Glückwunsch, es ist ein ...

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„Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber: Ich fühle mich klein." murmelte Steven leise, während er zusammen mit Micheal hinter den drei Drachen, Aidan und Alina her trottete, die tiefer in die Höhle vordrangen. Dabei füllten Tymdek und Lyath, die nebeneinander hergingen, fast den gesamten Raum des Gangs aus und berührten die Decke nur deshalb nicht, weil sie den Kopf gesenkt hielten. Der Admiral nickte bedächtig und stimmte zu: „Sie sind wirklich sehr respekteinflößende Wesen, wobei es mich sehr interessieren würde, wie Vater es geschafft hat sich mit ihnen anzufreunden."

Coule gluckste amüsiert. „Hast du die Furcht in den Augen des kleinen Silbernen gesehen, nachdem wir ihn wieder losgelassen haben? Vermutlich hat Dad eine ähnliche Idee gehabt wie wir." „Vielleicht. Mich würde vielmehr interessieren, was ihn überhaupt erst hierher verschlagen hat. Diese Höhle ist immerhin ziemlich abseits des Weges und du kennst seine eigentlich sehr gradlinige Denkweise." erwiderte Mike, worauf der Sergeant nur mit den Schultern zucken konnte. „Lyath oder Tymdek werden es uns schon sagen, wenn das Problem mit den Eiern beseitigt ist. Bleibt uns nichts anderes übrig als zu warten und zu hoffen, das Mark und Robert den Wald schnell erreichen." „Da hast du wohl recht." entgegnete Micheal und staunte nicht schlecht, als sie nach ein paar weiteren Metern in einer riesigen Kammer ankamen, in deren Mitte ein großes Nest aus Zweigen, Ästen, Moos und Gras thronte.

Auf der rechten Seite befand sich eine immense Feuerstelle, deren äußerer Rand aus grauen Felsbrocken bestand und im inneren ein hellblaues Feuer loderte, welches von etlichen Raummetern Holz genährt wurde. Und auf diesem Holz, mitten in den Flammen, konnte der Titan fünf unterschiedlich große, ovale Gegenstände erkennen. 'Das sind wohl Eier aus einem vorigen Gelege.' dachte er fasziniert und wollte ein paar Schritte darauf zugehen, als Steven ihn unsanft an der Schulter packte.

„Sieh mal dort drüben." raunzte er ihm zu und nickte in die gegenüberliegende Richtung.

Mikes Augen verengten sich, als er bemerkte, was sein Bruder meinte. Dort an der Wand hockten zwei zusammengesackte Gestalten, die bis auf ihre spitzen Ohren, einem jungen Menschen nicht unähnlich sahen. Die Münder waren mit einem schweren Tuch geknebelt und Arme und Beine mit dicken Stricken gefesselt. Am schlimmsten jedoch war die Tatsache, das einem der beiden der ganze rechte Arm und ein gutes Stück seines rechten Oberkörpers fehlte. Die Wunde schien zwar ordentlich versorgt und verbunden worden zu sein, doch dass dieser Mann nicht bei Bewusstsein war, verwunderte den Admiral nicht im Geringsten.

Skeptisch blieb er stehen und fragte laut: „Mr. Tymdek? Was hat es mit diesen Gefangenen auf sich?" Der schwarze Drache drehte sich zu den beiden Soldaten hin um und knurrte, als sein Blick auf die beiden gefesselten Männer traf. *Es sind Eierdiebe, Herr Forke und unter anderem für den Zustand meiner Brutpartnerin verantwortlich. Nur John ist es zu verdanken, dass sie ihren Plan nicht umsetzten konnten.*

Schlagartig veränderte sich die Haltung der Titanen von besorgt, zu angespannt.

„Sie wollten eure ungeschlüpften Kinder stehlen?" wollte Steven mit hasserfüllter Stimme wissen, während er seine Hände zu Fäusten ballte. *Ja.* antwortete Tymdek und fletschte die Zähne. Micheal musste das Gesicht seines Bruders nicht sehen, um zu wissen, dass er kurz davor stand die beiden Kerle bei lebendigem Leib auszuweiden.

Schließlich erging es ihm selbst nicht anders.

„Ich werde mal eine Weile die Umgebung erkunden gehen, ansonsten werden diese beiden Dreckskerle die nächste Minute nicht überleben." presste Coule mit knirschenden Zähnen hervor, drehte sich auf der Stelle um und lief mit großen Schritten den gleichen Weg zurück, den sie gerade gekommen waren. Dunkelschwinge sah dem Soldaten mit verwirrtem Blick hinterher. *Eure Gedanken gleichen denen eines verwundeten Bären, der sich aufbäumt, um seinen Widersacher niederzuschlagen. Ist alles in Ordnung Herr Forke?* Der Admiral schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete einige Male beruhigend aus und ein, bevor er mit angestrengt nüchterner Stimme antwortete: „Wir hatten in der Vergangenheit selbst schon mit solchem Abschaum zu tun, Mr. Tymdek. Es wäre besser dieses Thema ruhen zu lassen." Der große Drache starrte ihn einige Sekunden lang an und zwinkerte dann akzeptierend. *Ich verstehe. Manche Wunden kann offenbar selbst die Zeit nicht heilen.* „Da habt ihr recht." stimmte Mike zu und blickte noch einmal hinüber zu den zwei Gefangenen.

Einer der beiden, ein Mann mit aschfahlem Gesicht und schwarzen Haaren, sah ihn seinerseits an, als wäre er der Teufel in Person. „Ich nehme an, dass John für ihren Zustand verantwortlich ist?" fragte der Titan Tymdek, der abermals zwinkerte und dann hinüber zu Lyath und dem Jungdrachen trat, die sich mittlerweile zusammen ins Nest gelegt hatten. Alina stand neben der roten Drachendame und betastete vorsichtig den dicken Bauch, während Aidan scheinbar den restlichen Körper des Drachens scannte. *Diese Elfen wollten mich und meinen Sohn, Dekri, überfallen, als sie – glaubten ihr Gift hätte seine Wirkung völlig entfaltet. Glücklicherweise hat John dies – verhindert.* erklärte Lyath und wimmerte, als eine weitere Muskelkontraktion durch ihren Hinterleib zuckte.

„Ganz ruhig Miss Lyath. Versuchen sie tief aus- und einzuatmen. Mike warte mit den Fragen bis sie über den Berg ist, es gibt schon genug Probleme, ohne dass sie sich auch noch auf dich konzentrieren muss. Aidan, kannst du dich nicht in die Naniten hacken und den Befehl zur Schmerzmittelausschüttung manuell geben?" meinte Alina angespannt, woraufhin der Admiral entschuldigend die Hände hochstreckte, aber ansonsten still blieb.

Vorsichtig begann die Ärztin einen bestimmten Punkt im Hüftbereich der Drachendame mit vollem Körpereinsatz zu massieren. Die KI antwortete nicht sofort, sondern beendete zuerst den Scanvorgang, bevor sie kurz rot aufleuchtete und erwiderte: „Scanvorgang abgeschlossen. Tut mir Leid Mayor, dies ist mir fast unmöglich. Dr. Roth verschlüsselte den Zugang zu den Naniten mit einem Sicherheitscode, der selbst für mich so gut wie unlösbar ist. Meinen Kalkulationen nach zu urteilen würde ich, bei voller Rechenleistung, knapp 45 Jahre für eine Lösung benötigen. Möchten sie, dass ich diesen Vorgang nun starte?" „Bist du noch ganz bei Trost? Nein, sollst du nicht." blaffte die Titanin genervt. „Verstanden. Darf ich darauf hinweisen, dass der Muskelring, der in etwa dem Cervix bei Säugetieren entspricht, schon zwei kleine Risse mit einer Länge von 1,23 Millimeter und 2,86 Millimeter aufweist? Vergrößerungsrate steigt exponentiell an." merkte Aidan analytisch an und positionierte sich rechts neben Alinas Kopf, wartend auf weitere Anweisungen.

„Warum reparieren die Naniten die Verletzung nicht?" wollte die Ärztin wissen und verstärkte ihre Bemühungen noch etwas, was die Qualen der Drachendame zumindest leicht linderte. „Momentan befinden sich 237 Naniten im Bereich des Cervix, aber sie reparieren das Gewebe langsamer als es reißt. Die restlichen Nanobots befinden sich in ihrem ganzen Körper verteilt an verschiedenen Muskelgruppen, insbesondere am Herz. Warum, kann ich aus meinen Scans leider nicht erschließen, es gibt jedoch Anzeichen, dass das Gewebe extrem beschädigt war und zum Teil noch ist." „An den Muskeln? Miss Lyath, ihr wurdet vergiftet, richtig?" Die rote Drachendame hob leicht den Kopf und zwinkerte der Ärztin zu. *Ja.*

Diese stoppte die Massage und trat eilig vor an Lyaths Schnauze. „Miss Lyath, darf ich um eine kleine Blutprobe bitten? Ich muss wissen, was das für ein Gift war, das man euch verabreicht hat." fragte sie und zog behutsam ihr Messer. *Natürlich. Sagt mir – nur was ich tun muss.*entgegnete der Drache. „Einfach nur den Mund so weit aufmachen, wie es geht und still halten. Aidan komm her." Ohne zu zögern folgte die KI dem Befehl und beobachtete zusammen mit Alina, wie Lyath ihr gewaltiges Maul voller öffnete. Es kostete die Titanin etwas Überwindungskraft sich in den Rachen der Drachendame zu lehnen, in den sie wohl fast ganz hineingepasst hätte, umgeben von Zähnen die so groß waren wie die Hand eines Menschen. Ein leicht mulmiges Gefühl überkam sie, als sie Lyaths Zunge anhob und vorsichtig die Spitze des Messer daransetzte, bevor sie Aidan anwies: „Stell dich darunter und fang etwas Blut auf, das heraustropft." „Verstanden, öffne Analysekammer." bestätigte die KI und positionierte sich direkt unterhalb der noch nicht vorhandenen Wunde, während sie mit einem kurzen Zischen die erwähnte Kammer auf der Oberfläche seines Körpers öffnete. „Das wird jetzt kurz etwas pieken." warnte Alina dann und stach zu. Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als ihr Lyaths heißer Atem, begleitet von einem tiefen Knurren, aus dem Hals der Drachendame entgegenschlug und die Kiefer sich kurzzeitig etwas senkten.

Aidan hingegen schien das nicht im Geringsten zu interessieren. Er wartete bis genug von dem dicken Drachenblut in seine Analysekammer geflossen war und meldete: „Probe gesichert. Beginne Auswertung." Erleichtert, zog sich die Ärztin zusammen mit der KI aus dem Maul zurück, woraufhin Lyath ihre Kiefer wieder aufeinander klappen ließ. „Suche vor allem nach Spuren eines Myotoxin, Aidan." erklärte sie eindringlich, was Aidan mit einem grünen Aufleuchten bestätigte. „Verstanden Mayor." „Du glaubst, ihr wurde Schlangengift injiziert?" meldete sich Micheal zu Wort, der die Blutabnahme genau beobachtet hatte. Alina nickte bedächtig, schob das Messer zurück in seine Scheide und trat wieder an die Flanke der Drachendame. „Es wäre gut möglich, zumindest passt das was Aidan mir gerade beschrieben hat darauf." Der Admiral verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen Blick hinüber zu Tymdek, der neben seiner Brutpartnerin am Nest saß und ihr liebevoll über den Kopf schleckte.

'Diese Drecksäcke hätten Miss Lyath ernsthaft einem grausamen Erstickungstod ausgesetzt, um ihre Eier zu stehlen. Was für kranke Bastarde. Ein Glück, dass Vater ihr helfen konnte.' dachte er angewidert. Diese Gedanken verschwanden jedoch sofort wieder aus seinem Kopf und wichen großer Sorge, als Lyaths Flanke erneut von einem Krampfanfall erfasst wurde.

Eiligst begann die Ärztin wieder damit die geschundenen Muskeln zu massieren, aber das schmerzerfüllte Jaulen der Drachendame ging Mike trotzdem durch Mark und Bein. Er wollte helfen, wusste jedoch nicht wie, weshalb ihm nichts anderes übrig blieb, als stumm daneben zu stehen und darauf zu hoffen, das Mark und Robert so schnell wie möglich den Wald erreichen würden.

Es verstrichen einige Minuten, in denen Lyath von weiteren Krampfattacken gepackt wurde, bis Aidan schließlich meldete: „Blutanalyse abgeschlossen. Äußerst faszinierend, wenn ich das erwähnen darf, Mayor. Sie hatten recht, es befinden sich Spuren eines noch unbenannten Myotoxins in Miss Lyaths Blut. Allerdings habe ich zusätzlich Spuren eines weiteren Toxins, das Aconitin sehr ähnelt, gefunden. Derjenige, der Miss Lyath damit vergiftet hat, war offensichtlich darauf aus, eine Art langandauernde Paralyse auszulösen, wobei ich die Wirkung des zweiten Toxins nicht exakt beschreiben kann."

Alina stockte in ihren Bewegungen.

„Ein Myotoxin und Aconitin? Diese Mistkerle wollten echt nichts dem Zufall überlassen. Sonst irgendwelche Anomalien?" „Oh ja! Sie sollten bei der bevorstehenden Operation äußerst vorsichtig sein, Miss Kensac. Drachenblut besitzt die Eigenschaften einer Säure. Es wird zwar keine großen Verletzungen verursachen, aber sie sollten mit brennenden Verätzungen rechnen, wenn es mit ihrer Haut in Kontakt kommt." Tymdek knurrte zustimmend. *Euer kleiner Freund hat recht, auch wenn ich einen Großteil davon nicht verstanden habe. Unser Blut fühlt sich an wie heißes Öl, dass man sich über die Haut gießt, so ungefähr wurde es mir einmal erzählt.* Leicht überrascht weiteten sich Alinas Augen, als sie die Information verarbeitete.

Schließlich meinte sie entschlossen: „Nun, es ist ein sehr interessanter Faktor eures Körpers, ohne Frage, sollte aber kein Problem darstellen. Ich werde nicht ohne Schutz operieren, von dem her dürfte mir euer Blut nichts anhaben. Und selbst wenn doch, wäre es mir relativ egal." Micheal nickte zustimmend, doch der schwarze Drache sah sie verblüfft an. *Ihr wärt bereit solche Schmerzen zu ertragen, um meiner Brutpartnerin zu helfen?* „Natürlich! Selbst wenn es mir das Fleisch bis auf die Knochen wegbrennen würde, denn sie ist von meiner Hilfe abhängig! Außerdem habe ich schon weit Schlimmeres überstanden als meine Hände in heißes Öl zu tauchen." entgegnete die Titanin ernst und Tymdek senkte respektvoll das Haupt. *Das glaube ich euch Frau Kensac. Ich wollte eure Ehrbarkeit nicht anzweifeln. Verzeiht.*

„Ein gesundes Misstrauen hat noch keinem geschadet Mr. Tymdek." tönte Stevens Stimme vom Höhlengang her. Sämtliche Köpfe, bis auf Lyaths drehten sich zu ihm um und der Sergeant hob grüßend die Hand. „Schädel is nu wieder en bissl kühler. 'tschuldigung wegen vorher." murmelte er Mike zu, als er neben ihm zum stehen kam und kratzte sich verlegen am Helm. „Schon ok, wir sitzen alle im selben Boot, du bist halt nur etwas hitzköpfiger als wir." gab der Admiral zurück und klopfte seinem Bruder aufmunternd auf die Schulter.

*Es ist schön zu sehen, das euer Geist wieder abgekühlt ist, Herr Coule.* meinte der schwarze Drache, woraufhin ihm der Soldat höflich zunickte. Die beiden Gefangenen zu seiner Linken ignorierte er geflissentlich. „Und, gibt's schon irgendwas Neues?"fragte er stattdessen, doch Micheal konnte nur den Kopf schütteln. „Nicht wirklich, nein. Wir haben nur herausgefunden, dass Miss Lyath mit einem Myotoxin und Aconitin vergiftet wurde und, dass du Drachenblut besser nicht mit bloßen Händen anfasst, es brennt stark auf der Haut." Steven verschränkte die Arme vor der Brust, während er Alina dabei beobachtete, wie sie wieder damit begann Lyaths Flanke zu massieren, die von einem weiteren Krampfanfall erbebte.

„Myotoxin und Aconitin. Wenn uns der Chemieprof damals nicht beschissen hat, sollten das eine ein Schlangengift und das andere ein Pflanzengift sein, oder?" „Dies ist korrekt Mr. Coule. Auf der Erde findet man Myotoxine hauptsächlich in den Giftcocktails verschiedener Klapperschlangenarten und Aconitin ist Bestandteil der Eisenhut-Gewächse." erklärte Aidan und schien gleichzeitig weitere Abtastungen an dem Körper der Drachendame vorzunehmen. „Risse im Cervix-Bereich stark vergrößert, 7,58 Millimeter und 1,65 Zentimeter. Prognostiziere vollständigen Durchbruch bei derzeitigem Verlauf in 53 Minuten." analysierte er sachlich, woraufhin die Ärztin angespannt ihre Augen verengte. Auch Micheals Stirn legte sich in tiefe Falten.

Ihr Zeitfenster war knapp, zu knapp.

„Mr. Tymdek? Wir müssen etwas unternehmen, meine Kameraden werden es niemals rechtzeitig schaffen. Ich nehme an, ihr kennt die ganze Umgebung hier wie eure Westentasche" fragte er ernst und Tymdek zwinkerte ihm bejahend zu. *Ich kenne eure Redewendung zwar nicht, aber ja, ich kenne diese Umgebung sehr gut.* „Ausgezeichnet! Ihr solltet euch sofort auf den Weg machen, Mr. Duncan und Mr. Holsted abzuholen. Dazu müsstet ihr eigentlich nur dem Pfad zwischen Lendol und dem Wald hier folgen." *Eine gute Idee Herr Forke. Ich hoffe nur, eure Kameraden sind bereits außerhalb des Sichtbereichs von Lendol. Die Dorfbewohner sind momentan nicht gut auf mich zu sprechen und ich möchte euch dort nicht in Misskredit bringen.* Skeptisch zog der Admiral eine Augenbraue nach oben, behielt seine Frage jedoch für sich und erwiderte: „Das überprüfe ich sofort, wartet einen Moment." Danach setzte er sich den Helm wieder auf den Kopf und öffnete einen Funkkanal zu Mark, der diesen nach einigen Augenblicken bestätigte.

„Was gibt's?" wollte der Ingenieur mit angestrengter Stimme wissen.
„Seid ihr bereits außerhalb des Sichtbereichs von Lendol?"
„Was? Moment. Ja, ist nichts mehr vom Dorf zu sehen, wieso?"
„Uns läuft die Zeit davon Mark. Ich werde euch jetzt schon eure Abholung entgegenschicken."
„Verstanden. Wir folgen dem Weg von Lendol aus, der zum Wald führen soll."
„Alles klar. Haltet euch bereit und lasst die Waffen gesichert! Mike Ende."
„Roger, bereithalten für Abholung und Waffen bleiben gesichert."

Zufrieden beendete der Titan den Funkkontakt und wandte sich wieder an den schwarzen Drachen, der ihn erwartungsvoll anblickte. „Sie haben Lendol schon weit hinter sich gelassen, ihr braucht euch keine Sorgen darüber zu machen, gesehen zu werden." *Das ist sehr gut. Ich werde unverzüglich aufbrechen.* antwortete der Gigant und beugte sich noch einmal hinunter, um seiner Brutpartnerin beruhigend über den Kopf zu schlecken. „Wenn ihr dem Weg aus dem Wald heraus folgt, könnt ihr sie nicht verfehlen. Sie tragen dieselbe Rüstung wie wir, nur in unterschiedlichen Farben. Blau-Grau gesprenkelt und Khaki." erklärte Micheal. Tymdek nickte bedächtig und trat an ihnen vorbei in Richtung Ausgang. *Achtet gut auf sie! Ich werde so schnell fliegen wie der Wind!* brummte er ihnen zu, bevor er hinter einer leichten Biegung des Höhlengangs verschwand.

„Irgendetwas sagt mir, das Robert dich dafür lieben und Mark hassen wird." murmelte Steven amüsiert und setzte sich auf den Rand des Nests, wobei er durch sein immenses Gewicht stark absackte. Dekri warf ihm dafür einen missmutigen Blick zu. Mike seufzte leise und verschränkte die Arme vor der Brust. „Er wird es verstehen und beschweren kann er sich nicht. Er selbst meinte, ich solle es ihm nicht sagen, wer ihn abholen kommt." „Oh, ok, das klingt schwer nach Eigentor."

„Dürfte ich ihr Gespräch kurz unterbrechen, Sir? Es gibt eventuell gute Neuigkeiten." plapperte Aidan dazwischen und blinkte kurz grün auf. Neugierig erwiderte der Admiral: „Natürlich Aidan, was hast du herausgefunden?" „Danke Sir. Die Tatsache, dass sich immer noch Reste des Myotoxins und des Aconitins in Miss Lyath Blut befanden, hat mich etwas verwirrt, da 32.000 Naniten im Normalfall innerhalb weniger Stunden eine vollständige Blutreinigung durchführen könnten. Da bemerkte ich, dass sie keinerlei Koordination besitzen. Jeder Nanoroboter arbeitet als selbstständige Einheit und geht nur Probleme an, die er selbst registriert. Deshalb konzentrieren sich die Naniten in Miss Lyath nicht auf einzelne Abschnitte, sonder sind über den gesamten Körper verteilt. Ihr fehlt die neurale Schnittstelle, über die die Naniten in der Regel gelenkt werden und die bei jedem Titan am Übergang vom Gehirn zum Rückenmark implantiert wurde."

„Noch kann ich dir folgen Aidan, aber wieso ist das ein Vorteil?"

„Nun, da die Naniten keine Führung besitzen, ist es sehr wahrscheinlich, dass ihnen das Narkosemittel größtenteils entgehen wird, oder sie ihre jetzige Aufgabe mit höherer Priorität einstufen. Das bedeutet im Endeffekt, Miss Kensac kann Miss Lyath ohne große Komplikationen betäuben. Zumindest theoretisch."

Alina stoppte kurz mit ihren Massagebewegungen und rief staunend aus: „Du bist ein Genie Aidan! Darauf hätte ich auch kommen sollen!" *Was – bedeutet das?* wollte Lyath mit schmerzerfüllter Stimme wissen, was die Ärztin sofort dazu veranlasste weiter zu massieren. „Das bedeutet, ihr braucht euch keine Sorgen mehr zu machen. Sobald euer Gatte mit meinen Kameraden zurückkommt werde ich euch von diesen Schmerzen befreien können." erklärte sie beruhigend. *Das ist – schön zu hören. Vielen – Dank für eure Hilfe, Heilerin.* „Hey Alina, kann ich dir irgendwie helfen? Massieren krieg ich glaub ich auch noch hin, wenn du mir die Stelle zeigst." bat Steven an, woraufhin die Titanin auf eine Stelle unterhalb von Lyaths rechter Hüfte zeigte. Sofort begann der Sergeant dort ihre Bewegungen zu imitieren, darauf achtend, nicht zu fest zu drücken. Währenddessen nickte Micheal der KI anerkennend zu. „Gute Arbeit Aidan. Das erspart uns allen ein großes Desaster. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Alina zu viel Narkosemittel verabreicht hätte." „Danke, Sir, aber es war nicht wirklich schwer, als ich die nötigen Daten beisammen hatte." erwiderte Aidan. „Mag sein, trotzdem wäre von uns darauf wahrscheinlich keiner auf die Schnelle gekommen." „Dem stimme ich zu, Sir."

Die nächste Viertelstunde geschah nicht weiter Aufregendes, bis auf weitere Krampfanfalle der Drachendame und lautes, schmerzerfülltes Winseln. Es tat Micheal im Herzen weh, die werdende Mutter dermaßen leiden zu sehen, vor allem schlich sich unbewusst der Gedanke in seinen Geist, was wohl wäre, wenn Amanda Probleme bei der Geburt bekäme. Lyaths lautes Knurren, Brüllen und Jaulen half auch nicht wirklich dabei diesen schrecklichen Gedanken zu verdrängen. Immer wieder, in Abständen von knapp zehn Minuten scannte Aidan den Hinterleib der Drachendame und teilte ihnen seine Befunde mit. Unglücklicherweise schienen die Verletzungen an der Gebärmutter schneller voranzuschreiten als er zunächst prognostiziert hatte. Aber die Titanen konnten nichts weiter tun, als auf die Ankunft der anderen zu warten.

Endlich, kurz nach der letzen Analyse der KI, konnten sie ein lautes Rummsen vom Eingang her hören und dann das charakteristische Klackern von gepanzerten Schuhen auf blankem Fels. Nur Sekunden später stürmten Mark und Robert zu ihnen in die große Kammer, dicht gefolgt von Tymdek, der ziemlich aus der Puste zu sein schien. Der Pilot und der Ingenieur hatten beide zwei riesige Kästen auf dem Rücken, einer davon weiß, der andere dunkelgrau. „Ah, da seid ihr ja endlich!" rief der Admiral erleichtert aus und fing sich als Antwort einen wuchtigen Kinnhaken ein, der ihn auf den Allerwertesten beförderte.

„Als ich meinte, mir es nicht zu sagen, wer uns abholt, habe ich 50 Meter lange Drachen ausgeschlossen!" knurrte Mark grimmig und fügte an den schwarzen Drachen gewandt hinzu: „Nichts für ungut, Mr. Tymdek." „Also ich werde mich nicht beschweren, der Flug war sehr faszinierend." gluckste Robert, während er Mike wieder auf die Beine zog. Dieser schüttelte leicht benommen den Kopf und Steven lachte amüsiert. *Eure Begrüßung ist sehr – direkt, Herr Duncan.* merkte Tymdek an und trat hinüber zu seiner Brutpartnerin, die mittlerweile fast dauerhaft Krämpfe erlitt.

Als die beiden Neuankömmlinge die schwer angeschlagene Drachendame sahen, schlug ihre Laune sofort in Sorge um.

„Also schön, Spaß bei Seite. Abstellen Robert, ich muss schnellstens einige der Geräte reparieren, damit Alina arbeiten kann." meinte der Brigadegeneral ernst und stellte seinerseits die weiß angestrichene Feldausrüstung der Ärztin ab. Wie der Blitz kam Alina zu ihnen herübergesprungen, drängte sich an Mark vorbei, an den riesigen Koffer, öffnete ihn und kramte schnellstens einige Notfallspritzen hervor. Diese enthielten, wie Micheal wusste, starke Schmerzmittel und Muskelrelaxanzien. Ohne weitere Zeit zu verlieren eilte sie zurück an Lyaths Seite. „Aidan, zeig mir eine Stelle mit einer größeren Vene nahe der Oberfläche." „Sofort, Mayor. Hier." entgegnete die KI und deutete mit ihrem Laser auf einen Punkt nahe des rechten Hüftgelenks. „3,52 Zentimeter unter der Haut." „In Ordnung, danke."

Vorsichtig hob sie die Schuppe an, auf die der rote Lichtstrahl traf, zog mit den Zähnen die Kappe von der Kanüle und stach leicht in die rote Haut. Sie benötigte drei Anläufe, bis endlich etwas Blut in die Spritze strömte und drückte dann langsam das Schmermittel hinein. „Gleich sollten die Schmerzen weniger werden, Miss Lyath. Halten sie nur noch ein paar Minuten durch." meinte sie aufmunternd zu der Drachendame, die schwach brummte. Danach langte sie zu einer der Muskelrelaxanzien und suchte mit leichter Druckausübung die richtige Injektionsstelle. Schließlich fand sie sie, hob die entsprechende Schuppe an und rammte die knapp zehn Zentimeter lange Kanüle in den verkrampften Beckenmuskel. Fast augenblicklich konnte sie das Erschlaffen spüren, als sie den Spritzeninhalt injizierte. *Ich fühle mich schon viel – besser, danke.* hauchte Lyath ihr leise zu. „Keine Ursache und habt keine Angst, jetzt wird alles wieder gut." machte Alina der Drachendame Mut und sah kurz über die Schulter zu Mark, der mittlerweile mit angeschalteten Suchlampen nacheinander ihre medizinischen Geräte reparierte.

„Konzentrier dich hauptsächlich auf den Schweißer, den Klammerer und danach das Beatmungsgerät, den Rest werde ich nicht brauchen." erklärte sie dem Ingenieur eindringlich, der stumm nickte, die Knochensäge weglegte und stattdessen den Schweißer in die Hand nahm. Es war ein Gerät, dessen vorderer Teil aus einer Wolfram-Titan-Legierung bestand und ultrahoch erhitzt werden konnte, um damit schwere Blutungen zu stoppen, indem man die Blutgefäße verödete. Die Ärztin verzichtete allerdings häufig auf diese Maschine, da das Narbengewebe oft Probleme bereitete. Da sie jedoch keinerlei Blutreserven für einen Drachen besaß, musste sie sichergehen, so wenig von dem Lebenssaft zu verlieren, wie es ihr nur möglich war.

An Tymdek gewandt sagte sie: „Wir müssen sie auf den Rücken legen, damit die anderen inneren Organe nicht einfach aus ihr heraus purzeln, wenn ich den Schnitt setze. Ich weiß es wird nicht sehr angenehm für sie sein, aber es geht nicht anders." Der schwarze Drache zwinkerte verstehend und auch Lyath kam der Aufforderung nach, indem sie ihren Flügel eng an den Körper presste und dann eine halbe Rolle vollführte, wobei ihr Brutpartner bei den letzten paar Grad mit anpacken musste, um sie vollständig auf den Rücken zu legen. „Sehr gut!" merkte die Titanin an und bat Robert: „Hilf mir mal kurz die Armpanzerung abzuschrauben."

Ohne Widerworte griff sich der Pilot ein spezielles Werkzeug aus Marks grauer Kiste, das etwas von einem modifizierten Elektroschrauber hatte und begann in Windeseile die Versieglungen an den Armen ihres Atlas zu lösen. Mit einem dumpfen Gong fielen die einzelnen Platten zu Boden, bis sie schließlich nur noch die Panzerhandschuhe abstreifen musste. Nun befand sich nur noch die neoprenartige Schutzhülle zwischen ihrer Haut und der Außenwelt, aber es reichte, um wieder richtig Gefühl in den Fingerspitzen zu haben. Dann setzte sie sich wieder ihren Helm auf den Kopf, damit ihr Atem oder eventuell ausfallende Haare die Schnittwunde nicht verunreinigen würde. Zudem schlüpfte sie in zwei sterile Plastikhandschuhe, die ihr bis hinauf zur Schulter reichten.

„In Ordnung, Mark wie weit bist du mit den Sachen?" „Mit dem Schweißer und dem Klammerer bin ich durch. Den Schweißer habe ich gerade Steven gegeben, damit er ihn mit Desinfekt-Spray bearbeiten kann und der Klammerer ist bereits wieder in der Box. Das Beatmungsgerät sollte auch direkt fertig sein, glücklicherweise hat der EMP die meisten Geräte in deinem Koffer nur leicht beschädigt." erwiderte der Mechaniker und deutete hinüber zu Steven, der gerade den Schweißer mit einer desinfizierenden Lösung einnebelte. Zufrieden klatschte Alina in die Hände. „Ausgezeichnet, stell den Apparat direkt neben ihren Kopf, wenn du fertig bist." „Okay." Er gab ihr ein Daumenhochzeichen, woraufhin sie sich dem weiteren Inhalt ihrer Feldausrüstung widmete.

Sie holte ein Tablett mit antibakterieller Oberfläche hervor, auf das sie fein säuberlich ein Skalpell mit Diamantschneide, Desinfektionsspray, mit dem sie zunächst ihren kompletten Anzug einsprühte, einen Spanner, um die Schnittwunde offen zu halten, eine Pinzette, mehrere Klemmen, eine lange Zange und ein Betäubungsspray legte. Das ganze Tablett drückte sie dann Micheal in die Hand und bereitete ein weiteres vor, auf das sie den Klammerer, eine spezielle Nadel, eine Rolle widerstandfähigem, medizinischem Garn, jede Menge Tupfer und allerhand Verbandszeug, mitsamt antiseptischer Salbe packte.

Das alles würde sie benötigen, sobald sie die Eier aus Lyath herausgeholt hatte.

Deshalb stellte sie diese Platte vorsichtig auf den Rand der Kiste ab. Anschließend zog sie Aidan zu rate. „Da du herausgefunden hast, dass die Naniten sich nicht um das Narkosemittel scheren werden, habe ich beschlossen ihr nur ein Schlafmittel zu verabreichen, um die Probleme mit der Atmung so gering wie möglich zu halten. Auf welche Masse solch ich das Mittel berechnen? Kannst du mir da eine Schätzung geben?" Die KI dachte einige Augenblicke darüber nach, bevor sie antwortete: „Ich Teile ihre Meinung mit dem Schlafmittel, Mayor. Sie sollten –" Er driftete in eine ellenlange Auflistung von Faktoren ab, bis er ihr schließlich die benötigte Menge an Schlafmittel nannte. Leicht genervt zog Alina die ihr empfohlene Menge auf. „Nächstes Mal gib mir bitte direkt die Antwort, ohne unnötige Sachen zu erwähnen." „Entschuldigen sie Ma'am, ich hielt sie fälschlicherweise für notwendig. Ich werde es in der Zukunft anders halten." „Schon gut."

Sie stand aus ihrer leicht gebückten Haltung auf und ging an Mike vorbei, der gerade den von Steven desinfizierten Schweißer auf dem Tablett platzierte. Mark hatte währenddessen das Beatmungsgerät samt Intubationsbesteck neben den Kopf der roten Drachendame abgelegt, der es dank der beiden Mittelchen schon deutlich besser ging. Mit dem Admiral im Schlepptau trat Alina an Lyaths Haupt heran und erklärte ruhig: „So, Miss Lyath. Ich wäre nun soweit, den Eingriff zu wagen. Damit beginnen werde ich, indem ich euch dieses Mittelchen hier spritze." Sie hob kurz die kleine, mit Schlafmittel gefüllte, Spritze empor. „Es wird euch für ungefähr eine Stunde lang tief schlafen lassen, sodass ihr nichts von der ganzen Prozedur mitbekommen werdet. Euer Gatte wird dabei die ganze Zeit über an eurer Seite bleiben können, um euren Geist etwas zu beruhigen. Und wenn ihr dann wieder aufwacht, werdet ihr eure sechs Eier wohlbehütet vorfinden. Das verspreche ich."

Das riesige Drachenweibchen zwinkerte ihr verstehen zu. *Ich vertraue euch und euren Fähigkeiten, Heilerin. Es ist wirklich eine glückliche Fügung, dass John damals vor ein paar Tagen in meine Höhle kam.* erwiderte sie leise. „Oh ja, dem kann ich nur zustimmen." entgegnete Alina freundlich und machte einen Schritt zur Seite zu ihrem Hals. Tymdek rieb seine Schnauze liebevoll an der seiner Brutpartnerin und brummte beruhigend, während die Ärztin mit Aidans Hilfe eine geeignete Vene suchte. Als sie schließlich eine fand, sagte sie noch einmal: „Denkt an etwas Schönes." , dann injizierte sie das Mittel. Es dauerte nur wenige Minuten, in denen auch Lyaths Sohn Dekri zum Kopf seiner Mutter vor kroch, bis ihre Augenlider immer schwerer wurden und schließlich geschlossen blieben. „Dreht ihren Kopf bitte auf die Seite, Herr Tymdek und du Steven achtest darauf, dass sie ihre Zunge nicht verschluckt, selbst wenn du ihr dafür ins Maul kriechen musst, ist das klar?" wies Alina sofort danach an. Zärtlich folgte der schwarze Drache ihren Anweisungen und auch Steven sprang ohne Murren herbei. „Wird gemacht."

Daraufhin trat die Ärztin zusammen mit Micheal an die Flanke der Drachendame und kletterte auf ihren Bauch, wobei sie die Schultern und Arme ihres Bruders als Trittbretter nutzen musste. Oben angekommen, robbte sie einige Meter nach hinten, bis sie sich genau über der Position der Gebärmutter befand. „Ab jetzt bitte absolute Ruhe!" verlangte sie, schaltete die Scheinwerfer an ihrem Helm an und begann dann die Operation.

Zunächst desinfizierte und betäubte sie mit den Sprays großräumig die geschuppte Haut vor ihr, bevor sie mental eine Schnittlinie für das Skalpell zog. Erst danach zupfte sie mit der Pinzette eine einzelne Schuppe aus dem gepanzerten Kleid, um die weiche Haut als Ausgangspunkt für den Schnitt zu nutzen. Mit ruhiger Hand durchtrennte sie sämtliche Hautschichten an der kahlen Stelle und setzte dann den Schnitt fort, indem sie das Diamantenskalpell in einer geraden Linie zu sich zog. Die ultrascharfe Schneide der Klinge durchtrennte die Haut, die Schuppen und die Muskeln, als seien sie aus Butter. Trotzdem benötigte sie mehrere Züge, bis sie sich sicher war, im Bauchraum angekommen zu sein. Nun da sie einen ungefähr 40 Zentimeter langen Eingangspunkt hatte, setzte sie den Spanner in die frisch entstandene Wunde, um sie aufzustemmen. Sofort spritzte ihr etwas Blut auf die durchsichtigen Handschuhe, aber sie hatte kein größeres Blutgefäß durchtrennt, womit Schritt eins abgeschlossen war.

Schritt zwei begann damit festzustellen, ob es sich bei dem rot-pulsierenden runden Etwas vor ihr tatsächlich um die Gebärmutter handelte. Aidan bestätigte ihr dies kurz und angebunden. „Sie haben soeben die Gebärmutter freigelegt."

Vorsichtig betastete Alina die Masse genauer und tatsächlich konnte sie einen rundlichen, harten Gegenstand im Inneren erfühlen. Sie atmete ruhig durch, bevor sie behutsam die ausgesuchte Stelle mit Betäubungsspray besprühte und einen weiteren kleinen Schnitt setzte, dieses Mal, um die Außenhaut des Uterus zu durchstoßen. Sie nahm sich etwas mehr Zeit für diesen Aufschnitt, da das Gewebe weitaus empfindlicher war, als einfache Muskeln oder die Haut. Mit der anderen Hand hielt sie auch bereits den Schweißer parat, denn ohne Zweifel würde dieses Organ sehr stark durchblutet werden. Sofort als sie die Wunde das erste Mal auseinanderzog fuhr sie sorgfältig mit dem glühenden Gerät über die Schnittkanten, um die Blutgefäße zu veröden. So schaffte sie es den Blutverlust so gering wie möglich zu halten, auch wenn sie die vernarbten Stellen später noch entfernen musste, damit alles ordentlich verheilen konnte.

Nachdem sie mit dem Ergebnis zufrieden war, legte sie Skalpell und den Schweißer zurück aufs Tablett, das Micheal ihr dankenswerterweise emporhob, und beugte sich langsam hinunter, während sie gleichzeitig die Hände in das Organ hineinschob. Es fühlte sich an, als hätte sie in einen heißen Backofen gefasst.

'Was für eine Hitze! Die Eier brauchen wohl extreme Wärme.'

Behutsam tastete sie nach einem der Eier und nach etwas Angelei bekam sie es schließlich zu fassen. Sacht zog sie es aus der Gebärmutter empor und hielt nach einigen Sekunden wirklich ein Ei in Händen, das ungefähr so groß war wie ein zweijähriges Kind.

Überrascht zuckte sie unwillkürlich zusammen, als sie Tymdeks Schnauze direkt vor ihrem Gesicht vorfand, nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatte. Respektvoll hielt sie ihm das mit Blut und Sekret beschmierte Ei entgegen, das genauso wie seine Mutter eine rötliche Färbung besaß, wobei sein Farbton weitaus dunkler war, als der von Lyath. Der schwarze Drache beschnupperte das Ei zunächst neugierig, dann summte er glücklich und hob es mit seiner langen Zunge aus Alinas Händen. Er deponierte es liebevoll an der Flanke seiner Brutpartnerin und begann damit es akribisch sauber zu lecken. Hinter ihrem verspiegelten Visor lächelte die Ärztin zufrieden, bevor sie sich wieder ihrer eigentlichen Aufgabe widmete.

Nacheinander angelte sie nun die einzelnen Eier aus der Gebärmutter und jedes Mal benötigte sie dafür länger, weil sie sich immer tiefer in Lyaths Körper hinein lehnen musste. Das zweite Ei, war ein tiefblaues, das Dritte hellgrün und das Vierte violett. Alle legte Tymdek mit väterlicher Fürsorge zu den anderen an die Seite der Drachendame. Nun jedoch kam Alina zum eigentlichen Problem des Ganzen. Die beiden letzten Eier waren diejenigen, die sich im Gebärmutterhals verkeilt hatten.

Sie saßen tief im Inneren.

So tief, das die Titanin vorsichtshalber bat: „Halte meinen Fuß gut fest Micheal!" Erst als sie den Zug, der von seinem Griff ausging spürte zwängte sich die Ärztin, mit der langen Zange in der Hand, ein fünftes Mal in den geräumigen Uterus. Den Schnitt hatte sie zwischenzeitlich schon in diesem Wissen erweitert. Dort im kochend heißen Inneren des Drachenweibchens blickte sie sich kurz um und bemerkte schnell die beiden Übeltäter im Schein ihrer Helmlampen.

Wie schon auf Aidans abgescanntem Bild erkennbar war, steckten sie gleichermaßen im engen Zugang fest, obwohl dieser durch die Medikamente bereits erschlafft war. Sie benötigte nur wenige Anläufe zunächst das eine und dann das andere Ei mit Hilfe der Zange herauszuhebeln. Es glich einer Art von Sarkasmus, dass eine Sache, die Lyath solche immensen Schmerzen gebracht hatte, so einfach zu beheben war.

'So viel Ärger und nur wegen euch beiden.' dachte sich Alina und beförderte zuerst nur eines der beiden an die Oberfläche, wo sie schon sehnsüchtig von Tymdek erwartet wurde. Er schnaubte verblüfft, als er die Farbe bemerkte. *Ein eigenartiges Rot, so etwas habe ich noch nie gesehen!* „In unserem Land nennen wir diese Farbe Magenta. Ein sehr schöner Ton." erklärte die Titanin amüsiert und überreichte dem schwarzen Drachen das Ei, der es mit funkelnden Augen in Empfang nahm.

Schon wenige Momente später tauchte sie ein letztes Mal ab, um das sechste Ei hervorzuholen. Es glitt ihr immer wieder aus den mittlerweile recht stark mit Sekret behafteten Händen, wodurch sie einige Minuten benötigte, um es endlich zu fassen bekommen. Schlussendlich beförderte sie es allen Widrigkeiten zum Trotz, doch noch zu Tage. Es war pechschwarz und Tymdek brummte glücklich, als er es entgegennahm. Für Alina hingegen begann jetzt erst der eigentlich schwerste Teil der Operation.

Alles wieder ordentlich zusammenzunähen.

„Robert, bring mir bitte das Tablett, das ich vorhin vorbereitet habe." wies sie ihren Bruder an, der dieser Aufforderung sofort nachkam, sich zu Micheal stellte und das gewünschte Tablett emporhielt.

Die Ärztin nahm wieder das Skalpell in die Hand und schloss für einen kurzen Moment die Augen, um geschwind im Kopf ihr weiteres Vorgehen zu planen. Erst danach legte sie los. Zuerst schnitt sie fein säuberlich die verödeten Schnittkanten an der Gebärmutter heraus, griff dann eiligst nach Nadel und Faden und begann die Schnittstelle zu zunähen. Präzise wie ein Schweizer Uhrwerk setzte sie Stich um Stich, wie schon tausende Male zuvor. Dass ihr dabei heißes Drachenblut über die Finger ronn machte die Sache nicht gerade einfacher. Die Titanin benötigte knapp fünf Minuten, bis den letzten Stich setzte und den Faden verknotete.

Eine unendlich lange Zeit für sie.

Anschließend griff sie nach einigen Tupfern und entfernte die Blutreste an der frischen Naht, um die antiseptische Salbe aufzutragen. Die Wirkstoffe in ihr, würden den natürlichen Heilungsverlauf enorm unterstützen und den Naniten etwas Arbeit abnehmen.

'Die Naniten kommen wirklich sehr gelegen. So muss ich die beiden Risse im Cervix nicht von Hand nähen, das wäre etwas kompliziert geworden.' dachte sie sich, während sie damit fortfuhr den Spanner zu entfernen und die Bauchwand zu nähen. Immer wieder tupfte sie das Blut vom Gewebe, um sehen zu können, wo sie hin stach und schon nach wenigen Minuten musste Mark ihr weitere Tupfer aus dem Koffer bringen, da sie alle aufgebraucht hatte. Jede einzelne Sekunde fühlte sich dabei an wie eine Ewigkeit, aber Alina zwang dazu ruhig zu bleiben. Routiniert brachte sie nacheinander die Muskeln, die Sehnen, das Bindegewebe und schließlich auch die Haut zusammen. Meter um Meter des resorbierbaren Garns spulte sich von der Rolle, bis sie endlich dazu übergehen konnte die äußersten Hautschichten, darunter auch der Schuppenpanzer, zu nähen.

Es brauchte sehr viel Fingerspitzengefühl die Nadel durch die starren Hornplatten zu stoßen und dabei nicht sofort zu verbiegen. Sie benötigte weitere acht Minuten, bis sie eine einfache Naht über den Schnitt gezogen hatte, doch die war nur dazu da, um die Wunde für den Klammerer zusammenzuhalten. Wie einen überdimensionierten Tacker führte sie das Gerät langsam an der Naht entlang und schoss in periodischen Abständen starke Metallklammern durch die Schuppen und die Haut. Dann trug sie die antiseptische Heilsalbe dick auf und legte einen großen, rechteckigen Verband auf die frischvernähte Wunde, den sie mit Hilfe von speziellem Klebestreifen, die auf jeglichen Oberflächen hafteten, befestigte.

Erst danach genehmigte Alina sich ein erleichtertes Seufzen und legte die Utensilien zurück auf das Tablett.

Es war vollbracht.

„Glückwunsch Miss Kensac, Operation erfolgreich. Zeit: 32 Minuten, 54 Sekunden." kommentierte Aidan sachlich, während die Ärztin vorsichtig vom Bauch der roten Drachendame herunter glitt. Robert musste ihr schnell unter die Arme greifen, da ihre Knie und Arme stark zu zittern angefangen hatten.

„Danke." keuchte sie. „So zittrig war ich nicht mehr, seit meiner ersten Operation damals." „Ich glaube, ich wäre etwas mehr als zittrig, wenn ich gerade einen Kaiserschnitt an einem Drachen vollführt hätte." erwiderte der Pilot lachend und bot ihr seine Hand als Stütze an.

Tymdek beschnupperte derweil den dicken Verband auf Lyaths Unterleib und wollte dann wissen: *Ist alles in Ordnung, Heilerin, wird meine Brutpartnerin wieder vollständig gesund?* Alina hob beruhigend die zitternde Hand. „Es ist alles bestens Mr. Tymdek. Die Operation war ein voller Erfolg, eure Gattin wird wieder vollends genesen. Ich werde ihr noch gleich ein paar Medikamente verabreichen, um die Blutbildung zu fördern. In etwa einer halben Stunde dürfte sie wieder aufwachen." Der schwarze Drache brummte zufrieden, beugte seinen Kopf hinunter und schleckte ihr zärtlich über den Helm. *Wir stehen tief in eurer Schuld, Heilerin. Solltet ihr jemals meine Hilfe benötigen, werde ich da sein und auf euern Ruf warten. Habt vielen, vielen Dank, ihr alle.* „Es freut mich, dass wir zum richtigen Zeitpunkt kamen, um zu helfen." entgegnete die Titanin freundlich und langte nach einer Spritze mit Antianämika, die Mark ihr anreichte.

„Ich denke ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass wir froh sind den Freunden unseres Vaters helfen zu können." fügte Micheal bekräftigend hinzu, was ihm einen überraschten Blick von Tymdek einbrachte. *John ist euer Vater?* „Nicht unser leiblicher, nein, aber er ist der Mann, der uns von klein an aufgezogen hat. Er ist unser Adoptivvater, falls euch der Begriff etwas sagt." *In der Tat. Eine interessante Entwicklung. Am besten wir reden darüber weiter, sobald meine Gefährtin aus ihrem Schlaf erwacht ist. Es gibt viel zu besprechen.* meinte der schwarze Drache nachdenklich. „Dem stimme ich zu." sagte der Admiral nickend. Er und Robert stellten ihre Tabletts auf dem geschlossenen Medizinkoffer ab, während Alina nach vorne zu Steven trat, der immer noch gewissenhaft Lyaths Zunge in den Fingern hielt.

Die Ärztin benötigte diesmal ein paar Anläufe mehr, die Vene an dem Hals der Drachendame zu treffen, da ihre Hände immer noch vor Aufregung zitterten, doch schließlich schaffte sie und injizierte ihr das Präparat. Dann zog sie die schleimigen Handschuhe aus, ließ sich auf den grauen Ersatzteilkoffer nieder und wartete wie alle anderen darauf, dass das Schlafmittel seine Wirkung verlor.



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt