„Das kann nicht euer Ernst sein Herrin! Dieses – dieses Ding ist kein Mensch, sondern ein Monster, ein Schatten! Wir müssen ihn auf der Stelle töten, bevor er die Gelegenheit bekommt uns die Kehlen aufzuschlitzen!" knurrte Berdon aufgebracht und hielt das Schwert weiterhin auf John gerichtet. „Redet keinen Unsinn Berdon. Dieser Mann ist weder ein Schatten, noch irgendein anderes Monster aus eurer lebhaften Fantasie. Er ist ein Mensch, so wie ihr." beschwichtigte Alanna genervt, während sie einen weiteren Schritt auf den Titanen zu machte und die Hand fordernd ausstreckte. „Euren Helm, wenn ich bitten darf Herr Miller. Ein bisschen frische Luft wird euch guttun, während dem Aufstieg zum Pass."
Mit ausdrucksloser Miene hob ihr John seinen Kopfschutz entgegen. 'Es hat keinen Zweck sich zu widersetzten, solange sie Magie wirken kann.' sagte er sich und unterdrückte ein Stöhnen, als ein schmerzhaftes Ziehen am Fuß andeutete, dass die Naniten damit begonnen hatten, die Achillessehne zu rekonstruieren. Dankbar nickend nahm die Anführerin den Helm entgegen.
„Ein Mensch? Niemals! Ein Mensch würde es nicht überleben das Kauspielzeug eines Drachens zu sein, oder mehrfach gegen eine Felswand geschleudert zu werden. Selbst mit einem Schutzzauber." Der Hauptmann ließ nicht locker und Entsetzten trat in sein Gesicht, als die Elfe anstatt ihm zu antworten, sich vornüberbeugte, die Fußfesseln an den Knöcheln des Titanen mit der linken Hand berührte und den gleichen Zauber wie schon zuvor anwendete. Abermals spaltete sich die Kette in zwei verschiedene Stränge auf und schlang sich windend um Johns Waden, sodass er nun keiner Bewegungseinschränkung mehr unterlag. Der Soldat sah sie skeptisch an, während Berdon die Worte fehlten. „Was habt ihr vor, Elfe?" fragte der Titan in ernstem Tonfall, unschlüssig darüber, was sie damit bezweckte. Sein Verstand hatte mit vielem gerechnet, allen voran damit, wieder vollständig gefesselt zu werden, aber sie tat das genaue Gegenteil davon. Aus seiner Sicht, der unlogischste Schritt, den sie machen konnte.
Alanna wirkte verstimmt, als sie erwiderte: „Was ich vorhabe? Wir werden heute noch über den Pass bis hin zur Wüste, Du Istalri Gata, kommen. Und ihr könnt unseren Pferden zu Fuß nur folgen, wenn eure Beine frei sind, oder überschätze ich euch, wenn ich glaube, dass ihr schnell genug dafür seid? Anderen Falls schleifen wir euch wie einen Pflug hinter uns her. Eure Wahl Gefangener. Und ihr, Berdon, hört auf euch aufzuführen wie ein kleines Kind! Es mag vielleicht sein, dass unser Freund hier etwas stärker gebaut ist als ein normaler Mensch, aber das macht ihn noch lange nicht zu einem Monster. Setzt lieber einmal euren Verstand ein und denkt nach, was der Meister genau über diese Ketten gesagt hat bevor ihr noch euren Kopf darüber verliert!" „J –ja Herrin." brachte der Hauptmann eingeschüchtert hervor und schluckte schwerfällig, während er den Schwertarm langsam senkte.
John hingegen spannte seine Muskeln an, bereit nach vorne zu hechten, die Elfe zu überrumpeln und ihr den Mund zu zuhalten, sodass sie keine Magie wirken konnte. Noch hielt er sich jedoch zurück. Misstrauisch entgegnete er: „Euren Reittieren zu folgen ist kein großes Problem Mädchen, aber was hindert mich daran euch zu einem geeigneten Zeitpunkt zu überrumpeln, oder zu fliehen?" Alanna lächelte verschmitzt. „Ihr könnt es gerne versuchen, Soldat, auf eigene Gefahr. Dass ihr nicht mehr gefesselt seid, bedeutet keineswegs, dass die Ketten euch nicht mehr binden. Solltet ihr versuchen mich, oder einen meiner Männer zu attackieren, dürfte das äußerst schmerzhaft für euch enden, vertraut mir. Außerdem solltet ihr darauf achten in meiner Nähe zu bleiben. Entfernt ihr euch weiter als 150 Fuß von mir, erstarrt euer Körper zu einer Statue, bis ich die Starre löse. Habe ich mich klar genug ausgedrückt Herr Miller?" Der Titan nickte ernst und zwang sich wieder zu entspannen. Ein solches Risiko konnte er nicht eingehen, schon gar nicht bei einer ihm völlig fremden Macht wie Magie, deren Grenzen unergründlich waren.
„Ich verstehe." meinte er also nüchtern, richtete sich zu voller Größe auf und nahm die Hände hinter seinen Rücken. „Gut. Berdon? Ich will, dass ihr die Männer abmarschbereit bereit macht und ihnen nichts von all dem hier erzählt. Falls sie fragen behauptet einfach, Dun'var hätte vor Wut getobt. Es reicht schon, dass ihr kurzzeitig die Fassung verloren habt, ich brauche nicht noch mehr Panik. " befahl Alanna offensichtlich erleichtert, woraufhin sich der Hauptmann tief vor ihr verneigte und: „Jawohl Herrin, sofort." murmelte. „Ach ja und bringt unserem Gefangenen bitte etwas zu essen und zu trinken. Die heutige Etappe wird lang und heiß. Ich will nicht noch eine Nacht in diesem Gebirge verbringen." fügte sie hinzu, als Berdon sich aufmachte um seine Männer zu befehligen. „Sehr wohl Herrin."
Dann wandte sich die Elfe wieder John zu, der immer noch ruhig da stand und sich eisern davon abhielt an seinen Knöchel zu fassen, der wegen des Heilvorgangs extrem juckte und zog. „Ich habe euch unterschätzt John. Ein paar einfache Soldaten zu erledigen ist kein großes Kunststück, wenn man ein guter Kämpfer ist. Eine Vergiftung zu heilen, mit den richtigen Mitteln ein Kinderspiel. Aber einen Drachen von Dun'vars Stärke im Kampf gegenüber zu treten, ohne Waffen, ohne Magie, mit Ketten gefesselt und danach noch auf zwei Beinen zu stehen, grenzt an ein Wunder. Ich gebe es nur ungern zu, aber Berdon hat recht. Ihr seid kein einfacher Mensch, allerdings auch kein unnatürliches Monster. Aber was seid ihr dann?" meinte sie fragend, ihre Miene und Stimmlage wie ausgetauscht. Der Titan musterte Alanna eindringlich, bis sein Blick schließlich an ihren grünen Augen hängen blieb. Offenkundig schien sich nichts an ihrer Mentalität verändert zu haben.
Mit stoischer Ruhe antwortete er: „Ich weiß nicht, weshalb jeder den ich treffe solch ein Aufsehen darum macht, dass ich gegen einen Drachen gekämpft habe. Mit eurer Magie würde es doch ein leichtes sein, einen zu bezwingen." Die Elfe lächelte erneut. „Ihr weicht der Frage aus John. Genau das macht euch so faszinierend. Ihr tut es ohne Magie, sogar ohne Waffen. Würde ich so etwas wagen, könntet ihr meine Überreste wohl ein paar Tage später als Dünger für die Pflanzen verwenden, wenn ihr versteht was ich meine." „Eine äußerst pessimistische Sicht auf die Dinge." merkte John an und seine Augen huschten nach oben in den morgendlichen Himmel, als er ein schrilles Kreischen vernahm.
Dort, hoch über ihnen kreiste wieder die Gruppe Flugtiere wie schon am Vortag. Dieses Mal jedoch waren es nicht nur ein paar dieser seltsamen Wesen, sondern gut und gern ein ganzes Dutzend. 'Das sind sicherlich keine Pflanzenfresser und mit so vielen könnten sie es sogar wagen uns anzugreifen. Ich sollte auf der Hut sein.' „Nun, ich würde es eher als reell ansehen, anstatt pessimistisch. Aber lenkt nicht immer von meiner ursprünglichen Frage ab. Was seid ihr?" riss Alanna ihn aus den Gedanken und seine Augen huschten wieder auf ihr hübsches Gesicht. „Könnt ihr euch diese Frage nicht selbst beantworten, Mädchen? Schließlich ist mein Verstand für euch wie ein offenes Buch." entgegnete er, was der Elfe ein leises Seufzen entlockte. Kopfschüttelnd sagte sie: „Euer Geist ist dermaßen durchzogen von Hass, Wut und Schmerz, dass es kaum auszuhalten ist für mich. Ich werde eure Gedanken nur noch stören, wenn kein Weg daran vorbeiführt. Außerdem glaube ich, dass es euch so auch lieber ist, oder etwa nicht?" John zuckte mit den Schultern.
„Wahrscheinlich. Allerdings gibt es keine Möglichkeit mir zu beweisen, dass ihr es nicht doch tut, was das ganze recht obsolet macht. Um eure Frage zu beantworten, dort wo ich herkomme, nennt man meinesgleichen Titanen, aber im Grunde sind wir auch nur Menschen." „Ah ich verstehe! Also ungefähr so wie die Kull bei den Urgals, nur das ihr stärker und weitaus intelligenter zu sein scheint, als diese gehörnten Biester. Interessant." meinte Alanna nachdenklich. Der Soldat dachte selbst angestrengt darüber nach, wer oder was die Urgals waren. Schließlich erinnerte er sich an die Beschreibung aus den Büchern. Große, muskelbepackte Humanoide mit Hörnern auf den Köpfen, grauer Haut und einer fanatischen Neigung zu Kämpfen. Nur bezüglich der Kull ließ ihn sein gutes Gedächtnis im Stich, allerdings reichte es ihm, dass die Elfe ihn mit den Kreaturen verglichen hatte. 'Das bedeutet wohl, sie sind ungefähr so groß wie ich, gehörnt und stärker als ihre Verwandten. Vermutlich eine Art Kriegerelite.' schlussfolgerte er und nahm die Arme hinter dem Rücken hervor, um sie vor seiner Brust zu verschränken.
Gleichzeitig verebbte das Kribbeln in seinem Knöchel, was den Abschluss der Reparaturarbeiten der Naniten andeutete. Vorsichtig verlagerte John wieder sein Gewicht, sodass nun wieder beide Beine, jeweils die Hälfte der Last trugen. Ein leicht ziehender Schmerz breitete sich kurzfristig von der frisch reparierten Achillessehne aus, verebbte jedoch schon nach wenigen Sekunden. Es würde wohl einige Tage dauern, bis er wieder richtig sprinten konnte, da die neue Sehne erst eingelaufen werden musste, aber zumindest konnte er wieder richtig auftreten und laufen. Auch Alanna bemerkte, dass sich seine Haltung geändert hatte, nur deutete sie es falsch.
„Es scheint aber, dass ihr nicht ganz so glimpflich davon gekommen seid. Ich hoffe doch, es ist nichts Ernstes?" „Nein, alles in Ordnung." erwiderte John knapp und ließ seinen Fuß etwas kreiseln, um die Beweglichkeit zu überprüfen. Die Elfe zuckte mit den Schultern. „Nun gut, solange es euch nicht beeinträchtigt, gibt es keine Probleme." Sie zwinkerte neckisch und wandte sich dann Berdon zu, der seinen Männern Befehle zu brüllte.
John runzelte die Stirn. Er wurde einfach nicht schlau aus dieser Frau und das beunruhigte ihn. Seine Instinkte rieten ihm, sie jetzt anzugreifen, da er in ihrem Rücken stand, doch sein Verstand sagte, dass es keinen Zweck hatte, solange er diese Ketten trug. Außerdem könnte es sich noch als nützlich erweisen, dass sie ihm dermaßen vertraute. Ja, der richtige Augenblick zum Angriff würde kommen, aber nicht jetzt.
Einer der vermummten Soldaten löste sich aus dem emsigen Treiben und kam auf sie zu gelaufen, einen kleinen Beutel in den Händen haltend. Sein blondes Haar quoll rechts und links aus den Spalten im Stoff, ein einfaches Kurschwert baumelte lose an seinem Gürtel und sein Bogen stieß bei jedem Schritt klackernd auf den Köcher, da er sie beide auf den Rücken geschnallt hatte. Allgemein wirkte er äußerst unordentlich und schlaksig auf John. Der Titan rümpfte die Nase, als ihm der heftige Geruch von Fisch in die Nase stieg. Schließlich kam der Mann vor ihnen zum Stehen, verneigte sich kurz vor Alanna und hob ihr dann den Beutel entgegen. „Hier Herrin, der Proviant wie befohlen." Sein Blick huschte kurz über den Titanen und er schluckte schwer.
Freundlich lächelnd nahm die Elfe den Proviant entgegen. „Vielen Dank Mendin. Bitte teilt Hauptmann Berdon mit, dass wir in ein paar Minuten aufbrechen, egal wie weit er damit ist, das Nachtlager abbauen zu lassen." meinte Alanna höflich, woraufhin der junge Mann verstehend nickte und erwiderte: „Zu Befehl Herrin." Dann drehte er sich auf der Stelle um und eilte zurück zu den anderen.
„Eure Soldaten strotzen nicht gerade vor Mut." merkte John mit hochgezogenen Augenbrauen an, während sie sich mit dem Beutel in Händen zu ihm umdrehte. „Nun, ihr müsst zugeben, eure Erscheinung ist doch ziemlich respekteinflößend. Und solch junge Leute wie Mendin, sind immer einfacher einzuschüchtern, als Veteranen." hielt die Elfe dagegen und öffnete das lederne Transportbehältnis. Zum Vorschein kamen ein kleines, hölzernes Fass und ein mittelgroßer Wasserschlauch. „Ah, ich hoffe ich mögt Fisch. Berdon hat euch den eingelegten Hering bringen lassen."
Skeptisch begutachtete der Titan das Fässchen. Er konnte sich noch gut an das letzte Mal erinnern, als er eingelegten Fisch gegessen hatte, damals bei Micheals und Amandas Besuch. Surströmming oder wie auch immer sie es nannten. Es war das ekelhafteste gewesen, dass er jemals in seinen Mund gesteckt hatte, ganz zu schweigen vom abartigen Gestank. Seitdem, war er jeder Art von Fischgerichten aus dem Weg gegangen. 'Warum muss es ausgerechnet Fisch sein?' fragte er sich und griff widerwillig nach dem Fass. Bevor die Finger es jedoch überhaupt erreichen konnten, sagte sein Körper nein. Der Geruch war einfach zu abstoßend und das Geschmackserlebnis tief in sein Gedächtnis gebrannt. „Wisst ihr, mir ist momentan nicht nach essen zu Mute. Gebt mir einfach das Wasser, das reicht vollkommen aus." erklärte er und langte stattdessen nach dem Schlauch. Alanna hob belustigt die Augenbrauen an, sagte aber nichts. Sie deutete ihm nur an, ihr zu den anderen zu folgen, was John durch ein Nicken bestätigte.
Langsam trottete er hinter der Elfe her, während er gleichzeitig den Wasserschlauch entkorkte und in einigen großen Zügen leerte. Zumindest konnte er so seine körpereigenen Flüssigkeitsreserven wieder auffüllen, nur der allmählich größer werdende Hunger stimmte ihn etwas missmutig. Da die einzige Alternative jedoch bedeutete, ein Fass voll eingelegter Heringe zu verspeisen, hungerte er lieber noch ein bisschen länger. 'Diese schuppigen, verkackten Drecksviecher. Eher fress ich den Schlamm unter meinen Stiefeln als noch einmal einen dieser vergammelten Fische auch nur anzurühren.' Angewidert warf er den Schlauch im hohen Bogen in die Wildnis und stellte sich mit in die Hüfte gestemmten Hände neben Alanna und Berdon, die beide schon auf ihre Pferde aufgesessen waren und nur noch darauf warteten, dass die letzten ihrer Soldaten in den Sattel stiegen.
Der Hauptmann bedachte John mit einem grimmigen Blick, die Hand auf dem Knauf seiner Waffe ruhend und auch die übrigen Männer warfen ihm verstohlene Blicke zu, wohingegen Alanna neugierig seinen Helm begutachtete, den sie hinten an ihre Satteltasche geschnallt hatte. Schließlich saßen alle auf ihren angestammten Plätzen und die Elfe befahl mit einer ausladenden Geste: „Abmarsch! Auf Richtung Pass!" Augenblicklich setzte sich der gesamte Tross in Bewegung, die Schwarze Rose in leichtem Galopp auf ihren Reittieren und der Titan in einem, für ihn, mittelmäßig schnellen Schritt nebenher.
Zu Beginn zog seine neue Achillessehne schmerzhaft, was er jedoch mit zusammengebissenen Zähnen hinnahm und auch schlussendlich nach einigen Meilen aufhörte. Er war verblüfft, dass der Untergrund des Wegs aus festem Fels bestand, sodass die Pferde beim Galoppieren nur noch geringe Probleme hatten. So also ließen sie schnell ihren nächtlichen Lagerplatz hinter sich und begannen denn sanften Aufstieg zum Pass. Die Kilometer schmolzen praktisch unter ihren Füßen dahin, genauso wie die Stunden. Der Pfad war nicht allzu steil, wohl um den großen Handelskarren die ihn befuhren keine Schwierigkeiten zu bereiten, wodurch sie das relativ hohe Tempo recht lange halten konnten. Die Sonne war bereits schon lange über ihre Köpfe hinweg gezogen, als Alanna schließlich das Zeichen dafür gab, langsamer zu machen, um die Tiere nicht zu sehr zu beanspruchen. Diese atmeten tatsächlich schon ziemlich schwer, da sie die Kombination aus Galopp und Steigung offensichtlich nicht gewohnt waren. Ganz im Gegensatz zu John, der neben den Pferden herging, als hätte er gerade einen gemütlichen Spaziergang hinter sich. Er genoss es sogar regelrecht wieder einmal eine längere Zeit den Wind in seinem Gesicht und die Wärme der Sonne auf seiner Haut zu spüren. Zugleich gab es aber auch das Gefühl beobachtet zu werden.
Es herrschte vollkommene Stille um sie herum, bis auf das Klackern der Hufe und seiner Schritte, die von den hohen Berghängen zurückhallte. Es war zu ruhig, wie das tiefe Luftholen vor einem Sturm. Der Titan sah immer wieder angespannt empor in den Himmel und beobachtete misstrauisch die fliegenden Schlangenwesen, welche ihnen den ganzen Weg über gefolgt waren. Der Pass lag jetzt nur noch wenige hundert Meter vor ihnen schon in Sichtweite und diese Viecher kamen immer näher. Er schien jedoch nicht der einzige zu sein, der das bemerkte, denn auch Alanna blickte immer wieder prüfend nach oben und hatte Berdon darauf aufmerksam gemacht. Sie ging sogar so weit, John selbst darauf anzusprechen.
„Ihr habt mit Sicherheit auch schon diese fliegenden Ungetüme über uns bemerkt, habe ich recht?" Er nickte. „Diese Wesen werden Fanghur genannt und sind kleinere Verwandte von Drachen. Normalerweise sind sie nicht in solch großen Gruppen unterwegs, ich weiß nicht was sie dazu bewegt hat. Haltet euch auf jeden Fall für einen Angriff bereit. Sie mögen jeder für sich nicht so stark sein, wie ein Drache, aber bei solch einer Masse spielt das keine Rolle." erklärte die Elfe eindringlich und John horchte auf. 'Verwandte der Drachen? Das könnte hässlich werden.' Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er erneut einen Blick auf die kreisenden Raubtiere warf.
Ein plötzliches Klackern zu seiner Rechten ließ seinen Kopf herumfahren. Ein paar kleinere Steinchen kullerten den felsigen Abhang herunter, sehr unwahrscheinlich, dass sie vom Wind angestoßen worden waren. Misstrauisch suchte er den gesamten Hang nach möglichen Verfolgern ab, konnte jedoch nichts entdecken. Angespannt ballte er seine Hände zu Fäusten. 'Klasse, diese Aasgeier über uns und ein unbekanntes Etwas hinter uns. Jetzt fehlt nur noch, dass uns ein Drache verfolgt. Holzauge sei wachsam.' dachte er sich, während er zusammen mit Alanna und den anderen, den letzten steileren Aufstieg vor dem Pass anging. Rechts neben dem Weg, türmte sich ein gigantischer Berg auf, dessen Gipfel irgendwo hoch oben in den Wolken verborgen lag und links ragte eine tiefe Schlucht mehrere hundert Meter in Tiefe. Sie hatten keinerlei Möglichkeiten irgendwohin zu fliehen, außer nach vorn, oder hinten. 'Der perfekte Ort für einen Hinterhalt.'
Die Gruppe kam ungefähr bis zur Hälfte des Aufstiegs, dann brach die Hölle über sie herein.
*Pass auf den Himmel auf!*rief die Stimme des Schwerts panisch in seinem Kopf, woraufhin John sich ruckartig umdrehte und gerade noch so den sich auf ihn stürzenden Fanghur bemerkte. Instinktiv wich er dem plumpen Angriff aus, bekam den Hals des Tieres zu packen und warf es mit Hilfe seines eigenen Schwungs auf den Boden. Ein schrilles Kreischen entwich der Kehle der fliegenden Schlange. Ohne zu zögern rammte der Titan seinen metallischen Stiefel in den Schädel des nach ihm schnappenden Reptils und beendete die Qual für seine Ohren. Er hatte allerdings keine Zeit sich seinen Angreifer genauer anzusehen, denn nun stürzten sich all seine Artgenossen gleichzeitig auf die Gruppe.
„Zu den Waffen Männer! Bildet einen Schutzkreis! Achtet auf eure Köpfe!" brüllte Alanna ihren Leuten zu, während sie selbst ihre Lanze vom Rücken zog und eines der angreifenden Tiere aufspießte. Doch die Soldaten hatte keine Chance einen Kreis zu bilden.
Zwei von ihnen wurden bereits mit dem ersten Angriff fortgerissen, die übrigen fünf purzelten allesamt von ihren Pferden. Einzig allein Berdon behielt die Nerven und sprang seiner Anführerin mit gezogenem Schwert bei.
Währenddessen stürzten sich zwei Fanghur gleichzeitig auf den Titanen. Dem ersten Tier konnte er noch geschickt mit einem Hechtsprung nach vorn ausweichen, doch das Zweite krachte ungebremst in ihn hinein. Wild kratzte und schnappte es nach seinem Gesicht und nur mühsam hielt er es davon ab seinen Kopf zu zerfleischen, indem er es mit seinen Beinen von sich stieß. Unterdessen hatte sich das erste Tier wieder aufgerappelt und fiel ihm unter lautem Kreischen in den Rücken. Wirkungslos scharrten seine Krallen über die dicke Panzerung des Atlas, doch die Wucht des Aufpralls brachte John kurzzeitig aus der Balance. Er schaffte es jedoch sich wieder zu fangen, stieß sich mit aller Kraft vom Boden ab und ließ sich nach hinten auf das Reptil fallen. Drei Tonnen Stahl und Muskeln zerquetschten das etwa fünf Meter lange Biest unter sich und Blut spritzte ihm an die Wangen.
Er war gerade im Begriff aufzustehen, als sich erneut zwei Fanghur auf ihn stürzten. Einem der beiden schaffte er es seine zur Speerspitze geformte Hand durch den Schädel zu rammen, allerdings hatte das andere Tier seine offene Deckung missbraucht. Die rechte Pranke fuhr ihm mit den spitzen Krallen quer über die linke Gesichtshälfte und erwischte dabei sein Auge. Ein brennender Schmerz breitete schlagartig aus und blaues Blut rann in großen Maßen aus dem zerfetzten Auge.
Instinktiv brüllte John seinen Schmerz hinaus und zertrümmerte den Schädel und Brustkorb des Reptils mit mehreren wuchtigen Fausthieben. Dann rappelte er sich schnellstmöglich auf und betastete kurz die langen Striemen in seinem Gesicht. Es brannte wie die Hölle, doch zum Glück begannen die Naniten bereits die Schnitte zu heilen. Nur sein linkes Auge würde mehrere Stunden brauchen, um wieder funktionstüchtig zu sein.
'Fuck!'
Der Hälfte seiner Sicht beraubt und so gut wie taub, durch das schrille Kreischen, blickte er sich angespannt um und bemerkte in einigen Metern Entfernung Alanna und Berdon, die Rücken an Rücken kämpften. Bereits drei Kadaver lagen zu ihren Füßen und in die vierte Bestie stieß der Hauptmann gerade sein pechschwarzes Schwert, während die Elfe mit einem Zauber vier andere Fanghur daran hinderte sie anzufallen. Von ihren Pferden fehlte jede Spur, und auch von den restlichen Soldaten waren gerade noch drei am Leben. Zwei um genau zu sein, da der Dritte gerade auf unschöne Art und Weise von zwei Fanghur zerfleischt wurde.
„John!"
Sein Blick schnellte zurück auf Alanna.
„Fangt!"
Er sah wie sie etwas langes, Rotes nach ihm warf und erkannte, dass es das Schwert aus der Kiste war! Unbeholfen, da ihm sein zweites Auge fehlte, fing er die Waffe mit beiden Händen und die ihm schon bekannte Stimme ertönte erneut.
*Ja! Ja! Lasst uns diesen geflügelten Bastarden zeigen, wer wir sind! Lasst sie bluten!*
Nur zu gern kam der Titan diesem Wunsch nach. Mit einem wuchtigen Hieb schlug er der Echse, die er vorhin weggestoßen hatte, den Kopf ab und stürmte so schnell er konnte hinüber zum kämpfenden Duo. Er mochte zwar ihr Gefangener sein, aber zusammen hatten sie eine weit größere Chance gegen diese Dinger als jeder für sich. Er packte einen der Fanghur, der sich gerade auf Alanna stürzen wollte, am Hals und trieb die blutrote Klinge durch sein Hirn. Blieben noch fünf weitere Biester. Er warf einen kurzen Blick auf den Hauptmann und die Elfe. Beide hatten auch mehr oder minder schwere Wunden davongetragen.
So war Berdons Schild zersplittert, seine rechte Schulter zerkratzt und zwei lange Striemen zogen sich quer über das Gesicht. Alanna hingegen hatte nur zwei leichte Kratzer auf ihrem linken Arm und einen schmalen Schnitt an der rechten Wade, allerdings begannen ihre Beine bereits zu zittern. 'Die Zauber scheinen wohl an ihren Reserven zu nagen.' dachte er, während er einer weiteren Bestie den linken Flügel abrasierte.
Da ertönte ein kratziges Horn aus Richtung des Passes und alle drei sahen hinauf. Die Fanghur, welche bisher um sie gekreist waren, gaben krächzend, fauchende Laute von sich und stießen sich ohne noch einmal anzugreifen vom Boden ab. Und John wusste wieso. Dort oben, auf der Kuppe des Passes, standen knapp 20 grauhäutige Hünen in leichten Lederrüstungen, mit riesigen Hörnern auf dem Schädel und entweder eine Axt, Keule oder merkwürdig geformtes Schwert in Händen haltend. Ihr Anführer stand vor der ganzen Meute, wobei er noch jeden einzelnen seiner Untergebenen um mindestens einen Kopf überragte und blies in ein stark gekringeltes Horn, dass so aussah, als hätte er es gerade erst vom Kopf des unglücklichen Tiers gerissen.
„K –Kull –" stammelte Alanna verängstigt mit zitternden Armen und Knien. Sie musste sich auf ihre Lanze abstützen, um nicht umzukippen. „Alanna!" rief Berdon schockiert und eilte zu der Elfe hinüber. *Schwächliches Elflein.* knurrte die Stimme des Schwerts. 'Sie muss in der Vergangenheit irgendein traumatisch Erlebnis mit diesen Kulls gehabt haben. Das ist ja eine regelrechte Schockstarre.' schlussfolgerte John scharfsinnig und trat vor den Hauptmann, der versuchte seine Anführerin zu beruhigen. Unwillkürlich fasste er sich an das immer noch brennende, zerfetzte Auge. Noch immer hatten die Naniten nicht begonnen es zu reparieren. Skeptisch beobachtete er die Kampfgruppe aus Urgals und umfasste den Griff seiner Waffe fester. Es gefiel ihm nicht, dass sie immer noch nicht angegriffen hatten.
Plötzlich trat der Anführer einen Schritt zur Seite und gab den Anblick auf eine kleinwüchsige Frau mittleren Alters frei, deren braunes, lockiges Haar bis zu den Schultern herab reichte. In der rechten Hand hielt sie eine merkwürdige Waffe, ein kurzen Stock mit jeweils einer dolchartigen Klinge am Ende, während sie ihm mit der linken Hand freundlich zuwinkte.
„Hallo Drachenritter. Da habt ihr euch ja ganz schön zeitgelassen, du meine Güte! Würdet ihr bitte die Waffen fallen lassen? Ansonsten sehen sich meine gehörnten Freunde hier vielleicht doch noch dazu berufen euch mit Gewalt dazu zu zwingen." zwitscherte sie fröhlich, was John das erste Mal in seinem Leben sprachlos dastehen lies. Sein verbliebenes Auge weitete sich, als eine große hellbraune Katze neben der kleinen Frau auftauchte, die ihn mit krellgelben Augen anstarrte.
„Mein Name ist Angela, die Kräuterhexe. Es ist mir eine Freude euch endlich in Persona kennenzulernen!"
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[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...