Pestilence

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Sebastians Mundwinkel verzogen sich zu einem zufriedenen Lächeln.

Endlich einmal würde er wieder einen richtigen und vor allem ernstzunehmenden Kampfeinsatz haben! Den Drachenangriff auf Lendol zählte er nicht wirklich, da er ihn praktisch kaum mitbekommen hatte, weil er von Jonas den Befehl erhalten hatte, eine der schwerverletzten Frauen aus der Gefahrenzone zu bringen.

Was für eine Zeitverschwendung!

Was interessierte ihn diese fremde Person, wenn der eigentliche Angreifer weiter sein Unwesen treiben durfte? Aber all das würde ihm dieses Mal nicht passieren, das hatte er sich fest vorgenommen. 'Wenn ich dieses Mal einen Wildfremden aus der Gefahrenzone tragen soll, wird er eben ausversehen an seinen Verletzungen sterben. Unnötige Zeitverschwendung sich mit Zivilisten herumzuschlagen. Was nutzt es eine einzelne Person zu retten, wenn ich stattdessen der Schlange der Kopf abschlagen könnte und den Kampf komplett beende?' dachte er kopfschüttelnd.

Er hatte noch nie dieses Konzept verstanden, dass ein einzelnes Leben mehr Wert sein sollte, als die hundert anderen die starben, während er diese einzelne Person in Sicherheit brachte. Gedanken über irgendwelche unglücklichen Trottel zu verlieren, die meist aus eigener Dummheit in solchen brenzligen Situationen landeten, waren seiner Meinung nach verschwendete Zeit.
Es gab Ausnahmen, aber die bestätigten eher die Regel.

Während er im vollen Sprint auf sein Quartier zuhielt, musste er auch kurz über die junge Tinira nachdenken. Ihm gefiel ihre Schuppenfarbe außerordentlich gut.
Ein zartes Zitronengelb.
Er mochte die Farbe Gelb.
Und noch dazu schien sie eine enge Beziehung mit Alex zu haben. Unterbewusst schob er sie in eine der drei Schubladen für Leute die er kannte und kam dann vor seiner Tür zum Stehen.

Rasch öffnete er sie und schlüpfte ins Innere, wobei er fast schon reflexartig den Lichtschalter betätigte. Er sah sich jedoch nicht groß um, sondern zog eiligst seine Schuhe, Hose und Shirt aus, welche er schlicht auf sein feinsäuberlich gemachtes Bett warf, bevor er hinüber zu seiner Ankleidekammer sprang. Jeder Titan besaß eine auf seinem Quartier, um einerseits den Atlas aus- und anzuziehen und andererseits um sich ebenso mit dem HAX-Suit anzukleiden. Dabei gab es bei ihm jedoch eine kleine Besonderheit.
Seine HAX-Rüstung war anders.

Im Spiegel, den er neben seinem Bett angebracht hatte, konnte er deutlich die vier geldstückgroßen Löcher in seinem Rücken sehen, die er ungefähr auf Höhe der Schulterblätter besaß. Sie waren jeweils mit einem der speziellen sackartigen Organen verbunden, die ihrerseits mit seiner künstlichen Lunge verlinkt waren. Dann öffnete sich zischend die Tür vor ihm, nachdem der Abdruckscanner grünes Licht gab und er stieg ins Innere der mit kaltem weißen Licht ausgeleuchteten Kammer. Vor ihm sah er die ihm Bekannte mechanische Vorrichtung zum Ankleiden und betrat das kleine Podest, indem er seine nackten Füße in die schwergepanzerten Stiefel steckte, die bereits auf der Plattform bereitstanden. Anschließend positionierte er sich wie immer auf der vorgegebenen Halterung, Arme zur Seite ausgestreckt und den Kopf in einer speziellen Vorrichtung ruhend. Hinter sich konnte er hören, wie die Tür sich zischen schloss. Erst dann gab er das Kommando: „Starte Ankleidevorgang!"

Sofort erwachte die Maschinerie zum Leben und begann den Prozess damit, ihm einen speziellen Rückenharnisch anzulegen, der wie eine schwarze Weste aussah. Allerdings besaß er spezielle Öffnungen am Rücken, die perfekt auf seine eigenen vier Löcher passten. Er presste knurrend die Zähne aufeinander, als ein stechend-bohrender Schmerz sich kurz zwischen seinen Schulterblättern bemerkbar machte. Das Anzeichen dafür, dass die Öffnungen sich hermetisch mit den Löchern verbanden und sich dabei in sein Fleisch bohrten. Als nächstes stülpte ihm die Maschine den gewohnten schwarzen Unteranzug über, wobei auch dieser wieder vier Aussparungen am Rücken besaß. Doch hier hörten die Gemeinsamkeiten zu einem normalen HAX-Suit auch schon wieder auf. Statt der vielen verschiedenen Schichten, begann die Maschine ihm direkt speziell angefertigte Rüstungsteile anzulegen, die sie mithilfe der zahlreichen Roboterarme fest miteinander verband. Angefangen von den Beinen und Armen arbeiteten sie sich vor, bis sie an seinem Torso angekommen waren. Dann kümmerten sie sich um seine Hüfte und den Bauch, bis zum Schluss nur noch die Brust und der Rücken freilagen.

Diese beiden Stücke waren die größten und mussten insbesondere auf seinem Rücken präzise genau eingepasst werden. Das ganze dauerte fast eine geschlagene Minute, ehe die Maschine das Rückenteil richtig eingepasst hatte und den Brustteil ansetzte, um die beiden miteinander zu verbinden. Im Anschluss daran befestigten die Roboterarme noch einen großen Tank auf seinem Rücken, sodass dieser Container praktisch über seine Schulter hinausstand. An diesen Tank schlossen sie noch einen speziellen Schlauch samt Mechanismus an, der griffbereit am Rücken auf Höhe der Hüfte befestigt wurde. Ein zusätzlicher zweiter solcher Tank wurde etwas über seiner Hüfte auf dem Rücken platziert und ebenfalls mit dem Schlauch verbunden.

Als letztes fehlte nur noch sein Helm, den ihm die Maschine vorsichtig aufsetzte, wo er zischend den Anzug versiegelte. Sofort ploppte vor seinen Augen ein ähnliches HUD auf, wie in seinem Atlas, wenn auch etwas rudimentärer. Allerdings ließ ihn die Ankleidekammer nicht sofort danach wieder los, sondern handwerkte noch kurz an seinem Helm herum, ehe ein zweitöniges Biepen den Vorgang beendete und sich die Tür hinter ihm öffnete. Voller Freude seinen alten, geliebten Anzug wieder tragen zu dürfen, trat er nach hinten aus der Kammer und besah sich dann kurzerhand im Spiegel.

Alles war noch genauso, wie er es in Erinnerung hatte.

Der Anzug, der die militärische Kennung UHBWBB-Suit trug, was kurz für „Ultra-Heavy Biological Warfare Bunker-Buster-Suit" stand, war im Grunde genommen eine Mischung des HAX-Suits und dem Atlas.

Und er besaß die einzige jemals angefertigte Rüstung dieses Typs.

Der Anzug besaß eine pechschwarze, matte Lackierung, die das Licht quasi in sich aufzusaugen schien. Das lag vor allem an der speziellen Lackierung, die aus einer Schicht Vantablack bestand, über die zusätzlich noch eine vollkommen durchlässige Schutzlackierung gelegt worden war. Die Panzerung selbst war um einiges dicker, als die des HAX-Suits und das Exoskelett war nach innen verlegt worden, um es besser zu schützen. Dadurch wurde er zwar in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, doch mit diesem Anzug kam es nicht auf Geschwindigkeit an. Er drehte sich ein stückweit, um seinen Rücken einsehen zu können. Dort ragten vier knapp einen halben Meter lange und drei fingerbreite Röhren schräg nach oben gerichtet aus der Rüstung, genau dort, wo eigentlich seine vier Ausgangslöcher lagen. Sie waren das wohl markanteste Merkmal der Rüstung, ebenso wie die beiden Tanks des schweren Flammenwerfers, dessen gewehrähnliches Brennrohr griffbereit auf Höhe seiner Hüfte in einer Halterung steckte.

Sein persönlicher Liebling war jedoch der Helm.

Er war in der Form eines Totenkopfs modelliert, in dessen Augenhöhlen rote, verspiegelte Panzerglasscheiben angebracht waren, die im Dunkeln von innen mit einer knallroten Lampe beleuchtet wurden und dem Titanen damit glühende Augen gab. Auch war der Helm dort, wo eigentlich die Schädelknochen saßen in einem knochenbleichen weiß lackiert. Zudem war in der Mundpartie eine Art Gasmaske geformt worden, aus deren zwei herausstehenden Atemrohren gepanzerte Schläuche zu Anschlüssen in Bastians Schultern führten. Kurz gesagt, er sah aus wie etwas, das direkt der Hölle entsprungen war.
Und genau das, war auch die Absicht dahinter.

Zufrieden lächelnd trat er hinüber an den Waffenschrank, gab seinen persönlichen Zugangscode ein und betrachtete daraufhin das Arsenal an Waffen, das sich vor ihm auftat. Zielsicher griff er zunächst nach seiner Pistole, die er lud, entsicherte und dann in den vorgesehen Holster an seiner rechten Hüfte steckte. Zusätzlich steckte er ein drei weitere Magazine ein, die er in den gepanzerten Munitionskasten an seinem Multifunktionsgürtel schob. Danach überlegte er kurz, bevor er wenige Momente später schmunzelnd nach einer alten Bekannten griff.

Der „Devastator".

Im Grunde war es der Vorgänger zur „Decimator", die unter anderem Alex benutzte.
Sie war kleiner und handlicher als ihr Nachfolger, besaß jedoch ein größeres Kaliber mit ihren 35 Millimeter Granaten. Allerdings war ihr Magazin auch dementsprechend kleiner. Es beschränkte sich auf sieben Granaten pro Magazin und ihre Schussfrequenz war weit unter Standard. Dafür besaß jedes einzelne der Explosivgeschosse einen deutlich stärkeren Wumms, als die ihres Nachfolgers. Bastian mochte diese Waffe und hatte ihr sogar seinen eigenen Namen gegeben, der in weißen Buchstaben auf dem Lauf eingraviert war.

Divide and Conquer.
Teile und Erobere.

Im Grunde genommen war es so etwas Ähnliches wie sein persönliches Motto, oder vielmehr das, seiner mikrobischen Freunde. Er lud die Waffe ebenso, ließ sie jedoch vorerst gesichert. Er steckte sie in den Holster an der linken Hüfte und steckte zusätzlich zwei weitere normale Magazine und eines mit HEDP-Granaten ein. Dann schloss er den Waffenschrank wieder und trat wieder hinaus auf den Gang. Ein kurzer Blick auf die Zeitanzeige seines HUDs sagte ihm, dass er noch gute zehn Minuten Zeit hatte und so nahm sie Sebastian noch die Zeit seine Zimmertür zu schließen, ehe er sich auf den Weg in Richtung Hangar machte.

Auf einen Außenstehenden hätte er in seinem Laufschritt wohl extrem versteift gewirkt, den Rücken komplett gerade haltend und der Kopf zwischen den mächtigen Schulterplatten vollkommen stillsitzend. Der Titan hatte sich jedoch über die Jahre daran gewöhnt, sich in dieser Montur zu bewegen, vor allem, da er als einziger Titan hauptsächlich ohne den Atlas im Krieg gekämpft hatte. Im Grunde war der Atlas für ihn nur ein Mittel zum Zweck, um nicht erkannt zu werden. Genau genommen hatte er laut den offiziellen Aussagen der Militärpropaganda überhaupt keinen direkten Bezug zur Titaneinheit. Niemand außer seiner Familie und sehr wenigen hohen Tieren in der Army kannte überhaupt sein Gesicht. Er war ein Phantom, ein Monster dessen Zweck es war Angst und Terror unter denjenigen zu verbreiten, die ihn auf dem Schlachtfeld sahen. Ein Dämon, dessen bloße Präsenz für Tod und Verderben sorgen konnte. Und dafür wurde er gehasst, sowohl vom Feind, als auch von Verbündeten. Aber ihm war das egal. Er sah sich selbst als notwendiges Übel und empfand es irgendwo als Zeichen des Respekts, als sowohl die eigenen als auch die feindlichen Soldaten anfingen ihn als einen der vier Reiter der Apokalypse zu benennen.

Pestilence.

Doch all das lag lange Zeit zurück und er hatte diesen Namen schon mehrere Jahrzehnte nicht mehr im Zusammenhang mit ihm vernommen. Vielleicht wurde es Zeit dieser Schwarzen Rose eine ähnliche Lektion zu erteilen. Das Klackern seiner metallischen Stiefel hallte durch die Gänge, während er rannte, bis er schließlich auf eine Tür stieß, hinter der sich der Hangar befand. Einen Knopfdruck später öffnete sich die hydraulische Tür und er betrat die große Halle, nun jedoch in einem normalen Marschschritt, anstatt eines schnellen Laufs.

Es wunderte ihn nicht, den Albatross in der Mitte des Hangars zu sehen, wo Mark gerade damit beschäftigt war, die letzten Raketen in die dafür vorgesehenen Abschussvorrichtungen zu schieben. An der Heckklappe konnte er mehrere Personen stehen sehen, unter anderem Aidan, Micheal, Julia, Jonas, Benjamin, Alina, Joseph, Chloe und Sarah, die allesamt ihren HAX-Suit trugen. Zudem standen natürlich Angela, Eragon, Murtagh, Gerlinde, Trestol und Liriàrth bei ihnen, genauso wie der Drache Othreni mit seinen dunkelgrauen Schuppen. Er war es auch, der als erstes den Kopf zu ihm wandte. Problemlos konnte Bastian erkennen, wie sich die Augen des Drachens vor Anspannung verengten und er eine knurrende Grimasse aufsetzte, als er den Titanen genauer betrachtete.

Aufgeschreckt von ihrem Partner wandte sich die junge Elfe ebenfalls ihm zu und zuckte regelrecht zusammen, woraufhin sich auch die restlichen Reiter zu ihm umdrehten. Sontal setzte ein zufriedenes Grinsen auf, sobald er sah, wie sich ihre Gesichter in angespannte Grimassen verwandelten.

Als er schließlich bei der Gruppe zum Stehen kam, warf ihm Mike einen abschätzenden Blick zu, wohingegen Sarah anmerkte: „Ich hatte ganz verdrängt, dass du keinen normalen HAX, sondern dieses – Ding – besitzt, Bastian." „Ich habe schon viele Dinge in meinem Leben gesehen, aber wenn mich je jemand nach einem Bild vom Sensenmann fragen sollte, werde ich ihm ein Bild von euch malen." fügte Angela sich kurz schüttelnd hinzu, dem Murtagh mit einem Nicken zustimmte. „Euch will ich nicht in der Nacht begegnen, Sebastian. Gott dieses Schwarz – als würde es sämtliches Licht in sich aufsaugen." „Das ist genau der Zweck dieser Rüstung, Murtagh. Fantôme de la nuit." erwiderte er amüsiert, wobei der automatische Stimmverzerrer des Helms dafür sorgte, dass seine Stimme deutlich tiefer und metallisch klang. Ein leichter Schauer zuckte den Reitern und der Kräuterhexe über den Rücken. Sie fühlten sich sichtlich unwohl in seiner Gegenwart, was ihm besonders bei Trestol sehr gefiel. Allerdings überraschte es ihn auch nicht, als Micheal ernst meinte: „Bitte halte dich etwas zurück, Bastian."

Er blickte seinen Bruder daraufhin an und nickte zustimmend. „Oui mon général!" entgegnete Sontal und wandte den Blick dann wieder Trestol zu, dem es sichtlich unangenehm war. Aber er traute sich nicht etwas zu sagen, was ihn nur noch tiefer sinken ließ in Bastians Augen.

Im Laufe der nächsten Minuten trudelten auch schließlich die letzten Titanen, bis auf Alex, ein, wobei sein Vater mit Alanna im Schlepptau und Feyth auf den Schultern den Abschluss bildete. Er mochte den kleinen Drachen, da sie es war, die John immer wieder zum Lächeln brachte und vor allem dafür sorgte, dass seine väterliche Persönlichkeit zum Vorschein kam. Auch wenn jetzt gerade seine logische Seite die Kontrolle hatte. Er konnte sehen, wie das Drachenmädchen kurz vor Schreck zusammenzuckte, als sie ihn entdeckte und sich daraufhin noch enger an den Hals seines Vaters schmiegte. Es tat ihm ein bisschen leid, ihr einen solchen Schreck eingejagt zu haben, aber das war eben unvermeidbar gewesen.

Jetzt horchte er jedoch gespannt zu, als John an Eragon gewandt fragte: „Eragon. Was hat es mit der Nachricht auf sich? Ein Angriff der Schwarzen Rose?" Der Drachenreiter nickte, mit nun todernstem Gesichtsausdruck.

„Ja und das ausgerechnet an dem Ort, an dem ich als allerletztes damit gerechnet hatte. Ich habe vorhin kurz mit Bloedhgarm gesprochen. Die Schwarze Rose hat die Drachenreiterfeste und Drakenfort angegriffen! Scheinbar haben sie den verborgenen Aufgang entdeckt, den wir für unseren Aufstieg damals genutzt haben! Die Situation ist sehr kritisch. Laut Bloedhgarm sind an dem Angriff mehrere Elfen und auch Ra'zac beteiligt, genauso wie einige Dutzend menschlicher Soldaten und sogar Drachen aus Bralluth's Donner beteiligt! Sie haben den Großteil der Feste bereits überrannt und die Bereiche, die noch gehalten werden drohen mit jeder Minute zu fallen. In Drakenfort scheint die Lage ebenso kritisch zu sein, doch Bloedhgarm konnte mir nicht allzu viel über den Zustand der Stadt sagen." erklärte der Großmeister eindringlich, woraufhin sich Alanna entsetzt die Hand vor den Mund schlug und die meisten Titanen grimmig mit den Zähnen mahlten.

Ohne große Pause fügte Micheal hinzu: „Saphira und die anderen Drachen sind bereits vorausgeflogen, direkt nachdem Eragon davon erfuhr, da ich ihm natürlich angeboten habe, mit dem Albatross dorthin zu fliegen. Wir können den Berg innerhalb von etwas über einer Stunde erreichen, die Drachen würden minimalst anderthalb Tage brauchen. Aber die Verteidiger haben niemals mehr anderthalb Tage!"

'Oh, das ist eine interessante Entwicklung.' dachte Sebastian interessiert freute sich schon darauf, sich zur Abwechslung mal wieder nicht zurückhalten zu müssen.

„Selbstverständlich! Ich nehme an, du willst zwei Teams bilden? Eines für die Stadt und eines für die Feste?" erwiderte sein Vater trocken wie immer, doch zu seiner Überraschung schüttelte der Admiral den Kopf. „Nicht ganz. Wir benötigen vier Teams. Eines für die Bruthöhlen über der Feste, eines für die Feste, eines für die Stadt und eines, dass hier auf der Venator bleibt. Die Schwarze Rose weiß, wo das Schiff liegt und ich bin nicht gewillt einen Angriff ohne Wachen zu riskieren." meinte Forke und zerschlug damit Bastians Erwartungen in tausende Splitter.

Seine Mundwinkel verzogen sich missmutig. Er wusste schon jetzt, welchem Team er angehören würde.

„Die drei Angriffsteam werden wir auf dem Flug einteilen, aber als Wachen würde ich gerne Kevin und Sebastian hierbehalten. Zusammen mit Alex sollten sie ausreichen, um das Schiff zu verteidigen." setzte Mike hinterher und bestätigte damit, was Sontal bereits hatte kommen sehen. Während Kevin ohne zu zögern zustimmte, merkte Bastian jedoch an: „Du weißt auf was ich trainiert bin, Mike?" Der Admiral nickte bejahend. „Natürlich und genau deswegen bist du ideal dafür geeignet, um die Venator zu verteidigen. Niemand mit ein bisschen Verstand im Kopf, würde es wagen, sich auf einen Kampf mit dir im engen, geschlossenen Korridor eines Schiffs einzulassen."

Sebastian musste neidlos anerkennen, dass sein Bruder damit recht hatte. Er war die beste Möglichkeit einen Stellung wie die Venator einfach zu verteidigen, genau deshalb hatte er dieses Szenario auch kommen sehen. Er schluckte also seinen Unmut über den ihm durch die Lappen gleitenden Kampf runter und antwortete seufzend: „Na schön, wie du willst."

„Keine Sorge, Trestol und Mimiath werden ebenfalls hierbleiben, um euch gegen etwaige Magier zu unterstützen. Genauso wie unsere jüngeren Schüler, für die ein solcher Kampf viel zu gefährlich wäre." fügte Gerlinde respektvoll hinzu, was Bastians Laune vollends in den Keller absinken ließ. 'Oh Klasse, ich darf mich hier zu Tode langeweilen, zusammen mit diesem Trestol und seiner Mimiath und als Sahnehäubchen darf ich auch noch Kindermädchen spielen. Der Tag wird immer besser.' grummelte er in Gedanken und nickte einfach nur schlicht.

„Und Alanna wird euch ebenfalls Gesellschaft leisten. Wir können es nicht riskieren, dass sie wieder in die Fänge der Schwarzen Rose gerät." bemerkte Eragon zusätzlich streng, woraufhin Sebastian den Blick zur Elfe neben seinem Vater wandern ließ. Diese entgegnete mit gesenktem Kopf: „Ja, Ebrithil."

Das war kein Problem, mit der schüchternen Elfe, die wie eine Klette an John hing, kam er klar.

In den nächsten paar Minuten gab es noch ein paar Diskussionen über vor allem logistische Dinge, oder die Tatsache, dass auch die kleine Feyth hierbleiben würde, wogegen sich das Drachenmädchen energisch wehrte. Zu guter Letzt erklärte Murtagh noch, dass Othreni und Liriàrth die Nachhut bilden würden, ehe sie sich von ihm, Alanna, Trestol und Kevin, der nun die traurige und angespannte Feyth auf den Schultern trug, verabschiedeten und den Albatross bestiegen. Er und die restlichen Zurückbleibenden traten zusammen mit der Nachhut einen Schritt zurück, ehe zwei Minuten später die Triebwerke des Sturmtransporters ansprangen und er sich schwerfällig durch das offene Hangartor in die Lüfte erhob. Einen Augenblick später zischte er bereits aus ihrem Sichtfeld davon. Dann bestieg Liriàrth ihren Drachen, der sich nach einer kurzen Verabschiedung ebenfalls in die Lüfte erhob und wenige Momente später verschwand.

„Ich hoffe nur, es geht alles gut. Ich hätte nie damit gerechnet, dass die Schwarze Rose es wagen würde, die Reiterfest direkt anzugreifen." murmelte Alanna niedergeschlagen, während Kevin sie und Trestol zurück in Richtung Aufzug zum unteren Hangar führte. „Keine Sorge. Mein Vater und meine Geschwister haben genug Kampferfahrung und Geschick, um damit fertigzuwerden und dann haben sie noch die Unterstützung von Eragon, Murtagh und Gerlinde. Ihr werdet sehen, es wird alles gutgehen." versicherte ihr Pestoun und tätschelte dabei fürsorglich den Hals des grünen Drachenmädchens, das allem Anschein nach am Boden zerstört war.

Sebastian entschied jedoch, dass er jetzt erst einmal frische Luft brauchte, um seinen Kopf abzukühlen. „Ich werde die Wache an Deck übernehmen, Kevin. Lass mich wissen, wenn du etwas brauchst." meinte er deshalb an seinen Bruder gerichtet, der zustimmend nickte. Zufrieden damit, drehte sich Bastian um und lief so schnell er konnte aus dem Hangar empor an Deck, ehe womöglich noch dieser Trestol auf die Idee kommen würde, ihm Gesellschaft zu leisten.

Dort angekommen, nahm er sich zischen den Helm ab und atmete tief durch. Es war ein schöner, sonniger Morgen, wenn auch etwas frisch. Allerdings konnte er es nicht ganz aus dem Kopf verdrängen, dass er schon wieder zu einer langweiligen Aufgabe verdonnert worden war, während seine Geschwister in einer knappen Stunde eine Festung erstürmen und eine Stadt befreien durften! Missmutig ballte er die rechte Hand zur Faust und entschied sich dann zur Ablenkung etwas auf dem Deck umherzuwandern. Er bemerkte jedoch nichts wirklich Interessantes auf dem kleinen Spaziergang, außer dem verrottenden Kadaver des Drachens, den Tymdek beim Angriff auf Lendol getötet hatte.
Bralluth, wenn er es noch richtig im Kopf hatte.

Ansonsten geschah nichts Aufregendes für die nächste Dreiviertelstunde, außer dass Sebastian kurz überlegte Zielübungen auf die Möwen zu machen, die immer wieder über ihn hinweg flogen. Er ließ es jedoch bleiben und begann stattdessen hinaus aufs Meer zu schauen. Seine Augen verengten sich jedoch zu Schlitzen, als er glaubte etwas am Horizont zu sehen. Ein Schiff? Nein, das musste eine optische Täuschung sein. oder doch nicht? Er setzte den Helm wieder auf und nutzte die eingebaute Binokular-Funktion, um näher an das Objekt heran zu zoomen.

Tatsächlich, es war ein Schiff!

Ein altertümliches Segelschiff, wenn er es richtig erkennen konnte und es musste relativ groß sein, wenn er die Entfernung bedachte. 'Ob es heute doch nicht so langweilig wird?' fragte er sich hoffend und horchte auf, als plötzlich Stimmen vernahm. Sofort schoss sein Kopf hinüber zum Strand, wo er zu seiner Überraschung fünf menschenähnliche Gestalten ausmachen konnte, die ungefähr so groß waren wie er und große Hörner auf dem Kopf trugen. Zudem besaßen sie eine gräuliche Hautfarbe. 'Das müssen die Kulls sein, von der Angela erzählt hat. Aber warum sind es nur so wenig? Sollten es laut der Kräuterhexe nicht einige mehr sein? Ganz zu schweigen von den Gefangenen, die sie mit dabei haben sollten.' überlegte er skeptisch und suchte kurz den Strandabschnitt hinter ihnen ab, um sicherzugehen, dass der Rest nicht auf Abstand wartete, um nicht so viel Aufhebens zu erregen.

Aber dort war niemand.

Misstrauisch wanderte sein Blick wieder zurück auf die Gruppe Kulls, die immer noch stur auf die Venator zu stapften. 'Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu, Holzauge sein wachsam.' Mit diesen Gedanken eilte er hinüber zur Leiter, die hinunter zum Strand führte und ließ sich daran herabgleiten. Er kam hart unten auf dem Sand auf, doch die Dämpfer im Anzug schluckten das meiste vom Aufprall. Zur Vorsicht zog er die Devastator aus dem Holster und entsicherte die Waffe. Ein paar Schritte machte Bastian auf sie zu, ehe er stehen blieb und die linke Hand zum Gruß hob.

„Hallo! Seid ihr die Kull, von der Angela die Kräuterhexe gesprochen hat? Gebt euch zu erkennen!" rief er ihnen gestellt freundlich zu. Noch ungefähr 40 Meter zwischen ihm und der Gruppe. Er erhielt keine Antwort, wohingegen die Kull einfach weitergingen, als sei nichts gewesen. Das ließ alle Alarmglocken in seinem Kopf erklingen. Niemand würde einfach so weiterlaufen, wenn nach ihm gerufen würde, selbst wenn derjenige die Sprache nicht verstand. Nun legte er die Waffe an und rief erneut, diesmal eindringlicher: „Gebt zu erkennen, wer ihr seid, oder ich eröffne das Feuer!" Dabei schrie er schon praktisch, sodass er sicher gehen konnte, dass sie ihn hörten. Wieder keine Reaktion.

Dann blitzte plötzlich ein Kontakt auf seinem Bewegungsmelder zu seiner rechten auf. Im nächsten Moment traf in etwas seitlich gegen den Helm, wobei der Aufprall jedoch so schwach war, dass er ihn kaum gespürt hatte. Sofort schnellte sein Blick auf den neuen Kontakt und er entdeckte knapp acht Bogenschützen, die sich neben einem der herumliegenden Felsbrocken aufgestellt hatten und allesamt auf ihn zielten.

'Pfeil und Bogen, warum nicht gleich ein Käsemesser?' dachte er überheblich und wollte mit der Devastator umschwenken, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass die Kull angefangen hatten auf ihn zu zustürmen. Es waren keine 20 Meter mehr zwischen ihm und den grauhäutigen Kerlen. Bastian fluchte innerlich, verwarf das Umzielen und feuerte stattdessen zwei der Granaten in Richtung der Kull ab. Die erste landete ein paar Meter neben der Gruppe erfasste nur den äußersten Angreifer, doch der zweite Sprengkopf saß. Er explodierte praktisch unter ihren Füßen und eine gewaltige Wolke aus Sand, Blut und Gedärmen zerstob in alle Himmelsrichtungen. Eine weitere Salve Pfeile traf ihn in die Seite, doch die vier die trafen, prallten harmlos an seiner Rüstung ab.

Nun war er im Begriff umzuschwenken, als er die zahlreichen weiteren Kontakte auf seinem Bewegungsmelder erfasste. Und ein Blick auf den Strand vor ihm verriet, woher sie kamen. Knapp fünfzig Kontakte kamen halbkreisförmig auf ihn zugerannt, allesamt vermummt mit schwarzen Tüchern und in schwarze Gewänder gehüllt. Ein lautes Brüllen ließ seinen Kopf jedoch nach oben schnellen und dort in einigen hundert Metern Entfernung konnte er eindeutig einen blauen Drachen mit weit aufgerissenem Maul auf sich zufliegen sehen. 'Ich und mein großes Mundwerk!' fluchte er innerlich und feuerte noch einmal mehrere Granaten in Richtung der Bogenschützen ab, da sie als stehende Ziele quasi auf dem Präsentierteller standen. Der Titan machte sich jedoch nicht einmal mehr die Mühe nachzuschauen, wo die Granaten landeten, sondern steckte die Waffe hastig zurück in den Holster und begann zu schnell er konnte die Leiter wieder empor zu klettern.

Er hörte die dreifache Explosion hinter sich und stellte zufrieden fest, dass sich darunter mindestens vier Todesschreie mischten, als die Granaten die Angreifer regelrecht zerfetzten. Zum ersten Mal in seinem Leben verfluchte er die Ungelenkigkeit seines Anzugs, während er die Sprossen der Leiter so schnell er konnte erklomm. Gleichzeitig funkte er Kevin an. „Kevin! Pack sofort alle Zivilisten wie du kannst und verbarrikadier dich im gepanzerten Lagerraum im Oberdeck! Wir werden angegriffen und ich kann sie nicht davon abhalten das Schiff zu entern! Wir treffen uns dort! Bastian Ende!" rief er eindringlich ins Funkgerät und erhielt als Antwort das typische Bestätigungslicht von Pestoun.

Damit war zumindest ein Problem aus der Welt.

Er blickte nach unten und fluchte leise, als er sah, wie die ersten der vermummten Gestalten bereits die Leiter erreichten. 'Wie können sie so schnell sein?' überlegte er angestrengt und zog sich dann hastig vollends an Deck. Die Leiter konnte er leider nicht abtrennen, da die Stränge aus verstärktem Panzerstahl bestanden und fest mit dem Schiff verbunden waren. Er drehte sich kurz um, um nach dem Drachen zu sehen und sprintete ohne zu zögern los, als er bemerkte, dass die Flugechse keine hundert Meter mehr entfernt war. Dabei nutzte er die langen Geschützrohre der Schiffskanonen als Deckung vor einem Sturzangriff, aber er wusste, dass er den Hangar niemals vor dem Drachen erreichen würde. Daher langte er im Sprint nach dem Magazin mit HEDP-Granaten und lud die Devastator um.

'Das ist nur gegen leichtgepanzerte Ziele, hoffen wir, dass Drachenschuppen da dazuzählen.'

Lange Zeit zum Nachdenken hatte er jedoch nicht, denn schon im nächsten Moment krachte der blaue Drache direkt hinter dem Geschützturm, unter dessen Rohr er gerade rannte, aufs Deck und brüllte ihm mit weitaufgerissenem Maul entgegen. Sebastian zwang sich stehen zu bleiben, obwohl er wusste, dass seine Verfolger hinter ihm keine Pause einlegen würden. Doch er musste ordentlich zielen können. Er legte direkt auf den massiven Brustkorb des heranstürmenden Drachens an und feuerte.

Einmal, zweimal, dreimal, viermal.

Der erste Aufprall erzeugte nur eine kleine Explosion, was normal für diese Art der Munition war, doch die Echse jaulte schmerzerfüllt auf und begann zu schwanken. Die zweite Granate traf ungefähr an der gleichen Position wie die erste und schaffte es den Drachen umzuwerfen, wobei es wohl eher das Tier selbst war, als es schmerzerfüllte brüllend nach vorn kippte, da die herumfliegenden Splitterfragmente sich ihm in die Vorderläufe bohrten. Die dritte Granate huschte harmlos über ihn hinweg und explodierte irgendwo auf dem Deck der Venator, wohingegen der letzte der abgefeuerten Sprengköpfe noch einmal ins Schwarze, sprich den Kopf traf. Blut, Knochensplitter und Gehirnmasse spritzten in einer Explosion über das Panzerdeck und brachten den Drachen vollends zum verstummen.

Erleichtert atmete Bastian durch und setzte seinen Sprint ohne weiter zu zögern fort, vorbei am qualmenden Kadaver der Echse. Im Vorbeilaufen erkennte er, dass die letzte Granate die gesamte linke Hemisphäre des Kopfes weggesprengt hatte.

Wenige Momente später erreichte er jedoch das Hangartor. Es zu schließen, war ohne Hilfe und ohne Atlas ein Ding der Unmöglichkeit, weswegen er direkt heruntersprang und dabei einen Großteil der Stufen überwand. Mit einem lauten metallischen Gong kam er unten auf dem Boden auf und blickte sich rasch um. Er konnte panische Schreie hören, die aus der Richtung des Lagerraums zu ihm drangen. Er steckte die Waffe weg und rannte los in ebenjene Richtung. Die Türen standen überall offen und nur eine knappe Minute später bog er auf den Gang ein, der direkt zum Lagerraum führte.

Vor sich konnte er die letzten paar Dorfbewohner erkennen, die sich von Alanna, Kevin und Feyth angetrieben ins Innere des großen Raums eilten. 'Jetzt hat es wenigstens einen Vorteil, dass nur so wenige überlebt haben.' dachte der Titan und kam direkt vor der Elfe und seinem Bruder zum Stehen, als diese sich gerade zu ihm umdrehten.

„Wer greift uns an?" wollte Pestoun unvermittelt wissen, worauf Bastian knapp antwortete: „Die Schwarze Rose. Ihren Drachen konnte ich erledigen, aber knapp 50 Mann sind gerade dabei das Schiff zu entern. Sind alle da drin?" Kevin nickte bestimmt, während Alanna schockiert wirkte. „Was? Oh nein, nein, nein, nein, nein! Das ist alles nur meine Schuld! Wäre ich nicht so dumm gewesen und hätte – "

„Schnauze!" brüllte ihr Sontal daraufhin unterbrechend entgegen, woraufhin die Elfe zu einem kleinen Häuflein Elend zusammenzuckte, genauso wie Feyth die panisch in Kevins Arme gesprungen war. „Ihr verbarrikadiert euch am besten hier mit allen anderen, bevor ihr noch auf Ideen kommt." fügte er knurrend hinzu und schob Alanna vor sich her in den Raum, der mit einem warmen, gelben Notlicht erleuchtet war. In der hintersten Ecke entdeckte er die Dorfbewohner, wie sie kauernd und wimmernd zusammenstanden. Er überflog sie mit einem schnellen Blick und stellte fest, dass jemand wichtiges fehlte. „Wo ist Amanda?" fragte er scharf, worauf Pestoun antwortete: „Noch unten bei den anderen. Trestol und Mimiath sind bei ihr, außerdem glaube ich kaum, dass diese Kerle einen Aufzug bedienen können." Sebastians Augen verengten sich nachdenklich. „Ich werde nach ihr sehen gehen, wenn ich mit diesen Bastarden fertig bin." erklärte er schließlich ernst und Kevin starrte ihn verwundert an.

„Du?" „Ja, ich."

Damit drosch er hart mit der rechten Faust gegen die Schläfe seines Bruders, der glücklicherweise den Helm nicht aufgehabt hatte. Der Hieb knockte ihn sofort aus und erzeugte einen dumpfen Schlag. Feyth begann schrill zu kreischen vor Angst zu kreischen und auch die Elfe stieß einen gedämpften Schrei aus, da sie sich die Hände vor den Mund hob. Sontal ging neben Kevin in die Hocke, der nun bewusstlos am Boden lag und sah dann nach einem kurzen Check auf zu Feyth, die panisch vor ihm zurückwich und ihm fauchend ihre kleinen Zähnchen zeigte.

„Keine Angst, er wird in ein paar Minuten wieder zu sich kommen. Aber ihr wärt alle nur ein unnötiges Risiko, wenn ich kämpfe. Wenn er wieder zu sich kommt, sag ihm, dass ich die Tür für zwei Tage verriegeln und den Mechanismus zum eingeben zerstören werde. Es sind genug Lebensmittel und Wasser hier im Raum für als ein Jahr, also sollte das kein Problem sein. Sag ihm das, falls ich in den nächsten paar Stunden wiederkomme und fünfmal an der Tür klopfe. Hast du mich verstanden, Feyth?" erklärte er ruhig und stand währenddessen wieder auf, um sich noch einmal im Raum umzusehen. Er entdeckte das Objekt seiner Begierde in der Ecke nahe der Tür und sah dann wieder hinab zum kleinen Drachenmädchen, das sich nun schützend auf Kevins Brust positioniert hatte. Ihre Schuppen waren noch immer aufgestellt und die Augen voller Wut auf ihn gerichtet, doch sie nickte schwach.

„Gut." bemerkte er zufrieden und ging wieder in Richtung Tür, wobei er im vorbeigehen den großen Flüssigkeitsbehälter vom Boden aufhob, indem eine rotbrauen brühe herumschwappte. Dann riss er die Tür hinter sich zu, sodass der Schließmechanismus griff und tippte einen kurzen Befehl ins Bedienfeld des dazugehörigen Terminals. Er wartete, bis der Befehl akzeptiert und der Lagerraum hermetisch abgeriegelt war, ehe er mit einem Fausthieb das Bedienfeld einschlug. Funken stoben auf und er seufzte laut.

Endlich musste er sich nicht mehr um unnötigen Ballast kümmern. Zischend nahm er sich den Helm vom Kopf und schraubte den Deckel von dem großen Kanister, den er mit herausgebracht hatte. Sofort schlag ihm der leicht säuerliche Geruch in die Nase, doch trotzdem setzte er die Öffnung an den Mund an und begann die rotbraune Flüssigkeit in großen Mengen zu trinken. Es handelte sich dabei um eine Nährflüssigkeit, in der alle lebensnotwendige vorhanden war, von Eiweißen über Kohlenhydrate, bis hin zu Vitaminen und Spurenelementen. Er würde eine Menge Energie für das benötigen, was ihm bevorstand, weswegen er so viel von dem Zeug in sich hinein kippte wie er nur konnte. Schließlich konnte er jedoch nicht mehr und setzte den Kanister ab.

Bastian musste unwillkürlich rülpsen, ehe er sich wieder den Helm auf den Kopf setze und ihn dort versiegelte.

Er konnte aufgeregtes Rufen und metallisches Klirren durch die Gänge hallen hören. Offensichtlich hatte Feyths Gekreische die Angreifer angelockt. Die Mundwinkel des Titanen verzogen sich zu einem diabolischen Grinsen, als er tief Luft holte, nur um diese dann wenig später durch die langen Röhren auf seinem Rücken und auch durch den Mund wieder auszuatmen.

Allerdings enthielt diese Luft nun ein tödliches Aerosol.

Und auch die dutzenden von feinen Düsen, die überall auf seiner Rüstung verteilt lagen aktivierten sich und begannen das gleiche Aerosol zu verbreiten, welches die Schläuche der „Gasmaske" zuvor eingesammelt hatten. Um ihn herum bildete sich binnen weniger Sekunden eine absolute Todeszone von fast 15 Metern Durchmesser. Alles ermöglicht durch die Vielzahl von verschiedenen Bakteriengiften, die er als Aerosol in seinen Lungensäcken produzierte, wie unter anderem Botulinumtoxin, Saxitoxin und einen große Anzahl an weiteren Cyanotoxinen.

Ein normaler Mensch, der diese Zone betrat überlebte meist nur 13 Sekunden, in denen er elendig erstickte und selbst wer es schaffte ihm zu entkommen, war dennoch nicht über den Berg. Denn die Dosis des Giftcocktails in der Luft war hoch genug, um in jedem Falle tödlich zu enden.
Lediglich die Zeitspanne variierte.

Aber Bastian war nicht nur auf Gifte beschränkt. Er besaß zwei weitere lautlose Killer, die er in seinen Lungensäcken produzierte. Zum einen waren das gewöhnliche Anthraxsporen und zum anderen besaß er die Möglichkeit eine genmodifizierte Variante von Tuberkulosebakterien zu produzieren. Diese waren besonders aggressiv und griffen die Lunge des unglücklichen Einatmers praktisch sofort an und vermehrten sich rasant. Binnen weniger Minuten setzte bereits blutiger Husten ein und nach nur ein paar Stunden besah man sich die Radieschen von unten. Sebastian war besonders stolz auf die Tuberkuloseerreger, da er sie selbst dahingehend gezüchtet hatte.

Für jetzt begnügte er sich jedoch damit seinen Giftcocktail zu produzieren. Fast schon genießerisch atmete er ein und aus, während die Todeszone um ihn herum wuchs und wuchs. Gleichzeitig löste er den Brenner des Flammenwerfers von seinem Rücken und nahm ihn schussbereit in die Hände. Er betätigte einen Sicherheitsknopf, knapp über dem Abzug und entsicherte somit die Waffe. So schritt er langsam den Gang entlang, den er gekommen war und lächelte verstörend, als drei der vermummten Angreifer vor ihm um die Ecke bogen. Einer von ihnen deutete mit dem gezogenen Schwert auf ihn und ohne groß zu zögern rannten sie auf ihn zu.

Aber sie kamen nicht weit.

Sontal feuerte nicht, sondern sah amüsiert zu, wie die Männer mitten in die Todeszone sprinteten. Ein Schritt, zwei Schritte und schon fielen sie röchelnd, nach Luft japsend vor ihm auf die Knie, ließen ihre Schwerter fallen und griffen sich verzweifelt an die Kehle. Ihre Augen verdrehten sich nach innen, während das gurgelnde Krächzen der sterbenden Kerle den Gang erfüllte. Sie kippten um wie die Fliegen und mit Genugtuung trat Bastian über sie hinweg, wobei er mit seinem schweren Stiefel den Schädel des einen Mannes unter sich zermalmte.

Er hörte weitere Rufe direkt ums Ecks und bemerkte, wie zwei Köpfe vorsichtig hinter der Wand hervorlugten, um zu sehen, was geschehen war. Der Titan war vielleicht noch 15 Meter davon entfernt, also richtete er den Flammenwerfer auf das Eck vor ihm und betätigte den Abzug. Ein Strahl von flüssigem Feuer schien sich aus dem konisch zulaufenden Brenner zu ergießen, der den gesamten Gang vor ihm erfasste und auch noch um die Ecke spritzte. Zufrieden konnte er das schmerzerfüllte Brüllen und Kreischen von zwei weiteren Männern hören, die bei lebendigem Leib verbrannten. Er ließ den Trigger wieder los, um es bei einem kurzen Feuerstoß zu lassen und trat durch den lichterloh brennenden Gang weiter, als wäre nichts geschehen. Wirkungslos züngelten die Flammen an seiner Rüstung empor, Sebastian konnte lediglich eine leichte Wärme auf dem Gesicht spüren.

Als er wenige Augenblicke später in den anderen Gang trat, konnte er vor sich die verkrümmten und noch brennenden Leichname der beiden Angreifer sehen, die sich langsam aber sicher in Kohle verwandelten.

Eine weitere Gruppe Angreifer trat um ein paar Meter vor ihm aus einem weiteren Gang, diesmal waren offensichtlich zwei Frauen und drei Männer. Sie sahen wohl, was mit ihren Kameraden geschehen war, doch noch ehe sie sich einen Plan überlegen konnten deckte sie Sontal mit einem weiteren Stoß aus seinem Flammenwerfer ein, während er gemütlich Schritt um Schritt auf sie zukam.

Hier, in den engen Gängen des Schiffs, wo ein Ausweichen praktisch unmöglich war, hier war er in seinem Element. Belustigt bemerkte er, wie eine der Frauen und zwei der Männer dem Feuerstrahl des Flammenwerfers wohl unverletzt überstanden hatten und nun mit erhobenen Waffen auf ihn zugestürmt kamen. „Zwecklos." meinte der Titan lachend, als die beiden Männer wenige Schritte vor ihm entfernt röchelnd in die Knie gingen. Zu seiner Überraschung schaffte es die Frau sogar bis zu ihm vorzudringen, doch mühelos packte er ihren erschlaffenden Körper am Hals, ehe er sie hoch vor sein Gesicht hob. „Magie wird euch hier nichts nutzen, Mademoiselle. Sagt, hat es sich gelohnt uns anzugreifen? Sehen so Sieger aus?" meinte er bedrohlich und drehte ihren Kopf so, dass sie ihre elendig verreckenden Kameraden sehen konnte. „Ich denke, das beantwortet meine Frage." beantwortete er sich selbst und schloss daraufhin die Hand gewaltvoll, wodurch er den Hals der Frau wie eine überreife Banane zerquetschte. Blut spritzte ihm über den Arm und die Hand, aber er lachte nur, während er den leblosen Körper achtlos beiseite warf und seinen brutalen Weg in Richtung Hangar forstsetzte.

Noch über ein Dutzend Soldaten der Schwarzen Rose begegneten ihm auf dem Weg dorthin und sie alle vergingen entweder in den hungrigen Flammen seiner Waffe oder aber erstickten elendig, wenn sie unglücklich genug waren, Schutzzauber gegen Feuer zu besitzen. Erst die letzte Gruppe, der er vor dem Hangar entgegentrat und die wohl zugesehen hatte, wie er ihre Kameraden zuvor niedergemäht hatte wie Grashalme, warf panisch die Waffen auf den Boden und rannte mit angsterfüllten Schreien vor ihm davon.
Sontals hämisches Lachen verfolgte sie, als er die große Halle betrat und die vermummten Gestalten in Furcht die Stufen empor Richtung Deck rannten.

Danach sah er sich kurz um und wurde für einen Moment wieder ernst. Die Tür zum Fahrstuhl stand sperrangelweit offen und eine Gruppe von vielleicht zehn Mann stand darin. Sie hatten sich zu ihm umgedreht, als sie ihre schreienden und fliehenden Kameraden gehört hatten und berieten nun offensichtlich, was sie gegen ihn unternehmen sollten.

Sebastians Kopf jedoch begann zu rasen.

Woher wussten diese dreckigen Bastarde, dass das ein Aufzug war? Oder viel mehr, was ein Aufzug überhaupt war? Keiner von ihnen konnte solche Technologie kennen und doch sah er, wie einer der Männer hastig auf den Knopf am Schaltpult drückte. Ohne weiter zu zögern begann Bastian auf den Fahrstuhl zuzurennen, während die Männer im Innern in Erwartung eines Angriffs die Waffen erhoben. Die Türen begannen sich zu schließen, doch er schaffte es noch mit der Schulter voran in die Masse hineinzutackeln, bevor der Aufzug seine Fahrt nach unten begann.

Mit grimmiger Miene richtete er sich inmitten der Kerle auf, die er allesamt um mehr als die Hälfte überragte und nahm einen besonders tiefen Atemzug. Wütend knurrte er: „Wer von euch Wichsern wusste wie diese Maschine funktioniert?", während die Männer um ihn herum röchelnd und nach Luft japsend zu Boden gingen. Aber Sontal scherte das nicht. Er packte einen von ihnen am Kragen und fragte erneut: „Wer hat euch gezeigt, wie das hier funktioniert?" Doch es kam außer einem Röcheln keine Antwort, weswegen er den Mann kurzerhand gegen die nächstbeste Wand klatschte wie eine Spielzeugpuppe. Blut spritzte auf und wenige Sekunden später verreckte auch der letzte von ihnen nach einem letzten qualvollen Japsen.

Bastians Kopf raste noch immer.

'Wenn diese Kerle wussten, wie man den Aufzug bedient, werden es wohl auch schon welche vor ihnen getan haben! Verfluchter Mist! Wehe Trestol und Mimiath haben sie nicht aufgehalten! Ich Schwöre ich belebe sie wieder, nur um sie eigenhändig zu erdrosseln!' dachte er zornig und steckte den Flammenwerfer zurück auf seinen Rücken. Stattdessen zückte wieder die Devastator und überprüfte die Anzahl an Granaten im Magazin. Drei. Das musste für den Notfall reichen. Dann kam der Fahrstuhl zum stehen und die Türen öffneten sich vor ihm.

Er brauchte nur einen kurzen Blick, um die Situation in der Halle zu erfassen.

Auf der linken Seite stand Mimiath, den Kopf zu ihm gedreht und sichtlich erregt, wenn er ihre gefletschten Zähne richtig deutete. Hinter ihr konnte er Shad erkennen, an dessen Seite der in sich zusammengesunkene Keno stand. Vor ihnen, in der ungefähren Mitte des Raums stand Trestol mit gezogenem Schwert, hinter dem sich seine Nichte Misa versteckte. Vor dem Reiter stand ein Mann mit schwarzer Plattenrüstung und ebenfalls gezogenem Schwert, der von einer Elfe mit langen schwarzen Haaren begleitet wurde und die einen feingearbeiteten Speer in Händen hielt. Auf der anderen Seite des Hangars konnte er deutlich die kleine Ansammlung an Jungdrachen sehen, die sich alle um Amanda und Mel'khrat drängten wohingegen Saskia von einem etwas älter anmutenden Elf, mit silbergrauem Haar, festgehalten wurde. Bei ihm standen noch fünf weitere Gestalten, die ihrem Körper nach zu urteilen ebenfalls elfischer Natur waren. Und direkt vor dem Titanen, mit dem Rücken zu ihm gewandt, standen die letzten zwei Bastarde.

Ohne nachzudenken zielte er auf die zwei vor ihm und drückte ab. Noch ehe sie reagieren konnten, explodierten sie mit einem lauten Knall in blutiges Konfetti. Sämtliche Augen im Raum richteten sich auf ihn, während er langsam durch die zerfetzten Gedärme trat, wobei noch teilweise kleine Fleischstücke auf ihn herabregneten.

„Halt! Einen Schritt weiter und ich werde der Kleinen hier den Hals aufschlitzen!" rief ihm der silberhaarige Elf zu, der offensichtlich einen Dolch an die Kehle des Mädchens gesetzt hatte und wohl der Anführer dieser Unternehmung war. Vielleicht konnte er wichtige Informationen aus ihm herauspressen? Bastian entschied sich ihn vorerst nicht zu töten und legte stattdessen auf die fünf Elfen vor ihm an, die allesamt erst jetzt ihre Schwerter zogen, was den Titanen misstrauisch werden ließ.

'Warum ziehen sie ihre Waffen erst jetzt? Sind Trestol und Mimiath wirklich dermaßen inkompetent?' überlegte er innerlich knurrend und feuerte zwei der Granaten in die Fünfergruppe. Keine Munitionsverschwendung, da er davon ausging, dass diese Bastarde allesamt magische Schutzschilde besaßen. Aber er ging auch davon aus, dass sie niemals zwei der 35 Millimeter Granaten standhalten würden und damit lag er zumindest halbrichtig. Die erste Granate explodierte knapp fünf Meter vor ihrem eigentlichen Ziel mitten in der Luft und durchsiebte die Luft mit hunderten Splittern, die allerdings allesamt an den Schutzzaubern abprallten. Zwei der Bastarde gingen nach Luft japsend in die Knie, ehe der zweite Sprengkopf ihre Schutzzauber traf. Wieder explodierte er einfach in der Luft, doch diesmal konnte der Titan mit Genugtuung einen gurgelnden Todesschrei vernehmen, als die Splitter wenigstens einen der Kerle wie Schweizerkäse durchlöcherten. Die anderen vier hatten mehr Glück, aber auch sie waren nun alle keuchend vornübergebeugt, wie wenn sie gerade erst einen Marathon in Rekordzeit gerannt wären. Missmutig schnalzte er mit der Zunge und feuerte die letzte verbliebene Granate des Magazins auf sie. Es ärgerte Sebastian, alle drei Sprengköpfe verwenden zu müssen, aber immerhin schaffte es die letzte Granate die verbliebenen vier Elfen in Stücke zu reißen.
Blieben nur noch drei der Bastarde übrig.

Er war gerade im Begriff die Devastator fallen zu lassen, um nach seiner Pistole zu greifen, als er bemerkte, wie der Anführer die Hand mit dem Dolch auf ihn richtete und etwas in einer fremden Sprache brüllte. Ein unglaublicher Schmerz explodierte in seinen Kopf und ließ ihn unvermittelt Schreien. Sterne tanzten vor seinen Augen und das Gefühl sich übergeben zu müssen mischte sich zu dem pochenden Schmerz in seinem Schädel. Es fühlte sich so an, als hätte jemand eine Granate mitten in seinem Hirn gezündet. Benommen stürzte er aufs rechte Knie und unterdrückte dabei den Brechreiz. Doch zum Glück verebbte der Schmerz so schnell wie er gekommen war, als die Naniten das reparierten, was auch immer der Elf mit seinem Zauber zerstört hatte.

Mit zorniger Miene richtete er sich wieder auf und sah, dass der Anführer mit Saskia einige Schritte auf ihn zugekommen war, jetzt jedoch erschrocken oder verblüfft innehielt. Ohne zu zögern griff Bastian nach der Pistole an seiner Hüfte, aber bevor er sie auf den Elf richten konnte schrie dieser weitere Worte in der fremden Sprache. Er schaffte es noch die Waffe hochzureißen, doch schon im nächsten Moment explodierte ein weiterer Schmerz in seiner Brust, als hätte man ihm eine Eisenstange mitten durch Herz gerammt. Er kippte schmerzerfüllt brüllend vornüber und spürte, wie Blut in seinen Mund schoss. Er musste würgen, aber zwang sich mit reiner Willenskraft die Kiefer und Lippen zu schließen, um den Aerosolkreislauf nicht mit seinem Blut zu verstopfen. Der bittere, typisch kupfern-metallische Geschmack des Nanitenbluts erfasste seinen gesamten Mund und der Titan konnte fühlen, wie sein künstliches Herz anfing seinen Kreislauf zu übernehmen und schneller zu pumpen.
Dieser Bastard hatte ihm mit einem Zauber das Herz zerstört!

Allmählich verebbte der Schmerz wieder und er zwang sich das gesammelte Blut runterzuschlucken, um den Mund wieder freizubekommen. Wütend richtete er Blick auf den Anführer dessen Augen sich vor Schock weiteten, als Sebastian sich mühsam aufrappelte. „Was für ein Monster seid ihr?" hörte er den Kerl sichtlich erschüttert fragen und antwortete knurrend: „Pestilence!", ehe er die Pistole auf ihn richtete.

Der Elf war nicht dumm und hob die panisch kreischende Saskia vor seine Brust, während er ihr den Dolch wieder an die Kehle legte. 'Schade, ich wollte ihn eigentlich befragen, aber seine Magie könnte gefährlich werden.' dachte er und feuerte ohne zu zögern vier Schüsse auf den Mann ab. Das Mädchen interessierte ihn nicht, ob sie nun durch seine Hand oder die der Schwarzen Rose starb, machte keinen Unterschied und so half sie ihm zumindest noch, den Elf denken zulassen, er hätte ihn mit ihr als Geisel unter Kontrolle.

Doch seine Kugeln trafen nicht ihr Ziel, sondern wurden von unsichtbaren Schutzzaubern abgelenkt, sodass sie wie Querschläger links und rechts an ihm vorbeizischten. Drei der Kugeln flogen zum Glück ins Nichts, doch die vierte traf Ileakri in der rechten Schulter, was das Drachenmädchen schmerzerfüllt aufjaulen ließ. Bastian fluchte innerlich und nahm sofort den Finger vom Abzug. Die Kugel hätte beinahe Amanda getroffen, die ebenfalls erschrocken aufgeschrien hatte und nun mit weitaufgerissenen die Schusswunde betrachtete, die sich nur knappe zwei Meter neben ihr in Ileakris Schulter auftat.

Micheal würde ihm persönlich den Kopf von den Schultern reißen, wenn seiner Frau oder ihrem Kind etwas zustoßen würde und auch er selbst würde sich das niemals verzeihen können.

Allerdings durfte er das dem Anführer gegenüber nicht zeigen, weswegen er die Waffe weiterhin auf ihn gerichtet hielt, während er schnell darüber nachdachte, was er tun konnte. „Ist euch das Leben des Mädchens so wenig wert? Werft eure Waffe weg und ergebt euch, oder ich töte sie!" rief ihm der Elf mit seiner kratzend-melodischen Stimme zu und brachte den Titanen damit zum Lachen. „Nur zu, tötet sie, erspart mir die Arbeit, eine Kugel mehr oder weniger macht für mich keinen Unterschied." erwiderte Sontal mit seiner verzerrten Stimme und sah kühl zu, wie sich Panik in Saskias Augen breitmachte. Das Mädchen fing an zu weinen und aus dem Hintergrund konnte er Amanda angsterfüllt schreien hören: „Nein Bastian, bitte. Bitte nicht! Bring sie nicht um!" Aber er ignorierte ihre flehende Bitte.

Was scherte ihn dieses Mädchen? Er kannte es nur von einer kurzen Zwei-Satz-Konversation. Für ihn hätte der Elf auch eine Strohpuppe in Händen halten können, für den gleichen Effekt.

Zu spät registrierte er aus dem Augenwinkel, wie etwas Gewaltiges, Weißes auf ihn zugeschossen kam. Durch den Anzug war er zu behäbig um auszuweichen, weswegen ihn der Gegenstand am Bauch erfasste und von den Füßen holte. Er spürte, wie sich etwas Spitzes durch die Rüstung in seinen Körper bohrte, während er nur einen Moment später durch die Luft sauste. Hart schlug er gegen die Hangarwand, wobei der Aufprall besonders schmerzhaft für ihn war, da die Röhren auf seinem Rücken die Wand als erstes berührten und seinen Rücken in einem unnatürlichen Winkel verdrückten. Abermals explodierten Sterne vor seinen Augen und er musste keuchend Luft holen. Er war einige Augenblicke lang benommen, ehe er sich an den Kopf fasste und das Gefühl abschüttelte.

Der erste Blick galt seinem Bauch, in dem ein knapp armdickes Loch prangte, welches sich fast durch seinen ganzen Körper zu ziehen schien. 'Fleischwunde, zum Glück.' stellte er knurrend fest und blickte dann auf, um zu sehen, was ihn getroffen hatte. Seine Augen weiteten sich, als er Mimiath vor sich erkannte, an deren Schwanz etwas von seinem blauen Nanitenblut klebte und die ihn mit wütend gefletschten Zähnen anknurrte, während er vor ihr Trestol mit gezogenem Schwert auf sich zukommen sah.

Jetzt machte es Klick in seinem Oberstübchen und er begann leise zu lachen.
Sein Lachen schwoll weiter an, bis der Reiter bei ihm ankam.

„Ich hätte es ahnen müssen. Nur ihr hättet ihnen zeigen können, wie der Aufzug funktioniert, Verräter." bemerkte er glucksend und bemerkte durch die Schmerzmittel der Naniten fast nicht, wie Trestol ihm sein Schwert ebenfalls in den Magen rammte, wobei die Rüstung die Waffe kaum aufhielt. „Ihr – ihr Titanen seid Schuld am Tod meines Bruders! Wäre dieser Miller nicht gewesen, säße ich jetzt zusammen mit ihm und seiner Familie lachend in meinem Haus in Surda! Seht was ihr angerichtet habt! Mein Bruder und seine Frau sind tot und Misa – Misa ergeht es nicht viel besser!" spie ihm der Reiter hasserfüllt entgegen und schien noch wütender zu werden, als Bastian amüsiert weiterlachte. Er drehte das Schwert in der Wunde, wohl um die Schmerzen zu vergrößern, was jedoch exakt nichts bewirkte, da der Titan in diesem Bereich keinen Schmerz mehr fühlen konnte.

„Ah, autrement dit, tu veux ta vengeance. Sag, hat es sich bisher gelohnt so viele Leute für diese Rache zu opfern?" wollte er vergnügt wissen, woraufhin ihm der Reiter auf den Helm spuckte. „Ihr seid Monster! Nichts anderes! Ihr hättet beinahe ein kleines Mädchen kaltblütig ermordet und fragt mich, ob es sich gelohnt hat?" „Monster, ja?" erwiderte Sebastian grinsend und verstärkte den Griff um seine Pistole, die er reflexartig beim Schwanzhieb festgehalten hatte. „Ergebt euch und ich verspreche, dass Forkes Frau nichts geschehen wird. Anderen Fall schlage ich euch hier und jetzt den Kopf ab! Das solltet selbst ihr nicht überleben!" blaffte Trestol zurück, woraufhin Sontals Grinsen bösartig wurde. „Eine gewagte Forderung. Aber ihr habt eine Sache unterschätzt." „Und die wäre?"

Wie eine Feder schnellte Bastians linke Hand nach oben und schloss sich wie ein Schraubstock um den Hals des Drachenreiters. Gleichzeitig richtete er sich wieder auf, sodass der Reiter nun nach Luft japsend vor ihm in der Luft hing und panisch das Schwert fallen ließ, um mit den Händen nach Sebastians Arm zu greifen. Der Mann jedoch viel zu schwach um irgendetwas auszurichten und solange der Titan ihn am Hals gepackt hielt, konnte er auch keine Zauber wirken.

„Ihr habt geglaubt die Kontrolle zu haben." erklärte er knurrend, während ihm aus dem Hintergrund Mimiath's überraschtes Brüllen empfing.

„Sag mir, wenn ihr so eng verbunden seid, spürt sie auch deinen Schmerz?" fragte er daraufhin gehässig und rammte ihm die rechte Faust samt Pistole in den Magen, nicht zu stark um ihn zu töten, aber stark genug um ihn schmerzerfüllt krümmen und keuchen zu lassen. Als Antwort erhielt er ein erschrockenes Jaulen von der weißen Drachendame, dicht gefolgt vom panischen Ausruf seiner Nichte, die mit angsterfüllter Miene auf dem Boden neben dem gerüsteten Mann und der Elfe kauerte.

Die beiden starrten den Titanen mit weitaufgerissenen Augen an und machten Anstalten auf ihn zu zukommen, doch der Anführer pfiff sie zurück. „Berdon, Sil'dra! Nicht!" Zufrieden bemerkte Bastian den angespannten Unterton seiner Stimme und wusste genau, wer nun am längeren Hebel saß.

Ein Plan bildete sich in seinem Kopf und er musste abermals grinsen, als er ihn für gut befand.

„Tief einatmen." befahl er glucksend und hielt dabei das rechte Handgelenk, an dem mehrere Aerosoldüsen saßen direkt vor Trestols Gesicht. Gleichzeitig konzentrierte er sich kurz darauf, welchen der Luftsäcke er leerte und atmete dann aus. Im selben Moment lockerte er kurz den Griff um seinen Hals, damit der Reiter reflexartig nach mehr Luft schnappte und damit die abertausenden feiner Tröpfchen einatmete, die ihm aus den Düsen entgegen schossen. Es war jedoch kein Gift, sondern Abermillionen seiner speziellen Tuberkulosebakterien die so den Weg in seine Schleimhäute und die Lungen fanden. Ab jetzt tickte Trestols Lebenszeit nur noch in Stunden, anstatt Jahrzehnten.

„Ich schlage vor, wenn ihr Trestol lebend wiederhaben wollt, verschwindet ihr auf der Stelle von unserem Schiff, ohne etwas anderes zu tun, als eure Beine in die Hand zu nehmen." verkündete er laut und verstärkte zur Demonstration noch einmal den Griff um den Hals des Reiters. Mimiath knurrte zornig in seine Richtung, als er etwas näher trat und dabei den Mann wie eine Stoffpuppe vor sich hielt.

„Na, na, wir wollen doch nichts gleich überstürzen. Oder wollt ihr das Leben eures eigenen Bruders verwirken? Ein zweiter eurer Brüder ist bereits im Kampf gegen uns gefallen!" erwiderte der Elf mit den silbergrauen Haaren ernst und ließ Sebastian aufhorchen. „Was für ein schwacher Bluff. Dagegen war es ja noch glaubwürdiger, dass ihr der Kleinen die Kehle durchschneidet!" entgegnete der Titan skeptisch. Er erstarrte jedoch, als der Elf eine ihm wohlbekannte Waffe aus dem Gürtel zog und sie ihm vor die Füße warf. Shixins Hakendolch. „Das ist die Waffe eures Bruders, der im Kampf fiel und während wir hier sprechen verfolgen meine besten Jäger euren anderen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis sie ihn zu fassen bekommen. Glaubt ihr mir nun, dass ich nicht bluffe?" meinte der Anführer und setzte ein falsches Lächeln auf.

Wut begann in Sebastian aufzukochen.

Ohne darüber nachzudenken richtete er die Pistole auf Trestols Knie und drückte mehrmals ab. Der Reiter schrie gedämpft durch Sontals Griff vor Schmerzen auf, wohingegen Mimiath ein markerschütterndes Jaulen und Brüllen ausstieß. Er hatte ihm beide Knie zertrümmert, sodass Knochensplitter aus der Hose hervorragten und Blut den Stoff einfärbte.

„Getötet. Wie wollt ihr ihn getötet haben?" spie er dem Elf zornig entgegen, auf dessen Gesicht noch kurz der Schock von Sebastians Tat geschrieben stand, ehe er sich wieder fasste und antwortete: „Ich habe Lyath Feuerschuppe gezwungen ihn zu töten und habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie ihn bei lebendigem Leib verschlang. Euer Bruder verrottet gerade in ihren Gedärmen, gefressen von dem Drachen, den er versucht hatte zu schützen. Eine gewisse Ironie, findet ihr nicht auch?"

Sontals Augen weiteten sich überrascht und er begann überdreht zu lachen, als sich Erleichterung in seinen Gedanken breitmachte.

Ein neuer Plan formierte sich in seinem Kopf mit den Informationen, die ihm der Elf in seiner Dummheit verraten hatte.

„Glaubt was ihr glauben wollt, Elf. Aber ihr werdet dennoch das Schiff verlassen, ohne jemanden zu entführen – außer mir. Ihr werdet mich zu Lyath bringen." erklärte er grinsend und erhielt einen skeptischen Blick von dem Elf, der ihn wohl für verrückt hielt. „Das sind große Forderungen von euch, aber warum sollte ich das tun? Ihr würdet es nicht wagen, Trestol zu töten."

„Würde ich? Ich habe ihn gerade mit einer tödlichen Krankheit infiziert. In ein paar Minuten wird er anfangen Blut zu husten, ein hohes Fieber wird seinen Körper flachlegen, Schwächeanfälle und in ein paar Stunden, wird er elendig vor euren Augen verrecken, wie die Ratte die er ist. Wenn ich ihm nicht das Gegenmittel verabreiche." hielt Sebastian dagegen und warf Trestol demonstrativ vor Mimiaths Füße, deren Kopf sofort vor Sorge zur ihrem Reiter hinab schoss. „Ihr könnt ihn gern wiederhaben, ein toter Mann ist keine nützliche Geisel." meinte er glucksend und sah zu, wie die Drachendame behutsam ihren Reiter mit der Schnauze anstupste, der daraufhin stark hustete und sich vor Schmerzen krümmte. Anschließend hob sie den Kopf und sah für einen Moment jaulend und flehend hinüber zum grauhaarigen Elf, dessen letzte Farbe aus dem Gesicht wich. Dann wandte sie sich Sontal zu begann ihn wütend anzuknurren, wagte es jedoch nicht ihn anzugreifen, da sie wusste, dass er recht hatte.

Die Elfe, die der Anführer zuvor Sil'dra gerufen hatte beugte sich hinunter zu ihrem Kameraden, um sich um ihn zu kümmern, während Berdon ihn mit erhobenen Schwert nicht aus den Augen ließ. Es brauchte ein paar Momente, in denen er förmlich die Zahnrädchen im Kopf des Elfen arbeiten sehen konnte, ehe er Saskia losließ, die ohne zu zögern in Richtung der Jungdrachen rannte.

„Ihr fahrt einen harten Verhandlungskurs, Titan. Also gut, wir werden das Schiff verlassen ohne weitere Geiseln bis auf euch zu nehmen. Eure Waffe bleiben jedoch hier!" erklärte der Anführer mit vor Wut knirschenden Zähnen, worauf Bastian mit einem Nicken antwortete, wobei sein Gegenüber das breite Grinsen auf seinem Gesicht nicht sehen konnte.

„Also habt ihr doch etwas Verstand." bemerkte er hämisch und begann sich den Flammenwerfer abzuschnallen. Sontal war höchst zufrieden mit sich. Er hatte den Spieß umgedreht und nun dafür gesorgt, dass sie ihn zu ihrem Hauptquartier und vor allem Lyath – und Shixin brachten.

Bakterien fanden schließlich immer einen Weg mit ihrer Strategie zu gewinnen.

Divide and Conquer.

[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt