Sofort als seine rotgeschuppten Finger den goldgelben Edelstein berührten, konnte John spüren, wie die körperlose Drachendame in einer eiskalten Welle seinen Geist durchströmte. Kein wirklich angenehmes Gefühl, doch im Gegenzug, bekam er gleichermaßen mit, wie aufgeregt, neugierig und erregt Nirlath selbst war. Hätte er nicht schnell die Kontrolle übernommen, wäre sein anderes Ich wohl von der schieren Intensität ihrer Gefühle mitgerissen worden. Ihn jedoch ließ dies alles ziemlich kalt, was jedoch nicht bedeutete, dass er ihr Vorgehen guthieß, weswegen er mit todernsten Gedanken meinte: ‚Es freut mich auch euch endlich kennenzulernen Nirlath. Entnehme ich eurer Begrüßung, dass ihr immer so invasiv seid gegenüber euren Gesprächspartnern? Ihr spielt ein gefährliches Spiel, wenn euer Eldunari dabei in meiner Hand liegt und ich ihn einfach zerbrechen könnte wie einen gewöhnlichen Kristall. Zum Glück bin ich euch nicht feindlich gesinnt, aber solltet ihr so etwas versuchen, wenn meine andere Persönlichkeit die Kontrolle hat, werdet ihr es sehr schnell bereuen.'
Natürlich würde er so etwas niemals tun, selbst bei seiner aggressiven Seite war er sich ziemlich sicher, dass sie es nicht tun würde, aber wenn er eines konnte, dann war es Leute mit seiner todernsten Mimik und Stimme einzuschüchtern. Und tatsächlich, keine Millisekunde verging, ehe das kalte Gefühl abrupt verebbte und aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie gleichzeitig sämtliche Farbe aus Alanna's Gesicht verschwand.
Scheinbar hatte seine milde Drohung ihre Wirkung nicht verfehlt und die Drachendame entschuldigte sich mit einer vor Tatendrang nur so strotzenden Stimme: *Verzeiht Rotauge, es war nicht meine Absicht euch wütend zu machen, doch ich dachte mir, so lerne ich euch schneller und besser kennen, als durch simple Fragen.* Sie klang von der Stimmlage, wenn man es so beschreiben konnte, sehr nah an Micheal's Frau Amanda, auch wenn sie deutlich selbstbewusster und auch ein wenig bissig rüberkam.
*Aber ich freue mich auch, euch endlich kennenzulernen, John Miller, auch wenn ich nicht den Anschein erwecke. Bevor wir jedoch in solche leidlichen Schmalzereien übergehen, möchte ich gerne von euch wissen, weshalb ihr in den Balzkampf meiner Tochter eingegriffen habt?!*fügte sie ohne Umschweife hinzu und stimmte einen missmutigen Ton an, während gleichzeitig ein geistiges Knurren durch seinen Kopf hallte. Der Colonel hatte schon mit einer ähnlichen Frage gerechnet, als die Elfe ihm gesagt hatte, dass Nirlath mit ihm reden wollte, doch selbst für ihn war es doch sehr verwunderlich, dass sie direkt zur Sache kam und ihn nicht einmal wirklich begrüßte. Deswegen setzte er schon instinktiv zu einer Erwiderung mit dem Mund an, als ihm wieder einfiel, dass die Drachendame keine Ohren mehr besaß.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr in Gedanken nüchtern zu antworten: ‚Ich habe eingegriffen, da mein Sohn wohl ansonsten etwas getan hätte, dass er später zu tiefst bereut hätte. Ihr Drachen seid so sehr auf eure eigenen Rituale fixiert, dass ihr teilweise vergesst, dass nicht jeder einer von eurem Volk ist. Alex ist ein Mensch und hasst sich selbst schon genug dafür, dass er manchmal so geradezu besessen reagiert. Ich habe schlichtergreifend das getan, was ich als sein Vater für das richtige hielt. Falls ihr damit ein Problem habt, Nirlath, nur heraus damit.' Dabei warf der Titan gleichzeitig Alanna einen ernsten Blick zu, um seine Position verständlich zu machen, da er sich sicher war, dass Nirlath es über sie mitbekam.
Und tatsächlich schien dies etwas neben dem eingeschüchterten Zucken der Elfe zu bewirken, als die Drachendame etwas nachdenklicher erwiderte: *Hhm, damit habt ihr wohl in einem gewissen Maß recht, Rotauge. Dennoch, wenn wir eure Riten verstehen sollen, dann solltet ihr auch die unseren verstehen! Der Balzkampf zwischen einem Weibchen und ihrem gewählten Partner ist ein sehr wichtiger Teil unserer Gesellschaft! Es ist der Moment, indem das Weibchen entscheidet, ob das Männchen stark genug ist, seine mögliche Familie vor allen Gefahren zu beschützen und der Kampf endet erst, wenn einer der beiden aufgibt, oder sie entscheidet, dass er würdig ist!*Ihr Ton lies keine Zweifel offen, dass sie ihm nicht dafür vergeben würde, in den Kampf eingegriffen zu haben.
Er dachte einige Momente darüber nach, wobei er sich sicher war, dass sie all seine Gedanken mit verfolgte, doch daran konnte er nichts ändern, solange er ihren Eldunari in Händen hielt. 'Also habe ich in ihren Augen so etwas Ähnliches wie eine Verlobung unterbrochen. Aber es war nichts Alex's Entscheidung diesen Balzkampf zu bestreiten, ohne Steven wäre es nie dazugekommen und es ist mein gutes Recht, als Vater deshalb einzugreifen.' argumentierte er quasi mit sich selbst und zog fragend eine Augenbraue nach oben, als Alanna ihn hastig ansprach, noch ehe Nirlath etwas erwidern konnte. „Bitte verzeiht ihren rauen Umgangston, John-Vodhr, sie meint es eigentlich nicht so unhöflich, wie sie ist. Ich habe euch ja bereits davor gewarnt, dass sie beizeiten doch recht stürmisch sein kann." versuchte sie leicht beschämt das Verhalten ihrer Gefährtin zu entschuldigen und wirkte überrumpelt, als die Drachendame streitlustig widersprach: *Und ob ich es unhöflich meinte! Er hat ohne triftigen Grund in den Balzkampf meiner Tochter eingegriffen!*
John konnte spüren, wie seine aggressive Seite in stummen Protest wütend gegen ihn aufbegehrte, doch er schaffte es fürs erste die Kontrolle zu behalten. Nichtsdestotrotz missfiel auch ihm die Herangehensweise von Nirlath und er konterte trocken: „Nun, wenn ihr behauptet, ich hätte ein furchtbares Verbrechen begangen, indem ich den Balzkampf unterbrach, fragen wir doch ganz einfach eure Tochter selbst, ob sie das genauso sieht, wie ihr Nirlath." Dabei sprach er absichtlich laut, damit sowohl Tinira und auch alle anderen genau hören konnten, worum es gerade ging. Ohne Umschweife trat er dann auch sofort auf das zitronengelbe Drachenmädchen zu, welches bisher ihre Zeit damit verbracht hatte, wieder verspielt an Nurton's rechter Hand zu knabbern. Jedoch horchte sie erschrocken auf, als sie den Colonel auf sie zukommen sah und auch Alex Körperhaltung wirkte etwas angespannt, obwohl sein Gesicht vom Helm verborgen blieb.
Noch ehe Miller allerdings das Wort direkt an Tinira richten konnte, die ihren Kopf versuchte hinter Nurton zu verstecken, um seinem durchdringenden Blick zu entkommen, senkte Dun'var sein gigantisches Haupt plötzlich direkt vor den Titanen auf Augenhöhe ab, was Alanna, die neben ihm herlief, vor Schreck leicht zusammenzucken ließ. Der mitternachtsblaue Drache brummte verhalten und stieß eine kleine Rauchwolke aus seinen Nüstern, während er versöhnlich meinte: *Unsinn! Was auch immer meine Gefährtin Sonnenschimmer gesagt haben mag, ihr hattet selbstverständlich das Recht einzugreifen! Natürlich missfällt es mir ebenfalls, dass ihr in den Kampf eingegriffen habt, Rotauge, doch ich verstehe auch eure Gründe. Ihr seid ebenso ein Vater, wie ich es bin und ihr wolltet lediglich euren Sohn vor sich selbst schützen, da er offensichtlich nicht Herr seiner eigenen Sinne war!*
Überrascht zog John eine seiner Augenbrauen nach oben. Damit, dass Dun'var für ihn Partei ergreifen würde, hatte er nicht gerechnet, insbesondere, da er genau wusste, wie kampfbesessen Tymdek's Bruder eigentlich war.
Noch verwirrender wurde die Situation, als Nirlath knurrend entgegnete: *Sie wird euch genau das sagen, was ich euch schon sagte! Es ist eine Beleidigung für beide Partner, wenn eine dritte Person in den Balzkampf eingreift!* Denn sie schien dabei keine Ahnung davon zu haben, dass ihre Brutpartner gerade ebenfalls mit dem Titanen redete, oder aber sie ignorierte ihn, was die Konversation eine ganze Stufe komplizierter gestaltete. So also antwortete er ihr wahrheitsgemäß: ‚Euer Brutgefährte scheint mir jedoch im gröberen Sinne zuzustimmen, Nirlath und lasst uns doch erst einmal abwarten, was sie wirklich dazu zu sagen hat. Sie wirkte auf mich nämlich nicht unbedingt niedergeschlagen, oder gar gedemütigt, nachdem ich sie und meinen Sohn voneinander getrennt hatte.'
Prompt spürte er daraufhin ihren großen Missmut über seine Aussage, gefolgt von einem weiteren mentalen Knurren, dass im Innern seines Schädels widerzuhallen schien. *Pah!* spie sie widersprechend aus, bevor John Dun'var ein dankbares Nicken zukommen ließ und dann vollends hinüber zu Alex und Tinira trat. Sein Sohn hatte die rechte Hand beruhigend auf den Kopf des zitronengelben Drachenmädchens gelegt, welches sich mit ihrem Haupt immer noch halb hinter dem Titanen versteckte und Miller eingeschüchtert mit dem linken Auge fixiert hatte. Jedoch schien sie sich sichtlich zu entspannen, als sie den Eldunari ihrer Mutter in seiner Hand bemerkte und schob ihre Schnauze nun doch hinter Nurton vor, der den kristallähnlichen Seelenstein ebenfalls fixierte.
„Tinira, ich bitte vielmals um Entschuldigung für die Schmerzen, die ich dir bereitet habe. Ich weiß nur zu gut, wie schmerzhaft meine Fähigkeit ist." meinte John schließlich, als er vor den beiden zum Stehen kam und neigte entschuldigend den Kopf in Richtung des Drachenmädchens. „Allerdings! Ihre Beinmuskulatur ist immer noch ganz verkrampft Dad!" tadelte ihn Emily, die gerade dabei war die Bisswunde in Tinira's Schwanz zu verarzten, noch bevor das Drachenmädchen selbst etwas erwidern konnte. *Es – es war eher überraschend, als wirklich schmerzhaft, Rotauge.* wiegelte sie schüchtern ab und lugte kurz rechts an ihm vorbei, von woher der Colonel schwere Schritte hören konnte.
„Ah, ich verstehe, das ist also diese Nirlath, die du vorher erwähnt hast. Jetzt ergibt das Ganze so langsam Sinn." murmelte Julia nachdenklich, die sich gemeinsam mit Robert links neben Alanna und Miller stellte und den Eldunari eingehend mit ihren bernsteinfarbigen Adleraugen musterte. „In der Tat." fügte Robert etwas schwermütig hinzu und ein Blick auf seine leicht traurige Miene verriet John, dass sein Sohn wohl genau verstand, was es bedeutete, dass Nirlath nur noch in Form ihres Seelensteins existierte.
„Ich schätze sie kann uns nicht hören, wenn wir so mit ihr sprechen?" fragte der Pilot danach die Elfe, woraufhin Nirlath in Miller's Kopf sofort knurrte: *Oh und wie ich euch hören kann!*
„Jein, Robert-Vodhr. Sie selbst kann euch nicht direkt hören, doch sie kann euren Worten durch meine Ohren folgen." erklärte Alanna höflich und Holsted nickte verstehend. „Ah, das erklärt, weshalb du bisher nur stumm auf den Kristall in seiner Hand gestarrt hast, Dad." „Exakt, ich wollte das Gespräch möglichst persönlich halten, doch Nirlath scheint etwas aufgebracht darüber zu sein, dass ich den Balzkampf ihrer Tochter unterbrochen habe. Deshalb nun die Frage an dich Tinira: Wie siehst du die Sache? Habe ich dich beleidigt, indem ich den Kampf unterbrochen habe?" erwiderte John und wandte sich mit dem letzten Teil direkt an Tinira, die daraufhin nachdenklich begann zwischen ihm und Alex hin und her zu blicken.
„Mutter? Oh jetzt wird mir klar, warum sie nicht eingreifen wollte." brummte Julia und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben, als Alanna entschuldigend mit den Achseln zuckte und verlegen lächelte. *Jetzt werdet ihr es gleich selbst von ihr hören, Rotauge!* prophezeite Nirlath in der Zwischenzeit, in einem selbstsicheren, fast schon arroganten Tonfall, was den Colonel jedoch vollkommen kalt ließ.
Er beobachtete stattdessen das zitronengelbe Drachenmädchen vor ihm, dessen anhänglicher Blick schließlich für einen längeren Moment auf Nurton haften blieb, ehe sie sich wieder ihm zuwandte und bestimmt antwortete: *Nein, ihr habt mich nicht beleidigt, Jäger. Ihr habt schließlich nur das getan, was ihr für richtig hieltet. Natürlich hätte ich es vorgezogen den Kampf bis zum Schluss auszutragen, doch ich gebe zu, dass ein kleiner Teil von mir Angst bekam, als sich Alex nicht mehr unter Kontrolle hatte. Ich habe ihn viel lieber, wenn er, er selbst ist! So stark und doch zärtlich und fürsorglich. Er hat sich viel mehr Sorgen um meine Verletzungen gemacht, obwohl ich ihm zwei riesige tiefe Kratzer mitten über das Gesicht gezogen habe! Was auch immer meine Mutter behauptet, ich habe kein Problem mit dem was geschehen ist!*
Dabei unterstrich sie ihre Aussage mit einem lauten Schnauben, auf das ein verliebtes Schnurren folgte, während sie liebevoll über Alex's Visier schleckte. Der Titan tätschelte ihr daraufhin etwas unbeholfen die Wange, was ihr ein weiteres Gurren entlockte. „Das – das ist doch selbstverständlich." murmelte Nurton kleinlaut, während Miller zufrieden nickte.
Er konnte in seinem Innern spüren, wie geschockt Nirlath von der Aussage ihrer eigenen Tochter war und ein kurzer Seitenblick auf Alanna verriet ihm, dass die Elfe ganz froh darüber war. „Dann entschuldige ich mich trotzdem noch einmal für mein schmerzhaftes Eingreifen, danke Tinira." merkte er danach gegenüber dem Drachenmädchen an und erhielt als Antwort ein akzeptierendes Fiepen von ihr, dicht gefolgt von einem zufriedenen Brummen Seitens Dun'var's.
*Das – aber – ich – * stammelte Nirlath in seinen Gedanken, völlig überrumpelt von der Tatsache, dass ihre Tochter nicht ihrer Meinung war. John kannte die Gefühle, die sie gerade erlebte nur zu gut von früher, als er sie selbst noch hatte erleben dürfen. Es war eine Mischung aus Enttäuschung, Empörung, Missmut und schmerzhafter Erkenntnis, jedoch auch ein klein wenig Stolz. Genau das, was ein Vater oder eine Mutter durchmachte, wenn ihre Kinder alt genug wurden selbstständig eigene Entscheidungen zu treffen.
Dieses ihm wohl bekannte Gefühlschaos sorgte dafür, dass sich seine väterliche Persönlichkeit in den Vordergrund drängte und er hatte keine Möglichkeit sie daran zu hindern, die Kontrolle zu übernehmen. Zu stark waren emotionalen Erinnerungen, die er damit verband. So blieb seiner logischen Seite nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass es nicht zu einem Konflikt kam. Sofort verwandelte sich seine versteinerte Miene in ein freundliches Lächeln, als Alanna ihm einen fragenden Blick zuwarf.
„Ihr braucht euch darüber keine unnötigen Gedanken machen Nirlath. Ich verstehe wieso ihr mein Eingreifen als Beleidigung empfindet, aber schlussendlich bleibt es immer noch die Entscheidung unserer beider Kinder. Mir scheint, ihr haltet euch zu sehr an alte Gegebenheiten und vor allem an eurer Tochter fest, Sonnenschimmer. Ihr wollt nur das Beste für sie und glaubt, dass nur eure eigenen Entscheidungen das gewährleisten. Aber das ist nicht immer der Fall. Eine Lektion, die auch ich selbst damals erst einmal verdauen musste." meinte der Titan verstehend und tätschelte schmunzelnd Feyth's Hals, die ihren Kopf dicht an seine Brust gedrückt hielt, die Augen fest auf den honiggelben Eldunari in seiner Hand fixiert. Das grüne Drachenmädchen hatte bisher keinen Ton von sich gegeben, seit er Nirlath's Seelenstein entgegengenommen hatte, wohl aus großem Respekt vor der älteren Drachendame.
Diese war wohl immer noch etwas baff von den unerwarteten Widerworten ihrer Tochter, weshalb sie zunächst nicht wirklich auf seine Worte reagierte. Lediglich in seinen Gedanken konnte er spüren, wie sie ihm langsam teilweise zuzustimmen begann. An ihrer statt antwortete Alanna höflich: „Das ist wohl war, John-Vodhr. Ich glaube aber das meiste, was ihr an der ganze Sache missfällt, ist nicht euer Eingreifen direkt, das gibt sie nur oberflächlich vor. Ich kann jedoch aus unserer engen Verbindung heraus genau spüren, dass es viel mehr die Tatsache ist, dass sich Tinira in Alex, einen Menschen verguckt hat, was sie so erregt."
Dabei warf sie Alex einen fast schon entschuldigenden Blick zu.
„Okay, so dämlich sich das auch anhören mag, aber das ergibt für mich auch viel mehr Sinn, als das andere." grunzte Julia halb amüsiert, doch Robert im Gegenzug wirkte ernster als zuvor. „Ich glaube, dass es dieses Problem bald nicht geben wird, mal davon abgesehen, dass Alex schon jetzt kein normaler Mensch mehr ist." meinte er bedächtig und wandte sich dann direkt an seinen Bruder, der ihn seinerseits durch das ausdruckslose Visier hindurch ansah.
„Alex, ich denke du solltest es jetzt endlich Dad sagen, ehe es noch zu einem sinnlosen Streit mit Nirlath kommt." bat der Pilot ihn schließlich einige Momente später, woraufhin John hellhörig wurde und auch Stearn skeptisch eine Augenbraue hob. „Was meinst du damit, Robert? Alex?" fragte der Colonel besorgt, als der goldbraun gepanzerte Titan begann beschämt zu Boden zu starren. „Na los, spucks schon aus Alex." verlangte Julia mit verschränkten Armen und auch Nirlath wurde wieder in John's Kopf aktiv.
*Was meint euer Sohn damit? Ist Alex etwa doch kein Mensch? Nein das kann es nicht sein – oder?* wollte sie aufgeregt und nachdenklich zugleich wissen. Sie war so erregt über Robert's Aussage, dass sie es offenbar gar nicht mehr in Betracht zog, Alanna zu widersprechen, was ihren Ärger betraf.
Miller jedoch interessierte sich viel mehr dafür, was genau für ein Geheimnis sein Sohn für sich behielt, wenn Robert glaubte, den Streit zwischen ihm und der Drachendame verhindern zu können. Ihm schwirrten einige Gedanken im Kopf umher, einer absurder als der andere. Wenige Augenblicke später seufzte Nurton schwer und hob den Kopf wieder an, sodass er nun seinen Vater direkt ansah, auch wenn sein Gesicht immer noch vom verspiegelten Panzerglas verborgen blieb.
„Also gut Robert, du weißt ich vertraue deinem Urteil blind. Dad? Ährm, verdammt, wie sage ich das am besten, nun, äh, du weißt ja selbst, dass das Darwin-Protokoll immer noch aktiv ist, oder? Ich meine, bei dir ist es ja ziemlich offensichtlich. Okay, ich rede nicht lange um den heißen Brei herum, kurz und schmerzlos, wie ein Pflaster. Ich habe seit ein paar Tagen Drachen-DNA in mir und laut Aidan haben die Naniten bereits mit dem Mutationsprozess begonnen. Sobald ich mich eine längere Zeit schlafen lege, werden sie meinen Körper verändern und ich habe keine Ahnung wie weit die das mit meiner Phase 1-Programmierung treiben, vor allem wenn ich sehe, wie weit sie schon bei dir gegangen sind, Dad." erklärte der Soldat und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, was wohl eher eine instinktive Geste war.
Überrascht riss John seine Augen weit auf und auch sein Mund klappte einen Spalt weit auf. Fast die gleiche Reaktion hatte Julia, wohingegen Robert seinem Bruder ernst zunickte und Emily, die mit der Versorgung von Tinira's Wunden fertig war und sich zu ihrem Mann gestellt hatte, wirkte ein wenig bedrückt. Alanna dagegen schien nur einen Bruchteil seiner Erklärung begriffen zu haben, genauso wie Dun'var, der seinen potentiellen Schwiegersohn skeptisch beäugte. Die Augen seiner Tochter hingegen begannen merkwürdig zu funkeln, fast so als wüsste sie, was Alex damit gemeint hatte.
„Ah, der Kratzer nach dem Kampf gegen die Ra'zac, klar, Mimiath hat ja deine Wunde sauber geschleckt. Das ist nicht gut, vor allem nicht bei dir." stöhnte Stearn schon fast, während sie sich mit der rechten Hand vor die Stirn schlug.
„Dies ist korrekt, Captain. Die Zellen der Mundschleimhaut, welche im Speichel von Miss Mimiath vorhanden waren, wurden von den Naniten in Mister Nurton's Körper, zerlegt, deren DNA analysiert und bestimmte Sequenzen angepasst und übernommen. Wie er bereits sagte, haben meine Sensoren gezeigt, dass seine Naniten bereits intern mit der Ausführung des Darwin-Protokoll's begonnen haben. Für größere Mutationen wird jedoch, wie sie wissen, eine längere Ruhephase und spezielle Nährstoffzusätze benötigt. Daher habe ich auch zum Beispiel Miss Silberwind hier angewiesen Mister Miller im Mörser zerstoßene alte Drachenschuppen unter den Nahrungsbrei zu mischen, nachdem ich erkannte, dass das Darwin-Protokoll noch aktiv war." unterbrach Aidan die Anwesenden in seiner typisch unwirschen Art und erklärte dabei genau, was mit Alex los war, wobei er sich nicht einmal auf den Titanen, sondern auf den Eldunari in John's Hand konzentrierte. Für ihn war das ganze eine nebensächliche Selbstverständlichkeit, jedoch nicht so für die anderen.
Miller versuchte seine rasenden Gedanken zu ordnen und fasste sich kurz mit der Hand gegen die Schläfe. Alex hatte nun Drachen-DNA in sich. Selbst bei ihm, der nur zur Phase 2 gehörte, hatten die Naniten eine große Anzahl an Veränderungen vorgenommen.
Was würden sie nur mit seinem Sohn anstellen der zur Phase 1 gehörte, was die Mutation durch die Naniten lediglich darauf beschränkte, dass er anschließend immer noch humanoid war?!
*Was genau soll das bedeuten Rotauge? Eure Gedanken sind so verworren, wie das Wollknäul eines alten Weibs.* fragte Nirlath angespannt und er konnte spüren, wie sie seinen Geist abermals durchwühlte, wohl auf der Suche nach einer passenden Erklärung. Er wollte ihr gerade antworten, als ihm Feyth zu Hilfe eilte, indem sie in einem aufgebrachten, fast fauchenden Ton erwiderte: *Man durchstöbert nicht einfach die Gedanken eines anderen, Nirlath-Elda!*
Gleichzeitig konnte er fühlen, wie sie ihre Schnauze beistehend an seinem Kinn rieb und ihm innerlich half seinen Verstand zu beruhigen. Er konnte sich ein schmales Grinsen nicht verkneifen, als er bemerkte, dass die Widerworte des kleinen Drachens Nirlath scheinbar vollkommen auf dem falschen Fuß erwischt zu haben, denn sie zog sich langsam aus seinen Erinnerungen zurück. Ob das jedoch an Feyth direkt lag, konnte er nur erahnen, da Alanna's Blick ebenfalls äußerst aufgebracht auf den Eldunari ihrer Seelenschwester gerichtet war.
„Danke Kleine." murmelte er leise und drückte Feyth einen kurzen Schmatzer auf die Stirn, ehe die Elfe entschuldigend meinte: „Ich muss erneut vielmals um Entschuldigung für das Verhalten meiner Seelenschwester bitten, John-Vodhr. Scheinbar ist ihr das alles gerade leicht zu Kopf gestiegen und hat sie all ihre Manieren vergessen lassen. Sie ist zwar auch normalerweise sehr aufdringlich, doch eigentlich geht sie nicht so weit unerlaubterweise in den Gedanken von anderen Leuten herumzustochern!"
„Mir wäre es auch lieber, sie würde das unterlassen, aber noch ist alles in Ordnung, Alanna, danke dass ihr sie zur Ordnung gerufen habt. Um eure Frage zu beantworten Nirlath: Ich weiß es selbst nicht. Ihr könnt durch Alanna's Augen sehen, was Drachenblut mit meinem Körper angerichtet hat. Stellt euch einfach das noch einmal zehn Mal verstärkt vor und ihr habt ein ungefähres Bild von meinem Sohn nach seiner Verwandlung." entgegnete der Colonel freundlich, nachdem er sich einige weiter Augenblicke lang gesammelt hatte und deutete auf sich selbst. Es dauerte einige Momente, bevor Nirlath sich schließlich wieder wagte mit ihm zu sprechen und ihre Stimme klang äußerst erregt. *Euer Sohn verwandelt sich also in eine Art menschlichen Drachen? Ist es das, was ihr mir sagen wollt?* „In gewissen Maßen habt ihr damit wohl recht, ja." antwortete er nickend und horchte abermals auf, als Alex sich laut räusperte.
Sein Sohn knetete etwas schüchtern seine Hände, während er leise erwähnte: „Nun ich – ich habe Aidan gebeten eine Art Vorschau für mich anzufertigen. Aber keine Ahnung, wie weit er damit bisher gekommen ist."
Postwendend leuchtete die KI in einem sanften Grün auf, dass durch die aufkommende Dunkelheit noch deutlicher zu sehen war, als sonst und meinte munter: „Ah, eine sehr gute Idee Sir! In der Tat habe ich meine Kalkulationen bezüglich ihrer Mutationen abgeschlossen, allerdings gebe ich zu bedenken, dass diese Vorschau keine 100 prozentige Garantie darstellt. Sie beruht lediglich auf meinen Berechnungen. Soll ich sie ihnen dennoch zeigen Captain?" Alle Augen richteten sich ohne Umschweife auf Nurton, der sichtlich mit sich selbst haderte. Schließlich seufzte er jedoch und antwortete nickend: „Ja, tu – tu es bitte." „Sehr wohl Sir." bestätigte Aidan erfreut und aktivierte im Anschluss daran seinen Holoprojektor, um eine lebensgroße Projektion von Alex's jetzigem Körper vor ihnen zu erschaffen.
Es war nichts besonderes, lediglich sein normaler, schuppiger, bulliger Körper, der halbnackt in der Mitte des Halbkreises stand. Für die Titanen nichts neues, doch Dun'var, Feyth und Tinira musterten die farbige, lebensechte Projektion fasziniert und insbesondere das zitronengelbe Drachenmädchen versuchte möglichst jeden noch so kleinen Winkel seines Körpers zu erkunden. Besonders schienen es ihr seine dicken, knöchernen Rückenplatten angetan zu haben, die ihm ein überaus robustes Aussehen verliehen. Auch Alanna besah sich die Abbildung genau und John konnte an ihrem Blick sehen, wie beeindruckt sie war.
„Dies ist der momentane Zustand von Mister Nurton's Körper. Und dies ist seine mögliche Form, nach der Mutation." erklärte Aidan und ließ ein zweites dreidimensionales Abbild von Alex's Körper erscheinen.
Doch dieses stellte sein jetziges Ich deutlich in den Schatten und Miller musste unweigerlich stutzten.
Seine Schuppen waren nun nicht mehr goldbraun, sondern besaßen eine schneeweiße Farbe und wirkten auch insgesamt dicker und robuster als zuvor. Auch seine borstigen Haare hatten eine eher hellgraue Färbung angenommen und die Augen glichen John's eigenen Drachenaugen wie ein Ei dem anderen, wenn man davon absah, dass sie eine himmelblaue Farbe besaßen. Seine an sich schon krallenartigen Hände und Füße wirkten noch aggressiver, doch was dem Colonel am allermeisten ins Auge fiel war der knapp anderthalb Meter lange Schwanz, so dick wie einer seiner Oberschenkel, der sich Oberhalb von Nurton's Hinterteil gebildet hatte. Er besaß große, spitze Stacheln am Ende, so wie es für Drachen üblich war und beherbergte ohne Zweifel mächtige Muskelstränge. Daneben wirkte die leichte Erweiterung seiner Kiefer, die nun leicht wie eine Art Schnauze hervorstanden, aber immer noch eher menschlich wirkten, fast schon normal. Ganz im Gegensatz zu den zwei mächtigen und gebogenen Hörnern, die links und rechts an seinen Schläfen aus seinem Schädel emporwuchsen und gut und gern so lang wie John's halber Unterarm waren. Als letztes großes Unterscheidungsmerkmal stellte der Colonel fest, dass Alex's neuer Körper weitaus muskulöser und auch größer war, als es jetzt der Fall war.
Wenn die Proportionen stimmten, die Aidan ihnen mit den Abbildern zeigte, dann war seine neue Form knapp einen halben Meter größer!
Damit würde er selbst noch Robert um ein ganzes Stück überragen.
„Oh wow Alex. Ich glaube, da kannst du schon mal Mark vorwarnen, dass du nen neuen Anzug brauchst, denn deinen alten kannst du danach wegschmeißen. Ist das echt dein Ernst Aidan? Die Hörner geschenkt, aber einen Schwanz? Und wo sind dann bitte die Flügel?" meinte Julia skeptisch, während alle anderen noch damit beschäftigt waren, Alex's neues Ich zu betrachten. Insbesondere Tinira schien hin und weg zu sein von der bloßen Vorstellung, dass das aus ihrem eventuellem Gefährten werden konnte, auf Miller machte sie fast den Eindruck in die Projektion hineinspringen zu wollen, so sehr funkelten ihre Augen. Nurton selbst hingegen wirkte eher geschockt, als begeistert und auch John musste zugeben nicht so recht zu wissen, wie er das einzuordnen hatte. Er konnte spüren wie Feyth's Herzschlag sich vor Aufregung leicht erhöhte und in seinem Geist verspürte er Nirlath's Begeister- und gleichzeitig Erleichterung.
Währenddessen verteidigte sich Aidan etwas eingeschnappt: „Dies ist mein voller ernst, Ma'am. Diese Vorschau basiert auf millionen von Berechnungen, die ich diesbezüglich durchgeführt habe. Flügel würden keinen Sinn ergeben, da die Körpermasse von Captain Nurton viel zu groß wäre, als dass er fliegen könnte. Ein stachelbewehrter Schwanz hingegen ergibt von einem defensiven und auch offensiven Standpunkt her durchaus Sinn." Dabei leuchtete er mehrmals in einem kräftigen violett auf.
„Das war nur ein Witz Aidan, ist schon gut." erwiderte Stearn beruhigend mit erhobenen Händen, woraufhin die KI wieder seine gewohnt blaue Farbe annahm.
*So wird euer Sohn also nach seiner 'Mutation' wie ihr es nennt aussehen? Außer seinen fehlenden Flügeln würde er tatsächlich wie ein Drache aussehen, außer vielleicht seine Schnauze, die ist noch viel zu flach, zu menschlich. Aber ansonsten würde ich ihn wirklich als Drachen ansehen, ein wahrhaftiger Drachenmensch.* murmelte Nirlath dann plötzlich in Miller's Kopf, wobei sie es nicht schaffte ihre Freude und Erleichterung darüber zu unterdrücken. „Danach sieht es wohl aus, Nirlath, ja." merkte er höflich an und warf Dun'var einen Blick zu, als der mitternachtsblaue Drache in lauthals anschnaubte. *Du wirst dich nie ändern, oder? Hättest du wirklich böses Blut in dir getragen, wenn sich unsere Tochter keinen leibhaftigen Drachen als Partner gewählt hätte?* fragte er dann direkt seine Brutgefährtin, welche ein lautes Knurren durch Miller's Kopf hallen ließ. *Ja das hätte ich, du übergroßer Salamander! Ich will schließlich nur das Beste für sie!* gab sie scharf zurück was zur Folge hatte, dass John und Alanna eine wütende Qualmwolke in die Gesichter geblasen kamen, als Schattenklau seinem Unmut über ihre Aussage Luft machte.
Das Problem war jedoch nicht der daraufhin folgende Hustenreiz, sondern das tobende, wütende Chaos, das in seinem Kopf daraufhin entstand, als die beiden Drachen seinen Geist als Schlachtfeld für ihre telepathische Auseinandersetzung missbrauchten. Das ganze ging sogar soweit, dass sie nicht einmal mehr Worte benutzten, sondern sich mit Gefühlen, Bildern und mentalen Knurrern stritten. Nicht einmal Feyth traute sich auch nur im entferntesten einzugreifen und zog sich an den Rand seines Bewusstseins zurück. Miller's Kopf begann davon zu dröhnen, als hätte ihm jemand einen Presslufthammer an die Schläfe gesetzt und ohne Möglichkeit die beiden Streithähne auseinanderzubringen, legte er Nirtlath's Eldunari so schnell er konnte zurück in Alanna's rechte Hand, welche diese hastig und bereitwillig ausstreckte.
Sofort als der honiggelbe Edelstein seine Schuppen nicht mehr berührte verebbte der wütend tobende Sturm in seinen Gedanken und er atmete erleichtert aus. Stattdessen warf er einen mitleidigen Blick hinüber zu der Elfe, die kurz missmutig zusammenzuckte, ehe sie den Seelenstein wieder in ihrer geheimen Brusttasche versteckte und anschließend leise seufzte. „Das tut mir wirklich unglaublich leid, John-Vodhr, ich hatte gehofft euch meine Seelenschwester endlich einmal richtig vorstellen zu können, aber Drachen sind nun einmal unberechenbare Geschöpfe. Insbesondere Nirlath mit ihrem überaus stürmischen Gemüt." entschuldigte sie sich mit einem halbherzigen Lächeln und erhielt als Antwort von ihm ein wissendes Schmunzeln. „Vielleicht ein andermal, sobald sie sich etwas beruhigt hat. Ihr konntet ja nicht ahnen, dass es so enden würde, Alanna." „Das ist wohl war, John." erwiderte sie daraufhin mit einem richtigen Lächeln und sah dann noch einmal hinüber auf die beiden Alex-Hologramme, über die Emily, Robert, Julia und Aidan heftig diskutierten, während Nurton selbst immer noch ungläubig dastand wie zur Salzsäule erstarrt.
Er bemerkte nicht einmal, wie Tinira wieder klammheimlich damit begann an seiner linken Hand zu knabbern, wobei der Blick des Drachenmädchens immer noch stur auf den schneeweißen Alex vor ihnen gerichtet war.
„Wird er sich wirklich derartig verwandeln?" fragte die Elfe nach einigen Momenten flüsternd, als John gerade dabei war behutsam Feyth's Kopf zu kraulen. Der Colonel legte selbst die Stirn in Falten und setzte eine nachdenkliche Miene auf. „Wahrscheinlich, zumindest würde es mich nicht überraschen, nachdem, was die Naniten mit meinem Körper angestellt haben. Ich meine, ihr seht selbst jetzt schon, dass Alex's Mutationen noch viel weitgreifender sind, als die meinen." antwortete er schließlich ernst. Er glaubte nicht, dass die Umstellung seinen Sohn vor allzu große Probleme stellen würde, schließlich war er im Grunde schon eine Art Echsenmensch, doch vereinfachen würde sich sein Leben auch nicht unbedingt. Zumindest würde es nicht unbedingt dazu beitragen, sich besser unter Leute mischen zu können, wenn man ein dreieinhalb Meter großer Halbdrache war.
Er seufzte innerlich und wusste schon jetzt, dass es ein sehr langes Gespräch mit Alex werden würde.
Zur gleichen Zeit hoch oben in der Drachenfeste, in Eragon's Quartier
Eragon lag in sein dünnes Nachthemd gehüllt an Saphira's Flanke gelehnt in ihrem großen Nest aus Zweigen, Moos, Stroh und Blättern und starrte mit offenen Augen auf ihre dünne, blaue Flügelmembran, die sie wie eine Mutter für ihr Küken, über ihn gespannt hatte. Der sanfte Herzschlag der großen Drachendame war das einzige, dass er neben seinem eigenen Atemzügen hören konnte und es war enorm beruhigend, fast so wie ein Schlaflied. Auch wenn seine Gedanken eher rastlos waren. Für gewöhnlich war er schon längst in seine Wachträume hinübergeglitten, ehe Saphira überhaupt erst zu schlafen begann, doch die Ereignisse der vergangen Tage, insbesondere des heutigen, ließen ihn einfach nicht zur Ruhe kommen.
Und seine Seelenschwester konnte das deutlich in seinem aufgewühltem Geist fühlen.
*Was ist los Kleiner? Was lässt dich nicht zur Ruhe kommen? Dein Kopf gleicht einem aufgescheuchten Schwarm Bienen, die einen honigstehlenden Bären verfolgen.* fragte sie daher sanft und stimmte ein leises Summen an, dass ihren gesamten Körper zart vibrieren ließ. Eragon's Miene wurde nachdenklicher, als er erwiderte: *Ich mache mir Gedanken über diese 'Titanen', Saphira.* *Nun, das war mir klar, aber was genau beschäftigt dich?*
*Wir haben heute gesehen, wie ein halbnackter Mensch, mit nichts weiter als seinen Fäusten bewaffnet einen erwachsenen Drachen niedergerungen hat, Saphira. Und dann mussten wir quasi hilflos mit ansehen, wie Emily beinahe Aesdol getötet hat und dabei hatten wir laut Robert und John noch Glück! Hätte sie ihn tatsächlich töten wollen, wäre er es gewesen, noch ehe wir die Köpfe zu ihm umgedreht hätten! Ganz zu schweigen von Alex, für den ich deine Energie mit benötigte, um ihn daran zu hindern, abermals den jungen Aesdol oder gar Artula anzugreifen.* erklärte er ernst und begann mit seiner rechten Hand ihre Flanke zu kraulen.
Saphira schnurrte genießerisch, ehe sie erwiderte: *Ja, ich weiß. Sie sind sehr stark, diese Titanen. Ich wöllte sie nicht als Feind haben wollen.* *Deswegen mache ich mir sorgen, Große. Wer sagt, dass sie uns für immer wohl gesinnt sind? Denke nur zurück an König Orrin, der uns zunächst als Helfen feierte und später gerade zu verachtete. Wir haben schon gesehen, wie rabiat und emotional sie reagieren können. Ein falscher Schritt, eine unnötig rüde Geste, ein sinnloser Streit und es würde zu einem Kampf kommen, den später beide Parteien bereuen würden.* gab der Reiter zu bedenken und starrte weiter nachdenklich gegen die dunkle Flügelhaut.
Auch Saphira dachte einige Momente darüber nach, bevor sie bestimmt brummte und anmerkte: *Aber sie sind gute Menschen Eragon, wir beide haben es in ihren Erinnerungen und Gedanken gesehen. Und sieh nur, welche Gefahren sie auf sich nehmen, um die kleine Feyth zu beschützen? Nenne mir nur einen anderen Zweibeiner, der es auch nur ansatzweise gewagt hätte sich mit einem erwachsenen Drachen im Zweikampf zu messen. Die Titanen und insbesondere John würden sich wohl eher selbst ein Messer durchs Herz stoßen, als uns zu hintergehen, Kleiner. Das wissen wir beide.*
Er dachte darüber nach, was er in den Erinnerungen der einzelnen Soldaten gesehen hatte.
Wie sie sich selbst in den Weg warfen, um Kameraden die Flucht zu ermöglichen.
Wie sie in brennende und einstürzende Häuser rannten, um ganze Familien aus den Flammen zu retten
Wie sie verletzte Kameraden fast eine halbe Meile weg vom Schlachtfeld trugen und dabei sich selbst als Schutzschild missbrauchten.
Wie sie gemeinsam mit Kameraden um gefallen Freunde trauerten.
Saphira hatte recht.
Die Titanen hatten schon weitaus mehr Terror und Schrecken durchlebt als ein jeder von ihnen zusammen und doch waren sie immer noch herzensgute Leute, die sich selbst für ihre Freunde und Familie aufopferten. *Du hast wohl recht Große. Ich mache mir wohl nur unnötig Sorgen, ich sollte mich viel mehr auf den tatsächlichen Feind konzentrieren.* entgegnete er entschlossen, was sie mit einem zufriedenen Brummen zur Kenntnis nahm. *Tu das, aber ich werde nun erst einmal meinen verdienten Schlaf in Anspruch nehmen. Es war ein langer Tag. Gute Nacht Kleiner.* meinte sie schläfrig und gähnte ausgiebig, ehe sie ihren massigen Kopf zu ihm unter den Flügel schob, kurz liebevoll übers Gesicht schleckte und dann die Augen schloss. Eragon schmunzelte glücklich und tätschelte kurz ihre Schnauze. *Gute Nacht meine Große.* meinte er flüsternd und schloss dann ebenfalls die Augen, um endlich in seine elfischen Wachträume zu gleiten.
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[Eragon Fan-Fiction] Der Titan und die Drachenreiter
FanfictionDer Soldat John Miller findet sich nach einem schrecklichem Unfall an den Ufern eines ihm unbekannten Landes wieder. Schon sehr bald wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Welt befindet. So also macht er sich auf den Weg, die Dr...