Ankunft mit Hindernissen

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„Zeit bis zum Ziel: Drei Stunden, 15 Minuten und 44 Sekunden bei Beibehalt der aktuellen Geschwindigkeit. Satellitenbilder zeigen eine große Anzahl an feindlichen Schiffen im Sektor an. Ich rate zu extremer Vorsicht, Sir." meinte Aidan und Micheal nickte. „Verstanden. Kannst du herausfinden, wer die Flotte anführt und mit welchen Schiffen wir rechnen müssen?" fragte er nachdenklich und besah sich die gesamte Situation auf einer taktischen Karte, die die KI auf seinen Holoschirm projizierte.

Seit knapp zwei Tagen, waren sie bereits unterwegs zur Forschungsstation AL-3 und dem Admiral gefiel es nicht, dass sie auf dem gesamten Weg kein einziges Mal angegriffen worden waren. Nicht einmal mit Marschflugkörpern. 'Das bedeutet nichts Gutes. Wenn sie herausgefunden haben, was unser Ziel ist, werden sie mit Sicherheit die gesamte Flotte dorthin beordert haben.' dachte er und biss sich angespannt auf die Unterlippe. Falls das der Fall sein sollte, konnte er nur hoffen, das Schiff lange genug zusammenzuhalten, bis Professor Greenes die nötigen Daten für den Dimensionssprung gesammelt hatte.

Einige Momente später bestätigte Aidan seine Befürchtungen.

„Laut flottenweitem Interkom führt Flottenadmiral Merdan höchstpersönlich den Verband an. Er besteht aus insgesamt 34 Fregatten der Hawes-Klasse, 15 Zerstörern der Griffon-Klasse, 3 Trägerschiffen der Osborne-Klasse, 4 Schlachtschiffen der Camelot-Klasse und einem Drohnenträgerschiff der Legion-Klasse. Sir, das sind ungefähr 84 Prozent der gesamten UFSN Flotte. Dem ist selbst die Venator nicht gewachsen."

„Holy Shit!" hörte Micheal Steven leise fluchen und betrachtete die farblich markierten Punkte, welche die KI in die Karte einfügte. Merdan hatte die Flotte eine Halbkreisformation einnehmen lassen mit der Forschungsstation im Mittelpunkt. So konnten alle Schiffe mit ihren kompletten Breitseiten auf sie Feuern, während sie versuchten den Scan durchzuführen. „Verdammt gerissen." murmelte der Admiral nachdenklich und versuchte einen Schwachpunkt in der Formation zu entdecken. „Aidan, wie lange würde die Venator dem vollen Beschuss der Flotte standhalten?" „Wenn ich die durchschnittliche Konstante für die Fehlerquote von Menschen mit einbeziehe komme ich auf ungefähr sieben Minuten und 52 Sekunden, plus minus zwei Minuten, je nachdem wie gut ihre Schützen sind. Wenn sie sich entscheiden Nuklearwaffen einzusetzen: ungefähr eine Minute bis wir ins Meer stürzen." erwiderte die KI analytisch und zeigte Mike die verschiedenen Szenarien auf dem Holoschirm. „Hhm." meinte dieser und öffnete einen Kanal zu Marks Atlas und sagte laut: „Mark?"

Kurz darauf meldete sich die genervte Stimme des Brigadegenerals. „Was gibt's Mike? Ich bin gerade etwas damit beschäftigt den Prof davon abzuhalten uns alle in die Luft zu jagen." „Nur ganz kurz Mark. Frag Professor Greenes bitte wie lange er für den Scanvorgang brauchen wird." beschwichtigte ihn der Admiral und hörte für einige Sekunden nur statisches Rauschen, bis Mark sich erneut meldete. „Nur 16 Minuten, aber der Generator wird wahrscheinlich 20 brauchen, bis er das Schiff versetzten kann." „Danke." „Erinner mich daran, dir für jede Macke an der Venator einen Arschtritt zu verpassen, wenn wir hiermit fertig sind." „Ist vermerkt." entgegnete Mike schmunzelnd und beendete den Funkkontakt. Sein Problem hingegen blieb bestehen. Er konnte nicht einfach blindlings in diese Phalanx hineinfliegen, den Scan durchführen und wieder verduften, dafür war die Venator nicht schnell genug, vor allem durch die zwei kaputten und zwei beschädigten Triebwerke. 'Wenn ich doch nur Merdan von unserer Unschuld überzeugen könnte.'

Er und der Flottenadmiral kannten sich ausgesprochen gut. Merdans Großvater hatte damals unter Micheals Kommando im 4. Weltkrieg als Captain gedient und er respektierte den mittlerweile in die Jahre gekommenen Flottenadmiral als ehrenvollen Mann. Als sein Blick auf den in der Konsole sitzenden Aidan fiel, kam ihm eine Idee.

„Aidan? Wie lange würdest du brauchen, um dich in das Netzwerk des OCS einzuhacken? Und ich meine damit nicht ihre normalen Server, sondern Geheimhaltungsstufe 9." wollte er von der KI wissen, die daraufhin kurz Grün aufleuchtete und dann wieder mit dem gewohnten Blau antwortete: „Die höchste Geheimhaltungsstufe? Wenn sie mir ein Datenpad oder einen anderen Zugang für das OCS Netzwerk aushändigen können, vielleicht etwas über drei Stunden. Aber wenn sie mir die Frage gestatten Sir, weshalb soll ich in das am besten geschützte Netzwerk der Welt hacken?" „Dort wird es garantiert eine Datenbank, die unsere Unschuld beweisen kann. Diese Bürokratenköpfe legen doch für alles Unterlagen an, selbst für ihre dreckigsten Machenschaften. Steven, hast du noch das Smartphone, dass du bei der Anhörung hast mitgehen lassen?" erklärte der Admiral und Coule nickte. „Jo klar, nen kleinen Moment." meinte er, während er damit begann in einer seiner zahlreichen Hüfttaschen herum zu suchen. Schließlich zog er das kleine, schwarze Gerät vorsichtig hervor. „Ah da haben wirs, hier!" sagte er und warf es Mike zu, der es behutsam fing. „Bitte hier hinein stecken Sir." forderte Aidan und ein schmaler Spalt öffnete sich summend auf seinem blau leuchtenden Körper.

Sofort als Mike das Smartphone eingesteckt hatte, schloss sich der Spalt wieder. Der Farbton der KI änderte sich von Blau, über Gelb, nach Orange und blieb schließlich auf einem dunklen Grün stehen, als sie sich in das Netzwerk einhackte. „Pfad geöffnet, Codesegment akzeptiert, bereite Durchbrechen der ersten Firewall vor. Sir, ich muss sie darauf hinweisen, dass ich während des gesamten Vorgangs weder das Schiff, noch die Waffensysteme kontrollieren kann." „In Ordnung Aidan, zeige mir deinen Fortschritt einfach als kleinen Balken hier links unten an." entgegnete Micheal und deutete auf den unteren Rand des vorderen Holoschirms. „Selbstverständlich. Ich übergebe nun die gesamte Navigationskontrolle an Miss Stearn. Viel Glück Sir." bestätigte die KI. „Dir auch." wünschte der Admiral und bemerkte, dass Aidans Körper nun Knallrot leuchtete.

Dann wandte er sich an Julia, vor deren Kopf sich gerade auch ein kleiner Holoschirm aktiviert hatte, damit sie auch sah, wohin sie flog. „Behalte einfach unseren jetzigen Kurs bei, bring uns aber noch tiefer, circa einen Meter über die Wasseroberfläche." „Aye Aye!" „ Und halte dich bereit für ein abruptes Tauchmanöver. Ich hoffe zwar, dass das nicht notwendig wird, aber besser es in der Hinterhand zu halten, als sang- und klanglos unterzugehen." „Verstanden." stimmte Julia nickend zu und betätigte einige Knöpfe, um die Flughöhe zu verringern. 'Wenn mein Plan schief geht, ist das die einzige Möglichkeit zu entkommen. Merdan wird wahrscheinlich Unterwasserminen ausgelegt haben, doch lieber ein paar Mineneinschläge anstatt komplett zerstört zu werden. Das Meer ist an der Forschungsstation knapp 4000 Meter tief, das sollte uns aus der Reichweite ihrer Waffen bringen.' dachte Micheal und ballte verbittert die rechte Hand zur Faust.

'Hätte der Prof von einem Unterwassersprung nicht abgeraten, wäre das unser Ticket dafür gewesen, ohne weiteren Kampf davonzukommen, verdammt!' Er musste dem Wissenschaftler jedoch zustimmen. Lieber würde er einen sicheren Sprung an der Oberfläche durchführen anstatt ein Unglück heraufzubeschwören. So blieb ihm nur zu hoffen, dass sein alter Freund auf ihn hören würde und vor allem, dass Aidan es rechtzeitig schaffte in die strenggeheime Datenbank des OCS zu hacken. Er schallt sich selbst einen Narren, nicht schon früher daran gedacht zu haben.

Seine Augen huschten immer wieder auf den kleinen Fortschrittsbalken, den ihm die KI auf seinen Holoschirm projizierte, doch obwohl es zunächst rasant vorwärts ging kam der Balken schon bald ins stocken und stagnierte zeitweise sogar für einige Minuten. Und die Forschungsstation kam immer näher. Schließlich, knapp 50 Kilometer bevor sie ihr Ziel erreichten, meldete sich Benjamin mit ernster Stimme. „Die Sensoren melden zwei Kontakte, die sich unserer Position rasant nähern. Aus südöstlicher Richtung." Mit einem Handschwenk passte Micheal den Holoschirm an. „Ich sehe sie, vermutlich zwei Aufklärer." bestätigte der Admiral. „Sollen wir sie runterholen?" „Negativ. Amber, sende ihnen ein Signal, dass wir nicht vorhaben zu kämpfen." „Sofort!" meinte diese angespannt und sendete die geforderte Botschaft.

Mit zusammengekniffenen Augen verfolgte Micheal wie sich die Jets weiterhin mit Mach 4 der Venator näherten, nur um dann über sie hinweg zuschießen, eine Kurve zu drehen und sich dann links und rechts neben dem schweren Zerstörer, als Eskorte, einzureihen. „Sie funken uns an." bemerkte Amber. „Sie meinen, dass sie Befehl haben uns zur zerstörten Station zu geleiten, dass wir natürlich keine Dummheiten anstellen sollen, blablabla. Das Übliche halt." „Verstanden." entgegnete Mike zufrieden. 'Soweit, so gut.' Jetzt musste nur noch Aidan rechtzeitig fertig werden und es bestand die Chance, dass sie mit heiler Haut davonkommen würden. Erneut funkte er Mark im Maschinenraum an. „Macht euch bereit den Scanvorgang zu starten. Wir werden in ein paar Minuten vor Ort sein. Gib mir per Klicksignal Bescheid, sobald wir bereit sind, den Sprung zu imitieren." „Alles klar." erwiderte der Ingenieur ruppig und beendete den Kontakt wieder. Dann wandte sich der Admiral noch einmal Amber zu. „Eine komplette Schiffsdurchsage bitte Amber." Sie betätigte einige Knöpfe und gab ihm per Handzeichen das OK.

Er räusperte sich bevor er laut und deutlich sagte: „An die gesamte Mannschaft: Wir werden in wenigen Augenblicken fast der gesamten Flotte der UFSN gegenüberstehen. Ich will nicht lügen, das hier könnte für uns alle sehr übel ausgehen, wenn nicht alles genau nach Plan läuft und selbst wenn, bleibt immer noch ein gewisses Restrisiko. Ich weiß, dass sie und Mark ihr bestes dafür geben werden, uns alle heil und unbeschadet auf die andere Seite zu bringen Professor Greenes. Für die anderen gilt: Auf Gefechtsstation, macht euch auf eine wilde Fahrt gefasst! Was immer auch passieren mag, ich bin froh jeden einzelnen von euch gekannt zu haben und meinen Bruder oder Schwester nennen zu können. Amanda, ich liebe dich Schatz. Halte dich einfach an Alina, dann wird dir nichts geschehen. Micheal out."

Er atmete tief durch und betrachtete dann die vollkommen zerstörte Forschungsstation, die sich nur noch wenige Kilometer vor ihnen im Eismeer befand. Sie war jedoch nicht das Problem, sondern die dutzenden Schiffe, die in Formation darüber schwebten. „Und los geht der Tanz." murmelte er leise und gab Amber das Zeichen ihn mit dem Flaggschiff zu verbinden.

„So geht das aber nicht Herr Flottenadmiral! Warum haben sie Befehl gegeben nicht zu feuern?" zeterte Miss Demurrer aufgebracht und hatte den Zeigfinger erhoben. Sie stand neben Merdans Kommandositz, der das gackernde Weib missmutig beäugte. „Weshalb regen sie sich so auf Fräulein? Sie sind nicht der Kommandeur dieser Flotte, sondern ich und meine Entscheidung meinen alten Freund erst einmal anzuhören, bevor ich ihn beschießen lasse, sollte sie keinesfalls dermaßen aufregen. Ich glaube nämlich kaum, dass die gesamte Titan-Einheit mir nichts dir nichts zu Terroristen werden. Da können sie mir mit noch so viel Beweisen daherkommen." brummte er grimmig, was die OCS-Vizechefin noch weiter auf die Palme brachte. „Wie können sie es wagen? Erinnern sie sich an unser Gespräch von vorhin!" geiferte sie und wischte sich eine ihrer roten Locken aus dem Gesicht. Der alte Mann ballte die Hände zu Fäusten. „Das ist der einzige Grund, weshalb ich sie noch nicht über Bord geworfen habe." gab er knurrend zurück und horchte auf, als sein Kommunikationsoffizier meldete: „Die Venator versucht Kontakt mit uns aufzunehmen, soll ich einen Videokanal öffnen?" „Ich bitte darum Lieutenant." meinte der Flottenadmiral nickend und erhob sich aus dem mit Leder überzogenen Sitz.

Ein sanftes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, als er Augenblicke später das bekannte Gesicht seines alten Mentors auf dem Schirm erblickte. Forke salutierte zackig, als er den ranghöheren Offizier sah, was Merdan ein leises Glucksen entlockte. „Du brauchst nicht vor mir zu salutieren Micheal, das habe ich dir schon hunderte Male gesagt." „Und doch ignoriere ich es jedes Mal geflissentlich, alter Freund." entgegnete der Titan und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Merdan staunte jedes Mal aufs Neue, wenn er den alten Krieger sah. „Du hast dich kein bisschen verändert." sagte er schmeichelnd, was Mike mit einem respektvollen Nicken zur Kenntnis nahm. „Und dich hat das Alter reifer werden lassen, so langsam wirkst du deinem Großvater gar nicht mehr so unähnlich. Hoffentlich hat Nadine nur deinen Verstand und nicht dein Äußeres geerbt." Merdan lachte. „Oh, das hoffst nicht nur du."

„Schluss jetzt mit diesen Albernheiten, wir sind schließlich hier, um diesen Mörder zu erledigen, nicht um ihn zu Lobpreisen!" rief Demurrer dazwischen, was ihr einen wütenden Blick vom Flottenadmiral einbrachte und Micheal dazu veranlasste, seine Arme vor der Brust zu verschränken. „Nun sieh mal einer an, der lebende Scheißhaufen namens Demurrer. Hat man sie also doch vor Island aus dem Wasser gefischt, wie? Schade, und ich dachte schon, ich wäre ihre quietschende Stimme für immer los." „Sie! Sie!" kreischte die Frau aufgebracht. „Ja ich. Und wen nennen sie hier überhaupt Mörder sie kleines Miststück? Wollen sie mir etwa erzählen, dass nicht sie es gewesen sind, der völlig panisch den Nuklearschlag auf unser Schiff befohlen hat?" „Pah!"

„Genug jetzt, halten sie den Rand Miss Demurrer. Entschuldige Micheal. Ja, sie war es, die Stattfordt dazu gezwungen hat, eine Atomrakete auf seine eigenen Verbündeten abzufeuern. Möge Gott seiner armen Seele gnädig sein. Aber sie hat nicht gänzlich unrecht, alter Freund. Auf deinen Schultern und auch auf denen deiner Kameraden lastet eine schwere Schuld. Was sagst du zu diesen Anschuldigungen?" unterbrach sie Merdan und blickte seinen Freund bedrückt an. Dessen Augen huschten kurz nach links unten, nur um dann sofort wieder ihn zu fixieren. Mit ruhiger Stimme meinte der Titan: „Wir sind unschuldig. Wir waren zum Zeitpunkt des Geschehens in unserem Domizil auf Island, zusammen mit Professor Greenes, dessen Anklagepunkte ich übrigens gerne hören würde." „Ihm wird Vertrauensbruch und Hochverrat nachgesagt." „Das Übliche also, wie einfallsreich vom OCS."

Der Flottenadmiral seufzte leise. „Hör zu Micheal, du weißt ich vertraue dir und ich könnte mir auch niemals vorstellen, weshalb ihr plötzlich einen solch terroristischen Akt durchführen solltet, aber die Beweislage spricht gegen euch. Mir sind die Hände gebunden, solange ich keine Beweise für eure Unschuld vorgelegt bekomme. Ich hatte eigentlich sogar die Anordnung vom Präsidenten persönlich, die Venator auf Sicht vom Himmel zu blasen. Verdammt Mike, gib mir etwas, irgendetwas, das euch entlastet, ansonsten muss ich den Befehl erteilen, das Feuer zu eröffnen." Er warf einen kurzen, nervösen Seitenblick auf Demurrer, deren Augäpfel vor Wut fast aus dem Kopf fielen.

Forke schien das nicht zu entgehen.

„Weißt du noch damals, wo wir dermaßen unter Druck standen, als der Bär uns mitten in der Nacht überfallen hat?" fragte er scheinbar völlig zusammenhangslos, doch glücklicherweise Begriff Merdan, was gemeint war. „Ja, es ist genau wie damals. Wir saßen vollkommen in der Falle." erwiderte er ernst und legte die sacht auf seine linke Brust. „Ich verstehe." knurrte Micheal. „Gib uns bitte etwas Bedenkzeit, ja? Der alten Freundschaft wegen." Der Flottenadmiral nickte. „Ich gebe euch eine Viertelstunde, dann will ich deine Entscheidung hören." „Einverstanden. Bis in 15 Minuten dann Merdan." stimmte der Titan zu. „Bis in 15 Minuten, alter Freund." erwiderte Merdan betrübt und ließ sich zurück in seinen Sessel fallen, als die Verbindung unterbrochen wurde. 'Hoffen wir für uns beide, das es eine sehr erfolgsreiche Viertelstunde wird.' dachte er und schloss für einen Moment die Augen.

„Merdan sitzt in der Klemme, das OCS hat ihn an den Eiern." erwiderte Micheal aufgebracht und starrte entnervt auf Aidans Fortschrittsbalken, der sich nur noch Millimeter vor der Zielmarke befand. „Was meinst du?" wollte Coule genauer wissen und drehte sich mitsamt Stuhl zu ihm um. „Ach, diese Demurrer ist bei ihm an Bord. Ich vermute, dass sie dahinter steckt. Es gibt nur eine Sache, die Merdan dazu bringen könnte Schoßhund für das OCS zu spielen." „Und die wäre?" „Seine Tochter. Wahrscheinlich halten sie der Kleinen und ihrer Familie eine Knarre an den Kopf um ihren Vater einzuschüchtern." „Diese Typen sind echt zu allem fähig, oder?" knurrte Coule, besann sich dann jedoch eines anderen.

„Wo genau liegt die Wohnung seiner Tochter?" wollte er stattdessen wissen, woraufhin ihm der Admiral einen skeptischen Blick zuwarf. „In Murrieta, wieso?" „Kennst du ihre genaue Adresse?" „Ja, aber worauf willst du hinaus Steven?" „Die Jungs vom Basislager in Oceanside schulden mir noch den ein oder anderen Gefallen. Wenn Amber mich mit ihnen verbinden könnte, bin ich sicher, dass sie die Kleine in Nullkommanichts da rausholen." entgegnete Coule und drehte sich Amber zu, die ihrerseits auf Micheal blickte. Der Schlug freudig in die Hände und gab seinem Bruder ein Daumenhoch-Zeichen. „Klasse Idee Steven, Amber kannst du eine Verbindung nach Oceanside aufbauen?" „Wenn er mir sagt, wen genau ich anrufen soll, klar." entgegnete die Kommunikationsoffizierin nickend. „Dann los!"

„Ok, ruf bitte einen gewissen Sergeant Emile Trosky an, seine persönliche Telefonnummer sollte 760-865-3791 lauten." erklärte Steven, während Amber wie wild auf die Tasten hämmerte, um alles in die Wege zu leiten. „In Ordnung, ich lege das Gespräch auf dein internes Funkgerät." Stumm gab er ihr das OK-Zeichen und wartete angespannt darauf, dass Trosky den Anruf endlich entgegennahm. Alle auf der Brücke starrten gespannt auf ihn. Währenddessen hatte sich Micheal wieder seinen Helm aufgesetzt und erhielt nun von Mark, durch das zweimalige aufblinken seines Bestätigungslämpchens, dass der Scan abgeschlossen war und nun die Warmlaufphase des Generators imitiert werden konnte. Allerdings wollte der Admiral den Countdown nicht sofort beginnen, da ihre erhöhte Energiesignatur ansonsten wohl bedeutet hätte, dass Merdan das Feuer auf sie eröffnen würde. Augenblicke später begann Steven endlich zu reden.

„Ja, hi Emile. Hier ist dein alter Kumpel Steven Coule.

Hast du gerade wirklich vor einem Telefon salutiert? Meine Fresse Trosky, nimm endlich den Stock aus deinem Arsch.

Ja.

Ja.

Nein! Also ernsthaft, glaubst du wirklich wie wären zu sowas in der Lage?

Ich hoffe es für dich. Aber hör zu, hier geht es um etwas weitaus dringenderes. Die Tochter vom Flottenadmiral wird gerade ganz in eurer Nähe gefangen gehalten. Geiselnahme mit Waffengewalt wahrscheinlich.

Ja genau, der alte Merdan.

Nein ich verschaukle dich nicht, pack dir sofort deine Jungs und hol das Mädel mitsamt ihrer Familie da heil raus!

Ja, natürlich diskret.

Moment.

Mike die Adresse?" „24990 3rd Ave, Murrieta, CA 92562."

„24990 3rd Ave, Murrieta, CA 92562.

Ja genau, ein Katzensprung von euch entfernt.

Gut. Meld dich wieder bei der gleichen Nummer, sobald ihr sie habt, verstanden?

Ja. Mach's gut und viel Erfolg!

Hey warte nen Moment! Wir sprechen uns gerade vermutlich das letzte Mal, also halt immer die Ohren steif und achte gut auf die Truppe, ja? Ich wünsche dir alles Gute in deinem Werdegang Emile, leb wohl du alter Haudegen."

Dann gab Coule Amber ein Zeichen und sie unterbrach die Verbindung wieder. Micheal bedachte ihn mit einem fragenden Blick. „Traust du diesem Trosky zu, eine dermaßen heikle Situation zu meistern?" Steven nickte bestimmt. „Der Junge ist gut und hat ein außergewöhnliches Führungstalent, der wird es noch weit bringen. Keine Sorge, in spätestens zehn Minuten ist die Sache über den Tisch." „Das hoffe ich, viel mehr Zeit bleibt uns nämlich nicht." entgegnete der Admiral mit einem Blick auf die Uhr und stellte gleichzeitig freudig fest, dass sich Aidans Farbe von Rot auf Blau schaltete.

„Hackvorgang abgeschlossen, Download erfolgreich. Benötigte Zeit: Drei Stunden, 24 Minuten und 15 Sekunden. Ein überaus bemerkenswertes Abwehrsystem, wenn ich das sagen darf Sir." meldete die KI gehorsam und klang dabei etwas fasziniert. „Hervorragend Aidan!" meinte Micheal anerkennend und auch die anderen sprachen der Künstlichen Intelligenz ein Lob aus. „Und, was genau hast du herausgefunden?" wollte er dann wissen und Aidan ließ eine Reihe von Bildern mit Textanhängseln über den Holoschirm blitzen. „So ziemlich alles Sir. Natürlich auch den Fall, den die Titan-Einheit und Mr. Greenes betrifft." erklärte die KI stolz und zeigte dem Offizier ein Bild vom Unglücksort in San Francisco mitsamt einer daran hängenden Datei in der jeder einzelne Titan aufgeführt war.

„Laut den Textnachrichten und Gesprächsmitschnitten gehörte dieser Anschlag zu einer größeren Operation namens 'Overlord'. Ziel ist es, ein globales Netzwerk aufzubauen, dass in jeder noch so kleinen Firma, Provinzregierung und sogar in hohen Militärrängen Einfluss besitzt um dann schließlich den Präsidenten selbst zu kontrollieren und aus den Schatten heraus die Welt zu regieren. Einer ihrer ersten Schritte war dabei die gesamte Titan-Einheit zu diskreditieren und schlussendlich auszuschalten, da ihr als nicht einschätzbares Risikos galtet." Ein Bild der zerstörten Forschungsstation mitsamt einem Foto von John plopte auf dem Schirm auf. „Ihr Adoptivvater und Anführer der Titan-Einheit, Colonel John Miller, war der erste, den sie versucht haben aus dem Weg zu räumen." berichtete Aidan. Wütend umfasste Micheal die Metallstrebe, die sich kreisrund als Stütze um den Kommandostand herum befand und verbog den harten Stahl, als bestünde er aus Teig.

„Diese verfluchten Mistkerle. Ich hätte es ahnen müssen, an dem Tag, als sie verordnet haben, dass wir nur noch eingeschränkten Kontakt halten durften." „Gib dir nicht die Schuld Micheal, niemand hat so etwas kommen sehen." beruhigte ihn Julia, als die KI wieder die Kontrolle über das Schiff in Anspruch nahm. „Sie hat recht Mike. Wir verschwinden jetzt einfach von hier und lassen diesen ganzen Unsinn hinter uns." stimmte Benjamin zu und auch Steven nickte ernst. Der Admiral atmete mehrere Male bewusst aus und ein, dann lockerte er seinen Griff. „Danke." murmelte er leise, schüttelte den Kopf und fixierte wieder mit festem Blick den Holoschirm, auf dem Aidan mittlerweile wieder die Umgebung anzeigen ließ.

„Gut, lasst uns von hier verschwinden. Aber vorher helfen wir ihnen noch ein allerletztes Mal. Aidan, bereite einen Upload mit allen relevanten Daten bezüglich der Operation 'Overlord' vor, den du auf meinen Befehl hin an den persönlichen Computer von Flottenadmiral Merdan schickst. Und bring uns etwas näher an die Flotte heran. Steven, Benjamin, zielt schon einmal mit den Plasmastrahlgeschützen auf jeweils einen Träger, aktiviert jedoch noch nicht die Waffen, sodass sie in Ruhestellung verbleiben!" erklärte er dann mit fester Stimme und die beiden Schützen salutierten, während die KI die Venator einige hundert Meter steigen ließ, damit die gewünschten Ziele in Reichweite für die Strahlenwaffen kamen. Zudem funkte Micheal Mark im Maschinenraum an und gab das Go für den Dimensionsgenerator. Kurz darauf plopte ein kleiner Countdown in seinem HUD auf, der von 20 Minuten nach unten zählte. Er blickte kurz auf die richtige Uhr, in der oberen Mitte des HUDs und stellte fest, dass die Viertelstunde schon fast vorüber war. 'Nur noch fünf Minuten. Hoffentlich behält Steven recht.'

Die Minuten verstrichen quälend langsam und jeden Moment erwartete Micheal, unter Beschuss zu geraten, da ihr Energieausstoß jenseits von Gut und Böse sein musste. Doch nichts dergleichen geschah. Schließlich, knapp eine halbe Minute vor Ablauf der Frist, erhielt Amber einen Funkspruch. Erleichtert teilte sie den anderen mit: „Das war Sergeant Trosky mit dem OK. Nadine und ihre Familie sind in Sicherheit und die Geißelnehmer unter Arrest." „Ich wusste er packt das." meinte Coule zufrieden und Micheal nickte dankbar. „Gute Arbeit. Dann wollen wir mal. Amber, verbinde mich mit dem Flaggschiff." „Sofort." Einige Momente später erschien das faltige Gesicht Merdans auf seinem Holoschirm und blickte ihn bekümmert an.

„Du erinnerst dich noch an den Bären von vorhin? Ihn mussten wir zwar leider umbringen, doch sein Junges konnten wir retten und haben es in Sicherheit gebracht." sagte Mike zweideutig und war erfreut, als sich der Ausdruck seines alten Freundes sichtlich entspannte. „Ja ich erinnere mich. Das war eine glückliche Fügung. Aber sag, wie habt ihr euch entschieden?"

Der Titan verschränkte die Arme vor der Brust und entgegnete ernst: „Wir werden uns nicht ergeben und ich besitze die Beweise, die unsere Unschuld belegen. Miss Demurrer? Ich weiß, dass sie da sind, sie falsche Schlange. Sagt ihnen Operation 'Overlord' etwas?" Aus dem Hintergrund konnte er ein kreischendes „Was?" vernehmen, welches ihm etwas Genugtuung verschaffte.

Merdan zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. „Operation 'Overlord'?" „Die Kurzfassung: Das OCS hat den Anschlag selbst geplant und durchgeführt, um ihn uns in die Schuhe schieben zu können. Die Beweise dafür lade ich gerade auf deinen persönlichen Rechner hoch, mitsamt allen anderen nötigen Unterlagen." erklärte Micheal und gab Aidan ein Zeichen, den Upload zu beginnen. Er beobachtete, wie der Flottenadmiral sich aus dem Bild lehnte, um auf etwas anderes zu blicken und nach einigen Sekunden mit erboster Miene vor ihm erschien. „Captain, nehmen sie diese Frau auf der Stelle fest und werfen sie sie in eine der Arrestzellen!" bellte er wütend und zufrieden konnte der Titan mit anhören, wie Miss Demurrer offensichtlich von mehreren Marines gepackt und lauthals schreiend von der Brücke gezerrt wurde.

Mit der Hand vor den Augen schüttelte Merdan langsam den Kopf. „Ich hätte es ahnen können, nachdem sie mir gedroht hat, meine Tochter zu töten. Allerdings dachte ich dabei nur daran, dass sie die Titanen tot anstatt hinter Gittern sehen wollte. Was für ein naiver Dummkopf ich doch war. Danke, für die Rettung von Nadine, wer weiß, was sie wirklich mit ihr und Fredrick angestellt hätten?" entschuldigte sich der alte Mann. Micheal wollte gerade erwidern, dass er gerne geholfen hatte, doch die Verbindung wurde abrupt unterbrochen und mehrere Einschläge erschütterten die Venator.

„Wir stehen unter Beschuss Sir! Einschläge am vorderen Bug. Zehn Fregatten, alle Zerstörer, zwei Trägerschiffe, das Drohnenträgerschiff und ein Schlachtschiff haben das Feuer auf uns eröffnet." meldete Aidan und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Admiral Merdans Flotte greift die Verräter an, soll ich das Feuer erwidern?" „Ja, ziel jedoch nur auf die Schiffe, die es auf uns abgesehen haben und aktiviere das AF-System. Alles was sich uns auf 200 Meter nähert wird abgeschossen. Steven, Benjamin, für euch gilt dasselbe, konzentriert den Beschuss auf die Träger. Feuer frei!" befahl Mike angespannt und krallte sich an die Reling, als das Schiff weitere Treffer wegstecken musste.

'Nur noch zehn Minuten!'

„Ermittle Gefahrenpotential, Gefahrenpotential erkannt. Richte Gaußgeschütz auf Drohnenträgerschiff aus." teilte die KI analytisch mit und hob langsam den Bug der Venator in den Himmel, um das Drohnenschiff anvisieren zu können. Gleichzeitig schossen Benjamin und Steven mit dem Plasmastrahlengeschützen auf die beiden abtrünnigen Trägerschiffe und schnitten große Streifen in die nur dünn gepanzerten Außenwände. Die 100cm Kanonen folgten auf dem Fuße und zumindest einer der beiden Träger verging in einem großen Feuerball, während der andere sich mehr schlecht als recht, mit klaffenden Löchern im Rumpf, in der Luft hielt. „Feuere." kommentierte Aidan tonlos, als das tonnenschwere Gaußprojektil den Lauf des Geschützes verließ, binnen einer Millisekunde die Distanz zwischen der Venator und dem Drohnenschiff überbrückte und das riesige Schiff längs durchschlug, als wäre es Butter.

Es weigerte sich jedoch abzustürzen und spuckte weiterhin massenweise Explosivdrohnen aus, die sich auf die Venator und andere Kampfjets stürzten, welche in wilde Kurvenkämpfe, zwischen den Großkampfschiffen, verwickelt waren. Eine weitere Salve aus den 100ern brachte schließlich den zweiten Träger zur Explosion, die noch etliche kleinere Jets und Drohnen mit in den Tod riss. „Da wollen uns zwei Zerstörer über die rechte Seite flankieren." sagte Micheal und Coule nahm sich derer sofort an. „Ich sehe sie." „Aidan, wie sieht es mit dem Drohnenträger aus? Wenn das so weitergeht überfluten sie uns bald." „Feuere das Gaußgeschütz in drei, zwei, eins. Feuere!" Ein weiterer weißer Blitz schoss dem Trägerschiff entgegen und traf diesmal seinen Reaktor. Es verging in einem grellen, blau-weißen Feuerball und die Trümmer regneten hinunter auf das Wrack der Forschungsstation.

'Noch vier Minuten!'

Weitere Treffer, durchrüttelten die Venator stark. „Mehrere schwere Treffer auf der rechten Hecksektion. Panzerungsverlust bei knapp 42 Prozent, strukturelle Integrität nicht gefährdet. Schlage Ausweichmanöver vor Sir." meldete Aidan, als noch ein schwerer Schlag das Schiff erfasste und eine laute Alarmsirene ertönte. „Geschützturm 1 und 3 schwer getroffen und brennen, automatische Löschmaßnahmen eingeleitet, Schotten zum Munitionsbereich abgeriegelt."

„Ausweichmanöver Delta 3! Magnetisieren! Ansage an die gesamte Besatzung: Bereitmachen für Überkopfflug!" brüllte der Admiral und spürte, wie sich seine metallischen Stiefel regelrecht an die Plattform saugten. „Magnetisiere Boden, leite Ausweichmanöver Delta 3 ein." bestätigte die KI und gab volle Leistung auf die noch funktionstüchtigen Triebwerke und Repulsoren.

Behäbig wandte die Venator ihren Angreifern die noch unbeschädigte Unterseite zu, welche jedoch nicht minder stark gepanzert war als die Oberseite. Sie flog nun quasi kopfüber im Zickzack umher, wobei Aidan die chemischen Notkorrekturdüsen zur Richtungsänderung nutzte. Micheal kam fast das künstliche Fertigessen vom Vortag hoch, während er kopfüber am Kommandostand baumelte.

'Nur noch 30 Sekunden!'

Ein weiterer schwerer Einschlag am Heck des Schiff riss ihn fast von den Füßen. „Triebwerk 3 ausgefallen, mehrere Repulsoren versagen. Ich bitte um Verzeihung Sir, aber ich kann das Schiff nicht mehr auf derselben Höhe halten, wir sinken Richtung Meer." teilte die KI entschuldigend mit.

„Nur noch ein bisschen Aidan!" gab der Admiral energisch zurück und blickte erneut auf den Countdown.

„An die gesamte Besatzung: Vorbereiten auf Dimensionssprung! In 10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Jetz –" die letzte Silbe kam aber schon nicht mehr über seine Lippen, als der Generator den Sprung durchführte.

Es fühlte sich an, als hätte man ihn in ein Becken voller Salzlösung und Zitteraalen geworfen, und gleichzeitig in eine zu enge Röhre gestopft. Er bekam keine Luft und konnte sich keinen Millimeter bewegen. Jeder Augenblick fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Schließlich verebbte das Gefühl so abrupt wie es gekommen war und Micheal klammerte sich fest an die Reling, als das Schiff vornüberkippte und in die Tiefe stürzte.

Auf der gesamten Brücke war es stockduster, nicht einmal Aidans blaues Licht leuchtete irgendwo. Er konnte seine Freunde hinter und neben sich würgen hören. Ein Schlag ging durch das gesamte Schiff, als es endlich den Höhenunterschied zu Oberfläche hinter sich gebracht hatte und riss Micheal dabei fast die Arme aus, während er sich immer noch eisern an der Verstrebung festhielt, um Julia nicht ins Kreuz zu fallen. Schließlich gab es noch einmal eine weitere Erschütterung, die jedoch bei weitem nicht so stark ausfiel wie die erste. Dann war alles totenstill.

Bedächtig schaltete er seine Helmlampen und fragte laut: „Sind alle in Ordnung?"

„Definiere 'in Ordnung'." würgte Steven rechts neben ihm und schaltete ebenfalls seine Lampen an. „Ist zumindest noch alles dran." murmelte Benjamin und tat es den anderen beiden gleich. „Julia, Amber? Alles OK?" „Jaja, geht schon. Nur etwas schwummrig im Kopf." „Dito." kam es von den beiden Frauen, während sie sich mühsam aus den Sitzen quälten und ebenfalls die Suchlampen anmachten. „Was genau ist passiert?" wollte Steven wissen. Er und Benjamin hatten es weitaus einfacherer aus den Sitzen zu kommen, da sie drehbar waren. „Der Professor hat so etwas Ähnliches erwähnt. Ich nehme an, dass diese Zwischendimension eine Art riesiges EMP-Feld ist nur um ein hundertfaches stärker. Mal schauen, Aidans Speicherkristall und Hauptmatrix ist von einem faradayschen Käfig umschlossen, der sich im Fall einer zu starken Überlastung automatisch hochfährt. Ich muss nur – an ihn heran – kommen." erklärte Micheal, als er sich an der Reling hochzog versuchte nach Aidan zu greifen, der noch immer in der Kommandokonsole verankert war.

„Na bitte!" meinte er schließlich und schaffte es den kugelrunden Roboter zu fassen. „Hier sollte irgendwo ein kleiner Schalter sitzen, ah, da haben wir es ja." Der Offizier betätigte den winzigen Knopf und einen Augenblick später begann der Roboter wieder zu summen und zu leuchten.

Blau, Gelb, Rot, Orange, Türkis, Grün, Violett, Weiß und schließlich doch wieder das gewohnte Blau.

„Reboot erfolgreich, letztes bekanntes Datum 27.November 2438, 15:32:21. Hallo Sir, wie lange war ich offline?" zwitscherte die KI analytisch. „Maximal fünf Minuten Aidan. Das Schiff wurde von einem EMP erfasst und wir sitzen im Dunkeln, kannst du versuchen etwas dagegen zu unternehmen?" klärte Micheal ihn in der Kurzfassung auf und sofort schwebte die leuchtende Kugel aus seinen Händen empor in Richtung der Kommandokonsole. „Das sieht nicht gut aus Sir, ich befürchte, sie müssen den hydraulischen Stabilisator benutzen, um das Schiff horizontal auszurichten. Die Konsole ist nicht mehr zugebrauchen. Vielleicht funktioniert ja noch das Funkgerät ihres Kampfanzugs Sir, schließlich wurde dieser ja entworfen um einer Atomexplosion mitsamt dem EMP zu widerstehen. Damit könnten sie Brigadegeneral Duncan im Maschinenraum erreichen, der dann –" entgegnete Aidan, als wie von Geisterhand plötzlich die Notbeleuchtung ansprang und die gesamte Brücke mit einem dunkelorangenen Licht erfüllte.

„Ich glaube, der ist uns schon einen Schritt voraus." kommentierte Coule. Ein lautes Pfeifen gefolgt von einem Schrillen quietschen ertönte über die Interkom-Anlage des Schiffs, dann schallte Marks raue Stimme aus den Lautsprechern. „Sprung erfolgreich Admiral. Zumindest laut dem Prof und der Anzeige auf seinem Gerät. Ich hoffe es sind alle unverletzt geblieben. Ich aktiviere jetzt das hydraulische Notfallaggregat, alles nochmal festhalten bitte." Ein Ruck ging durch das gesamte Schiff und langsam aber sicher erreichte es wieder Normallevel, sodass sie wieder wie üblich auf dem Boden stehen konnten. Erleichtert schüttelte Steven seine Beine aus.

„Ich glaub ohne Mark wären wir schon damals im Training gescheitert." stellte er glucksend fest und die anderen stimmten nickend zu. „Ich glaube wir befinden uns auf dem Meer, oder zumindest im Wasser. Das Schiff schaukelt leicht." bemerkte Micheal skeptisch, während sie allesamt wieder ihre Helmlampen ausschalteten. „Positiv Sir, meine Sensoren registrieren eine Auf- und Abwärtsbewegung der Venator um einen halben Meter, allerdings sind die Sensoren in diesem Körper zu schwach, um durch die dicke Panzerung des Schiffs zu dringen." bestätigte die KI.

Coule langte an die Decke über ihnen und begann die Notfalltür aufzudrehen. „Na dann wollen wir doch mal sehen, wo genau wir sind, oder nicht?" Sobald die erste Verriegelung offen war, klappte eine stabile Leiter nach unten und der Soldat betätigte einen Hydraulischen Schalter, der den Weg nach oben an die frische Luft freimachte, mitten durch die sieben Meter dicke Panzerung hindurch und vorbei an den Räumen, die über der Brücke lagen.

„Ihr könnt gerne schon einmal schauen, wo genau wir uns befinden, ich werde jedoch zuerst nach meiner Frau schauen gehen." erklärte Micheal, als er den, für einen Titansoldaten schmalen, Notschacht emporstarrte. „Ich werde mich den anderen anschließen, falls sie es erlauben Sir." meinte Aidan zurückhaltend und der Admiral nickte.

„Ladys First." scherzte Steven und begann die Leiter emporzusteigen, nachdem die KI bereits in den Schacht geschlüpft war. Es dauerte knapp fünf Minuten, bis er sich durch den fas 50 Meter langen Notausstieg gekämpft hatte und den Kopf an die frische Luft stecken konnte. Aidan schwebte bereits einige Meter Abseits auf dem geschwärzten Deck umher und betrachtete irgendetwas neben dem Schiff. Coule zog sich nun vollkommen aus dem Loch und ging zu der leuchtenden Schwebekugel hinüber. Micheal hatte recht gehabt, sie befanden sich wirklich auf dem Meer. Wasser, soweit das Auge reichte. Er nahm sich den Helm vom Kopf und atmete genießerisch die frische Seeluft ein.

Dann fragte er die KI gelassen: „Und was gibt's so spektakuläres da unten Aidan?" „Eine Art antikes Segelschiff mit vier Menschen darauf. Sie haben sich an unserer Seite angebunden, um nicht fortzutreiben. Äußerst primitiv." erwiderte die KI fasziniert und Steven stutzte.

Er blickte ebenfalls über den Rand der Venator hinaus und tatsächlich. Dort unten im Wasser befand sich ein hölzernes Seegelboot, viel kleiner noch, als selbst ihr Albatross. Vier Menschen blickten zu ihm empor, zwei Männer, ein junger Bursche und ein zartes Mädchen. Er hob zögerlich die Hand zum Gruß.

„Uhm, hi?"



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt