„Alanna? Ich glaube das nicht." murmelte Eragon entsetzt und fasste sich überrumpelt an die Schläfe. Die Elfe erwiderte nichts sondern starrte ebenfalls schockiert auf die Wasseroberfläche.
John stand hinter ihr, die Hand immer noch auf ihrer Schulter liegend und bereit bei der kleinsten Bewegung erneut einzugreifen. Keno war etwas bei Seite gerutscht, um mehr Distanz zwischen sich und seine ehemalige Meisterin zu bringen, wohingegen Feyth Alanna nur stumm mit einer Mischung aus Freude und Wut musterte.
„Das kann nicht sein. Seid ihr sicher Herr Miller, dass sie die Anführerin des Trupps war?" wollte der ältere Drachenreiter nach einigen Augenblicken gespannter Stille wissen, woraufhin der Titan bestimmt nickte. „Daran besteht kein Zweifel, Meister Eragon. Die Soldaten des Trupps haben auf ihre Befehle gehört. Unter ihnen war auch ein gewisser Berdon, falls euch das etwas sagt. Er war ihr als Hauptmann unterstellt." Eragon biss sich ernst auf die Unterlippe. „Berdon der Schlächter. Ja sein Name ist mir durchaus bekannt. Er ist einer der höherrangigen Offiziere in den Reihen der Schwarzen Rose. Was ist mit ihm geschehen?" „Er wurde zusammen mit Alanna gefangengenommen. Angela die Kräuterhexe wird ihn mit einer Eskorte nach Ilirea bringen." erklärte der Soldat und bemerkte, wie Alanna aufhorchte. Auch Eragon schien leicht verwundert zu sein.
„Angela hat euch geholfen?" „Ja. Ohne sie, wäre ich wohl noch immer ein Gefangener dank diesen verfluchten Ketten." bestätigte John und verstärkte leicht den Griff auf Alannas Schulter. Der Drachenreiter nickte bedächtig. „Ja, ja das macht Sinn, es ist schließlich Angela von der wir hier reden. Ihr habt Alanna eine Droge verabreicht, um ihre Magie zu unterdrücken, nehme ich an?" „Exakt. Sie besitzt keinerlei Kontrolle über mich, seid unbesorgt." „Gut." entgegnete Eragon und wandte sich dann direkt an die Elfe.
„Nun Alanna, was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen? Wie konnte es geschehen, dass du der Schwarzen Rose beigetreten bist?" In seiner Stimme klang ein enttäuschter Unterton heraus.
'Jetzt wird sich zeigen, ob sie ihr nächtliches Gespräch ernst gemeint hat, oder mir etwas vorspielte.' dachte John und wartete gespannt auf ihre Antwort. Er wurde positiv überrascht.
„Es tut mir Leid Ebrithil. Alles. So undendlich leid." erwiderte Alanna leise und echte Tränen kullerten aus ihren beschämt zugepressten Augen. Der Soldat warf ihr einen verblüfften Blick zu. Sie war zu einem Häuflein Elend zusammengesunken und nur weil er sie an der Schulter festhielt kippte sie nicht vornüber. Offensichtlich ging ihr es wirklich zu Herzen.
Der Großmeister schien ihr dies jedoch noch nicht ganz abzunehmen, denn er hob skeptisch eine Augenbraue und sagte etwas in der Alten Sprache. Flüsternd antwortete die Elfe ebenfalls in der fremden Sprache, was den Titan etwas verärgerte. Er hätte zu gern erfahren worüber sie sprachen, sagte jedoch nichts, da er es als unhöflich erachtete. Feyth schien allerdings bemerkt zu haben, dass ihm etwas nicht passte und meinte beruhigend: *Meister Eragon spricht mit ihr in der Alten Sprache, weil man in dieser nicht Lügen kann. Es ist nicht aus Respektlosigkeit.* 'Ah, ich verstehe.' entgegnete er in Gedanken und dadurch besänftigt konzentrierte er sich wieder auf das was die beiden miteinander besprachen. Ein kurzer Seitenblick auf Keno verriet ihm, dass auch der Junge gebannt zuhörte. Es ging eine ganze Weile hin und her, wobei Eragon teilweise wütend und andererseits auch wieder fürsorglich klang, wohingegen Alanna fast ausschließlich betrübt antwortete. Sie schien sich innig für das zu schämen, was sie getan hatte, denn sie blickte den älteren Drachenreiter nicht ein einziges Mal in die Augen. Der hatte derweil die Arme vor der Brust verschränkt und sein Kinn auf die rechte Hand abgestützt.
Schließlich seufzte er laut und wechselte, sehr zu Johns Freude, die Sprache. „Verzeiht Herr Miller, es war nicht meine Absicht wie ein Rüpel zu wirken, aber dieses Gespräch in der Alten Sprache zu führen schien mir die beste Möglichkeit zu sein, am schnellsten Licht ins Dunkel zu bringen." „Ich verstehe dies vollkommen, Meister Eragon. Sie war schließlich Mitglied des Drachenreiterordens und es obliegt somit eurer Autorität, wie ihr mit Alanna umgeht. Es gibt immerhin auch Geheimnisse eures Ordens, die für meine Ohren, als Außenstehender, nicht bestimmt sind. Dessen bin ich mir durchaus bewusst." erwiderte der Titan beschwichtigend und Eragon nickte dankbar. „Ich sehe, dass ihr schon einige Erfahrung in eurem Leben gesammelt habt Herr Miller. Ja, es gibt in der Tat Geheimnisse, die euch nichts angehen. Nichtsdestotrotz habt ihr ein Recht darauf zu erfahren, was ansonsten besprochen wurde."
„Danke sehr, bitte, fahrt fort."
„Nun, zuerst einmal denke ich es wird euch freuen zu hören, dass Alanna ihre Rolle in der Schwarzen Hand aufrichtig bereut. Sie wird euch die Drachenketten unverzüglich abnehmen." „Das ist schon mal ein Anfang." „Ja. Sie hatte anscheinend schon länger vor, diese Organisation zu verlassen, aber ein mächtiger Zauber bindet sie an den Befehl ihres Meisters. Deshalb war sie gezwungen Lyaths Entführung durchzuführen, die ihr in heldenhafter Weise verhindert habt Herr Miller. Sie ist euch unendlich dankbar dafür, genauso wie Saphira und ich." „Ich tat nur, was ich für richtig erachtete. Aber sagt, weshalb legte Alanna mir die Drachenketten überhaupt an, wenn sie doch nur den Befehl hatte Lyath gefangen zu nehmen?" meinte John und legte die Stirn in Falten. Der Großmeister blickte nachdenklich von Alanna zu ihm, bevor er antwortete: „Sie meinte, dass es eine spontane Entscheidung gewesen sei. Scheinbar habt ihr meiner ehemaligen Schülerin einen ungeheuren Schrecken eingejagt."
Der Titan konnte die Elfe unter seinen Fingern zittern spüren und auch Eragons Worte klangen eher wie eine Ausrede, als nach der Wahrheit, er akzeptierte es aber. Es gab offenbar etwas, dass der ältere Drachenreiter bereit war für Alanna geheim zu halten und da er ihn nicht respektlos drängen wollte, beschloss er sie später persönlich danach zu fragen. Also entgegnete er: „Ich gebe zu, dass es unauffälligere Gesellen gibt als mich."
„Das kann ich nur schlecht beurteilen Herr Miller, aber seid versichert, dass ich und Saphira uns schon sehr darauf freuen, euch persönlich gegenüberzustehen. Womit wir wieder beim eigentlichen Punkt des Gesprächs wären." merkte der Drachenreiter an und schloss für einen kurzen Moment die Augen, bevor er fortfuhr: „Alanna ist es nicht möglich, uns irgendetwas über die Schwarze Rose zu erzählen, weder den Aufenthaltsort von Shad, noch den genauen Standort ihrer Verstecke." John warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Weshalb?" „Anscheinend wurde ein mächtiger Zauber über sie gelegt, der an ihre Seele selbst gebunden ist. Alanna kann ihn nicht brechen, jedenfalls nicht so schnell und ohne Hilfe. Und ich kann ihr durch die Traumsicht hindurch nicht helfen."
„Ich ahne, worauf das hinausläuft Meister Eragon."
„Das dachte ich mir bereits. Die Sache ist die, ich und Saphira sind momentan die einzigen vom Orden, die euch abholen kommen könnten. Unsere Schüler wären dazu zwar wahrscheinlich auch in der Lage, aber sie sind noch zu jung und unerfahren, als das ich es riskieren könnte, sie alleine loszuschicken."
„Wo sind die anderen Meister gerade?" fragte Keno verwundert und Eragon erwiderte: „Auf Expeditionen, Keno-Finiarel, zusammen mit ihren Schülern. Die ersten von ihnen erwarten wir frühestens in vier Tagen zurück."
Er wandte sich wieder an den Soldaten, der seinen Griff um Alannas Schulter etwas verringert hatte. „Das alles wäre kein Problem, wenn ich nicht in den nächsten zwei Tagen wichtigen Besuch erwarten würde, der meine volle Aufmerksamkeit erfordert. Ich würde meinem Clanbruder und König nur ungern seinen langersehnten Besuch verwehren, vor allem, da ihre Reise hierher zwei Wochen dauerte und er ebenfalls etwas Dringliches zu besprechen hat."
„Das ist in der Tat ein Problem Herr Eragon." stimmte der Titan kühl zu. „Allerdings." meinte Eragon nickend. „Ich kann die Festung erst verlassen, sobald König Orik und sein Gefolge sicher angekommen sind. Es fällt mir nicht leicht diese Entscheidung zu treffen, aber ihr macht den Eindruck eines ehrlichen und erfahrenen Mannes auf mich Herr Miller. Wärt ihr bereit, Keno und Alanna zu unserer Festung zu begleiten? Der junge Schüler ist, trotz seiner fortgeschrittenen Ausbildung, noch nicht bereit für eine solche Reise und Alanna mag zwar die nötige Erfahrung besitzen, doch durch ihre magische Bindung an die Schwarze Rose, stellt sie eine Gefahr für ihre Begleiter dar, ob gewollt oder nicht."
„Das geht in Ordnung Meister Drachenreiter. Ich werde die beiden so schnell es mir möglich ist, zu euch bringen." entgegnete John trocken und setzte sich seinen Helm wieder auf. Er wollte es nicht riskieren, dass der Großmeister sein Drachenauge bemerkte und anfing unangenehme Fragen zu stellen. Dass diese Handlung dabei etwas unhöflich wirkte, kümmerte ihn nicht.
Zum Glück schien sich der ältere Drachenreiter daran aber nicht zu stören, denn er meinte freundlich: „Das freut mich zu hören Herr Miller. Wo genau befindet ihr euch gerade?" „Unserer Karte nach zu urteilen ungefähr 35 Kilometer südwestlich des kleinen Handelsposten in der Wüste namens 'Der Brennende Pfad'." Eragon blickte nach rechts, wo man auf der Wasseroberfläche den Teil einer Karte erkennen konnte. „Ah, dort also. Gut, wie lange ungefähr benötigt ihr für den restlichen Weg bis nach Drakenfort?" fragte er dann.
Vor seinem inneren Auge betrachtete der Titan das Abbild der Karte, bis er die kleine Stadt einige Kilometer vom Drachenberg entfernt entdeckte. „Wenn ich die Elfe und Keno den gesamten Weg über trage, benötige ich ungefähr vier oder fünf Tage, abhängig vom Zustand der Straßen in diesem Land." antwortete er analytisch und erntete dafür einen verblüfften Gesichtsausdruck vom Großmeister.
„Bei allem nötigen Respekt Herr Miller, aber selbst ein Drache bräuchte unter perfekten Bedingungen knapp drei Tage für solch einen Flug. Und ihr wollt diese Strecke zu Fuß, mit zwei Leuten beladen innerhalb von fünf Tagen schaffen? Das erscheint mir, ohne euch Beleidigen zu wollen, etwas hochgegriffen." „Ich bin kein gewöhnlicher Mensch, Meister Drachenreiter. Vertraut mir, ich werde die beiden innerhalb von maximal fünf Tagen zu euch bringen." sagte der Soldat bestimmt. Eine kurze Pause entstand zwischen ihm und Eragon, wobei er vermutete, dass der Drachenreiter sich mit Saphira besprach. Er nahm es ihm nicht übel, dass er skeptisch mit seiner Aussage umging, schließlich kannte der Reiter ihn erst seit etwas über einer Stunde. *Also ich glaube dir.* zirpte Feyth aufmunternd, sprang hoch auf seine Schulter und presste ihren Kopf eng an seinen Helm. 'Das ist sehr nett Feyth, danke.' entgegnete er höflich und tätschelte etwas unbeholfen ihren Hals.
Unerwarteterweise ergriff auch Keno für ihn Partei. „Meister Eragon, ihr könnt John vollkommen vertrauen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wozu er im Stande ist und wenn er sagt, er könnte uns in fünf Tagen nach Drakenfort bringen, dann ist dies auch so." erklärte der junge Drachenreiter ernst.
Der Großmeister kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Ihr scheint recht überzeugend auf den jungen Keno und die kleine Feyth zu wirken Herr Miller. Trotzdem denke ich, wäre es besser, wenn ihr in der nächsten Stadt auf Pferde umsteigt. Ich werde den Bürgermeister nach unserem Gespräch sofort benachrichtigen." „Dies würde uns nur verlangsamen. Pferde benötigen Rast, was bedeutet, dass wir in der Nacht campieren müssten." widersprach John mechanisch. „Und ihr wollt mit zwei Leuten auf dem Rücken fünf Tage und Nächte hindurch rennen?" entgegnete Eragon misstrauisch.
Bevor der Titan jedoch etwas erwidern konnte, flüsterte Alanna leise: „Ich weiß, ich habe euer Vertrauen verloren Ebrithil, aber hört auf den jungen Keno. John ist ein außergewöhnlicher Mann, der nicht einmal davor zurückschreckt unbewaffnet und gefesselt gegen einen Drachen zu kämpfen. Für ihn dürfte es ein leichtes sein, uns beide nach Drakenfort zu tragen." Überrascht blickte er zu ihr herunter, aber die Elfe mied weiterhin jeglichen Kontakt und starrte stur zu Boden. Die Stirn des Großmeisters legte sich in tiefe Falten und auch Saphira rückte mit ihrem Kopf näher an den Spiegel heran.
„Ihr habt gegen einen Drachen gekämpft?" fragte er ungläubig, woraufhin der Titan ernst nickte. „Ja." „Sprecht mir nach: Eka thorta du ilumëo." forderte Eragon. John erinnerte sich daran, dass Alanna denselben Satz damals zu ihm sagte, als er ihr nicht geglaubt hatte. Trocken wiederholte er daher: „Eka thorta du ilumëo." Die Gesichtszüge des Drachenreiters entspannten sich ein wenig und er meinte: „Es scheint, als hättet ihr mir eine Menge zu berichten, sobald ihr hier angekommen seid, Herr Miller. Also gut, ich überlasse euch die Wahl eurer Fortbewegung, wenn ihr bereit seid, einen Schwur in der Alten Sprache zu leisten."
John legte leicht den Kopf schräg. „Was für einen Schwur?" „Für die Sicherheit von Alanna und Keno zu sorgen. Feyth, denke ich, steht ohnehin schon unter eurem Schutz." „Das ist korrekt. Ich bin einverstanden." antwortete der Soldat und der Großmeister nickte zufrieden. „Dann sprecht mir erneut nach: Eka weohnata Alanna un Keno hlȳja, eka thäet otherúm." „Moment, sagt mir erst, was genau es bedeutet." „Ich werde Alanna und Keno beschützen, das schwöre ich." „Danke." sagte John und fuhr dann mit geneigtem Kopf fort: „ Eka weohnata Alanna un Keno hlȳja, eka thäet otherúm."
Kurz nachdem er die Worte ausgesprochen hatte schien ein leichtes Kribbeln durch seinen kompletten Körper zu fahren, verschwand jedoch genauso rasch, wie es gekommen war. 'Scheinbar hat diese Alte Sprache mich tatsächlich an die Worte gebunden.' vermutete er scharfsinnig und warf einen kurzen Seitenblick auf Keno, der ihn seinerseits zufrieden anlächelte.
Er wandte sich wieder dem Traumbild zu, wo Eragon ebenfalls erleichtert ausatmete. „Habt vielen Dank Herr Miller, ihr ahnt gar nicht was für eine Last mir gerade von den Schultern fiel." „Diese Alte Sprache ist wahrhaftig ein mächtiges Werkzeug, Meister Drachenreiter." stimmte der Soldat ernst zu und der Großmeister nickte. „Das ist sie in der Tat. Nun will ich euch aber nicht viel länger aufhalten meine Freunde. Keno, sei unbesorgt. Ich werde unverzüglich Nachrichten an Königin Arya und König Merto verschicken und natürlich den anderen Meistern Bescheid geben, wir werden Shad auf jeden Fall wiederfinden. Spätestens, sobald ihr mit Alanna hier eingetroffen seid." Der junge Drachenreiter lächelte fröhlich. „Vielen Dank Meister Eragon."
„Das wird schon wieder mein Junge. Herr Miller, ich nehme an, dass ihr euch auf den Straßen in Richtung Drakenfort fortbewegen werdet?" „Insofern es keine unvorhersehbaren Zwischenfälle gibt, ja." bestätigte John, woraufhin Eragon eindringlich fortfuhr: „Ich werde mit Saphira und unseren beiden Schülern sofort aufbrechen, sobald Orik samt seinem Gefolge eingetroffen und angemessen untergebracht ist. Erwartet uns also frühestens erst in drei, beziehungsweise vier Tagen." „Verstanden." „Falls ihr Unterwegs in einer der Städte Proviant aufstocken müsst, dann lasst die Rechnung an mich schicken. In der Regel solltet ihr damit keine Probleme haben, da die Leute Alanna oder Keno erkennen werden." „Glücklicherweise hat uns Angela einen großen Vorrat mitgegeben. Das einzige was wir eventuell nachfüllen müssen, sind unsere Wasserbehälter. Daher werde ich die großen Städte eher meiden, unsere Gruppe würde zu viel Aufmerksamkeit erregen." erklärte der Soldat nüchtern.
Der ältere Drachenreiter nickte zustimmend. „Wenn ich mir eure Rüstung so ansehe, könntet ihr damit recht haben Herr Miller. Nun gut, ich vertraue auf eure Erfahrung und Instinkt. Ihr werdet schon die besten Entscheidungen treffen. Bisher habt ihr euch ja auch ganz gut durchgeschlagen." Dann wandte er sich erneut an Keno. „Falls etwas passieren sollte, oder weitere Fragen aufkommen, scheut euch nicht, mich noch einmal zu kontaktieren." „Verstanden Meister." entgegnete der Junge aufmerksam. Saphira ließ ein tiefes Brummen aus dem Hintergrund erschallen, was Eragon kurzerhand in Worte übersetzte. „Saphira wünscht euch eine sichere Reise und hofft, dass ihr bald hier ankommt." „Vielen Dank Meisterin Saphira." meinte der junge Drachenreiter und auch Feyth bat John mit kleinlauter Stimme: *Sag ihr bitte, dass ich mich schon sehr darauf freue sie wiederzusehen.* Ohne zu zögern gab er ihre Worte weiter: „Auch Feyth freut sich schon darauf euch wiederzusehen Saphira."
Die blaue Drachendame zwinkerte verstehend und das kleine Drachenmädchen auf seiner Schulter fiepte leise. Dann hob Eragon die Hand zum Gruß. „So macht es also gut ihr vier, ich hoffe, ihr habt eine sichere Reise. Alanna, ihr hört auf Herrn Millers Befehle, haben wir uns verstanden?" Zum ersten Mal blickte die Elfe auf und sah ihren ehemaligen Meister direkt an. Sie nickte kurz. „Natürlich Ebrithil." „Gut, das will ich hoffen. Mögen die Sterne über euch wachen." endete der ältere Drachenreiter das Gespräch und Keno erwiderte geschwind: „Und über euch Meister Eragon." Dann hielt er die Hand über das Schälchen und beendete die Traumsicht.
John hatte sich nicht verabschiedet, sah darin aber keinen Nachteil, sondern konzentrierte sich gleich auf das Wesentliche. „Ein sehr guter Einfall Keno, diese Traumsicht ist überaus nützlich." lobte er den Jungen ernst. „Ja, Meister Eragon weiß eben immer rat." meinte dieser stolz und Feyth summte zustimmend.
Dann stand der Titan aus seiner gebückten Haltung auf und hielt Alanna seine Arme hin. „Entfernt die Ketten." verlangte er in kühlem Tonfall, woraufhin die Elfe sich aufraffte, eine Hand auf die Drachenkette legte und etwas in der Alten Sprache murmelte. Es konnte kein Zauber sein, die Droge hielt noch über einen Tag lang an, also ließ er sie gewähren. Und tatsächlich, einige Momente später glitten die Ketten rasselnd von seinen Gliedmaßen und fielen dumpf in den erkaltenden Wüstensand.
„In Ordnung. Keno, iss ein paar der Trockenfrüchte und etwas vom Rauchfleisch. Elfe, ihr ebenfalls und trinkt ordentlich. Ich will in einer halben Stunde abmarschbereit sein und danach keine Pausen mehr einlegen." kommandierte er dann harsch. Keno blinzelte überrascht und nickte eifrig, doch Alanna tastete sich erschrocken die Brust ab.
„Wir haben euch euren Stein nicht abgenommen Alanna." meinte John trocken und packte die Elfe unsanft an den Schultern. Er zog sich wieder den Helm vom Kopf blickte sie mit eiskalten Augen an. Blankes Entsetzten breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „John! Euer – euer Auge!" „Eine gute Auffassungsgabe. Meine Sehorgane stehen hier aber nicht zur Diskussion, sondern ihr. Ganz gleich, was ihr Meister Eragon erzählt haben mögt, für mich seid ihr immer noch ein Verbrecher und ich werde dafür sorgen, dass ihr für eure Taten büßen werdet, selbst wenn ich dafür mit dem Drachenreiterorden in Konflikt gerate. Solange Lyath euch nicht verziehen hat, werde ich es auch nicht. Und solltet ihr auch nur ansatzweise den Versuch wagen davonzulaufen, werde ich euch euer rechtes Bein abschlagen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?" erklärte gefühlslos und wurde dabei von Feyths Knurren unterstrichen.
Die Elfe schluckte schwer und neigte respektvoll den Kopf. „Ich habe verstanden. Und Meister Eragon hat nicht vor, mich ohne Strafe davonkommen zu lassen, seid euch dessen versichert." murmelte sie unterwürfig, aber John bemerkte, dass sie trotz ihrer Angst kurz zu lächeln schien. „Was amüsiert euch dann so?" fragte er skeptisch, ließ Alannas Schultern jedoch wieder los und richtete sich auf. „Es ist – nichts." presste sie angespannt heraus. Der Titan warf ihr noch einmal einen musternden Blick zu, dann meinte er: „Gut. Nun esst und trinkt. Ich will eurem ehemaligem Meister schließlich keine Leiche bringen müssen."
Er wollte sich gerade umdrehen, um ihren Aufbruch vorzubereiten, als die Elfe ihn vorsichtig an der Hand zurückhielt. „Was wollt ihr?" „Ich will euch anbieten, Keno meinen Platz am Rucksack zu überlassen und ich stattdessen mit euch laufe." erklärte sie kleinlaut. Zweifelnd hob der Soldat eine Augenbraue an. „Ich glaube nicht, dass ihr mit meinem Tempo mithalten könnt Elfe." „Lasst es mich wenigstens versuchen. Falls ihr recht behaltet, werde ich mich eurem Willen beugen und ohne Widerworte auf den Rucksack fesseln lassen." Er dachte einige Momente darüber nach, bis schließlich das kleine Drachenmädchen einwarf: *Lass sie es versuchen. Ich glaube es ist ihre Art uns zu zeigen, dass wir ihr vertrauen können.* Er spürte, wie sich seine väterliche Seite wieder nach vorne schob und ließ sie auch ohne Widerstand gewähren, das Wichtigste war bereits abgeklärt worden. Sofort wurde seine Haltung etwas lockerer. 'Das könnte sein meine Kleine.' stimmte er Feyth zu und entgegnete dann laut: „Also gut, meinetwegen. Aber wehe ihr fallt zu sehr zurück." „Vielen Dank John! Ihr werdet es nicht bereuen!" antwortete Alanna sichtlich erleichtert. Sie ließ seine Hand los und berührte ihre eigene Brust an der Stelle, wo sich, wie John wusste, die geheime Tasche mit dem Edelstein befand.
„Das will ich hoffen." meinte der Soldat ernst, langte in den Rucksack und kramte ein mit Wachs versiegeltes Päckchen hervor auf dem in krakeliger Schrift das Wort „Fleisch" geschrieben stand. Er reichte es der Elfe, die jedoch hob ablehnend die Hand. „Verzeiht, aber ich würde es vorziehen kein Fleisch essen zu müssen." „Weshalb? Vertragt ihr es nicht?" „Nein, das ist es nicht. Ich würde damit gegen meine Moral verstoßen." „Aha. Weit hin kann es damit aber nicht wirklich sein. Wenn ich mich recht entsinne, habt ihr Lyath vergiftet und wolltet ihre Jungen stehlen, doch Fleisch zu essen verstößt gegen eure Moral? Respekt, eure Standards sind überaus hoch gesetzt Elfe." sagte er abschätzig, woraufhin Alanna beschämt zu Boden blickte. „Ihr – ihr habt recht John." Widerwillig griff sie nach dem Päckchen, aber der Titan hatte es bereits Keno zugeworfen.
„Ich werde es nicht riskieren, dass ihr unterwegs eine Magenverstimmung bekommt. Nehmt die Beeren dort in dem Schälchen, insofern Feyth nichts dagegen hat." erklärte er und das Drachenmädchen zwinkerte der Elfe zustimmend zu. Alanna nickte dankbar, hob das Schälchen vom Boden und begann stumm zu essen.
Währenddessen verstaute John die Drachenketten tief im Inneren des Rucksacks, trank das Wasser aus der Keksschale mit einem Zug weg und räumte es auch weg, nachdem er die Gebäckstücke wieder halbwegs sicher verpackt hatte. Zugleich fragte er Feyth, wie sie zu der ganzen Sache stand.
Der kleine Drache dachte einige Augenblicke darüber nach, bevor sie antwortete: *Alanna hat mir damals das Leben gerettet und war sehr nett zu mir und Vater. Aber sie hat auch böse Sachen gemacht und Tante Lyath angegriffen. Um ehrlich zu sein kann ich dir darauf keine Antwort geben John. Sie mag zwar wirklich unter einem mächtigen Bann stehen, aber es ist in gewisser Weise ja auch ihre eigene Schuld. Schließlich hat sie sich der Schwarzen Rose ja freiwillig angeschlossen, oder etwa nicht?* Der Titan zuckte mit den Schultern. 'Ich weiß es nicht Kleine. Sie könnte beides sein, Opfer und Täter zugleich.' *Sie sah zumindest wirklich traurig aus, als sie mit Meister Eragon geredet hat und sie wirkt ernsthaft beschämt über ihre Taten. Sie würde sogar Fleisch essen, wenn du sie zwingst!* 'Ist das so besonders? Man hat mich auch schon einmal gezwungen Rosenkohl zu essen, obwohl ich ihn verabscheue.' *Elfen rühren kein Fleisch an, weil sie so naturverbunden sin und öfters mit wilden Tieren in Kontakt treten. Das hat Vater mir einmal erzählt. Sie ertragen den Gedanken nicht, dass dieses Fleisch einmal ein lebendiges Wesen war.*
Skeptisch hob er eine Augenbraue an. 'Was ist das für eine Logik? Sie ertragen es nicht, das Fleisch von getöteten Tieren zu essen, aber sind dazu bereit ohne moralische Bedenken andere Leute zu ermorden? Das nenne ich mal eine heuchlerische Bande.' *Ich verstehe es auch nicht.* Sie warf Alanna einen langen, musternden Blick zu. *Ich glaube, uns bleibt nichts anderes übrig, als auf Meister Eragons Worte zu vertrauen und abzuwarten, wie sie sich verhält.* 'Da hast du vermutlich recht.' stimmte er nachdenklich zu und stopfte den Sack Kartoffeln zurück in den Rucksack.
In der Zwischenzeit hatte sich Keno ein größeres Stück Rauchfleisch gegönnt und den Rest wider so gut es ging verpackt. Er sprang auf die Beine und kam zu ihm herüber gelaufen, wobei er einen kleinen Bogen um die Elfe machte, die sich langsam die letzte Beere in den Mund schob. „Ich wäre dann soweit." teilte er John mit und reichte ihm das Päckchen, mitsamt seinem Tuch und dem Wasserkanister, den er ebenfalls mitgebracht hatte. Dankbar nahm der Titan alles entgegen. „Sehr gut. Aber geh am besten nochmal austreten, ich habe nicht vor in den nächsten paar Stunden anzuhalten." meinte er und Keno nickte. Der junge Drachenreiter trat einige Schritte zur Seite, bis er hinter einer Düne verschwand.
Dann wandte sich der Soldat Alanna zu und reichte ihr den Wassertank. „Hier trinkt einen Schluck." „Danke John-Vodhr."
Er gab sich nicht einmal die Mühe einen Gedanken daran zu verschwenden, was Vodhr bedeuten mochte.
Sie nahm den Kanister an und reichte ihrerseits die leere Schale zurück, welche er stumm zu den anderen Sachen in den Rucksack warf. Die Elfe trank rasch einige Schlucke, bevor sie den Tornister zurück an John gab, der ihn wieder auf seinen Rücken einrasten ließ. Einige Augenblicke später kam Keno abermals hinter der Düne zum Vorschein.
Rasch erklärte ihm der Titan, dass er im Sitz des Rucksacks Platz und Feyth auf den Schoß nehmen solle. Der Drachenreiter stimmte zu und einige Minuten später saßen er und der kleine Drache beide hinten auf dem Ranzen. Bevor John in jedoch hochnahm, langte er kurz hinunter in das kleine bisschen Glut, was vom Feuer noch übrig gewesen war und angelte ein einigermaßen kaltes Stück Kohle heraus. Er versicherte sich, dass es nicht mehr heiß genug war, um die Karte im Lederbeutel zu entzünden, dann verstaute er es darin und holte gleichzeitig den Kompass hervor. Erst danach setzte er sich vorsichtig den Rucksack auf den Rücken.
„Alles in Ordnung dort hinten?" wollte er wissen. „Ja, alles klar." antwortete ihm Keno und Feyth fiepte leise. Zufrieden wandte sich der Titan Alanna zu. „Ihr werdet neben mir laufen und wagt es nicht irgendetwas zu tun. Ich warne euch nur einmal." Die Elfe nickte ernst. „Ich werde euer Vertrauen nicht missbrauchen John, ihr habt mein Wort." „Das will ich für euch hoffen." entgegnete er streng und setzte sich erneut seinen Helm auf den Kopf. Er warf noch einen Blick auf den Kompass in seiner Hand, dann gab er Alanna das Zeichen für den Aufbruch. Sehr zu seiner Verwunderung hatte die Elfe keinerlei Probleme mit ihm Schritt zu halten. So liefen sie gemeinsam über die großen Sanddünen, die im grellen Mondlicht glitzerten.
Verstohlen warf Alanna John einen langen Blick zu und lächelte innig.
'Er ist es wirklich, Nirlath, er ist es wirklich!'
DU LIEST GERADE
[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanficDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...