Robert vs. Murtagh

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Eiligst lief Murtagh zurück in Richtung Dorn, der nur knapp 20 Fuß neben ihm lag. Der Drache hatte sein Haupt hoch erhoben und fokussierte Robert mit seinen blutroten Augen eindringlich. *Du willst wirklich gegen ihn kämpfen?* fragte er dann wenige Momente später, als Murtagh gerade dabei war, auf seinen Rücken zu klettern. *Ja, warum nicht? Das wird endlich mal eine völlig neue Herausforderung.* erwiderte der Reiter vorfreudig und zog das einfache Übungsschwert aus dem Gepäck am Sattel. Es war ein einfaches, einhändiges Langschwert von elfischer Machart, das nur eine simple Parierstange und die normale grausilberne Farbe von poliertem Stahl besaß.

Er hatte Eragon darum gebeten, kurz nachdem er seinen ersten Schüler zugewiesen bekam, um mit diesem ordentliche Übungskämpfe austragen zu können, denn für gewöhnlich besaßen die Schüler keine eigenen Schwerter, solange sie nicht mindestens die erste größere Prüfung überwunden und damit die erste Stufe ihrer Ausbildung erreicht hatten. Erst dann erlaubten sie ihnen eigene Schwerter, oder andere Waffen ihrer eigenen Wahl, zu führen, auch wenn diese bis zum Abschluss der Ausbildung nur so schlichte Waffen wie dieses Übungsschwert waren.

Dorn schnaubte bedenklich und bemerkte ernst: *Er ist fast vier Fuß größer als du! Er würde wohl selbst noch einen Kull überragen!* *Ja und er ist wohl um einiges stärker als ich es bin. Aber wir wissen beide, dass Größe nicht alles in einem Kampf ist, oder soll ich dich an deine Kämpfe mit Saphira erinnern?* entgegnete der Reiter neckisch schmunzelnd, woraufhin sein Seelengefährte missmutig brummte und ihn etwas unsanft mit der Schnauze an stupste, sodass er die letzten paar Fuß vom Abstieg vollends zu Boden purzelte. Was folgte war ein belustigtes, tiefes Keckern seitens Dorns, als Murtagh sich wieder aufrappelte und gleichzeitig den Umhang ablegte, der ihm im bevorstehenden Kampf nur im Weg gewesen wäre. Dann wurde der rote Gigant jedoch wieder ernster, als er erneut seinen Blick auf den blaugraugepanzerten Titanen legte, der gerade mit seiner Frau redete, und auch Murtagh tat es seinem Seelenbruder gleich.

*Du musst wirklich auf der Hut sein und ihn nicht unterschätzen, Kleiner. Selbst wenn er kein Schwert bei sich führt. Ein Mann der fast zwei Jahrhunderte als Soldat gedient hat, weiß wie man kämpft, egal mit welcher Waffe.* verschärfte Dorn noch einmal seine Warnung, worauf sein Reiter zustimmend nickte. *Damit hast du wohl recht. Aber keine Sorge, es ist schließlich nur ein Übungskampf und Robert macht auf mich nicht den Eindruck, dass er so stürmisch ist wie sein Bruder Steven. Ich meine, wir haben selbst erlebt, wie souverän er die Situation mit Aesdol und seiner Frau gelöst hat. Und auch jetzt hat er mich bereits davor gewarnt, auf jeden Fall meine Schutzzauber bereit zu halten, was ich auch durchaus vorhabe.* merkte Murtagh dann an, während er wieder zurück in Richtung der Titanen ging. *Wenn du meinst.* brummte Dorn abschließend und der Reiter konnte spüren, wie sein Seelenbruder etwas nach vorn kroch, um näher am Geschehen zu sein. Er verstand, weshalb sich der rote Drache so große Sorgen darum machte, schließlich hatten sie beide mit eigenen Augen gesehen, was für Kräfte die Titanen besaßen, als Steven gegen Filia gekämpft hatte, ganz zu schweigen von dem kleinen Scharmützel, dass darauf folgte. Und er besaß auch einen Heidenrespekt vor Robert, allerdings war seine Neugier über die Kampffertigkeit des Titanen noch größer.

So also kam er erwartungsvoll vor der kleinen Vierergruppe zum Stehen und hielt dem blaugraugepanzerten Titanen höflich das schlichte Übungsschwert entgegen. „Bitte sehr, ich weiß es nur ein schlichtes Schwert, das eigentlich nur zum üben gedacht ist, doch ich denke, es reicht für unsere Zwecke vollkommen aus." erklärte er lächelnd, woraufhin Robert die Waffe dankbar nickend entgegennahm und sie neugierig musterte. „Eine überaus feingeschmiedete Waffe für ein einfaches Übungsschwert, Meister Drachenreiter. Und so leicht! Das ist ja fast, als würde ich eine Feder in Händen halten!" bemerkte der Hüne überrascht und machte kurz einige Bewegungen mit dem Schwert in der rechten Hand, um wohl ein Gefühl für die Waffe zu bekommen, ehe er sie erneut ruhig vor sich hielt und von allen Seiten musterte.

Allerdings zuckte Murtagh kurz überrascht zusammen, als ein dünner Lichtstrahl, der eine merkwürdig grünlichblaue Färbung besaß, auf die Klinge des Schwerts traf und nach wenigen Augenblicken sofort wieder verebbte. „Meinem Materialsensor nach zu urteilen besteht die Waffe in ihren Händen aus einer speziellen Legierung, Major. Enthalten sind unter anderem Stahl, Titan, Aluminium und Chrom." ertönte dann eine Stimme, die der Reiter bisher nur wenige Male vernommen hatte.

Sofort schnelle sein Blick hinauf auf die kopfgroße, blauleuchtende Metallkugel, die nur wenige Fuß über ihren Köpfen schwebte. Ihr gelbes Auge war strikt auf ihn gerichtete und Murtagh bekam ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch, da dieses – Ding – ihn durchdringend anstarrte. Er wusste, dass im Innern dieser Maschine eine Art Kristall steckte, der praktisch so etwas Ähnliches wie einen Eldunari darstellte, wenn auch irgendwie – künstlicher. Allgemein fand er es unglaublich unheimlich, dass er Aidan, wie dieser Metallgeist genannt wurde, nicht einmal ansatzweise mit seinem Geist ertasten konnte, als würde er einfach nicht existieren. Eine Fähigkeit, die er bisher nur von den Ra'zac gekannt hatte. Im Hintergrund konnte er spüren, wie Dorn ihm ebenso skeptisch zustimmte.

Allerdings wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen, als Robert rügend in Richtung der blauen Leuchtkugel sagte: „Aidan, du sollst nicht alles und jeden scannen! Am besten du aktivierst wieder die Watcher-Direktive, ehe du noch gleich herumfliegst und sämtliche Jungdrachen verschreckst." Der Metallgeist leuchtete kurz grün auf, bevor er antwortete: „Wie sie wünschen Sir, aktiviere Watcher-Direktive." Danach verstummte er und Holsted vor ihm schüttelte leicht seufzend den Kopf, während John ebenfalls leicht genervt dreinblickte. „Verzeiht Murtagh, er weiß es manchmal einfach nicht besser. Er ist in gewisser Hinsicht wie ein kleines Kind, das alles einmal gesehen haben muss. Aber wir schweifen ab. Mit welcher Waffe kämpft ihr?" erklärte der blaugraugerüstete Hüne wenige Sekunden später und brachte sie damit wieder zurück auf das eigentliche Thema. Murtagh schüttelte kurz den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen, ehe er schmunzelnd erwiderte: „Ich besitze mein eigenes Schwert, Robert." Dabei zog er gleichzeitig Zar'roc aus der Scheide an seiner Hüfte und hielt es mit der Klinge voran leicht angewinkelt und provozierend in Richtung des Titanen. Dieser besah es sich mit großen Augen und aus den Augenwinkeln bemerkte der Reiter, dass auch Emily, Miller und die kleine Feyth, welche auf Johns Schultern lag, seine Waffe neugierig musterten.

„Das ist also eines der berühmten Reiterschwerter? Wirklich faszinierend." murmelte Robert und nickte beeindruckt, während seine Frau leise mit den Mandibeln klickerte, was einen kurzen Schauer über Murtagh's Rücken jagte. Allerdings schüttele er das unwohle Gefühl direkt wieder ab und meinte lächelnd: „Das ist es. Sein Name ist Zar'roc. Aber ich denke das ist genug der Vorrede erst einmal, ich brenne schon unseren kleinen Übungskampf." Auch der Titan schmunzelte daraufhin erwartungsvoll und nickte abermals. Gemeinsam traten sie etwas beiseite, um genug Freiraum für ihre Auseinandersetzung zu haben, während Emily, Aidan, Alanna und John mit Feyth zu Dorns Kopf traten, den dieser mittlerweile flach auf den Boden gelegt hatte.

Anschließend stumpfte der Reiter die beiden Waffen noch jeweils mit einem Zauber ab, was Robert äußerst zu faszinierend schien, denn er fuhr mit seinem dicken Panzerhandschuh nachfühlend über die dünne, unsichtbare Schutzschicht, die nun die Schneide seines Schwerts umgab. Dann erklärte ihm der Titan noch respektvoll: „Ich habe meine Rüstung nun deaktiviert, damit es ein wirklich einigermaßen fairer Kampf wird. Ich bin schon sehr gespannt, möge der Bessere gewinnen!" „Ebenso wie ich. Viel Glück!" erwiderte Murtagh, bevor sie beide wenige Schritte nach hinten traten, um den Kampf zu beginnen. Dabei fiel dem Reiter direkt auf, dass die Schritte des Titanen weitaus schwerfällig als zuvor wirkten, als hätte er sich Gewichte an Arme und Beine gehängt.

Dann nahmen sie beide ihre Positionen und Haltungen ein.

Murtagh beobachtete den Soldaten dabei genau. Dieser trat mit dem rechten Bein einen Schritt vor, nahm den linken Arm angewinkelt auf den Rücken und legte die rechte Hand auf Höhe der Hüfte auf seinen rechten Oberschenkel, das Schwert leicht nach unten angewinkelt. Eine äußerst provokative und einladende, aber auch defensive Haltung. Innerlich grinsend legte der Reiter Zar'roc auf die rechte Schulter, drehte den Oberkörper leicht nach rechts weg und stemmte die linke Hand in die Hüfte.
Er wollte erst einmal sehen, zu was Robert alles im Stande war.

Dann begann der Kampf!

Mit einer geschickten und schwungvollen Drehung seines Oberkörpers, zu der er gleichzeitig einen Schritt nach vorn machte, hieb Murtagh mit voller Kraft zu. Wie erwartete konterte der Titan, indem er hastig nach hinten auswich und sein Schwert von unten hochriss, um die blutrote Klinge abzuwehren. Die Schwerter prallten aufeinander und der Soldat verlor keine Zeit. Er stieß Zar'roc kräftig beiseite und setzte seinerseits einen Gegenschlag an, der auf Murtagh's linke Schulter zielte. Dieser ließ seine Klinge jedoch herumwirbeln und parierte den Hieb einen Handbreit vor seinem Körper. Allerdings musste er dafür all seine Kraft aufwenden die er hatte. Der Schlag des Titanen war bei weitem nicht so stark gewesen, wie er vermutet hatte, doch er übertraf den eines Elfen und selbst den eines Kulls um Längen. 'Ich darf mich nicht auf darauf beschränken, seine Angriffe zu blocken.' dachte er daraufhin instinktiv und drückte Roberts Schwert zur Seite weg. Sofort setzte er zu einem aufsteigenden Schnitt gegen die Brust des Soldaten an. Dieser musste unweigerlich nach hinten ausweichen, da er seine Waffe nicht mehr rechtzeitig herum geschwungen bekam, allerdings verfehlte in Zar'roc nur um wenige Fingerbreit.

Das bemerkte der Reiter natürlich sofort.

Sein gegenüber mochte vielleicht stärker sein, aber er war nicht ganz so schnell. Es verstrichen einige Augenblicke, in denen beide wieder Haltung annahmen, wobei Murtagh feststellte, dass nun Robert die gleiche Haltung annahm, wie er sie zu Beginn genutzt hatte. Das verkomplizierte die Sache ein wenig, denn durch seine enorme Größe würde der kleinere Reiter seinen Schlag nicht blocken können, ohne es zu riskieren, übertrumpft und getroffen zu werden. So also hob er Zar'roc leicht angewinkelt vor seine Brust und wartete lauernd auf den ausladenden Hieb, der unweigerlich kommen würde. Sie provozierten einander leicht, indem sie immer wieder kurz nach vorn zuckten, bis Robert tatsächlich zuschlug. Flink wich Murtagh dem vorhersehbaren Angriff aus und machte selbst einen Ausfall nach vorn, wobei er mit seiner blutroten Klinge auf Roberts linke Brust zielte. Er bemerkte jedoch, wie der Titan seinen eigenen Schwung nutzte, um sein Schwert von unten her gegen Zar'roc zu schlagen. Er versuchte noch seinen Winkel etwas zu ändern, doch der Soldat schaffte es trotzdem seinen Stoß nach oben hin abzulenken, sodass er nur harmlos über die blaugraue Rüstung hinweg schrammte.

Selbst ohne abgestumpfte Klinge, hätte das keinen Schaden verursacht, nicht einmal gegen eine verstärkte Lederrüstung, wie Murtagh sie trug. Eiligst wich er daraufhin zurück, um dem relativ plumpen Konterschlag des Titanen auszuweichen, erkannte gleichzeitig, dass dieser zu viel Schwung in den Hieb gelegt hatte und schlug seinerseits mit Zar'roc auf Roberts rechten Oberarm. Dieser versuchte ebenfalls auszuweichen, aber er war zu langsam. Die blutrote Klinge berührte ihn noch auf etwa der Höhe des Ellbogens und Murtagh rief instinktiv ein lautes: „Ha!" aus, ehe sie wieder etwas Abstand zwischen sich brachten. Dieser Treffer hätte den Kampf vielleicht noch nicht beendet, aber mit Sicherheit eine gravierende Wunde hinterlassen.

Robert nickte anerkennend. „Ein Punkt für euch, Murtagh." bemerkte der Titan und nahm erneut die Haltung mit dem Schwert auf der Schulter ein. *Werd nicht übermütig, Kleiner!* knurrte Dorn Murtagh eindringlich zu, während dieser Zar'roc abermals angewinkelt vor sich hielt.

Er hatte nicht einmal Zeit seinem Seelenbruder zu antworten, da schlug der Soldat bereits wieder zu. Diesmal war es Murtagh, der nicht rechtzeitig ausweichen konnte, weshalb ihm keine andere Wahl blieb, als soweit es ging zur Seite wegzutreten und seine Klinge gegen die des Titanen zu schlagen. Er musste unwillkürlich die Zähne aufeinanderbeißen, als die Schwerter aufeinanderprallten. Durch den enormen Höhenvorteil wurden Roberts Hiebe noch viel kraftvoller und einem weniger geschickter Kämpfer hätte er wohl ohne Zweifel glatt die Waffe aus der Hand geschlagen, wenn nicht gar das Handgelenk glatt gebrochen. Er jedoch besaß genügend Finesse, um Zar'roc ein Stück weit besser zu winkeln und so Roberts Schwert leicht zur Seite hin abzulenken, anstatt die ganze Kraft des Schwungs abzubekommen. Allerdings blieb der Titan diesmal hartnäckig und nutzte seinen eigenen Schwung, um das Schwert wieder nach oben zu ziehen und anschließend einen rückhändigen Schlag, gegen Murtagh's rechte Seite zu führen. Dieser ließ Zar'roc nach oben schnellen und lenkte den Hieb abermals ab, sodass das graue Übungsschwert diesmal knapp einen Fingerbreit vor seiner Nase vorbeihuschte.

Einen Moment später und der Titan hätte ihn mit voller Wucht gegen die rechte Schulter erwischt.

Er konnte einen leicht stechenden Schmerz in seinem Handgelenk vernehmen, worüber er sich nicht sonderlich wunderte. 'Hätte ich auch nur einen dieser Schläge völlig geblockt, hätte er mir glatt das Handgelenk gebrochen oder zumindest Zar'roc aus der Hand geschlagen! Was für eine monströse Stärke!' schoss es ihm durch den Kopf und instinktiv bemerkte er, dass die linke Seite des Soldaten erneut vollkommen offen war, da der rückhändige Schlag ihn weit hatte abdriften lassen. Flink ließ er seine Waffe auf Roberts linken Oberarm zu schnellen und wunderte sich schon, als dieser keinen Ausweichversuch unternahm, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass der Titan im Gegenzug einen schnellen Schlag gegen sein linken Bein vollführte. Innerlich fluchend über seine Unachtsamkeit versuchte er noch beiseite zu springen und gleichzeitig seinen eigenen Hieb zu landen, doch es war zu spät. Zunächst landete er seinen Treffer auf Roberts linkem Oberarm ehe er wenige Millisekunden später den Kraftverlust spürte, als die Klinge des Titanen gegen die Schutzzauber an seinem Bein traf.

Er hatte seine Schutzzauber so angelegt, dass er immer noch spürte von wo und wie stark der Angriff ungefähr erfolgte, weswegen er leise schmerzverzerrt knurrte, als ihm ein stumpfer Schmerz quer durch den linken Oberschenkel jagte. Robert hingegen zuckte nicht einmal, obwohl der Reiter relativ kräftig zugeschlagen hatte. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl gegen einen massiven Stahlblock geschlagen zu haben, ehe sie sich wieder rasch voneinander trennten.

„Zwei zu zwei, Meister Drachenreiter." merkte Robert wenige Momente später an, worauf Murtagh bestimmt nickte. Offensichtlich nutzte der Titan ein ähnliches Punktesystem, wie er es selbst in seinen Übungskämpfen mit Eragon tat. Einen Punkt für die Arme, zwei für die Beine, drei für den Torso und vier für Nacken oder Kopf. „Bis wohin zählen wir?" fragte er daraufhin, worauf der Soldat schlicht antwortete: „Für gewöhnlich zehn, wenn ihr wollt." „Einverstanden." erwiderte Murtagh und machte einen weiteren Ausfall, als Robert gerade wieder seine erste Haltung annahm.

Wie erhofft, überrumpelte er ihn damit ein wenig, sodass der Titan instinktiv versuchte den Stoß gegen die Brust mit seinem Schwert beiseite zu fegen. Allerdings hatte das der Reiter genauso geplant und zog im letzten Moment Zar'roc zackig nach oben. Robert hatte keine Chance mehr sein Kinn rechtzeitig beiseite zu ziehen, wodurch die abgestumpfte rote Klinge mittelstark dagegen schlug, da Murtagh kurz davor etwas Schwung herausnahm. Er wollte seinen Kontrahenten schließlich nicht ernsthaft verletzen. Trotzdem bekam er eine kleine Genugtuung, als der Hüne wie schon zuvor er selbst, leise knurrte und sich anschließend das Kinn rieb, während der Reiter zurück auf seine Ausgangsposition trat.

„Sechs zu zwei." bemerkte Murtagh grinsend. „Touché." entgegnete der Titan respektvoll und war diesmal der erste der zum Schlag ausholte.

Diesmal war es eine schnelle Abfolge von Schlägen, jeder mit weitaus weniger Kraft geführt, als die einzelnen zuvor, doch der Reiter musste aufpassen um keine Fehler zu begehen. Zunächst ein Hieb von rechts oben, gegen seinen Nacken geführt, den er leicht mit Zar'roc beiseite schlug. Es folgte ein aufwärtsschneidender Schlag in dem der Titan seinen Schwung vom abgewehrten Versuch beibehielt. Diesem Konnte Murtagh mit einem gekonnten, schnellen Schritt nach hinten geschickt ausweichen, doch ehe er dazu kam einen Gegenangriff zu starten musste er den nun folgenden Hieb gegen seine rechte Seite blocken, da Robert wie zuvor seinen Schwung mit der Drehung seines Handgelenks beibehalten hatte.

Das Handgelenk des Reiters hingegen schrie unter der enormen Belastung, doch in diesem Fall hatte er keine andere Wahl gehabt, als völlig zu blocken. Es war sein Glück das der Titan nicht so viel Kraft in seine Schläge gesteckt hatte, um sie schneller und präziser zu machen. Was folgte war eine kurze Pause, in denen sich beide Kontrahenten lauernd umrundeten. Der Soldat hatte eine Haltung mit dem Schwert leicht nach unten angewinkelt angenommen, während Murtagh Zar'roc wieder über der Schulter hielt.

Dann, als der Titan gerade mitten im Schritt war schlug er zu, ein sauberer Schnitt in Richtung des Kopfs. Doch Robert bekam seine Waffe rechtzeitig nach oben, um den Hieb relativ mühelos abzublocken. Allerdings veränderte der Reiter im letzten Moment seinen Angriffswinkel, sodass er statt dem Kopf nun die linke Hüfte als Ziel hatte. Abermals schaffte es der Soldat nur knapp beiseite zu treten und das Schwert in Abwehrhaltung zu bekommen, sodass die blutrote Klinge ihn nur leicht schrammte, ohne wirklichen Kontakt zu haben. Murtagh wirbelte Zar'roc herum, um den Schwung beizubehalten und setzte einen erneuten Schlag gegen Roberts linkes Knie an. Diesmal blockte der Titan seinen Hieb jedoch ohne Probleme und stieß die Reiterklinge beiseite um seinerseits einen Ausfallschritt zu machen und mit dem Schwert in Richtung Murtagh's Brust zu stoßen. Dem Drachenreiter blieb nur die Flucht nach hinten, sodass er den Schwung seiner Waffe verlor. Doch Holsted blieb hartnäckig und setzte einen aufwärtsschneidenden Schlag gegen Murtagh's rechte Schulter den er jedoch mit Zar'roc ablenken konnte.

Allerdings war Roberts Arm nun durch sein Momentum schon perfekt zum Schlag erhoben, den er auch sofort gegen die Brust des Reiters setzte. Murtagh wich erneut nach hinten aus und blockte gleichzeitig den Hieb mit seiner blutroten Klinge ab. Abermals trennten sich beide wieder wenige Schritte und ihm begann etwas aufzufallen. Nach einer kurzen Pause folgte ein weiterer schneller Schlagabtausch. Der Titan parierte seinen Stoß und konterte mit einem Hieb gegen seinen rechten Oberschenkel, der er gekonnt ablenkte und stattdessen auf Roberts linkes Bein zielte. Dieser konnte es jedoch schnell genug wegziehen und Murtagh musste seinerseits hastig den Schwertarm einziehen, da der Soldat danach gleichzeitig schlug. Als sie daraufhin erneut kurz lauernd einander beobachteten, raunte ihm Dorn eine Erkenntnis zu, die der Reiter selbst schon bemerkt hatte.

*Er wird schneller!*

Innerlich nickte Murtagh zustimmend und musterte den Titanen genauestens. Roberts Bewegungen wurden tatsächlich immer weicher, präziser und vor allem schneller. Wie jemand der ein wenig eingerostet war und nach einiger Übung wieder zu alter Form auflebte. Oder aber jemand, der sich langsam an seine Trainingsgewichte gewöhnte. Was davon der Fall war wusste er nicht, vielleicht auch eine Mischung aus beidem, aber es gab eine klare Schlussfolgerung daraus:

Wenn er gewinnen wollte, musste er diesen Kampf schnell beenden, denn je länger er mit dem Soldaten kämpfte, umso gefährlicher wurde dieser. Und der selbstsichere, fast schon freundliche Gesichtsausdruck auf Roberts Gesicht verriet ihm, dass dieser genau zur gleichen Einsicht gelangt war.

Also versuchte er etwas Neues.

Er täuschte wie zuvor einen Schlag gegen den Kopf des Titanen an, der wie erhofft sein Schwert hob, um den Hieb abzublocken. Murtagh's Ziel war jedoch nicht das Haupt des Soldaten gewesen. Gekonnt änderte seinen Einfallswinkel um wenige Grad und traf somit den überraschten Robert an dessen rechtem Handgelenk, welches er nicht mehr rechtzeitig beiseite ziehen konnte.

Ein weiterer Punkt für ihn, doch er runzelte trotzdem ernst die Stirn. Er hatte den Schlag mit relativ viel Kraft geführt, doch beim Aufprall hatte sich der Arm des Titanen praktisch kaum bewegt, vielleicht maximal eine Handbreit. Ansonsten hatte sich der Hieb jedoch angefühlt, als hätte der Reiter gegen einen massiven Fels geschlagen. 'Was für Muskeln sitzen bitte unter dieser Rüstung? Selbst ein Kull hätte niemals seinen Arm auf Position halten können, nicht nach so einem Schlag!' dachte er beeindruckt, als Robert respektvoll nickte und meinte: „Sieben zu zwei, ihr zieht davon, Meister Drachenreiter." „Es sieht ganz so aus." erwiderte Murtagh und sie nahmen beide wieder ihre Haltungen ein.

Diesmal hatten sie beide ihre Waffen auf der Schulter liegen und der Titan war es, der als erster zuschlug. Sein Arm und damit das Schwert, schnellten von oben auf ihn herab und er konnte dem Hieb nicht mehr völlig ausweichen. Daher blieb ihm nur der Block und dabei geschah es. Zar'roc und das Übungsschwert prallten zusammen und erneut drückte die brachiale Körperkraft des Titanen auf Murtagh's Handgelenk ein. Nur diesmal war der Einschlag offensichtlich zu heftig, für sein schon gebeuteltes Gelenk, weswegen er kurz nachgeben musste und dadurch Roberts Klinge erbarmungslos nach unten rutschte, wo sie ihr Ziel fand. Sie schrammte über die Schutzzauber seiner linken Brust hinweg und ein stumpfer Schmerz breitete sich genau unterhalb seiner Brustwarze aus, ganz so, als hätte ihn jemand mit einem langen Stock verdroschen. Wie schon zuvor verebbte der Schmerz genauso schnell wie er gekommen war und Murtagh schüttelte sich kurz, wobei er auch sein Handgelenk kreisen ließ, um zu überprüfen ob alles in Ordnung war.

*Dummkopf! Du musst beide Hände an den Griff nehmen, wenn du ihn blocken willst!* konnte er Dorn missmutig in seinem Geist knurren hören und musste seinem Seelenbruder erneut rechtgeben. Sein Handgelenk würde einem weiteren solchen Angriff nicht standhalten und erneut nachgeben.

„Sieben zu fünf." bemerkte Robert höflich und Murtagh konnte ein wissendes Schmunzeln auf seinen Lippen erkennen, als er beide Hände an Zar'rocs Griff nahm, wobei die hintere leicht auf dem Rubinknauf ruhte, da das Schwert eigentlich nur als Einhänder gedacht war. Wie die Male zuvor nahmen sie jeweils wieder ihre Haltungen ein, er wieder mit Zar'roc über der Schulter, der Titan mit der gleichen Position, wie er den Kampf begonnen hatte, die Führungshand auf dem Oberschenkel liegend und das Schwert leicht nach unten geneigt.

Diesmal war es der Reiter, der den ersten Angriff setzte. Ein Hieb gegen Roberts rechte Seite, den dieser gekonnt parierte und seinerseits einen rückhändig geführten Schlag gegen Murtagh's rechte Schulter führte. Murtagh schaffte es durch einen Schritt zur Seite genug Zeit zu gewinnen, um Zar'roc zur Abwehr zurückzuziehen. Als die beiden Schwerter aufeinanderprallten spürte er sofort, wie viel leichter es ihm nun fiel den einhändig geführten Schlag zu blocken. Mit neu gewonnenem Elan setzte er zu einer komplizierten Schlagreihenfolge an. Zunächst ein Schlag von rechts oben gegen die Brust des Titanen, gefolgt von einem aufwärtsschneidenden Hieb gegen die rechte Seite, der in einem Ausfallschritt samt Stoß gegen die linke Brust endete. Doch jedes Mal schaffte es Robert entweder auszuweichen, oder aber zum Beispiel beim Stoß Zar'roc erfolgreich abzulenken. Gerade beim letzten Angriff sorgte seine Parade dafür, dass Murtagh jegliches Momentum verlor und seine gesamte linke Seite offen für einen Konter stand.

Dem ersten Gegenangriff konnte der Reiter noch geschickt mit einem Seitenschritt ausweichen, doch der Titan blieb hartnäckig und setzte ebenfalls einen Stoß hinterher, dem er unmöglich entkommen konnte. Und zu allem Unglück verfehlte er durch eine kleine Ungeschicklichkeit seine Möglichkeit zum Blocken, wodurch seine rote Reiterklinge harmlos gegen das grausilberne Übungsschwert schrammte, wohingegen dieses sein Ziel fand und wenige handbreit vor seinem Oberbauch von Schutzzaubern aufgehalten wurde. Abermals schoss ihm ein stumpfer Schmerz an ebenjener Stelle durch den Körper, während Robert wieder zurückwich und höflich anmerkte: „Sieben zu acht, Murtagh. Ihr schwächelt doch nicht etwa?"

„Ach was, das war Glück!" erwiderte Murtagh leicht trotzig, woraufhin ihm der Titan ein weiteres sanftes Lächeln schenkte und nickend meinte: „Natürlich."

*Konzentrier dich! Du musst es jetzt beenden, oder aber er wird dich vollkommen aushebeln in den nächsten Runden!* trichterte ihm Dorn eindringlich ein und er konnte spüren, wie ihm sein Seelenbruder etwas Energie zuschob. Er hatte es bisher nicht so wahrgenommen, aber der Kampf war durchaus Kräftezehrend gewesen. Nicht in der gleichen Art wie bei den Kämpfen gegen Eragon, doch er fühlte sich trotzdem leicht ausgelaugt. Was Robert gegenüber seinem Halbbruder an Geschwindigkeit fehlte machte er locker durch seine Größe und vor allem durch seine unglaubliche Körperstärke wett.

Ein letztes Mal raffte sich Murtagh auf und hielt Zar'roc leicht angewinkelt vor seine Brust, denn Dorn hatte recht. Würde er den Kampf jetzt nicht beenden, würde ihn der Titan innerhalb der nächsten Minuten einfach überrollen. Dieser legte sich wieder das Schwert auf die Schulter und drehte ihm die linke Schulter zu, wobei er den zugehörigen Arm seit Beginn ihres Übungskampfs angewinkelt hinter dem Rücken hielt. Abermals war es der Titan, der den Angriff eröffnete. Sein Schlag zielte auf Murtagh's Bauch, doch der Reiter wich ihm mit einem schnellen Ausfallschritt zur Seite aus und setzte seinerseits zu einem Hieb gegen Roberts Brust an, den der Soldat einfach mit seinem Schwert blockte.

Was folgte waren mehrere kleinere Schläge von beiden, die jedoch immer vom Gegenüber pariert oder ausgewichen wurden. Schließlich führte Robert einen weiteren aufwärtsschneidenden Hieb gegen Murtagh's Brust, den er gekonnt mit Zar'roc ablenkte und dann selbst blitzschnell vorschnellte um einen Stoß gegen Holsteds Kopf zu vollführen.

Und wie durch ein Wunder – traf er!

Der Titan schaffte es nicht mehr rechtzeitig seinen Schwertarm herumzureißen, wodurch er die blutrote Klinge nur leicht in Richtung seiner linken Schulter abfälschen konnte, weswegen sie ihn auf der oberen, linken Brusthälfte traf. Es erzeugte einen dumpfen metallischen Gong und Murtagh zog seine Waffe schnellstmöglich zurück.

Er konnte nicht anders, als glücklich und erleichtert auszuatmen, während Robert respektvoll schmunzelnd den Kopf neigte. „Zehn zu acht. Ihr habt gewonnen Murtagh. Ein wirklich überaus spaßiger Kampf! Ich hatte schon gar kein mehr Gefühl dafür, wie es sich mit deaktivierter Rüstung kämpft. Ein wirkliches Erlebnis! Aber ich muss neidlos anerkennen, dass ich euch dutzendfach im Schwertkampf unterlegen, Meister Drachenreiter. Falls ihr wirklich eine Herausforderung sucht, solltet ihr einmal gegen meinen Bruder Shixin antreten, sobald wir auf der Venator sind. Er ist ein gänzlich anderes Kaliber als ich es bin." erklärte der Titan freundlich, während Murtagh anerkennendes Klatschen von John und Emily neben ihnen vernehmen konnte.

Er erwiderte das freundliche Lächeln und schlug in die Hand ein, die ihm der Soldat entgegenstreckte. „Es war wirklich ein Erlebnis, Robert. Ich habe schon tausende Übungskämpfe absolviert, doch dieser war wirklich einzigartig. Und ich werde euer Angebot, mit eurem Bruder im Hinterkopf behalten." erwiderte er gut gelaunt und zuckte kurz zusammen, als Dorn ihn etwas unsanft mit der Schnauze an stupste, gefolgt von einem tiefen Brummen. *Du hast manchmal echt mehr Glück als Verstand, Kleiner. Du wirst viel zu schnell, viel zu selbstsicher bei sowas!*knurrte sein Seelenbruder gespielt rügend, doch in seinem Geist konnte der Reiter spüren, dass der Drache etwas stolz auf ihn war. Leise glucksend streichelte er die massige rote Schnauze vor ihm, wurde dann jedoch etwas nachdenklich, bevor er sich erneut zu Robert umdrehte der ihm daraufhin einen fragenden Blick zuwarf.

„Ist etwas Murtagh?" „Nun, ja. Ihr habt davon gesprochen, dass ihr eure Rüstung für den Kampf deaktiviert hattet. Was genau meint ihr damit?" wollte Murtagh daraufhin neugierig wissen und der Titan lächelte verstohlen. „Nehmt den Zauber von eurer Waffe, der sie abstumpft und ich zeige es euch." entgegnete der Hüne und der Blick des Reiters wurde ernster, tat dann aber, worum der Soldat ihn bat. Schließlich wusste Robert in der Regel was er tat und hatte bisher keine leichtsinnige Seite gezeigt. Nachdem er den Zauber von Zar'roc genommen hatte nickte der Titan zufrieden und stellte sich wieder so vor ihn hin, wie sie ihren kleinen Kampf begonnen hatten.

Sofort fiel Murtagh der Unterschied auf.
Die Bewegungen des Titanen waren nun deutlich schneller und überhaupt nicht mehr schwerfällig!

Dann verlangte Holsted: „Gut, jetzt greift mich an! Und zwar richtig, wie in unserem Übungskampf gerade eben. Keine Sorge, ich denke nicht, dass eure Waffe durch den Atlas dringen kann und wenn doch bin ich hinterher wenigstens eine Idee schlauer." Er zögerte. „Seid ihr euch wirklich sicher? Reiterschwerter sind von Magie durchtränkt und ich habe bis jetzt noch keine Rüstung gesehen, die ernsthaften Widerstand leisten konnte." „Nur zu, alles was geschieht, geht auf meine Rechnung." versicherte ihm Robert höflich und auch Dorn schien äußerst neugierig zu werden, als er meinte: *Na los, wenn er dich schon darum bittet! Ich will sehen was er vorhat!* Murtagh seufzte leise, nahm dann aber wieder seine Kampfhaltung ein, mit Zar'roc über der rechten Schulter und weggedrehtem Oberkörper. „Also gut, auf eure Verantwortung hin." warnte er seinen Gegenüber noch einmal, der jedoch nur ahnungsvoll schmunzelte. „Nur zu!"

Ohne lange zu warten, machte Murtagh einen Ausfallschritt nach vorn und hieb mit der blutroten Klinge auf Holsteds rechten Oberarm. Wenn er ihn treffen würde, wäre es immerhin keine wirklich schlimme Wunde.

Doch seine Augen weiteten sich im Schlag, als wie aus dem nichts Roberts linke Hand derart schnell hinter dem Rücken vorschnellte, dass er keinerlei Chance hatte irgendetwas zu tun. Der Titan packte seine Führungshand mit der Linken und hielt sie so, dass der Reiter nichts mehr damit tun konnte. Gleichzeitig trat er einen Schritt näher und lächelte wissend, ehe er seine Hand wieder freigab.

„Ihr seht, nichts geschehen." meinte der Titan freundlich, legte ihm kurz brüderlich die rechte Hand auf die Schulter und übergab ihm das Übungsschwert, bevor er hinüber zu Emily trat, die mit klickenden Mandibeln den Kopf schüttelte.

Murtagh musste unwillkürlich schlucken, während ihm nur langsam die Erkenntnis erreichte, dass Robert die ganze Zeit über nur mit ihm gespielt hatte!
Hätte er seine Rüstung nicht deaktiviert, was auc himmer das bedeuten mochte, wäre der Kampf wohl binnen einer Minute vorübergewesen!

Dorn stimmte ihm leise brummend zu, während sie beide den hünenhaften Soldaten anstarrten, der gerade von seiner Frau gerügt wurde.

[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt