Titan gegen Drache

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Mit einem gewaltigen Krachen landete der gigantische Drache keine zehn Meter von ihm auf der Lichtung und ließ mit seinem Gewicht die Erde beben. John verzog das Gesicht zu einer angestrengten Grimasse, als er bemerkte, dass es sich um das gleiche Tier handelte, welches ihm schon zuvor in der Nacht begegnet war.

Der schwarz geschuppte Drache ließ seinen Blick kurz über die Umgebung streifen, bevor er auf dem Soldaten und dem dahinter liegenden Drachenreiter hängen blieb. Er gab ein markerschütterndes Brüllen von sich und fletschte die Zähne, während er John mit seinen kristallblauen Augen fixierte. Der Titan befand sich selbst in einer Zwickmühle. Sollte er seinen Helm aufsammeln, der neben dem verletzten Jungen lag und somit riskieren, dass der Drache Feuer spie und ihn damit tötete, oder sollte er ohne seinen Kopfschutz gegen die geflügelte Bestie kämpfen? John entschied sich für letzteres und machte vorsichtig ein paar Schritte von dem Drachenreiter weg, während er das Messer aus der Halterung zog und den Drachen nicht aus den Augen ließ. Er wusste nicht wie und wieso ihn die Kreatur gefunden hatte, doch darüber konnte er sich auch noch später den Kopf zerbrechen. Jetzt musste er sich erst mal zur Seite hechten, als der Drache mit seinen riesigen Kiefern nach ihm schnappte.

Er rollte sich nach rechts weg, sprang wieder auf die Beine und begann seinerseits einen Angriff. Dazu rannte er Haken schlagend auf seinen Widersacher zu und wollte ihm das Messer in die Brust rammen. Doch der Drache bemerkte, was er vorhatte und fegte mit seinem langen Schwanz über den Platz vor ihm. John hatte schon ein derartiges Momentum aufgebaut, dass er dieser Attacke nicht mehr ausweichen konnte. Es erwischte ihn an der Brust und schleuderte den Soldaten ein paar Meter weit durch die Luft, bevor er krachend auf dem Boden aufkam. Etwas benommen, da sein Kopf ungeschützt aufgeschlagen war, rappelte er sich wieder auf und sah sich schon dem nächsten Angriff ausgesetzt. Der Drache hatte die Zeit genutzt und war nah genug herangekommen, um John mit seinen krallenbesetzten Pranken zu zusetzten. Der Soldat sah die Pranke auf sich zu kommen, holte seinerseits kräftig mit dem rechten Arm aus und ließ seine geballte Faust mitsamt dem Messer gegen die Innenseite des Fußes knallen. Die Wucht des Aufpralls war enorm und der Drache ließ ein wütendes Brüllen hören, als er sich verletzt zurückzog. John hatte ein leises Knacken während des Aufeinandertreffens gehört und war sich ziemlich sicher, dass er dem Tier einen oder sogar mehrere Knochen gebrochen hatte. Der Drache mochte zwar stärker sein, doch der Titan besaß die Möglichkeiten diese Stärke gegen ihn zu verwenden. Sein Arm fühlte sich zwar auch leicht taub an, doch er hatte mit der punktierten Krafteinwirkung dem Drachen weit mehr Schaden zugefügt als ihm selbst. Dazu kam noch, das das Messer zwar eine kleine, aber tiefe Wunde hinterlassen hatte. Es blieb ihm jedoch keine Zeit zum jubeln, denn Drache schnappte nun mit seinen gewaltigen Kiefern nach John. Der Soldat versuchte zwar sich in Sicherheit zu hechten, doch trotz seiner verbesserten Reflexe schaffte er es nicht ganz.

Die Echse bekam eins seiner Beine noch zu packen und schüttelte wild den Kopf hin und her. Er musste einen Schrei unterdrücken, als der Drache ihm schmerzhaft das Knie ausrenkte. Dann ließen ihn die mächtigen Kiefer los und er krachte gegen einen der Baumstämme, die die Lichtung umgaben. Der Baum hielt dem nicht stand, knickte ein und begrub den Menschen unter sich. Der Atlas hatte verhindert, dass John von dem Gewicht zerquetscht wurde, aber nun musste er zuerst mühsam den Stamm von ihm herunterheben, was dem Drachen nur noch mehr Zeit gab ihn anzugreifen. Glücklicherweise hatte er sein Messer festhalten können, ohne es wären seine Chancen überhaupt irgendwie gegen dieses Monster zu Gewinnen ins Bodenlose versunken. Als er endlich unter dem Baumstamm herauskam und zu dem Drachen blickte blieb ihm fast das Herz stehen.

Der Kopf der Kreatur war keine fünf Meter von ihm entfernt und er hörte deutlich das Rauschen von Luft das in seine Lungen gesogen wurde. John versuchte aufzustehen und bei Seite zu springen, doch sein verletztes Knie hinderte ihn daran. Dann umschlossen ihn die Flammen. Er schloss die Augen und begann zu brüllen, als zunächst seine Haare und danach seine gesamte Haut am Kopf verbrannten. Noch nie zuvor hatte er solche Schmerzen erleiden müssen. Er versuchte sich zu einer kleinen Kugel zusammen zurollen und seinen Kopf mit den Armen zu schützen, aber es half nichts, das Feuer fand jede kleinste Lücke und umschloss ihn vollständig. Und dann mit einem Mal verebbten die Schmerzen.

Er spürte nichts mehr an seinem Kopf, keine Hitze, nicht einmal die Berührung durch seine Arme. Sein restlicher Körper jedoch ließ ihn noch deutlich die Wärme spüren, welche vom Feuer ausging und nicht vom Atlas abgehalten wurde. Einzig allein seine Ohren schienen noch zu funktionieren, denn er konnte noch deutlich das Rauschen der Flammen hören, die ihn umgaben. Da verebbte das Geräusch und John spürte die Erschütterung im Boden, als der Drache einen Schritt näher kam.

'Du kannst jetzt nicht aufgeben, du hast schon bei weitem schlimmeres Überstanden! Steh auf! Steh auf und kämpfe! Oder der Junge wird das nächste Opfer werden!' rief seine innere Stimme und das Messer immer noch fest im Griff haltend, rappelte er sich mühsam auf und öffnete die Augen.

Er sah den Drachen vor sich, der ihn wie ein Turm überragte und außerdem bemerkte er kleine schwarze Brösel die direkt vor seinen Augen vorbei zu fliegen schienen. Erst jetzt verstand John, dass diese schwarzen Brösel einmal sein Gesicht gewesen waren. Sein Mund war staubtrocken, seine Nase existierte einfach nicht mehr und auch seine Augenlider waren zu Asche zerfallen, wie er bemerkte, als sein Körper instinktiv versuchte zu blinzeln. Er hatte allerdings keine Zeit groß darüber nachzudenken, denn der Drache machte nun Anstalten seine Beute fressen zu wollen, weshalb John ein weit aufgerissenes Maul entgegen kam. Mit eisernem Willen befahl er seinem Körper, der sich anfühlte als hätte man ihn in einem heißen Ofen gebacken, das Messer nach oben gegen den Gaumen des Drachens zu drücken, mit der Linken den Oberkiefer zu packen und mit dem rechten verletzten Bein den Unterkiefer fern zu halten. Die Echse stoppte augenblich in ihrer Bewegung, als sie den durch das Feuer erhitzten Stahl des Messers in ihrem Maul spürte. „Beiß zu und ich ramm dir die Klinge ins Hirn." meinte der Soldat keuchend, während er merkte, wie die Naniten damit begannen seine Muskeln und Haut im Halsbereich zu regenerieren. Der Drache antwortete nicht, das hatte John auch nicht erwartet.

So verharrten die beiden einige Minuten in dieser Pattsituation, bis der Titan plötzlich von irgendetwas in die Seite getroffen wurde, das ihn aus dem Maul des Drachens beförderte und rücklings auf den Boden warf. Stöhnend blickte er nach oben und sah zu seiner Verblüffung einen grün geschuppten Schwanz vor seinen Augen. Er richtete sich etwas auf und sah nun, dass der kleine Drache von heute Morgen auf seiner Brust saß und seinen größeren Artgenossen böse anfunkelte.

„Was zum Teufel?" murmelte John verwirrt, als er bemerkte, wie der größere, schwarze Drache plötzlich besorgt wirkte und seinen Kopf hinunter zu ihm schob, diesmal jedoch mit geschlossenem Maul. Er hatte das Verlangen aufzuspringen, sich zu wehren, doch der kleine Drache, der sich nun ihm zugewandt hatte, blieb immer noch auf ihm sitzen. Seine großen smaragdgrünen Augen starrten ihn voller Sorge an.

*Ist alles mit dir in Ordnung? Es tut mir Leid, dass ich nicht früher kommen konnte um Vater zu stoppen. Tut es sehr weh?* meinte eine junge weibliche Stimme mitfühlend und John starrte den kleinen Drachen verblüfft an. „Ich höre eine Stimme aber deine Lippen bewegen sich nicht? Bist du in meinem Kopf?" wollte er krächzend wissen, da seine Kehle immer noch sehr trocken war. Der grüne Drache schnaubte und entgegnete: *Natürlich bin ich das. Wer sonst? Vater klingt doch ganz anders als ich.* „Tut mir Leid, in dem Land aus dem ich komme gibt es keine Drachen, deswegen bin ich so überrascht." John gab erneut ein leises Stöhnen von sich, als die Naniten ihre Reparatur an seinem Gesicht fortsetzten.

*Ah ihr seid also nicht von hier! Ich wusste es, so jemanden wie dich habe ich noch nie gesehen.* meinte der Drache und fügte dann, als sie Johns gequälten Gesichtsausdruck bemerkte, hinzu: *Vater entschuldigt sich bei dir und hofft, dass er nicht zu weit gegangen ist. Es tut ihm wirklich sehr leid, dich dermaßen angegriffen zu haben. Er hat das was ich ihm gesagt hatte nur missverstanden.* Der Titan blickte an der Kleinen vorbei zu ihrem Vater, der in aus seinen blauen Augen interessiert musterte. „Schon gut, jeder macht Fehler und zum Glück verzeiht mein Körper sehr viele davon. Ich hoffe eure Pfote ist nicht allzu schwer verletzt?" sagte John. *Er meint, dass es nicht weiter schlimm wäre und dass ihr sehr stark für einen Zweibeiner seid.* erwiderte das Drachenmädchen und kostete die Luft mir ihrer Zunge. „Wie lautet eigentlich dein Name?" wollte der Soldat wissen und sie antwortete: *Mein Name lautet Feyth und mein Vater heißt Tymdek und wie heißt du?* Er war schon fast dabei ihr seine militärische Kennung zu sagen, die er eigentlich immer benutzte, doch er besann sich eines anderen. „Mein Name ist John" meinte er bloß und wurde dann durch einen plötzlichen stechenden Schmerz an sein ausgerenktes Knie erinnert.

„Würdest du bitte von mir runter gehen? Dein Vater hat mir im Kampf das Kniegelenk ausgerenkt. Ich muss es wieder einrenken." *Leg zuerst die Waffe aus der Hand.* Erst jetzt bemerkte John, dass er immer noch den Griff seines Kampfmessers fest umklammert hielt. Entgegen jeglicher seiner Instinkte und Prinzipien zwang er sich seine einzige Verteidigungsmöglichkeit bei Seite zu legen und zeigte Feyth seine beiden leeren Hände. Damit zufrieden stieg sie von seiner Brust und er stand mühsam auf, wobei große Teile seiner verbrannten Haut auf den Boden fielen und den Blick auf die rosafarbene neue Haut preisgaben. *Seid ihr ein Magier? Oder wie habt ihr euch so schnell geheilt? Nein ihr hättet Zauber im Kampf eingesetzt, wenn ihr einer wärt.* fragte sie neugierig, doch John antwortete nur: „Nein, bin ich nicht." Mit grimmiger Miene untersuchte er seine Verletzung und stellte fest, dass sein Knie um fast neunzig Grad verdreht war. Mit seinem gesunden Bein stellte er sich auf den Fuß des anderen, biss die Zähne aufeinander und drehte dann das Bein mit einem Ruck. Ein leises Stöhnen entfleuchte ihm, als das Gelenk wieder zurück in seine natürliche Position sprang. *Das sah schmerzhaft aus.* meinte Feyth und auch ihr Vater brummte zustimmend.

John fuhr sich mit einer Hand sanft über den Kopf und kratzte die letzten Reste verbrannter Haut ab, dann meinte er an Feyth gewandt, während er seine gerade neukonstruierte Nase betastete: „Was genau ist eigentlich passiert? Du meintest dein Vater hätte irgendetwas falsch verstanden und mich deshalb angegriffen? Hat es etwas mit dem verletzten Drachenreiter zu tun?" *Oh du weißt um wen es sich handelt?* „Nein, ich habe nur herausgefunden das er ein Drachenreiter ist, nicht seinen Namen, wenn du das meintest." Er ging zusammen mit den beiden hinüber zum Jungen.

*Du bist wirklich ein seltsamer Mensch John. Du bist größer als ein Kull, weitaus stärker als ein Elf, bist kein Magier und doch setzt du dein eigenes Leben aufs Spiel um jemanden zu retten, den du nicht einmal kennst. Höchst ungewöhnlich von einem Menschen. Der Name des Reiters ist übrigens Keno.* meinte Feyth, während sie sich von ihm abwandte und Keno zu untersuchen begann. John half ihr, indem er den jungen Mann aus der Decke rollte und sanft hinlegte. Dann antwortete er: „Ich bin Soldat Feyth. Ich habe einen Eid geschworen, die Schwachen und Hilflosen zu beschützen. Und er sah ziemlich schwach und hilflos als ich ihn fand." *Ich verstehe.* sagte das kleine Drachenmädchen.

Da ertönte in Johns Kopf noch eine weitere Stimme, weitaus tiefer, männlicher und mit einem gewaltigen Bass: *Habt ihr auch einen Drachen bei ihm gesehen, als ihr ihn fandet John?* Der Titan blickte Tymdek, den großen schwarzen Drachen, der hinter ihnen saß, an und antwortete wahrheitsgemäß: „Nein habe ich nicht. Bis auf die vier Gauner, die Keno bewachten, und ein Pferd das den Karren zog war dort nichts. Und auch die Gauner wussten nichts von einem Drachen." Der Drache ließ ein bedrohliches Knurren hören und sagte: *Das ist seltsam. Wieso sollten sie einen Reiter entführen, aber seinen Drachen entkommen lassen? Danke, dass ihr ihn gerettet habt. Wer weiß ob Feyth oder ich ihn jemals gefunden hätten, wenn sie euch nicht beobachtet hätte.* „Dankt mir nicht zu früh Tymdek. Die Wunden des Jungen sind sehr groß. Wenn er nicht bald aufwacht und sich seine Verletzungen mit Magie heilt, weiß ich nicht ob er die Reise zum nächstgelegenen Heiler überstehen würde. Ich habe getan was in meiner Macht stand, aber ich bin kein Arzt und habe auch nicht die Ausrüstung dafür dabei." entgegnete John und wandte sich wieder Feyth zu, die Keno neugierig beschnupperte.

*Er riecht komisch. Nach diesem Gebräu, dass ihr Zweibeiner immer trinkt.* Der Titan zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ich musste mit irgendetwas seine Wunden desinfizieren." *Er scheint sehr schwach zu sein, ich kann seinen Geist kaum spüren. Sie müssen ihm eine dieser Drogen gegeben haben, um seine Magie zu unterdrücken.* meinte das Drachenmädchen und schleckte Keno über die Wange. „Seinen Geist spüren?" wollte John wissen und versuchte sich daran zu erinnern, was er darüber aus den Büchern wusste, doch es war schon so lange her, seit er sie das letzte Mal gelesen hatte, das er nur noch wenig davon im Kopf hatte. *Gibt es etwa auch keine Magier oder Gedankenleser in deinem Land?* gab Feyth zurück und fuhr dann fort:*Wie denkst du denn, dass ich gerade mit dir Rede?*

„Warte, das heißt, du bist in meinem Kopf und liest meine Gedanken?" *Nein, ich lese deine Gedanken und Erinnerungen nicht, so etwas gehört sich nicht. Aber ja, wenn du es so ausrücken willst: Ich bin in deinem Kopf. Und ich muss sagen, dass du dich sehr komisch anfühlst.* John war das nicht ganz geheuer. Er war dafür trainiert worden, jeglicher Art von Folter zu widerstehen und niemanden in seinen Kopf hineinzulassen. Das Feyth und Tymdek es tun konnten, ohne das er davon etwas mitbekam, war ihm äußerst unangenehm. Er war quasi ein offenes Buch für jeden, der diese Gabe beherrschte. Er wollte die beiden gerade darauf ansprechen, als ihm auffiel, wie dunkel es mittlerweile geworden war.

„Ich werde ein wenig Feuerholz suchen gehen und Nachtwache halten, für den Fall, dass Keno aufwachen sollte. Werdet ihr die Nacht über hier verbringen oder zieht ihr wieder eurer Wege?" fragte er und die beiden Drachen sahen einander an. Nach ein paar Augenblicken meinte Tymdek dann: *Ich werde vorerst zu unserem Nest zurückkehren, aber meine Tochter wird bei euch bleiben. Wir werden uns wiedersehen, sobald der Morgen graut.* *Ich bin mir sicher, es wird eine spannende Nacht.* sagte Feyth gut gelaunt und auch John nahm sich vor, dem kleinen Drachenmädchen einige Fragen zu stellen.




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