktiv auf meine Frau Amanda reagiert. Sie hat den Drachenangriff auf Lendol immer noch nicht ganz verarbeitet, weswegen eure Begleiter sie etwas – nervös – machen." Dabei deutete er auf Amanda, die wie Miller missmutig bemerkte immer noch schwach mit den Knien zitterte. Das Massaker in Lendol hatte wohl seine deutlichen Spuren in ihrem Verstand hinterlassen und er konnte gut verstehen warum. Kaum ein normaler Mensch würde es wohl so einfach wegstecken, mit anzusehen wie eine Gruppe Drachen ein Dorf ausrotteten. Vor allem, wenn man noch selbst vom Drachenfeuer verletzt wurde.

Auch Eragon schien demselben Gedankengang zu folgen, denn seine Miene verwandelte sich von fröhlich in traurig, als er der schwangeren Frau seinen Blick zuwandte. „Das verstehe ich leider nur zu gut, Micheal. Ich mag mir nicht vorstellen wollen, welchen Terror ihr in jener Nacht durchleben musstet, Frau Forke. Saphira, bitte!" entgegnete der Reiter entschuldigend und richtete das Wort kurz an seine Drachendame, die ihren Kopf ohne Widerworte zurücknahm und ein mitleidiges Jaulen ausstieß. Daraufhin fuhr der Großmeister direkt an Amanda gewandt fort: „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Amanda, es war nicht unsere Absicht, euch zu verschrecken."

Entgegen seiner Erwartungen, schluckte seine Schwiegertochter anschließend schwer und atmete tief durch, ehe sie mit leicht zittriger Stimme erwiderte: „Es – es ist schon in Ordnung, Schattentöter. Ich – es – ich brauche einfach noch etwas Zeit, um das alles wirklich – zu verarbeiten. Die junge Ileakri hilft mir dabei zwar sehr, aber ich – ich habe wohl die – Präsenz – von erwachsenen Drachen etwas unterschätzt. Ich dachte, ich könnte euch ohne Vorurteile gegenübertreten, aber – der Schock sitzt noch etwas zu tief." Dabei schmiegte sie sich noch enger an ihren Ehemann, der beruhigend über ihre Schulter streichelte. „Es ehrt euch, dass ihr versucht unseren Partnern gegenüber unvoreingenommen zu bleiben, Amanda, aber wir verstehen vollkommen, was es euch abverlangen muss, hier in ihrer Gegenwart zu stehen. Wir hatten noch nicht das Vergnügen, mein Name ist Murtagh und das ist mein Seelenbruder Dorn. Er will sich euch nicht aufdrängen, weswegen ich von ihm ausrichten soll, wie sehr es ihm leid tut, dass ihr von Drachen derartig verletzt wurdet und dass er hofft, dass eurem ungeborenen Kind nichts geschehen ist." erwiderte Murtagh daraufhin und neigte respektvoll den Kopf. Dorn hinter ihm tat es ihm gleich und stieß dabei ein bedrücktes Brummen aus.

„Da – danke, Murtagh. Es freut mich euch kennenzulernen. Dem Baby ist nichts passiert, danke." antwortete Amanda mit nun etwas festerer Stimme, vermied es dabei aber bewusst hoch zum roten Drachen zu schauen. Von Millers Schultern schien hingegen eine große Last abzufallen. Er hatte zwar von Micheal gehört, dass ihrer ungeborenen Tochter nichts geschehen sei, doch es jetzt noch einmal aus dem Mund seiner Schwiegertochter zu hören, erleichterte ihn auf seltsame Weise ungemein. „Das ist schön zu hören. Wenn ihr wollt, werfe ich später einen kurzen Blick auf eure Verletzungen, nachdem wir die Begrüßung hinter uns gebracht haben." meinte Eragon freundlich und wandte sich dann John zu, der inzwischen Karl etwas nach vorn geschoben hatte.

„Wo ihr gerade davon sprecht. Darf ich euch Professor Karl Greenes vorstellen? Er ist einer meiner engsten Freunde und überhaupt erst dafür verantwortlich, dass wir alle hier sind." erklärte der Colonel und schüchtern schüttelte der Wissenschaftler die Hand, die ihm der Reiter grüßen entgegenstreckte. „Professor Greenes, ihr seid also ein Mann der Wissenschaften. Sehr erfreut eure Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Eragon Schattentöter, wie ihr sicher schon mitbekommen habt." entgegnete der Drachenreiter und neigte kurz den Kopf. „Die Freude ist ganz meinerseits." gab Karl schüchtern zurück und machte große Augen, als Saphira erneut ihren Kopf herabsenkte, diesmal jedoch mit dem größtmöglichen Abstand zu Amanda.

Sie fokussierte den schlaksigen Mann kurz mit ihrem Augen, ehe sie freundlich zwinkerte und ein wohlwollendes Brummen ausstieß und den Kopf wieder anhob. *Ihr seid also der Mann, der John zu uns gebracht hat. Habt vielen Dank, Greenes.* meinte sie fröhlich und John bemerkte aus dem Augenwinkel, wie sein Freund schwer schluckte, als sein Blick automatisch zu den erwachsenen Drachen hinter den Reitern wanderte. „Ich – danke – " stammelte er etwas unbeholfen. Doch noch ehe Miller ihm beispringen konnte, erschallte ein lautes Lachen von Murtagh, der dem Wissenschaftler brüderlich auf die Schulter klopfte, ehe er ihm die Hand schüttelte. „Nur keine Sorge, Professor Greenes, Drachen sind in der Regel immer so direkt. Ich bin Murtagh und der Rote dort ist mein Seelenbruder Dorn Blutschwinge." begrüßte er ihn beruhigend, doch es schien Greenes nur noch eher stärker einzuschüchtern, als Dorn respekteinfordernd knurrte, um auf sich aufmerksam zu machen.

Da der Colonel seinen Freund nur zu gut kannte, überraschte es ihn nicht, dass er keinen einzigen Ton mehr als Erwiderung hervorbrachte, sondern nur noch mit weit aufgerissenen Augen dastand und den blutroten Drachen fixiert hatte, der ihn seinerseits neugierig musterte. Daher sprang er ihm rasch bei und meinte erklärend: „Karl ist eigentlich sehr zurückhaltend, was fremde Leute betrifft, deswegen ist das Ganze hier wohl gerade etwas zu viel für ihn. Das wird sich mit der Zeit legen."

„Es war allgemein sehr gewagt mit so vielen adulten Drachen hierherzukommen, Schattentöter. Es ist schon schwer genug Ileakri, Shad und Mimiath vor den Überlebenden aus Lendol zu verbergen. Was glaubt ihr, wie sie reagieren würden, nach so einem Massaker vier weitere gigantische Drachen mit weiteren Jungdrachen zu sehen? Auch wenn diese selbstverständlich nur gute Absichten hegen." schaltete sich Jonas zusätzlich ein und trat vor neben seinen Vater und verschränkte die gepanzerten Arme vor der Brust. Ein Blick von Miller genügte, um den steinharten Ausdruck auf dem Gesicht seines Sohnes wiederzuerkennen. Was folgte war ein geradezu synchrones, verstimmtes Knurren seitens der Drachen, die die Meinung des Offiziers scheinbar nicht zu teilen schienen.

Alle bis auf Galgianth, in dessen Augen er eher Trauer, anstatt Wurt sehen konnte.

„Keinen Zweifel daran, dass ihr Johns Sohn seid. Wie lautet euer Name mein Bester?" hielt Eragon mit fester Stimme dagegen, doch obwohl er in seiner blaugefärbten Lederrüstung versuchte sich groß zu machen, verblasste er regelrecht im Vergleich mit Milten in seinem felsgrauen HAX-Suit. „Ich bin Titan 07, Colonel Jonas Felix Milten. Und ich nehme das als Kompliment auf." kam es zackig von Jonas zurück. Im gegensatz zu Karl gab er nicht klein bei und hielt den eindringlichen Blicken von Saphira, Dun'var und Dorn problemlos stand. Noch ehe die Situation jedoch aus den Fugen geraten konnte, schob sich Miller dazwischen und fasste seinen Sohn beherzt an der linken Schulter, sodass dieser ihm eine fragende Miene mit hochgezogener Augenbraue zuwarf.

„Schluss damit, Jonas. Eragon und die anderen hatten keine bösen Absichten dabei. Und ich bin mir sicher, dass die Dorfbewohner es dem Oberhaupt des Drachenreiterordens nachsehen werden, dass er in Gefolgschaft von Drachen hier auftaucht. Es würde wohl vielmehr Aufsehen erregen, wenn er ohne Saphira oder sonstige Begleitung kommen würde." „Aber –" „Kein ‚Aber' dieses Mal, Jonas. Ich will keine unnötigen kleinen Streitigkeiten hier anfangen." ergänzte John streng und bemerkte wenige Augenblicke später, dass sich die Gesichtszüge seines Sohnes wieder etwas entspannten. Jonas nickte verstehend und bemerkte reumütig: „Ich verstehe, tut mir Leid Dad." „Schon gut, es ist ja nichts geschehen." erwiderte Miller zufrieden und Murtagh ergänzte ebenfalls nickend: „Ihr habt es ja nur gut gemeint, Jonas. Das Wohlergehen der Dorfbewohner ist uns natürlich genauso wichtig, wie euch." Dabei unterstrich Dorn seine Worte mit einem aussagekräftigen Knurren.

„Er ist immer etwas übereifrig, unser Bruderherz hier. Gestatten sie, dass ich mir vorstelle, mein Name ist Kevin Pestoun. Stets zu Diensten." unterbrach Kevin die darauf folgende Stille freundlich mit seiner charismatischen Stimme, trat einen Schritt vor und reichte den Reitern seine in einen dicken Handschuh gepackte Hand. Dadurch aufgelockert folgten die anderen nach und nach seinem Beispiel und es dauerte eine ganze Weile, bis jeder Titan mit jedem Drachen und Reiter bekannt war. Insbesondere bei den beiden jüngeren Reitern, Saskia und Mel'khrat, waren die alten Soldaten sehr darauf bedacht in die Hocke zu gehen, um nicht so bedrohlich zu wirken. Keno hingegen schien eher voller neugewonnener Energie zu sein, denn er begrüßte jeden von ihnen mit aufgeregter Stimme, ganz im Gegensatz zu Liriàrth die eher angespannt und vorsichtig wirkte. John machte ihr jedoch keinen Vorwurf, immerhin traf man nicht jeden Tag eine Gruppe durchtrainierter Soldaten, die einen um über einen Meter überragten.

Doch schon im nächsten Moment musste er unwillkürlich Schmunzeln, als er Shenmi erblickte, die gemeinsam mit Steven bei Dun'var stand, der seinen Kopf zu den beiden herabgesenkt hatte. Es sah dem kampfeslustigen Koloss gar nicht ähnlich, doch er glaubte ein deutliches, genießerisches Summen von ihm zu vernehmen, als seine Tochter begann ihn ganz aufgeregt an der Wange zu kraulen, während Coule danebenstand und breit grinste. Karl hingegen wirkte etwas verloren und überfordert in seinem Gespräch mit Gerlinde, wobei auch die Drachenreiterin sehr schüchtern wirkte, von dem was der Colonel heraushören konnte. Ein kurzes Schmunzeln huschte über seine Mundwinkel, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, wie perfekt die beiden gerade zusammen aussahen. Gleichzeitig bemerkte er, wie Alanna sich an seine Seite stahl und als er ihr einen fragenden Blick zuwarf, lächelte sie nur glücklich. Unwillkürlich lächelte er zurück und horchte dann auf, als Micheal allen gebot sich langsam aber sicher zur Venator zu bewegen. Ein einheitliches Zustimmen kam zurück und kurz darauf setzte sich der gesamte Tross aus Titanen, Drachen und Reitern in Bewegung. Dabei führte Forke zusammen mit Amanda die Gruppe an, wohl um möglichst viel Abstand zwischen den Drachen und seiner Frau zu bringen.

Das hinderte ihn jedoch nicht daran Fragen zu beantworten, als Murtagh beeindruckt wissen wollte, ob das Schiff tatsächlich aus Metall bestand oder nur mit Panzerplatten beschlagenes Holz war. Er versicherte ihm, dass es nicht bloß beschlagenes Holz war, was den Drachenreiter sichtlich erstaunte. Zudem warf Eragon die Frage auf, wieso er das Schiff denn gestrandet hatte und wie er es wieder zurück ins Meer befördern wollte. Erst als der Reiter es erwähnte, bemerkte Miller, dass der Bug der Venator tatsächlich fest auf dem Sandstrand saß, während das Heck hinaus ins Wasser ragte. Das Schiff stand so da, als wäre Micheal einfach nur stur geradeaus auf den Strand gefahren, was wahrscheinlich auch der Fall war. Der Admiral lachte daraufhin amüsiert auf und erklärte schlicht, dass der Antrieb der Venator stark genug wäre, das Schiff wieder ins Meer zu befördern, solange sich ein Teil des Schiffs noch im Wasser befand. John wusste natürlich, dass sein Sohn damit auf die Wasserstrahltriebwerke anspielte und musste belustigt lächeln, als der Schattentöter entgegnete, dass er das erst glauben würde, wenn er es sah.

Wenige Momente später kamen sie an der steilen Seitenbordwand der Venator an, wo seine Kinder offensichtlich eine lange Strickleiter bis hinunter an den Strand befestigt hatten. Sei einigten sich nach einer kurzen Diskussion darauf, dass sämtliche erwachsene Drachen draußen warten würden, da sie niemals alle zusammen in den doch vergleichsweise kleinen Hangars des Schiffs platzgefunden hätten. Othreni, Forlon und Lerod jedoch gestattete es Micheal, da sie noch klein genug waren, um keine Probleme zu verursachen. Die Entscheidung wurde eher mürrisch von Dorn und Saphira akzeptiert, während Galgianth und Dun'var eher froh wirkten, sich nicht ins Innere der Venator quetschen zu müssen. Anschließend machten sie sich daran alle nacheinander die Strickleiter empor zu klettern, wobei Shenmi sich anbot die junge Saskia auf dem Rücken zu tragen, was das junge Mädchen schüchtern annahm, wohingegen Mel'khrat darauf bestand selbst zu klettern. John ließ es sich natürlich nicht nehmen, seinen alten Freund Karl Huckepack zunehmen, der nur halbgar dagegen protestierte und stieg die Leiter direkt hinter Micheal empor, der selbstverständlich Amanda trug, die wiederum immer noch Feyth auf dem Arm hatte. Es dauerte einige Minuten, bis endlich alle auf dem Deck der Venator angekommen waren. In der Zwischenzeit sah sich Miller etwas genauer um, wobei er als allererstes natürlich den mit Strahlern ausgeleuchteten Eingang zum Hangar entdeckte.

Doch als sein Blick weiterwanderte, bemerkte er, dass das Kriegsschiff doch einiges hatte wegstecken müssen. Insbesondere die gigantischen Geschütztürme sahen teilweise doch recht angeschlagen aus, bei zweien war in jedem Fall die Panzerung durchbrochen worden. Und auch auf dem normalen Panzerdeck waren einige tiefere und weniger tiefe Krater zu sehen, was jedoch eher oberflächlichen Schaden darstellte, wenn man die Dicke der Panzerung bedachte. Die ersten, die neben ihnen oben ankamen, waren selbstverständlich die drei Drachen, die einfach nur hochfliegen mussten. Insbesondere Lerod und Forlon wirkten irgendwie verloren, als sie direkt neben dem ersten Geschützturm der 100 Zentimeter Kanonen landeten, welcher sie turmhoch überragte und selbst Othreni begutachtete die gigantische Waffe mit einem skeptischen Blick. Auch den Reitern fielen die riesigen Waffen selbstverständlich sofort ins Auge, als sie das Deck erklommen. Eragon hakte bei Micheal nach, um was es sich dabei genau handelte, während er sich eines der knapp 80 Meter langen Geschützrohre genauer ansah. Der Admiral antwortete nicht sofort, sondern musste kurz nachdenken, ehe er erwiderte, es seien fortgeschrittene Varianten von Ballisten.

Sehr große Ballisten.

„Wirklich sehr beeindruckend. Mit einem Geschoss dieser Ausmaße dürfte es euch ein leichtes sein, feindliche Schiffe zu beschädigen." bemerkte Murtagh beeindruckt, worauf Forke mit einem verschmitzten Lächeln erwiderte: „Ich glaube ihr ahnt gar nicht, wie recht ihr damit habt." Nachdem schließlich alle oben angekommen waren, machten sie sich auf den Weg in Richtung Hangar, was bedeutete, dass sie leicht bergauf gehen mussten, was wiederum dem gewinkelten Aufbau der Venator geschuldet war. Schließlich kamen sie bei der großen Luke an und stiegen nach und nach in den hell erleuchteten oberen Hangar des Schiffs.

Währenddessen hatte sich Keno nach vorn zu John gestohlen, der dem aufgeregten Jungen ein aufmunterndes Lächeln schenkte. „Ich kann es gar nicht erwarten Shad wiederzusehen! Seit wir hier sind kann ich ihn immer deutlicher spüren und er mich natürlich auch. Es tut so gut seinen Geist wieder bei mir zu haben, auch wenn es noch etwas eingeschränkt ist." meinte der junge Reiter glücklich und Miller entgegnete freundlich: „Und ich bin mir sicher, er kann es auch kaum erwarten dich wohlbehalten wiederzusehen." Gleichzeitig horchte er jedoch auf, als Kevin zu ihnen herüber trat.

„Ich weiß es ist ein sehr bewegender Moment für dich, junger Keno, aber es gibt ein paar Sachen die wir dir nicht vorenthalten dürfen. Es wird vielleicht etwas verstören auf dich wirken, aber so ist es nun einmal gekommen." erklärte Pestoun mit ruhiger Stimme und ging neben Keno in die Hocke, als sie vor dem Aufzug zum unteren Hangar zum stehen kamen. Dann fuhr er fort: „Shad hat bei seinem Absturz ein Bein verloren. Wir konnten es leider nicht retten." John bemerkte, dass sich das Gesicht des Jungen so verzog, als hätte ihm der Titan gerade mit der Faust vor die Stirn geschlagen. Doch noch ehe er, oder Miller etwas erwider konnten, setzte Kevin mit einem Lächeln hinzu: „Aber sei unbesorgt, mein Bruder Mark hat eine Prothese, ein künstliches Bein, extra für Shad angefertigt. Er wird den Unterschied kaum merken, aber das wichtigste ist, er ist deswegen in keinster Weise beeinträchtigt. Wenn er wieder vollständig genesen ist, wird er wie alle anderen Drachen herumtoben können. Ich wollte es dir nur sagen, weil wir die Prothese jetzt noch nicht eingepasst haben. Er wird sie erst tragen können, wenn er soweit ist mit dem Lauftraining zu beginnen." „Das – das heißt, es – es fehlt ihm im Grunde nichts?" fragte der Junge unschlüssig, worauf Pestoun leicht den Kopf hin und her schwenkte und dann antwortete: „Im Groben, ja." „Dann – dann ist es nicht so schlimm, oder?" meinte Keno und versuchte wieder ein Lächeln aufzusetzen, auch wenn es ihm deutlich anzusehen war, dass es ihn innerlich annagte. „Nein, es ist nicht schlimm, nur anders." versicherte der Titan beruhigend und lächelte fröhlich, als der Junge ihn dankend umarmte.

Im gleichen Zug, beugte sich jedoch Jonas zu Eragon vor und flüsterte ernst: „Es gibt einige Dinge, die wir dem Jungen vorbehalten, ihr solltet nachher mit meiner Schwester Alina reden, sobald wir bei Shad sind." Der Großmeister warf ihm einen skeptischen Blick zu, nickte aber zustimmend. Er wusste genauso gut wie Miller, dass es bestimmte Dinge gab, die Keno nicht zu wissen brauchte, um ihn nicht unnötig zu verstören. Es brauchte ein paar Augenblicke, bis sich alle in den Aufzug gequetscht hatten, insbesondere die drei Drachen, ehe Steven, der der nächste am Schaltpult war einen Knopf betätigte und sie damit auf den Weg nach unten schickte. Auf der Fahrt nach unten fiel Johns Blick unweigerlich auf Feyth, die Amanda inzwischen Shenmi überreicht hatte, welche ihre Augen gar nicht mehr von dem kleinen Drachenmädchen in ihren Armen lösen konnte. Er wunderte sich, wie sie bei diesem ganzen Radau immer noch schlafen konnte, oder ob sie nur so tat und zu aufgeregt war, um auf sich aufmerksam zu machen. Einerlei war sie in fähigen Händen, weswegen er sich keinen großen Kopf darum machte.

Vielmehr widmete er seine Aufmerksamkeit dem Hangar, der sich vor ihnen öffnete, als der Fahrstuhl zum stehen kam.

Sofort sprang ihm das große, schneeweiße Drachenweibchen ins Auge, das einen Großteil der Halle für sich beanspruchte. Ohne Zweifel musste es sich dabei um Mimiath handeln. Wie schon zuvor in Aidans Hologramm, merkte er deutlich, dass sie bulliger als Lyath war, wenn auch nicht ganz so groß. Wobei der Unterschied eher marginal war. Sie lag für ihre Verhältnisse flach auf dem Boden, die Flügel eng an den Körper gelegt und hatten den Kopf ebenfalls auf dem Boden platziert.

Direkt neben dem dickbandagierten und eingegipsten Shad.

Der rote Drache war etwas kleiner als Othreni und John musste unwillkürlich mit den Zähnen knirschen, als er ihn sich näher besah. Er sah aus, als hätte man ihn mehrmals durch die Mangel genommen und hinterher mit langen Eisenstangen verdroschen. Lediglich am Hals, am Kopf und teilweise am Hinterleib samt Schwanz blitzten die blutroten Schuppen hervor, der ganze Rest, inklusive der Flügel war unter weißem Verbandsmaterial verborgen. Er lag auch nicht direkt auf dem Boden, sondern im Kraftfeld einer Repulsortrage, wohl um seinen Körper vom eigenen Gewicht zu entlasten. Er schien jedoch bei Bewusstsein zu sein, denn das ihnen zugedrehte Auge war geöffnet und fixierte stur Alina, die zusammen mit einem Mann, der nur Trestol sein konnte, neben ihm stand und offensichtlich ein Tablet in Händen hielt.

Und erst dann fiel Miller auf, dass etwas an Shad fehlte.

Der Jungdrache lag mit der linken Seite zu ihnen gedreht da und dort wo normalerweise sein Vorderbein hätte sein müssen, war nur ein weißer Verband zu sehen. Scheinbar hatte Kevin nicht übertrieben. Nicht einmal ein Stummel war von der Vorderextremität übriggeblieben, was ironischer Weise sogar vorteilhaft war, da es die Anbringung einer Prothese erleichterte. Und besagte Prothese lag auch schon bereits fertig da, direkt neben der Ärztin und dem Reiter. Sie wirkte so dermaßen echt mit ihren Schuppen und Krallen, dass der Colonel zweimal hinsehen musste, um sicher zu gehen. Mark hatte wieder einmal eine Meisterarbeit abgeliefert.

Dann wurden seine Gedanken jedoch jäh unterbrochen, als Keno freudig rief: „Shad!" und ohne zu zögern zu seinem Seelenbruder losrannte. Dessen Auge schnellte ebenfalls hinüber auf den Jungen und weitete sich vor Freude. Die anderen waren gerade erst zwei Schritte aus dem Aufzug getreten, als Keno bereits Alina und Trestol erreichte, wobei die Ärztin ihn allerdings kurzerhand festhielt. „Einen Moment, junger Mann. Du bist offenbar Keno. Ich weiß, ihr beide freut euch unglaublich euch wiederzusehen, aber bitte versuche vorsichtig zu sein. Sein Rücken hat einiges mitmachen müssen. Also beschränke dich bitte auf den Kopf, ja?" konnte John seine Tochter eindeutig erklären hören und musste unwillkürlich lächeln, als Keno einfach nur eifrig mit dem Kopf nickte. „Gut, dann los jetzt, er wartet schon sehnsüchtig auf dich." meinte Kensac daraufhin zufrieden und scheuchte ihn weiter zu Shad, dessen glückliches, aber röchelndes Jaulen durch den Hangar schallte. Dann erreichte der junge Reiter seinen Partner und drückte sich fest gegen dessen Wange.

Miller konnte nicht hören, was Keno anschließend alles zu Shad sagte, doch den Tränen in seinem Gesicht nach zu urteilen, konnte er es sich denken und ein Gefühl von Freude und Erfüllung ergriff ihn.

„Es tut wirklich gut, Shad relativ wohlbehalten wiederzusehen, nach alldem was geschehen ist. Ich kann euch und euren Kindern gar nicht genug danken, dass ihr meine Schüler gerettet habt, John." merkte Murtagh erleichtert an und John bemerkte bei einem kurzen Seitenblick, wie der Drachenreiter scheinbar erleichtert durchatmete. „Ich bin genauso froh, dass ich mein Versprechen gegenüber Keno halten konnte." stimmte der alte Soldat lächelnd zu und hob verwirrt eine Augenbraue, als Amanda etwas zu Micheal flüsterte, der ihr zunickte und daraufhin einen Kuss gab, ehe die hochschwangere Frau sich von der Gruppe löste.

Merkwürdigerweise lief sie jedoch nicht zurück zum Aufzug, womit Miller gerechnet hatte, wenn sie zurück auf ihr Quartier wollte, sondern sie lief an Shad vorbei zu jemanden, den der Titan erst jetzt wirklich registrierte. Etwas abseits neben dem roten Jungdrachen lag, auf einem Bett aus Matratzen, ein weiterer junger Drache, der vielleicht ein wenig größer als Tinira war. 'Ileakri.' schoss ihm ihr Name durch den Kopf, als er sich das Drachenmädchen genauer besah. Ihre Schuppen hatten eine strahlend aquamarinblaue Färbung und sie wirkte überaus kräftig, wenn auch gleichzeitig noch elegant. Auch sie hatte einige Verbände am Körper, doch diese beschränkten sich bei ihr nur auf die Beine und die Flügel. Ileakri schien Amanda schon etwas näher zu kennen, denn er konnte sie fröhlich schnurren hören, als die hochschwangere Frau sie erreichte. Dabei schleckte sie ihr liebevoll über die Wange und rieb zärtlich die Schnauze an ihrem Hals, ehe sie Micheals Frau zu sich in ihr Nest ließ. Dort legte sich Mrs. Forke offensichtlich erschöpft gegen Ileakris Flanke, woraufhin das Drachenmädchen beschützend den Schwanz um sie legte und den Kopf auf ihrem Schoß platzierte. Amanda lächelte zufrieden und schloss die Augen, während sie gleichzeitig die Hand auf die Stirn des Drachens legte.

Leicht verwundert wandte sich John Micheal zu. „Was genau hat es damit auf sich?" wollte er wissen und sein Sohn lächelte amüsiert. „Das ist Ileakri, die anderen haben dir sicher schon von ihr erzählt. Sie und Amanda verstehen sich sehr gut, sie hilft ihr mit ihrer Angst gegenüber Drachen umzugehen. Sie ist ihr Therapiedrache, wenn du es so nennen willst." erklärte der Admiral und Miller musste unwillkürlich glucksen. „Ah so ist das. Das ist schön." erwiderte er und horchte dann auf, als sie bei Alina und Trestol zum Stehen kamen.

Innerlich seufzte er laut und bereitete sich auf eine weitere Reihe von Begrüßungen vor, als der Drachenreiter den Mund öffnete.

[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt