Es dauerte nur noch knapp eine halbe Stunde, bis Eragon es geschafft hatte alles zum Abflug bereit zu machen, wobei es den Titanen nicht viel besser erging, da Steven wie üblich herumtrödelte. John musste erst ein Machtwort sprechen, bevor er sein Gespräch mit Dun'var endlich unterbrach und mit schamvoll geducktem Kopf an seinem Vater vorbei zum Juggernaut hinübereilte. Miller schüttelte daraufhin seufzend den Kopf, trat dann jedoch zusammen mit den anderen ins Innere des Albatross.
Lediglich Julia blieb draußen bei Murtagh und als der alte Colonel einen kurzen Blick zu ihr hinüberwarf musste er amüsiert schmunzeln. Der Anblick von seiner großen Tochter, die hinter dem deutlich kleineren Drachenreiter im Sattel auf Dorns Rücken saß, war einfach zu komisch.
Wenige Momente später nahm er neben Alanna im Cockpit Platz, wobei dieses Mal Robert auf dem Pilotensitz saß und Emily mit Feyth auf dem Schoß den Copilot mimte. Auch Alex hatte sich zu ihnen gesellt und an die Waffenkonsole gesetzt, um nicht mehr allein im Truppenabteil zu hocken und Aidan schwebte knapp über Holsteds rechter Schulter. Johns Blick huschte hinüber zum grünen Drachenmädchen, als sie sich in seinem Geist bemerkbar machte und er sah lächelnd, wie sie aufgeregt aus dem Fenster sah.
In voller Erwartung auf ihren Abflug.
*Ist Onkel Robert auch so ein guter Flieger, wie Tante Julia?* wollte sie neugierig wissen, was Miller leise glucksen ließ. ‚Nun, das kommt darauf an. Manche würden behaupten, er wäre der bessere Pilot, andere wiederum sagen das Gegenteil. Er hat einen – angenehmeren – Flugstil, das ist zumindest meine Meinung. Allerdings ist es auch deswegen weniger aufregend. Am besten ist, du wartest es einfach ab.' antwortete er freundlich und spürte, wie die Neugier in seinem kleinen Schützling noch mehr anstieg. *Hhm, dann bin ich jetzt aber mal gespannt.* erwiderte sie und begann genießerisch zu gurren, als Emily ihr zärtlich über die Flanken streichelte.
„In Ordnung, wir wären dann soweit Schattentöter. Am besten ihr startet zuerst und wir schließen dann zu eurer Formation auf. So gibt es am wenigsten Komplikationen, denke ich." erklärte Robert kurz darauf ins Funkgerät, das vor ihm an der Armatur angebracht war und erhielt wenige Augenblicke später eine Antwort von Eragon. „Dem stimme ich zu Robert. Wir werden nun losfliegen und etwa in zweihundert Fuß Entfernung auf euch wartend Kreise ziehen." meinte der Reiter. „Verstanden. Wir warten bis alle Drachen in Luft sind, ehe wir starten." erwiderte der Pilot zustimmend und betätigte einen Knopf, um die Funkverbindung wieder zu trennen. Gleichzeitig betätigte er die Zündung für die Triebwerke, die mit einem dröhnenden Grollen ansprangen. Aus dem Augenwinkel bemerkte John, wie die Drachen um sie herum instinktiv zusammenschreckten, insbesondere die jüngeren unter ihnen.
Allerdings gab sich das Dröhnen auch sogleich wieder, als Robert einen weiteren Schalter umlegte, der den Albatross in seinen sogenannten „Stealth-Mode" versetze. Damit waren zwar keine höheren Geschwindigkeiten mehr möglich, aber dafür erzeugten die Triebwerke kaum noch Geräusche, was vor allem bei nächtlichen Einsätzen sehr nützlich war. „Das sollte zumindest dem Ganzen etwas den Schockmoment nehmen hoffe ich." bemerkte Holsted lächelnd hob grüßend die Hand in Richtung Eragon, als dieser die gleiche Geste vollführte. „Auf jeden Fall eine gute Idee Robert. Das mindert zumindest ein bisschen den Stress für sie." stimmte Miller nickend zu, während Emily leise grummelte: „Das hätte auch Julia von Anfang an machen können, anstatt den Kindern einen halben Herzinfarkt zu bescheren." „Du kennst sie genauso gut wie ich Schatz. Einen leisen Start wirst du mit ihr erst haben, wenn die Hölle zufriert." erwiderte Robert lachend. „Sie war schon immer nicht gerade zimperlich, was solche Sachen betrifft, das stimmt." meinte der Colonel ebenfalls schmunzelnd und sah wie Feyth und Alanna hinaus aus dem Cockpit, wo sich die Drachenreiter und ihre beiden Begleiter, in Form von Dun'var und Tinira, anschickten abzufliegen.
Es hatte etwas Majestätisches diesen geflügelten Giganten dabei zuzusehen, wie sie ihre gewaltigen Schwingen ausbereiteten und sich dann nacheinander vom Boden abstießen, um mit kräftigen Flügelschlägen mehr oder minder schnell an Höhe zu gewinnen. Ihre Schuppen glitzerten wie polierte Edelsteine in der mittlerweile doch strahlenden Sonne und durch seine Drachenaugen wurden ihre Farben nur umso greller und kräftiger. Insbesondere Dorn, dessen blutrotes Schuppenkleid besonders für ihn hervorstach. Es dauerte ein paar Minuten bis alle Drachen sich vom Boden erhoben hatten und schließlich zu Saphira aufschlossen, um dieselbe Formation wie zuvor einzunehmen. Nun kreiste der Donner, wie der Großmeister ihnen gesagt hatte, dass eine Gruppe Drachen genannt wurde, in etwa zweihundert Fuß Entfernung über ihnen.
„Alles klar, dann wollen wir mal." brummte Robert zufrieden und betätigte ein weiteres Mal die Funkverbindung, bevor er wissen wollte: „Alles abflugbereit Steven?" Es rauschte kurz aus den Lautsprechern, ehe ein Klick ertönte und Coule in seiner typisch fröhlichen Art antwortete: „Alles Roger hier. Das Suppengemüse hab ich zumindest mal von der Haltevorrichtung entfernt." „Gut, dann halte dich bereit. Wir fliegen nun los." erwiderte der Pilot und meinte dann munter in Richtung seiner übrigen Insassen: „Also gut, dann alle bitte festhalten jetzt." Sofort konnte John spüren, wie Alanna fest seine linke Hand umklammerte, was ihn einerseits skeptisch eine Augenbraue anheben ließ, aber gleichzeitig auch amüsierte. Denn er blieb ganz entspannt, als sein Sohn den Steuerhebel in die Hand nahm und dann mit einem sanften Ruck den Albatross abheben ließ. Es war bei weitem nicht so ruckelig wie bei Julias Start und man konnte kaum etwas davon spüren, wie er den großen Transporter vorsichtig über dem Juggernaut positionierte, um diesen anschließend an den Lastkrallen festzumachen. „Okay, ich hänge drin, kann losgehen." meldete sich daraufhin Coule noch einmal, worauf Robert: „Sehr gut, dann genieß den Flug.", entgegnete und danach die Funkverbindung trennte, während er gleichzeitig einen weiteren Knopf betätigte, um die Landestelzen einzufahren. Was folgte, war im Grunde genommen, das exakte Gegenteil von dem, was Julia bei ihrem Aufbruch vom Drachenberg gezeigt hatte.
Ganz langsam, fast schon zärtlich, schob der Pilot den Geschwindigkeitsregler nach oben, sodass John und die anderen zwar etwas Beschleunigung spürten, aber bei weitem nicht in denselben Ausmaßen wie zuvor bei Stearn. Der Unterschied war so gravierend, dass Feyth verwundert und aufgeregt zugleich fiepte, als der Boden unter ihnen nur langsam an Abstand gewann und sie sich gemächlich der kreisenden Keilformation vor ihnen näherten. *Es ist so – ruhig. Aber wir fliegen! Selbst wenn ich auf Vaters Rücken mitgeflogen bin, war es nie so ruhig.* bemerkte das kleine Drachenmädchen verdutzt und Miller musste verschmitzt lächeln, genauso wie Emily, von der ein amüsiertes Klicken ihrer Mandibeln zu vernehmen war. „Bobby ist ja auch kein Draufgänger wie Julia." meinte die Feldärztin kichernd und beugte sich hinüber zu ihrem Mann, um ihm einen kurzen Kuss auf die Wange zu drücken.
Nun war es an John leicht zu stutzen.
Smith hatte Roberts Kosenamen seit ihrer Fehlgeburt nicht mehr verwendet, zu sehr hatte sie der Verlust innerlich zerrüttet.
Es erwärmte sein Herz zu sehen, wie ihre Seele von Tag zu Tag mehr heilte, da sie Zeit mit Feyth verbrachte. Das Drachenmädchen gurrte fragend, während sie neugierig wissen wollte: *Bobby? Wer ist Bobby?* Holsteds schallendes Lachen erfüllte daraufhin das gesamte Cockpit, ehe er ihr schmunzelnd antwortete: „Das bin ich meine Kleine. Es ist nur mein Kosename." *Ach so. Und ich dachte schon, ihr hättet jemanden vor mir geheimgehalten.* brummte sie daraufhin zufrieden und wandte ihren Kopf wieder in Richtung Fenster. John bemerkte, wie sie wie ein Hund begann mit ihrem Schwanz zu wedeln, als sie draußen sah, wie sie zum Donner aufschlossen. Sein eigener Blick richtete sich kurz hinüber zu Alanna, als diese anerkennend bemerkte: „Es ist wirklich weitaus angenehmer mit euch zu fliegen, als mit eurer Schwester, Robert. Zumindest ist es deutlich weniger – nervenaufreibend." Scheinbar gab es auch unter den Drachen und Reitern gewisse Grenzen, wenn es um wahnwitzige Flugmanöver ging und er konnte ihr in diesem Sinne nur zustimmen.
Mit Robert zu fliegen war wie in einer Limousine umherkutschiert zu werden, während Stearns Flugkünste eher mit einer gehetzten Taxifahrt in der Großstadt vergleichbar waren. Allerdings hatte das aber auch einen gewissen Grund. Während Julia eine eingefleischte Kampfflugzeug-Pilotin war und auch nach dem Krieg nichts anderes getan hatte, war Robert speziell für Transportflüge oder sogar VIP-Transporter geschult worden. Im Prinzip war der Unterschied recht simpel. Er war für große Passagier- und Transportflugzeuge zuständig, wohingegen seine Schwester in der Regel Jagdflugzeuge flog. Darum war es nicht weiter verwunderlich, dass Holsted weitaus mehr Feingefühl mit einer so großen Maschine wie dem Albatross besaß, als Julia, wobei das bei ihr auch eher Kopfsache war. Sie konnte, wenn sie wollte, aber das war nur selten der Fall.
Daher überraschte es den alten Soldaten auch nicht, als sein Sohn erwiderte: „Vielen Dank für das Lob, aber ich muss Julia da ein bisschen in Schutz nehmen. Für gewöhnlich ist sie mit – leichterem – Gerät unterwegs, als mit dem Albatross hier. Und sie scheint sich pudelwohl auf Dorns Rücken zu fühlen, schaut mal nach rechts." Dabei deutet er mit der rechten Hand nach draußen und John wandte seinen Blick in diese Richtung. Seine Augen weiteten sich kurz, als er bemerkte, was sein Sohn meinte. Dort, in einigen Fuß Entfernung, saß Julia im Schneidersitz auf Dorns massigem Kopf, direkt auf seiner Stirn und schien sich mit dem blutroten Drachen angeregt zu unterhalten. Murtagh währenddessen saß immer noch im Sattel auf Blutschwinges Rücken und wirkte seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen äußerst skeptisch, oder zumindest achtsam, wohl darauf bedacht einzugreifen, falls die Titanin fallen sollte.
„Diese Verrückte." murmelte Emily vor ihm kopfschüttelnd, während ihr Mann abermals lachte und ein Handzeichen an Eragon gab, der ihnen von Saphiras Rücken aus grüßend die Hand entgegen hob. *Sie sitzt auf Onkel Dorns Kopf!* rief Feyth belustigt aus und setzte sich in Smiths Schoß auf, wobei sie ihre Vorderpfoten gegen das Panzerglas des Cockpits stemmte. „Meister Dorn muss wirklich Vertrauen in ihre Fertigkeiten haben, wenn er es ihr gestattet auf seiner Stirn zu reiten. Für gewöhnlich trauen uns das nicht mal wir Reiter, da ein Drache dazu neigt seinen Kopf hin und her zu werfen, sei es nur aus Gewohnheit." erklärte Alanna ernst und John bemerkte, wie sie gleichzeitig seine Hand wieder langsam losließ. „Sie werden beide wissen, was sie tun, Alanna. Meine Tochter mag zwar etwas draufgängerisch sein, aber eigentlich ist sie nicht wahnsinnig." entgegnete er daraufhin beruhigend und begann sich die anderen Drachen und Reiter neben und vor ihnen anzusehen, da er vollstes Vertrauen in Stearn hatte. Klar war immer noch ein kleiner Teil seines Verstand besorgt um ihr Wohl, doch er hätte es vermutlich schlimmer gefunden, wenn dies nicht der Fall wäre.
Jedenfalls sah er rechts schräg vor ihnen Keno, der gemeinsam mit Liriàrth im Sattel auf Othrenis Rücken saß. Der Junge hatte den Kopf in ihre Richtung gedreht und winkte ihm zu, sobald er bemerkte, dass der alte Soldat zu ihnen herübersah. Miller hob ebenfalls die Hand zum Gruß, ehe er den Blick weiterschweifen ließ. Direkt vor dem Albatross flog Tinira, deren zitronengelbe Schuppen in der Sonne wie Goldmünzen glitzerten und vor dem Drachenmädchen hatte sich Forlon mit seinem türkisenen Schuppenkleid eingereiht. Allerdings saß auf seinem Rücken keine Saskia. Diese hatte sich hinter Meister Eragon mit auf Saphira gesetzt, genauso wie Mel'khrat hinter Gerlinde auf Galgianth und nicht auf Lerod saß, der direkt vor Othreni flog. Die beiden Jungdrachen waren offensichtlich noch nicht alt genug, um ihre Reiter auf solch lange Strecken ohne Anstrengung tragen zu können. Daher trugen sie nun lediglich ihre leeren Sättel auf den Rücken, damit sie Energie sparen konnten.
Die Spitze der Keilformation bildeten selbstverständlich Dun'var, Galgianth und Saphira deren riesige Gestalten ihre jüngeren Artgenossen geradezu in den Schatten stellten. Ein kleiner Dorn stach John jedoch ins Herz, als sein Blick auf Schattenklaues verkrüppelten Schwanz fiel, den der Titan selbst verschuldete. Insbesondere nun, neben anderen Drachen, war der Unterschied gravierend zu sehen und es wirkte einfach – falsch. Er nahm sich in Gedanken vor Eragon zu fragen, ob er die Verletzung heilen könnte, auch wenn die Chancen dafür sehr gering waren.
Dann drehte Schimmerschuppe in Richtung ihres nächsten Etappenziels ab und allesamt folgten ihr in mehr oder minder perfekter Keilformation.
Der restliche Flug verlief relativ ereignislos. Sie vertrieben sich die Zeit hauptsächlich damit, dass John ihnen teilweise Geschichten aus seiner Ausbildungszeit zum Offizier erzählte, als Feyth neugierig danach fragte, Geschichten, die selbst seine anderen Kinder noch praktisch nie gehört hatten. Dann war es an Alanna ihnen von ihrem ersten Flug mit Nirlath zu berichten, wobei der Colonel dabei deutlich sah, wie sehr sich die Elfe an dieser Erinnerung erfreute und doch gleichzeitig einen faden Beigeschmack behielt im Hinblick darauf, dass ihr Drache ermordet worden war. Währenddessen hatte sich Dorn mit Julia und Murtagh schon wenige Meilen nach ihrem Aufbruch zurückfallen lassen und an Höhe gewonnen, sodass sie die drei schon bald aus den Augen verloren, doch ein jeder von ihnen wusste, was der blutrote Gigant sehr wahrscheinlich vorhatte.
Ansonsten zogen die grünen Felder rasch unter ihnen dahin, während die Stunden sprichwörtlich wie im Flug verronnen. Ihre Formation kam nicht wirklich schnell voran, da insbesondere Forlon und Lerod es noch nicht gewohnt waren, solch lange Strecken am Stück zu fliegen, weswegen ihre Kondition im Laufe des Nachmittags stark nachließ. Auch Tinira machte der „Marschflug" wie John ihn in Gedanken bezeichnete, etwas zu schaffen, aber längst nicht zu dem Grad, wie die beiden anderen Jungdrachen, wohl ein Vorteil ihrer wilden Erziehung unter Dun'var. Daher überraschte es niemanden, dass die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden war, als sie endlich das kleine Wäldchen vor ihnen ausmachen konnten. Ihr nächstes Etappenziel. Robert funkte daraufhin kurz Eragon, um dem Großmeister Bescheid zu geben, dass er als erster landen würde, um keine Komplikationen mit den Drachen zu verursachen. Der Schattentöter stimmte dieser Entscheidung bejahend zu, woraufhin Holsted den Albatross leicht beschleunigte und die grellen Suchscheinwerfer einschaltete, mit denen Alex den Boden unter ihnen abtastete. Es dauerte nicht lang eine geeignete Lichtung zu finden und Robert landete den großen Sturmtransporter so sanft es ihm möglich war, wobei er Steven im Juggernaut diesmal nur knapp über dem Boden ausklinkte, um überhaupt aufsetzen zu können.
Anschließend dauerte es nicht lange, bis die Drachen und Reiter ihnen folgten und um sie herum landeten, bis auf Dorn, Murtagh und Julia, die scheinbar noch ein paar Meilen hinter ihnen unterwegs waren. Gerade als John zusammen mit den anderen die Laderampe heruntergehen wollte, um sich zu den Drachenreitern zu gesellen, meldete sich plötzlich Aidan zu Wort, der eigentlich immer noch seiner Watcher-Direktive folgte.
„Verzeihung Sir, ich weiß sie haben mich angewiesen die Watcher-Direktive zu aktivieren, doch ich muss sie darauf hinweisen, dass ich eine mir nicht näher bekannte Anomalie in der Software ihres Atlas gefunden habe. Bitte um Erlaubnis diese Anomalie näher untersuchen zu dürfen, Major." plapperte er frei heraus und richtete sich dabei an Holsted, der verwundert eine Augenbraue nach oben zog. „Eine Anomalie? Hhm, eigentlich ist die Software im Atlas durch eine Kategorie Vier Firewall geschützt. Nun gut, Erlaubnis erteilt Aidan." erwiderte der Pilot ernst, wonach die KI kurz grün aufleuchtete, ehe sie eine knallgelbe Färbung annahm. Miller wurde kurz nachdenklich. „Was glaubst du hat es damit auf sich Robert?" fragte er seinen Sohn, der unschlüssig mit den Schultern zuckte. „Ich weiß es nicht, vermutlich ist es nichts. So wie ich Aidan kenne hat er einfach den uralten Code im Atlas in seiner Langeweile gründlich durchscannt und irgendwelche antiken Bugs gefunden." „Hmm, hoffen wir es." entgegnete der Colonel, während sie nun weiter in Richtung der anderen gingen, die mittlerweile damit begonnen hatten ein großes Lagerfeuer zu entzünden.
Natürlich hatte Steven es sich nicht nehmen lassen mithilfe des Juggernauts einige umgestürzte Baumstämme aus dem Wäldchen zu zerren, von denen er drei in einer Art Dreieck hinlegte, um sie als Sitzgelegenheit zu nutzen.
Doch noch ehe John Zeit hatte sich weiter umzusehen, trat Eragon gemeinsam mit Saphira zu ihm. „Ich denke, während die anderen das Lager vorbereiten, bleibt uns genügend Zeit unser versprochenes Gespräch zu führen, John. Unter sechs Augen, versteht sich." meinte der Großmeister freundlich, aber auch ernst und Schimmerschuppe unterstrich seine Worte mit einem tiefen Brummen. Miller horchte auf und blickte kurz hinüber zu seinen Kindern, wo Robert ihm nur ermutigend zunickte, da Emily mit Feyth auf dem Arm bereits zur Feuerstelle hinübergeeilt war und Alex damit beschäftigt war, nicht von Tiniras Schmuserei umgestoßen zu werden. Zufrieden erwiderte der Colonel das Nicken und wandte sich dann Eragon zu, ehe seine Haltung versteifte und er trocken erwiderte: „Sehr gerne."
Der Drachenreiter neigte zufrieden den Kopf. „Ausgezeichnet. Dann kommt, Saphira wird uns an einen etwas abgeschiedeneren Platz fliegen, damit wir ungestört sind." Mit diesen Worten gebot er dem Titanen ihm zu folgen und nacheinander stiegen sie hinauf in den Sattel auf dem Rücken der blauen Drachendame. Dabei saß der Reiter selbstverständlich vorne, während John sich behutsam an ihm festhielt, um beim Abflug nicht herunterzufallen. *Festhalten.* grollte daraufhin kurz Saphiras Stimme durch seinen Geist, dann stieß sie sich mit einem mächtigen Sprung vom Boden ab. Sie schwang ihre mächtigen Flügel jedoch nur wenige Male, sondern ließ sich eher gleiten, als selbst Kraft aufzuwenden.
Die frische Nachtluft schlug dem Colonel trotzdem wie ein halber Sturm entgegen, was wohl zum Teil an dem aufkommenden Wind lag. Der sichelartige Mond stand hoch über ihnen und tauchte die gesamte Landschaft in sein silbergraues Licht, doch Miller achtete nicht wirklich darauf. Seine Gedanken fokussierten sich eher auf das bevorstehende Gespräch. Wenige Momente später setzte die blaue Drachendame bereits wieder zur Landung auf einer etwas kleineren Lichtung an, die einige hundert Fuß neben ihrem eigentlichen Lagerplatz lag.
Ohne groß zu zögern sprang der Titan von Saphiras Rücken, sobald diese gelandet war und wartete mit verschränkten Armen darauf, dass der Drachenreiter aus dem Sattel geklettert war. Dabei bemerkte er, dass Eragon direkt eine schlicht verzierte, lange, blutrote Schwertscheide aus einer der Satteltaschen hervorzog und mit dieser in Händen vorsichtig an Schimmerschuppes Vorderbein herabstieg. Gleichzeitig murmelte er wohl irgendeinen Zauber, denn wie aus dem Nichts erschien eines der Wehrlichter, die er schon zuvor in Angelas Kammer gesehen hatte, direkt zwischen ihnen und erhellte den Platz um sie herum mit einem warmen, gelben Licht.
„Ich mag es nachts wach zu sein. Der Sternenhimmel ist so unendlich schön, dass ich in stundenlang beobachten kann, ohne mich zu langweilen." bemerkte der Reiter fast schon poetisch, während er John zu einem umgestürzten Baum hinüberführte und einen Blick in den sternenklaren Nachthimmel über ihnen warf. Saphira, die hinter ihnen drein trottete, brummte zustimmend und Miller entgegnete tonlos: „Man kann sich auf jeden Fall darin verlieren, so viel steht fest, Schattentöter." Dann setzten sie sich nebeneinander auf den knarzenden Baumstamm, wohingegen sich die blaue Drachendame im Halbkreis vor ihnen ins Gras legte, wobei sie ihren Kopf so vor ihrer Flanke positionierte, dass sie die beiden mit ihrem rechten Auge beobachten konnte. Der Titan konnte deutlich sehen, wie sich ein schwaches Lächeln auf Eragons Lippen legte. „Ja, aber ich denke, deswegen habe ich euch nicht um dieses Gespräch gebeten, nicht wahr? Vielmehr geht es um das hier." meinte der Reiter nun etwas ernster und hielt dabei Larva an der Scheide in seine Richtung. „Nehmt es nur. Es gehört ohnehin euch, oder besser zu euch. Ich könnte es nicht einmal nutzen, selbst wenn ich wöllte."
Der Colonel hob skeptisch eine Augenbraue, nahm das zweihändige Schwert allerdings dennoch entgegen. Dabei rutschte seine Hand unbeabsichtigt an den Griff und sofort dröhnte die ihm bereits bekannte Stimme des Seelensplitters durch seinen Kopf.
*Meister! Froh euch bei voller Gesundheit zu spüren! Habe nach Kampf lange gewartet, aber Schattentöter schloss mich weg. Versucht mich zu wehren, Hand geschnitten aber nicht geholfen. Hoffe ihr geht es gut? Wir haben sie gerettet, ja?*rief Larva aufgeregt, wobei seine Stimme fast schon erfreut und erleichtert klang, mit einem gewissen trotzigen Unterton, als er die Sache mit Eragon erklärte.
Miller brauchte einige Momente um seine Gedanken zu sammeln. So eine – relativ – normale Konversation hatte er bisher nicht mit dem Seelensplitter führen können. Daher erachtete er es als das beste kurzangebunden zu bleiben.
„Ja, Feyth geht es gut, Larva." entgegnete er worauf ihm rasch ein warmes Kribbeln den rechten Arm hinauf wanderte, genau der Arm, in dessen Hand er den Schwertgriff mit dem eingearbeiteten Smaragd hielt. *Gut, gut! Müssen immer beschützen! Sie sehr wichtig! Für mich, für uns!* merkte Larva zufrieden an und das gesamte Gefühl samt Stimme verstummte wieder, als der Titan die Hand vom Griff nahm. Es war eine ungewöhnliche Erfahrung so mit dem Seelensplitter zu reden.
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er, wie Eragon ihm einen neugierigen Blick zuwarf. „Es hat mit euch gesprochen, oder?" wollte der Reiter wissen, woraufhin der Colonel nickte. „Ja, aber das ist nicht das erste Mal. Larva hat schon öfters mit mir gesprochen, jedoch nie der Art. Wieso? Überrascht das euch?" „Nun, ihr seid bisher der einzige, neben Angela, der jemals Larvas Stimme gehört hat. Ich kann nicht einmal den Geist in dem Smaragd spüren." antwortete der Großmeister und kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Angela erwähnte so etwas, ja." merkte Miller trocken an, ehe er fortfuhr: „Was könnt ihr mir noch über Larva erzählen? Ist er wirklich eine Art Seelensplitter von Feyths Geist?"
Wie sonst auch versuchte er direkt zum Punkt zu kommen.
Der Schattentöter antwortete aber nicht sofort, sondern schien kurz zu überlegen.
„Angela hat euch sicher bereits von Larvas Entstehung erzählt, nehme ich an?" wollte der Reiter dann wissen, worauf John ein weiteres Nicken erwiderte. „Das hat sie." Eragon holte erleichtert Luft und entgegnete dann ernst: „Gut, das alles von vorne aufzurollen hätte die Sache doch etwas verkompliziert. Nun denn. Ihr habt gefragt, ob Larva ein Teil von Feyths Seele ist. Die einzige Antwort die ich darauf habe ist: Vermutlich." Abermals hob der Titan skeptisch eine Augenbraue. „Vermutlich? Was soll das heißen?" fragte er nüchtern, woraufhin der Großmeister nachdenklich die Arme verschränkte. „Genau das. Vermutlich. Ich kann es nicht genau sagen. Einerseits erscheint es mir nur logisch, dass Larva ein solcher Seelensplitter sein muss, allein schon aufgrund von Angelas und Tymdeks Erzählungen. Aber andererseits auch wieder nicht. Lasst es mich versuchen euch zu erklären." erwiderte der Reiter schließlich und räusperte sich kurz, bevor er anfing zu erklären: „Nehmen wir an, er wäre wirklich ein Seelensplitter von Feyth. Dann müsste doch etwas in ihrem Geist fehlen, oder etwa nicht? Aber als ich ihren Geist gemeinsam mit Saphira untersuchte, als sie damals mit ihrem Vater bei uns zu Besuch war, konnten wir nichts dergleichen entdecken. Keine Spur davon, dass etwas gewaltsam herausgerissen worden wäre. Und andererseits in gewisser Weise doch. Es gibt keinerlei Hass in ihre, keinerlei Verlangen jemanden zu verletzen und sei es auch nur ihre Beute. Ihr habt sicher schon einmal bemerkt, was geschieht, wenn sie sich dazu zwingt jemanden zu verletzen."
„Ja das habe ich. Ihr wird schlecht und sie muss sich übergeben."
„Genau. Sie ist das genau Gegenteil von Larva, jedenfalls im Bezug auf das, was ich über es weiß. Also könnte es doch sein, dass Larva sich von ihrem Verstand abgespalten hat, aber wenn dem der Fall ist, hat dies keinerlei negativen Einfluss auf ihre geistige Entwicklung gehabt." bemerkte der Drachenreiter ernst. „Ich verstehe langsam worauf ihr hinauswollt, Eragon." brummte John zustimmend, woraufhin der Großmeister direkt fortfuhr: „ Womit wir allerdings direkt zum dem Punkt kommen, weswegen ich persönlich glaube, dass sie einmal ein und dasselbe Wesen waren. Habt ihr euch schon einmal gefragt, weshalb Feyth so klein ist?" Schattentöter warf ihm einen prüfenden Blick zu, doch Miller nickte erneut ohne zu zögern. „Natürlich, seit ich sie damals das erste Mal getroffen habe. Ihr wisst also warum?" meinte er und nun war es an Eragon bejahend den Kopf zu neigen. „In der Tat. Ihr haltet den Grund in euren Händen." erwiderte der Reiter mit einem missmutigen Unterton und überraschte den Colonel damit ein wenig.
Ungläubig warf er einen Blick auf den roten Zweihänder in seinen Händen. „Larva ist schuld an ihrem Zwergwuchs? Wie kann das sein?"
*Es ist wie eine blutsaugende Zecke, Rotauge. Ein dreckiger Parasit! Larva entzieht der kleinen Feyth beständig Energie. Nicht so viel, als dass es sie töten würde, aber genug, um ihren Körper langfristig zu schwächen. Und sei selbst merkt nicht einmal etwas davon.* knurrte Saphira leicht aufgebracht und Eragon schien ihre Meinung zu teilen, wie Miller deutlich an seinem missmutigen Gesichtsausdruck erkennen konnte.
John konnte dem Ganzen jedoch noch nicht wirklich Glauben schenken.
„Ein Parasit, der Energie entzieht? Wie kann ihr das nicht auffallen? Ich habe es ja schon gespürt, als Keno nur einen Bruchteil meiner Energie für Tiniras Heilung verwendet hat. Und wenn Larva ihr Wachstum praktisch zum erliegen bringt, muss er ja den größten Teil für sich beanspruchen." meinte er skeptisch, doch der Großmeister hob unterbrechend die Hand, ehe er fortfahren konnte. „Und genau das ist der Punkt. Ihr habt natürlich recht, jeder würde spüren, wenn ihm ein anderer den Großteil seiner Lebensenergie stiehlt, Larva ist kein ‚anderer'. Er und Feyth sind noch immer ein und dasselbe Wesen und doch gleichzeitig auch nicht. Es hat mich sofort an euren Zustand, mit euren anderen Persönlichkeiten erinnert, als ihr uns davon berichtet habt. Minus dem Energieentziehen natürlich." erklärte der Schattentöter eindringlich und deutete mit der Hand kurz auf den Titanen, der nachdenklich die Stirn runzelte.
Im Grunde hatte der Reiter recht.
Larva verhielt sich ähnlich, wie eine seiner anderen Persönlichkeiten. Der Seelensplitter besaß vielleicht einen Deut mehr Individualität, aber so wie Eragon es ihm nun erklärt hatte, ergab das Ganze ein deutlich detaillierteres Bild als zuvor. Allerdings schoss ihm auch direkt die nächste Frage in den Kopf.
„Hhm, das ergibt Sinn. Es hat tatsächlich Ähnlichkeit mit meiner Erkrankung. Aber mir drängt sich auch eine weitere Frage auf: Wieso entzieht er ihr die Energie? Hat es einen bestimmten Grund? Braucht er sie, um selbst zu überleben?" wollte er wenige Momente später nüchtern wissen, woraufhin die Miene des Großmeisters ebenfalls nachdenklicher wurde. „Leider nicht wirklich. Ich habe mich monatelang damit befasst und sogar die Unterstützung einiger der ältesten Eldunaris gehabt, aber ich kam zu keiner zufriedenstellenden Antwort. Larva braucht auf jeden Fall die Energie nicht, um sich selbst am Leben zu halten, so viel konnten wir mithilfe von Angela in Erfahrung bringen, aber alles was danach kommt ist reine Spekulation. Ich glaube allerdings nicht, dass Larva ihr aus purer Bosheit die Energie entzieht. Dafür ist dieses Wesen viel zu passiv. Ich denke es ist viel mehr – unbewusst, instinktiv." entgegnete der Reiter, woraufhin Schimmerschuppe zustimmend brummte.
John wollte gerade den Mund öffnen, um den beiden zu bestätigen, dass Larva sich tatsächlich eher als Beschützer gegenüber Feyth sah, als die Stimme des Seelensplitters missmutig durch seinen Kopf grollte: *Pah! Dummer Schattentöter! Natürlich nicht böse! Ich helfe zu beschützen.*
Dabei klang der Seelensplitter fast schon eingeschnappt, oder zumindest in seiner Ehre verletzt.
Es bestätigte jedoch eine weitere Vermutung, die John nun schon länger hegte. Larva bekam tatsächlich alles um sich herum mit, wie auch immer er das in einem Edelstein gefangen anstellte. Der Colonel dachte kurz darüber nach, ehe er an Eragon gewandt meinte: „Ich kann euch zumindest in dem Sinne beruhigen, Eragon. Larva hat sich bisher eher als eine Art Beschützer anstatt Bösewicht entpuppt. Immerhin war es er, der mich immer wieder vor Gefahren gewarnt hat, vor allem, wäre er nicht gewesen, hätte Filia mit ihrem Plan wohl Erfolg gehabt."
Dabei behielt er es für sich, dass der Seelensplitter sich gerade leicht über den Reiter ausgelassen hatte.
Er schien jedoch den Großmeister damit zu überraschen, denn seine Miene wirkte verblüfft, als er erwiderte: „Tatsächlich? Larva war es, der euch vor Filia gewarnt hat?" „Ja. Ohne ihn hätte ich es nicht einmal bemerkt, oder erst zu spät. Er scheint die Fähigkeit zu haben, alles in einem gewissen Umkreis wahrnehmen zu können." „Er bekommt also auch gerade unser Gespräch hier mit? Wartet, wartet, ihr bezeichnet es als ‚ihn'?" „In gewisser Weise. Er hat sich zumindest über eure Vermutungen beschwert. Und ja, seine Stimme klingt auf jeden Fall männlich." erklärte John trocken, was den Schattentöter in noch mehr Staunen versetzte, genauso wie Saphira, die dem Schwert in seiner Hand einen funkelnden Blick zuwarf.
„Das – übertrifft alles, was ich bisher über Larva gedacht habe. Ich wusste von Angela, dass er sprechen kann, aber nicht in welchem Umfang. Er versteht also tatsächlich alles was wir sagen. Ich – verzeiht, aber ich muss gerade einige Theorien, die ich hatte, in den Wind werfen." murmelte der Reiter leicht überrumpelt, während er sich nachdenklich am Kopf kratzte.
Allerdings fuhr er schon wenige Augenblicke später deutlich gefasster fort: „Nun, das würde zumindest einiges erklären, zum Beispiel wie nur ihr mit Larva reden könnt, aber sein Geist unaufspürbar bleibt, selbst mit der Macht von dutzenden Eldunari und den stärksten Enttarnungszaubern die wir kennen. Und wenn er wirklich so freidenkend ist, wie eure Erklärung mich glauben lässt, würde es auch etwas erklären, dass mir bisher ein absolutes Rätsel war."
Abermals hob Miller skeptisch eine Augenbraue, wobei Larva gleichzeitig neckisch in seinen Gedanken keckerte: *Ha, großer Schattentöter ohne Rat! Kann mich nicht spüren, nicht fühlen, nicht hören. Nur ihr, Meister.*
„Was meint ihr Schattentöter?" fragte er über die schadenfrohe Aussage hinweg, doch anstatt des Reiters antwortete Schimmerschuppe. *Erinnert ihr euch noch an die letzten Augenblicke in eurem Kampf mit Filia? Kurz bevor ihr das Bewusstsein verloren habt?* Er überlegte kurz und kurz darauf fand er die Erinnerung an das, was er an dem Zeitpunkt erlebt hatte.
Die rote Drachenerscheinung, die Filia ausgeknockt hatte.
John nickte ernst und entgegnete trocken: „Ihr meint die rote Erscheinung, nicht wahr?" *Ja.* antwortete ihm Saphira und schnaubte zustimmend. „Wir haben stundenlang darüber gerätselt, was genau es damit auf sich hatte, als Vanir uns davon erzählte. Natürlich dachte ich zuerst an Larva, aber ich hielt es nicht für möglich, dass er derart frei denken konnte. Aber jetzt? Ohne Zweifel war das Larvas Tun. Irgendeine Art Manifestation seines eigentlichen Wesens. Wir sollten schließlich nicht vergessen, er ist immer noch ein Drache, oder zumindest eine – abstrakte – Form eines Drachens. Ich habe schon weit verrücktere Dinge von Drachenmagie erlebt, als ein geistiges Abbild." mutmaßte Eragon nachdenklich.
Miller stimmte dem Drachenreiter in fast allen Punkten zu, nur – „Aber wie soll er Filia ausgeknockt haben? Eine bildliche Illusion dürfte wohl kaum die körperliche Kraft ausüben können." hinterfragte der Colonel skeptisch, doch Schimmerschuppe antwortete knurrend: *Der Schlag muss nicht körperlicher Natur gewesen sein, Rotauge. Ein starker und vor allem überraschender Angriff auf den Geist kann ähnlich verheerend wirken.*
*Blaue Mutter, weise. Kein Körper, ich schlage im Geiste.* bestätigte Larva Saphiras Vermutung stolz, woraufhin der Titan erneut ernst auf das Schwert in seinen Händen blickte.
Eragon schien dies zu bemerken, denn er wollte fast schon neugierig wissen: „Was hat Larva gesagt? War er es tatsächlich?" Miller hielt kurz inne, ehe er abermals nickte. „Er meint, es wäre so, wie ihr es beschrieben habt, Schimmerschuppe." Die blaue Drachendame schnaubte laut und der Großmeister fasste sich tief durchatmend an die Schläfe. „Also doch. Man sollte manchmal wirklich eher auf sein Bauchgefühl hören, als auf den Verstand. Jetzt beginnen sich so langsam die einzelnen Aspekte zu einem großen Bild zusammenzufügen." bemerkte er und fuhr rasch fort, als der Soldat ihm einen fragenden Blick zuwarf: „Zum Beispiel Larvas Energievorrat. Ich kann zwar wie ich bereits sagte seinen Geist nicht aufspüren, doch ich nehme ohne Probleme die gigantischen Energiereserven in dem Smaragd dort wahr. Und nun wissen wir, wofür er Feyths Energien benötigt. Er nutzt sie, um Feyth in absoluten Notsituationen zu schützen, wie in eurem Kampf gegen Filia, als ihr am Ende eurer Kräfte ward und sie sich anschickte euch mit ihrem Feueratem zu verbrennen."
*Hmpf, Schattentöter doch nicht dumm. Nur langsam. Natürlich nehme ich Energie nicht ohne Grund! Muss sie beschützen!* brummte Larva daraufhin missmutig in Johns Kopf und ein Gefühl von purem Trotz durchflutete ihn für einen kurzen Augenblick, was den Colonel für einen Moment durcheinanderbrachte.
Er schüttelte mit ernster Miene den Kopf, doch da war das Gefühl auch schon wieder verflogen. Allerdings hatte das Ganze auch einen großen Vorteil mit sich gebracht, da Larva so seinen Verstand wieder gezwungen hatte Ordnung zu schaffen. Selbst für ihn waren die letzten paar Minuten etwas härter zu verstehen gewesen.
„Wirklich unglaublich. So etwas Ähnliches gab es noch nie, in der gesamten Geschichte Alagäsias nicht." murmelte Eragon gedankenverloren, während der Soldat seine Gedanken nun endlich wieder sortiert hatte und ihn eine wichtige Frage bedrängte.
„Es passt vielleicht nicht gerade zu unserer Entdeckung, aber, gibt es keine Möglichkeit Larva daran zu hindern, Feyths Energie zu stehlen? Eventuell die beiden weit voneinander zu trennen." fragte er so wenige Augenblicke später, aber hatte noch nicht einmal den Mund geschlossen, als der Reiter heftig begann mit dem Kopf zu schütteln und sich eine todernste Miene auf sein Gesicht legte.
„Auf gar keinen Fall dürfen wir die beiden mehr als ein paar Meilen trennen! Das Band, welches die beiden verbindet ähnelt in der Hinsicht dem von Drache und Reiter, nur noch einmal um das hundertfache gesteigert. Als Angelas damals mit dem Smaragd zu mir kam und mir alles erzählte, dachten wir noch gar nicht daran, weswegen wir uns nach einigen Gesprächen dazu entschlossen, Rhunön darum zu bitten Larvas Smaragd in eines der alten Reiterschwerter einzuarbeiten. Ich könnte mich heute nach für diese vorschnelle Entscheidung ohrfeigen." erklärte er angespannt und ein drohendes Knurren seitens Saphira untermalte seine Worte.
Millers Stirn legte sich in Falten. „Wieso? Was geschah?"
„Kaum hatte Angela sich aufgemacht, kam Tymdek völlig panisch zum Drachenberg geeilt, mit der noch frisch geschlüpften Feyth im Maul. Sie hatte unglaublich hohes Fieber, zitterte am ganzen Leib, wollte nichts fressen, nichts trinken. Selbst die besten Heiler unter den Elfen konnten nichts für sie tun, außer ihre Schmerzen etwas zu lindern. Annähernd zwei Wochen lang bangten wir alle um ihr Leben, da das Fieber einfach nicht zurückgehen wollte und ich gezwungen war, ihren Körper mit purer Energie zu füttern, ansonsten wäre sie elendig verhungert. Lediglich Wasser konnten wir immerhin Löffelweise einflößen. Und dann – auf einen Schlag, wortwörtlich über Nacht, verschwand das Fieber und die Schmerzen und Feyth tollte am nächsten Morgen bereits wieder auf ihrem Vater herum, der natürlich überglücklich war. Zufälligerweise hatte sich Angela am Abend zuvor bei mir gemeldet und gemeint, dass sie nicht mehr weit vom Drachenberg entfernt sei und Rhunön das Schwert nach ihrem Wunsch umgeschmiedet hatte. Es braucht kein Genie um eins und eins zusammenzuzählen. Seitdem habe ich Larva immer in ihrer Nähe aufbewahrt, wohl verborgen vor allen anderen." beendete Eragon die kurze Erzählung und Miller begriff es sofort.
Die beiden zu trennen, war keine Option.
„Hhm, ich verstehe. Das verkompliziert die Sache natürlich." bemerkte er nüchtern, worauf der Reiter mit einem Nicken antwortete, ihm aber gleichzeitig auch ein aufmunterndes Lächeln schenkte. „Kompliziert ja, aber jetzt, da Larva euch als Meister anerkannt hat und wir wissen, dass er durchaus mit euch redet – vielleicht können wir eine Lösung finden. Zumindest ist es einmal ein Ansatz." meinte er zuversichtlich und John neigte dankend den Kopf. Er war zwar eher skeptischer Natur, doch selbst für ihn stand fest, dass er Feyth helfen würde, so gut er konnte.
Zu seiner Überraschung schien ihm Larva sogar zuzustimmen.
*Werde helfen. Will ihr helfen. Dinge gut machen. Besser in Zukunft. Werde gehorchen.* brummte der Seelensplitter kleinlaut und fast schon reumütig.
Sie alle wurden jedoch aufgeschreckt, als es neben ihnen plötzlich im Unterholz raschelte. Instinktiv zogen John und Eragon zugleich ihre Schwerter und Saphira war mit einem Satz auf den Beinen. Doch die Anspannung verfiel sofort wieder, als Robert mit Aidan im Schlepptau zu ihnen auf die Lichtung trat. Das er sie gefunden hatte überraschte den Colonel nicht wirklich, schließlich sonderte insbesondere Saphira eine sehr eigene Geruchsnote ab, die der Pilot dank seiner speziellen Anpassungen problemlos wittern, oder besser gesagt, schmecken konnte.
Aber etwas gefiel John gar nicht an seinem Sohn.
Er wirkte todernst, was äußerst ungewöhnlich für ihn war.
Zackig hob Holsted seine Arme in die Höhe, während er entschuldigend meinte: „Verzeiht, dass ich euch gestört Meister Drachenreiter, ich hätte es nicht getan, wenn es nicht wirklich dringend wäre." Eragon und John steckten beide wieder ihre Waffen weg, wohingegen Saphira wohlwollend brummte, ehe der Großmeister erwiderte: „Schon gut Robert. Ich bin mir sicher, dass euer Auftauchen nicht ohne Grund ist."
„Allerdings." entgegnete der Pilot und trat dann hinüber zu ihnen. Erst dann richtete er das Wort an seinen Vater, der ihn mit ernster Miene ansah. „Wir haben ein ernstes Problem Dad." sagte er nur und hielt sein kleines Notepad hoch, dass er für gewöhnlich in einer seiner Taschen mitführte.
Alles was darauf zu sehen war, war ein Countdown in Tagen, Stunden und Minuten, der gemächlich herunter tickerte.
Angefangen von drei Tagen, zwei Stunden und 44 Minuten.
„Der Atlas läuft nur noch mit geborgter Zeit."
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[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...