Brennender Sand

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Nachdenklich warf John Alanna einen verstohlenen Blick zu.

Es war inzwischen über eine Stunde seit ihrem Aufbruch vom Lager vergangen und die Elfe hatte seit dem kein einziges Wort mit ihm geredet, sondern rannte einfach stumm nebenher. Der Mond hatte seinen Zenit mittlerweile schon weit überschritten und auch die großen Sanddünen waren einer halbwegs flachen Ebene gewichen. In der Ferne konnte man sogar bereits die Oase erkennen, an der es laut Karte einen kleinen Handelsposten geben sollte. Dort würden sie noch einmal ihre Wasservorräte auffüllen, bevor sie weiterzogen.

Während sie also weiter auf dieses kleine Paradies inmitten der höllischen Wüste zu rannten, bewunderte der Titan, welche enorme Ausdauer Alanna an den Tag legte. Er rannte zwar bei weitem nicht mit maximaler Geschwindigkeit, da der Sand und der Rucksack mit Keno und Feyth auf seinem Rücken ihn abbremsten, doch selbst ein Pferd hätte wohl auf festem Untergrund Probleme gehabt mit ihm Schritt zu halten. Nicht so die Elfe. Sie atmete mittlerweile recht schwer, machte aber keine Anstalten zurückzufallen oder anzuhalten.

'Wirklich beeindruckend. Dennoch, ich gönne ihr eine kurze Pause, sobald wir den Handelsposten erreichen. Auch wenn sie es nicht zugibt, ihr Körper zeigt deutlich an, was für ein Kraftakt das gerade ist.' dachte er und schluckte das Wasser hinunter, dass die Pumpe ihm gerade in den Mund gespritzt hatte. Dann meinte er laut: „Wir werden kurz an der Oase rasten, damit ihr wieder zu Atem kommen könnt, Alanna. Ich muss ohnehin unsere Wasservorräte wieder auffüllen." Die Elfe sah zu ihm herüber und nickte zustimmend, antwortete jedoch nicht. Skeptisch zog John eine Augenbraue nach oben. „Habe ich euch dermaßen eingeschüchtert, dass es euch die Sprache verschlagen hat? Ihr habt nicht ein einziges Wort gesagt, seit wir aufgebrochen sind. Nicht einmal eine Frage bezüglich des Verbleibs eurer Kameraden." „Ich wollte euch nicht belästigen, John. Außerdem glaube ich nicht, dass ihr Berdon etwas angetan habt." entgegnete sie angestrengt und fügte nach eine kurzen Pause niedergeschlagen hinzu: „Die anderen Mitglieder meiner Gruppe haben den Angriff der Fanghur nicht überlebt nehme ich an?" Der Soldat schüttelte leicht den Kopf. „Nein, tut mir Leid, sie wurden mitsamt den Pferden niedergemetzelt."

Alanna schwieg eine Weile. Der Titan wusste wie es sich anfühlte, als Anführer seine Einheit zu verlieren, aber das war nun einmal das Los eines Kommandeurs. Schließlich erwiderte sie leise: „Die Natur kann grausam sein, John. Es beschämt mich, ihren Familien nicht einmal die Leichname bringen zu können, um sie ordentlich zu bestatten." Sie klang ernsthaft mitgenommen. „Es mag vielleicht beleidigend klingen, aber weshalb habt ihr den Weg eines Kommandanten gewählt, wenn ihr schon am Verlust von einem Dutzend Männern fast zerbrecht? Ohnehin stellt sich mir die Frage, warum ihr den Drachenreiterorden verlassen habt, um euch einer solchen Terroristengruppe anzuschließen." fragte der Colonel und warf einen kurzen Blick nach vorn, um zu überprüfen, wie weit entfernt die Oase noch war, bevor er sich wieder der Elfe zuwandte.

Die jedoch mied seinen Blick und sagte: „Nicht nur eure Vergangenheit ist voller Schmerz, John. Ich hatte damals meine Gründe, auch wenn ich heute wünschte der Schwarzen Rose niemals beigetreten zu sein." „Wir alle machen Fehler, dass ihr eure zugebt, zeugt von eurer Stärke. Aber es entschuldigt trotz alledem nicht die Verbrechen, die ihr verübt habt." merkte John an und ein leichter Schauer jagte ihm über den Rücken, als er noch einmal daran dachte, wie knapp Lyaths Rettung gewesen sein musste, da die Elfen schon wenige Stunden später aufgetaucht waren. Seine Wut darüber schluckte er aber herunter. Er war nicht derjenige, der über Alanna richten würde, dieses Recht gebührte Lyath und Eragon. „Allerdings scheint ihr auch schon viel Gutes getan zu haben. Insbesondere der kleinen Feyth habt ihr ja bereits das Leben gerettet. Dafür stehe ich tief in eurer Schuld." fügte er dann jedoch hinzu und nickte Alanna dankbar zu. Die hob beschwichtigend die Hand. „Für mich eine Selbstverständlichkeit, ich konnte ja unmöglich zusehen, wie ihre eigene Mutter sie umbringt, nur weil sie anders ist! Dafür steht ihr nicht in meiner Schuld." „Versteht es nicht falsch, mein Vertrauen in euch, ist nach wie vor so groß wie ein Sandkorn, trotzdem rechne ich euch das hoch an." meinte John ernst, was der Elfe ein freundliches Lächeln entlockte. „Ich danke euch für die netten Worte John-Vodhr. Darf ich fragen, wie genau ihr mit dem kleinen Drachenmädchen in Verbindung steht?" „Ihr dürft, aber erwartet keine Antwort von mir."

„Ich verstehe. Werdet ihr mir dann bitte erzählen was geschah, nachdem ich ohnmächtig wurde? Vor allem, was genau mit Hauptmann Berdon passiert ist." erwiderte sie und wechselte schnell das Thema. Der Titan dachte kurz darüber nach, fand aber nichts, was dagegen sprechen würde Alanna davon zu erzählen. Von seinem Gespräch mit Angela einmal abgesehen. „Nun, nachdem ihr bewusstlos umgekippt seid, haben die Kull euch und Berdon gefangengenommen und in ihr Versteck gebracht. Ich wurde hingegen zunächst von der Kräuterheilerin Angela verarztet, bevor wir den anderen folgten." Die Elfe machte große Augen, als er die Kräuterhexe erwähnte und fragte überrascht: „Angela war dort?" Er nickte. „Ja, scheinbar ist sie eine Freundin des Stammesoberhaupts und hat die Urgals zu uns geführt, um mich zu befreien." „Woher wusste sie, dass wir euch gefangengenommen hatten und vor allem, weshalb sollte sie einen Haufen Kull anheuern, um uns aufzulauern?" 'Sie weiß also nichts, von Angelas Vision.' sagte sich John und entgegnete dann laut: „Sie hat Lyath und die anderen getroffen und mit ihnen geredet. Alles weitere ist mir selbst auch unbekannt."

Er war froh, dass der Magieunterdrücker ebenfalls das Gedankenlesen verhinderte, sonst wäre seine Lüge wohl direkt aufgefallen, da er die geistige Blockade noch nicht ganz beherrschte. Alanna selbst schien glücklicherweise auch nichts von einer Lüge zu bemerken. „Interessant. Sie muss wohl gerade in der Gegend gewesen sein. Wenn sie allerdings Lyath wirklich getroffen hat, ist es nicht verwunderlich, dass sie zu eurer Rettung kam, die beiden kennen sich seit Ewigkeiten." meinte die Elfe nachdenklich und stolperte fast über einen vom Sand abgeschliffenen Stein, wenn John sie nicht rechtzeitig ergriffen hätte. Er packte sie jedoch nicht nur einfach, sondern lud sie sich gleich auf die Arme um direkt weiterzulaufen. Leicht amüsiert bemerkte er, wie sich die Wangen der Elfe rötlich färbten, als sie leise: „Danke." zwischen ihren keuchenden Atemzügen hervorbrachte.

„Alles in Ordnung? Ihr wirkt ziemlich außer Atem." fragte er besorgt, als sie selbst nach einigen Minuten immer noch so schwer atmete. „Ja, ich bin seit ein paar Jahren nur nicht mehr so fit wie früher." beschwichtigte Alanna und signalisierte ihm, sie herunter zu lassen, aber der Titan ignorierte die Geste. „Ich werde nicht riskieren, dass ihr mir hier draußen wegen Überanstrengung umkippt. Ich trage euch bis zur Oase." widersprach er und dachte insgeheim: 'Sie muss wohl irgendeine Krankheit mit den Atemwegen haben. Würde auch erklären warum sie gegen diese Fanghur so schnell außer Puste war.' „Wenn ihr darauf besteht." erwiderte die Elfe sichtlich beschämt und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wandte den Blick von ihm ab, um ihre rot angelaufenen Wangen zu verbergen.

Um noch weiter davon abzulenken wollte sie wissen: „Was genau ist eigentlich mit Hauptmann Berdon geschehen, nach unserer Gefangennahme?" „Angela wird ihn nach Ilirea, vor Gericht bringen." antwortete der Soldat nüchtern. Schlagartig veränderte sich ihre Stimmung, die Augen wurden groß und sämtliche Farbe wich von ihrem Gesicht. „Sie werden ihn zum Tode verurteilen! Oder Schlimmeres!" rief Alanna entsetzt aus, doch der Colonel zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Es interessiert mich nicht sonderlich, was mit diesem Verbrecher geschieht, solange er nach den Gesetzten des entsprechenden Landes verurteilt wird." erwiderte er kühl und verlangsamte sein Tempo ein wenig, als die Oase samt kleiner Zeltstadt nur noch wenige hundert Meter vor ihnen lag. „Das hat er nicht verdient! Ja, er hat vielleicht gegen das ein oder andere Gesetz verstoßen, aber doch nur, weil er durch Befehle dazu getrieben wurde!" widersprach die Elfe energisch. „Und inwiefern entlastet ihn das? Es war immer noch er, der die Verbrechen begangen hat, Befehle hin oder her. Seid froh, dass ihr einen gewissen Sonderstatus besitzt, ansonsten hättet ihr sein Schicksal geteilt." entgegnete John berechnend. Er hatte keinerlei Mitleid mit dem arroganten Hauptmann.

Alanna hingegen schien der Mann viel zu bedeuten, denn sie rang um Worte, um seine Fakten zu entkräften. „Aber – er – was soll ich dann seiner Frau und den beiden Kindern erzählen?" „Das Berdon ein Verbrecher war, der ohne zu zögern die Eier eines Drachens gestohlen hätte und dafür gehängt wurde? Oder, dass er einer Vereinigung angehörte, die bereit war einfache Dorfbewohner zu versklaven, um an Geld zu kommen? Versucht mir nicht, mit moralischen Aspekten seine Verbrechen zu rechtfertigen. Es ändert nichts an der Tatsache, dass Berdon in wenigen Wochen in Ilirea der Prozess gemacht wird." erklärte er einschüchternd und kam zum Stehen, als sie die Mondschatten der großen Dattelpalmen erreichten, die am Rand der kleinen Siedlung wuchsen.

Er setzte die Elfe wieder ab und sah sich kurz um, wobei sein Blick auch kurz in die Richtung der Berge huschte, von denen man selbst aus dieser weiten Entfernung noch die Gipfel am Horizont sehen konnte. Alanna indessen schwieg und starrte beschämt zu Boden. Seine klaren Worte, hatten wohl Spuren auf ihrem Gemüt hinterlassen. Etwas anderes hatte jedoch Johns Aufmerksamkeit erregt. Ein kleiner Punkt hoch oben am sternenklaren Nachthimmel, der immer wieder glitzerndes Mondlicht reflektierte und etliche Kilometer entfernt war bewegte sich leicht auf und ab. 'Das Glitzern könnte vom Mondlicht stammen, dass an einer spiegelnden Oberfläche abprallt. Es gibt keine Flugzeuge in dieser Welt, also ist es sehr wahrscheinlich ein Drache. Hoffen wir mal, dass er einfach nur über uns hinweg fliegt, ich sollte dennoch ein Auge darauf behalten.' überlegte er analytisch und dachte kurz daran, was Dun'var ihm gesagt hatte nach ihrem Kampf. Außerdem war er mit Alanna befreundet.

Wenn Tymdek ihn Unterwegs getroffen und davon erzählt hatte –

'Wenn es wirklich Dun'var ist, könnte das hässlich werden.' dachte der Soldat und wandte sich Alanna zu, die mittlerweile wieder etwas gefasster wirkte. Vor allem atmete sie nun deutlich leichter als zuvor. „Wir werden unseren Aufenthalt hier so kurz wie möglich gestalten. Ich möchte keine unnötige Aufmerksamkeit der Händler auf uns ziehen." meinte er, woraufhin die Elfe nickte. „Natürlich, wie ihr meint." Ihre Stimme klang immer noch bedrückt, doch weitaus weniger aufgebracht, wie noch vor wenigen Minuten.

Bevor sie jedoch zur kleinen Zeltstadt hinübergingen stellte der Titan vorsichtig den Rucksack ab und trat hinter ihn, um Keno und Feyth zu überprüfen. Die beiden schliefen tief und fest, wobei der Junge seine Arme schützend um das Drachenmädchen gelegt hatte. Behutsam löste er den kleinen Drachen aus der Umarmung und umwickelte ihren gesamten Körper mit einem braunen Tuch, dass er aus dem Ranzen gekramt hatte. Ihren Schwanz legte er dabei vorsichtig an den Körper an und achtete darauf alles nicht zu fest zu machen. Selbst über ihren Kopf legte er noch ein Extratuch, welches er allerdings nur lose befestigte, damit sie frei atmen konnte. Von außen betrachtet wirkte Feyth nun wie ein stark eingewickeltes Kind, genau so, wie er es beabsichtigt hatte.

Alanna, die die ganze Prozedur still beobachtete flüsterte leise: „Ein überaus schlauer Einfall John-Vodhr. Die Händler werden denken, es wäre nur ein Kind." Er nickte. „Und ihr werdet sie tragen, das dürfte es noch ein wenig glaubwürdig machen. Ich denke, ich muss euch nicht davor warnen etwas Dummes zu tun?" Sie schüttelte energisch den Kopf. „Nein, niemals. Ich habe Meister Eragon mein Wort gegeben auf eure Anweisungen zu hören und auch sonst würde mir nicht einmal im Traum einfallen der kleinen Feyth etwas anzutun." Mit der Antwort zufrieden reichte er das Bündel mit dem Drachenmädchen zur Elfe hinüber, die sie sanft in Empfang nahm und mütterlich in die Armbeuge bugsierte. Danach setzte sich der Titan den Rucksack wieder auf den Rücken. Er deutete Alanna an ihm zu folgen und gemeinsam gingen sie auf die Zelte zu, von denen lautes Gelächter und Gesang ausging.

Sie blieben vor dem großen Hauptzelt stehen, aus dem als einziges Licht drang doch noch ehe sie eintraten fragte John leise: „Werden diese Männer euch erkennen?" Die Elfe schüttelte abermals den Kopf und legte beruhigend die Hand auf Feyths Bündel. „Nein, ich denke nicht. Ich habe diesen Außenposten nie persönlich besucht und es ist auch nicht so, dass Plakate von meiner Wenigkeit in jeder Stadt hängen. Sie dürften allerdings etwas überrascht sein eine Elfe hier zu sehen." „Eure Spitzohren sind unter dem Kopftuch verdeckt und meine Erscheinung sollte ausreichen, ihre Fragen auf ein Minimum zu beschränken. Verhaltet euch einfach so, als wären wir ein Paar, dass mit unseren Kindern auf der Durchreise ist." meinte der Soldat nüchtern und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben, als Alanna rot anlief. Er behielt seine Gedanken jedoch für sich und klopfte dann dreimal an eine der hölzernen Stangen im Eingang.

Das gesamte Zelt wackelte kurz durch die Krafteinwirkung und fast augenblicklich verstummte der Gesang und das Gelächter im Inneren. Die Plane am Eingang wurde beiseite gezogen und zum Vorschein kam ein kleingewachsener Mann mit braungebrannter Haut. Auf dem Kopf trug er einen, wie John aus seiner Zeit in der Sahara erkannte, Tagelmust in stark dunkelblauer Färbung, der unter das Kinn zurückgeschoben war und auch die restliche Bekleidung, ein weites, weißes Übergewand mit schwarzer Hose, erinnerte den Titanen stark an die Nomaden auf der Erde.

Als der Mann John erblickte starrte er ihn kurzzeitig überrascht an, lächelte dann aber freundlich und sagte mit starkem Akzent: „Seid willkommen fremde Reisende! Mein Name ist Lansid Yackou. Was führt euch noch zu solch später Stunde zu unserem bescheidenen Handelsposten?" „Seid gegrüßt Herr Yackou, entschuldigt die späte Störung. Mein Name ist John Miller und das ist meine Frau Amira. Wir sind mit unseren beiden Kindern unterwegs in die nächstgelegene Stadt." erklärte der Colonel höflich und neigte respektvoll den Kopf, woraufhin Alanna ebenfalls das Haupt neigte. „Ah, sehr erfreut eure Bekanntschaft zu machen. Ihr seid also auf dem Weg nach Gardelheim? Da habt ihr aber schon das längste Stück Weg hinter euch, wenn ihr aus Lendol kommt. Wie kann ich euch helfen?" wollte Lansid wissen, nachdem er die Geste erwidert hatte. „Wenn ihr erlaubt, würden wir gerne unsere Wasservorräte wieder aufstocken, das wäre alle." antwortete der Titan nüchtern und der Mann nickte freundlich. „Selbstverständlich, wir teilen gerne unser Wasser mit euch. Wartet einen Augenblick während ich meine Laterne hole, damit ich euch zum Brunnen führen kann." „Natürlich, vielen Dank." Mit diesen Worten verschwand Lansid wieder im Innern des Zeltes und die Elfe atmete erleichtert auf.

„Er hat nichts bemerkt, aber glaubt ihr es war klug euren wahren Namen zu nennen?" „Die einzigen die mich in Nidhan kennen seid ihr, Keno, Angela, Meister Eragon, die Dorfbewohner aus Lendol und ein paar Drachen. Das dürfte ein schwindend geringer Anteil der Bevölkerung sein. Ich denke es ist unerheblich ob er meinen Namen kennt oder nicht." widersprach John teilnahmslos. Sein Blick zuckte zu dem Bündel in ihrer Armbeuge hinunter, als er eine Bewegung aus dem Augenwinkel heraus bemerkte. Offenbar war das kleine Drachenmädchen aufgewacht und versuchte sich aus den Tüchern zu befreien.

Behutsam legte er seine große Pranke auf ihren Kopf und flüsterte eindringlich: „Ganz ruhig Feyth, es ist alles in Ordnung. Verhalte dich einfach weiterhin still und tu so als würdest du schlafen." Sofort hörte sie auf zu zucken und murmelte leicht verschlafen: *Was ist denn los?* 'Wir befinden uns gerade am Handelsposten und wollen unsere Wasservorräte auffüllen. Ich habe dich mit den Tüchern getarnt, damit die Händler nicht sehen, dass du ein Drache bist.' erklärte er ihr in Gedanken. *Ah, ach so. Du hättest mich auch wecken können. Dann wär ich einfach solange über euch gekreist, bis wir außer Sichtweite sind.* entgegnete Feyth glucksend. Sie schmiegte ihren Kopf enger an Alannas Brust und meinte dann überrascht: *Ich kann einen Herzschlag hören. Und seit wann bist du denn eine Frau?* 'Alanna trägt dich, um unsere Tarnung zu vervollständigen.' *Oh!* 'Und jetzt ruhig, ich höre den Händler wiederkommen.' wies er sie an und zog seinen Arm zurück.

Wenige Sekunden später trat Yackou mit einer simplen Laterne, in deren Inneren eine dicke Kerze brannte, wieder ins Freie. „Bitte folgen sie mir." sagte er freundlich und schritt mit ihnen im Schlepptau an den anderen Zelten vorbei, hinüber zu einem schlichten Brunnen aus gebranntem Lehm, über dem eine Holzrolle thronte, an der ein dünnes Seil aufgerollt war. „Hier ist es, bitte bedienen sie sich. Ich denke ihnen ist klar, wie man die Holzspule benutzt?" John nickte leicht. „Natürlich. Den Eimer hinunterlassen und wieder heraufziehen. Sehr einfache Technik." „Genau. Ich werde sie nun allein lassen. Falls sie noch etwas anderes benötigen oder aber fertig sind ihre Wasserbehältnisse zu füllen, rufen sie mich einfach." meinte Lansid und stellte die Laterne neben dem Brunnen ab, um ihnen Licht zu spenden. „Vielen Dank Herr Yackou, das werden wir tun." erwiderte der Soldat und wartete dann darauf, dass der Händler zurück im Zelt verschwunden war. Anschließend aktivierte er die Suchscheinwerfer an seinem Helm und blickte hinab in den Brunnenschacht.

„Knapp acht Meter bis zum Wasser und der Eimer fasst gerade einmal fünf Liter. Es wird ein paar Minuten dauern, bis ich meinen Tank damit gefüllt habe." schätzte John, während er die Lichter wieder abschaltete, den Wasserkanister von seinem Rücken entfernte und auf den Boden neben den Brunnen stellte. Der Tornister war vielleicht noch zu einem guten Drittel gefüllt, weswegen er relativ guten Stand auf der ebenen Fläche hatte. „Dann bleibt ja doch noch ein bisschen Zeit, etwas zu verschnaufen. Ich muss zugeben, dass ich meine Ausdauer wohl bei weitem Überschätzt habe." bemerkte Alanna und setzte sich neben dem Titanen im Schneidersitz auf den Sand. Sie hob das Tuch von Feyths Schnauze und lächelte dem kleinen Drachen freundschaftlich zu, die ihrerseits leise schnurrte und mit den Augen klimperte.

Der Colonel jedoch entgegnete kühl: „Erwartet keine allzu lange Ruhepause. Wir werden verfolgt und ich will die Oase bereits verlassen haben, wenn er uns einholt." Er warf einen Blick nach oben in den Himmel und brauchte nicht lange zu suchen, bis er den fliegenden Drachen erblickte, der mittlerweile so nahe gekommen war, dass er ihn mit dem Drachenauge einwandfrei als solchen erkennen konnte. Gleichzeitig begann er damit Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen und in den Tank umzufüllen. „Wir werden verfolgt?" fragte die Elfe angespannt und musterte ebenfalls den dunklen Nachthimmel, schien aber nichts zu erkennen. Auch Feyth folgte ihrem Beispiel und fauchte verhalten, als sie ihren riesigen Artgenossen bemerkte. „Definitiv. Die Vermutung liegt nahe, dass es euer geschuppter Freund ist, der vor ein paar Tagen unbedingt gegen mich kämpfen wollte." antwortete John mechanisch und verstärkte noch einmal seine Bemühungen, den Tornister zu füllen.

Der Drache war bereits sehr viel näher gekommen, als er gedacht hatte.

„Dun'var? Das kann nicht sein. Woher sollte er wissen, wo ich bin und vor allem was alles geschehen ist?" widersprach Alanna verwirrt. „Das ist selbst für mich nur eine Spekulation, aber ich glaube, dass Tymdek ihn auf dem Heimweg getroffen und aufgeklärt hat. Die einzig andere Erklärung die Sinn ergeben würde, wäre die, dass Angela irgendwie mit ihm gesprochen hat. Dabei sehe ich die Chancen größer bei Möglichkeit Nummer Eins." erklärte er nüchtern.

Er hielt kurz in seinen Bewegungen inne, als Feyth ängstlich flüsterte: *I – ich habe Angst John. Vater musste schon mehrfach gegen Onkel Dun'var kämpfen, um mich zu beschützen. Er wird mich töten wollen!*

Sein neutraler Gesichtsausdruck wich einer zornigen Fratze.

„Das werde ich niemals zulassen Feyth!" knurrte er, während er das letzte Mal den Eimer hinabließ. Das Gesicht der Elfe wurde aschfahl, als sie verstand, worauf Johns Worte sich bezogen. „Lasst mich mit ihm reden, ich kann ihn zur Vernunft bringen!" bat sie den Titanen, der gerade den leeren Eimer zurück in den Schacht fallen ließ und sich den vollen Wassertank auf den Rücken schnallte. „Das werde ich nicht riskieren, Elfe, aus mehrerlei Hinsicht." blaffte er, packte die Laterne und stiefelte zurück zum Zelt, nachdem er das kleine Drachenmädchen vorsichtig auf den Arm genommen hatte. Alanna hastete ihm hinterher.

Er rief den Händler herbei, der nach ein paar Augenblicken auch schon im Eingang auftauchte, drückte ihm höflich dankend die Lampe in die Hand und verabschiedete sich. Dann schnappte er die Elfe mit seinem linken Arm und rannte so schnell er konnte in Richtung Nordwesten aus der Zeltstadt. Der Colonel ignorierte die flehenden Rufe seiner elfischen Begleiterin und auch Feyths Versuche mit ihm zu sprechen blendete er aus. Sein einziger Gedanke war es nur, mehr Distanz zwischen sich und dem Außenposten zu bringen, um die unschuldigen Bewohner zu schützen. Erst als Larva ihm nervös zuraunzte: *Er kommt!* blieb er stehen und setzte die Elfe und den Rucksack ab.

Keno, der durch den ganzen Radau ebenfalls aufgewacht war fragte verwirrt: „Was ist los?" „Wir werden verfolgt und gleich angegriffen, das ist los." knurrte John und eilte sich den jungen Drachenreiter von den Riemen zu befreien, die ihn im Sitz hielten. Wie vom Blitz getroffen sprang der Junge auf, woraufhin ihm der Titan Feyth in die Arme drückte, die sich immer noch im Tuch eingewickelt befand. „Du nimmst Feyth und versteckst dich in den Felsen dort drüben. Ihr kommt erst wieder heraus, wenn ich es sage, verstanden?" befahl er streng. Keno nickte zustimmend und schluckte schwer, bevor er ohne weitere Fragen und mit der kleinen Drachendame auf dem Arm, zu der kleinen Felsansammlung hinüber spurtete. Danach wandte sich der Titan Alanna zu, die ihn immer noch flehend ansah.

„Bitte lasst mich – "

„Haltet die Schnauze! Ihr versteckt euch ebenfalls bei den Felsen. Das ist ein Befehl." unterbrach er sie rüde und baute sich demonstrativ vor ihr auf.

„Bitte – "

„Jetzt! Sofort!"

Widerwillig und mit Tränen in den Augen trottete die Elfe davon. 'Was ist nur plötzlich in ihn gefahren?' fragte sie sich angsterfüllt, doch sie konnte nichts gegen das unternehmen, was nun bevorstand. Nicht ohne ihre Magie.

Zähneknirschend packte John Larvas Griff und zog das Schwert aus der Seitentasche des Rucksacks, bevor er etwas Distanz zwischen sich und den Ranzen brachte, um den Inhalt vor dem Kampf zu bewahren. *Wir werden sie beschützen, ja?* fragte der Seelensplitter gespannt. „Worauf du deinen Arsch verwetten kannst!" gab der Soldat knurrend zurück und blickte nach oben in den sternenklaren Nachthimmel, wo er nun Dun'var deutlich erkennen konnte, der im Sturzflug auf seine Position zuhielt.

*Er ist da!*

Mit einem lauten Krachen und begleitet von einer Staubwolke setzte der riesige Drache vor ihm auf den Boden auf. Seine tiefblauen Augen funkelten den Titanen zornig an, die mächtigen Schwingen blendeten die Umgebung hinter ihm vollständig aus und er entblößte seine rasiermesserscharfen Zähne. John umfasste Larvas Griff noch etwas fester, zog mit der linken Hand das Kampfmesser aus der Halterung und ging leicht in die Knie. Dun'vars Zunge schnellte vor und zurück, während er die Luft kostete. Seine Augen wurden zu Schlitzen, als er den Kopf herumfahren lies und die kleine Felsformation hinter dem Soldaten fixierte. Er riss das Maul weit auf und ließ ein markerschütterndes Brüllen über die Ebene hinweg schallen. Wutentbrannt drehte der Titan die externen Lautsprecher seines Anzugs auf maximale Leistung und brüllte seinerseits: „Ich bin dein Gegner!"

Dann begann er den Angriff.

In einer einzigen fließenden Bewegungsabfolge, warf er das Messer auf die Brust des Drachen, packte dann mit beiden Händen den Griff des Schwertes und schoss auf seinen Gegner zu. Die kleine Waffe drang bis zum Anschlag hin durch Dun'vars natürlichen Panzer, was das große Reptil laut aufjaulen ließ, doch er war geistesgegenwärtig genug, um Johns Sturmangriff mit einem Schwanzhieb abzublocken. Der dornenbewehrte Muskelstrang traf den Soldaten in den Bauch, der den Schmerz jedoch ignorierte und sich stattdessen an einem der langen Stacheln festhielt. Gleichzeitig rammte er Larvas Klinge quer durch den Schwanz, ließ den Stachel los und packte die Spitze der Waffe. Vom Schmerz getrieben peitschte der Drache wild hin und her und brüllte, als das Schwert durch seine eigenen Bewegungen den Schwanz fast mittig zerteilte. Der Titan wurde durch die Luft gewirbelt und landete mit der Schulter voran im Boden, die Brust und Arme mit heißem Blut bespritzt.

Er rappelte sich wieder auf, den Schmerz in der rechten Schulter vollkommen ausblendend. Der Blutrausch hatte vollen Besitz von ihm ergriffen. Erneut stürzte er sich mit erhobenem Schwert auf Dun'var, der nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Der rote Stahl schnitt ihm tief durch das linke Vorderbein und schrammte nur Millimeter an Knochen und Sehnen vorbei. Wütend Brüllen schlug der Drache mit seiner krallenbewehrten Pranke nach dem Menschen und ein metallisches Kreischen erfüllte die Nacht, als die Klauen über die Panzerung des Atlas hinweg schrammten. Die Kraft reichte aus, um vier deutlich sichtbare Kratzspuren auf der Brustplatte zu hinterlassen und John erneut einige Meter durch die Luft wirbeln zu lassen. Dieser jedoch hatte das Glück mit seiner freien Hand den Boden unter ihm zu berühren und somit die Landung besser zu kontrollieren.

Ein gewaltiges Brausen erfüllte seine Ohren, als Dun'var seine mächtigen Lungen füllte. Hastig schloss der Soldat das linke Auge, dann rauschte auch schon ein blaues Flammenmeer aus dem Schlund des Drachen auf ihn zu. Schlagartig verdunkelte sich die Hornhaut in seinem rechten Auge, um der Blendung entgegen zu wirken. Dieses Mal blieb er allerding nicht darin stehen, sondern rannte durch das Feuer hindurch und schaltete seinerseits die ultrahellen Scheinwerfer seines Anzugs an. Er strahlte direkt auf die Augen des Reptils, welches jaulte und seine Lider schloss. Auch der Flammensturm verebbte, als Dun'var verwirrt seinen Kopf abwendete. Das gab dem Titanen genug Zeit einen kräftigen Hieb gegen den Unterkiefer des Drachens zu führen.

Ein ekelerregendes, knackendes und reißendes Geräusch ertönte, als Larva den rechten Unterkieferknochen durchdrang und eine schwerblutende Wunde im Maul des Widersachers hinterließ. Der gigantische Drache brüllte ohrenbetäubend und hieb, vom Blutdurst getrieben, den Soldaten mit seiner Pranke zu Boden. Dieser würgte mit schmerzverzerrtem Gesicht und versuchte sich wegzurollen, als sein Gegner sich aufrichtete, um ihn mit voller Wucht in den Boden zu rammen.

Doch er schaffte es nur halb.

Dun'var erwischte seinen linken Arm mit vollem Gewicht und es war nun John, der laut vor Schmerzen brüllte, als alle Gelenke aus ihren natürlichen Positionen gedrückt und sämtliche Sehnen und Muskeln in diesem Arm rissen. Nur dank dem Atlas und dem metallischen Überzug seiner Knochen hing die Extremität noch am Körper. Instinktiv rollte er dennoch weiter, um den Folgeattacken auszuweichen und sprang erst wieder auf die Beine, als er sich sicher war, außer Reichweite zu sein.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, nein, beide Herzen schlugen mit voller Kraft und pumpten die Nanitenlösung mit Überdruck durch seine Adern. Die winzigen Roboter schütteten Unmengen an Adrenalin und Schmerzmittel aus. Zudem betäubten sie sofort die Nervenbahnen im zerstörten Arm, um John kampffähig zu halten. Ohne diese Notmaßnahmen, hätte der Titan wohl schon längst das Bewusstsein verloren, aber nun befand er sich in wie in einem Rausch von Energie und Wut.

Ohne nachzudenken rannte er wieder auf den Drachen zu, duckte sich diesmal unter dem peitschenden Schwanz hinweg und erwischte die rechte Pranke mit dem Schwert, als Dun'var abermals versuchte ihn zu Boden zu drücken. Knirschend durchtrennte Larva Knochen und Sehnen. Der Drache jaulte auf und wich zurück als zwei seiner fünf Zehen abgetrennt zu Boden fielen. John setzte hinterher und hieb auf den Kopf seines Widersachers ein, der diesen unklugerweise gesenkt hatte. Nur knapp schaffte es der Drache dem wuchtigen Schlag, der auf das Auge gezielt war auszuweichen, doch das dicke Horn an seiner linken Schläfe erwischte es. Im hohen Bogen wirbelte die abgeschlagene Kopfbedeckung davon.

Allerdings hatte John seine komplette Deckung für den Angriff entblößt welche Dun'var ausnutzte, indem er seinen gesamten Körper herum schwang und den Soldaten mit seinem Schwanz erneut in der Magengegend erwischte. Er schleuderte den Menschen etliche Meter zurück. Der Titan klappte zusammen und spuckte blaues Blut in das Innere seines Helms.

Er wollte sich wieder aufrappeln, doch sein Körper war an der Obergrenze angelangt.

Jeder Muskel, jedes Organ, jede einzelne Zelle ächzte unter der enormen Belastung.

Mit purer Willenskraft zwang er sich noch einmal aufzustehen. Er durfte Feyth nicht im Stich lassen!

Da geschah es.

Sein Kopf wurde leer, sämtliche Anspannung viel von ihm ab und sein Blick wurde starr. Nur noch zwei Gedanken rasten durch seinen Geist.

'Töten! Beschützen!'

Teilnahmslos betrachtete er Dun'var der erneut mit seiner Pranke nach ihm hieb. Mühelos duckte er sich unter dem plumpen Angriff weg, trat einen Schritt vor und schlitzte einfach die Brust des Drachens auf. Larva hinterließ einen tiefen Schnitt, was das Reptil jaulend zur Kenntnis nahm. Er wollte sich wegdrehen, um den Soldaten wieder mit dem verletzten Schwanz fortzufegen, doch John hatte bereits reagiert und Schlug das Ende des Muskelstrangs ab, als wäre das leichteste auf der Welt. Stumm sprang der Titan nach vorn, nutzte das Messer, welches seit Beginn des Kampfes in Dun'vars Brust steckte als Trittbrett und rammte ihm das Schwert von unten durch die Schnauze, so dass es an der Oberseite wieder herausdrang.

'Töten! Beschützen!'

Die Waffe verhakte sich in der dicken Knochenplatte des Oberkiefers und der Drache nutzte die Chance, um den Menschen mit seiner Pranke forstzustoßen, wobei ihm das Schwert aus der Hand gerissen wurde. Er krachte mit dem Kopf voran in den Sand stand jedoch nur Sekundenbruchteile später wieder auf, legte den Kopf schräg und starrte Dun'var an. Die Arme hingen dabei locker neben dem Körper, sowohl der zerstörte, wie auch der unverletzte.

Furcht ergriff den sonst so siegessicheren Dun'var . Der Zweibeiner wirkte wie eine leblose Puppe, doch keine Fäden hingen an seinen Gliedmaßen.

'Töten! Beschützen!'

Dann, ohne Vorwarnung, sprang John auf ihn zu und trieb ihm seinen eigenen Arm als Waffe in die Brust. Bis zur Schulter steckte er nun in den Innereien des Drachen, der fassungslos nach unten starrte. Der Titan zog den Arm schmatzend aus der Wunde und sah regungslos zu wie der Gigant röchelnd nach Luft ringend zu Boden ging, von wo er nicht mehr aufstand.

Doch auch der Soldat musste nun den Verletzungen Tribut zollen, als sein Körper zu zittern begann.

'Töten! Beschützen!'

Seine Sicht begann zu verschwimmen, als er langsam nach hinten wegkippte und noch bevor er auf dem Boden aufkam, wurde alles um ihn herum schwarz. Nur dieselben beiden Gedanken hallten weiterhin durch seinen Kopf.

'Töten! Beschützen!'



[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt