Im Klo der maulenden Myrte

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Jaime

Ich wusste, dass einige Schüler Angst hatten. Das erkannte ich daran, dass sie nachts nicht mehr durch die Korridore streunten und uns Slytherins mieden, da es möglich wäre, dass einer von uns der Erbe Slytherins sein könnte. Auch Allana ging mir jetzt öfter aus dem Weg und traf sich öfter mit Harry Potter, Hermine Granger und Ron Weasley. Bestimmt glaubte sie, ich hätte einen schlechten Einfluss auf sie oder wäre der Erbe Slytherins.
Deshalb vertiefte ich mich immer öfter in ein Buch, lernte oder war bei Draco und seinen Kumpels. Aber auch Draco war oft beschäftigt, da das Quidditchmatch gegen Gryffindor anstand und er dort als Sucher gegen Potter antreten würde, der bis jetzt jeden Schnatz gefangen hatte.
Am Tag des Spiels fragte Draco mich, ob ich zuschauen würde, aber ich lehnte dankend ab. ,,Wenn ich auf einer Tribüne sitze und Leute anfeuern muss, die auf Stöcken herumfliegen, wird mir bestimmt schlecht."
Draco rollte nur die Augen. Er wusste, dass ich Höhenangst hatte, aber er konnte einfach nicht begreifen, dass ich kein Quidditch mochte.
,,Was machst du dann während des Spiels?", fragte Draco mich.
,,Ich übe ein paar Zauber und lerne."
,,Streber", murmelte er, aber ich grinste nur. ,,Das ist der Grund, warum ich nach Hermine Granger der beste im Jahrgang bin."
Wir gingen zum Frühstück und ich sah, dass auch die Gryffindors ziemlich nervös waren: Harry sah ziemlich bleich aus und aß kaum einen Bissen, die Zwillinge blödeten noch mehr herum als sonst und Allana kaute an ihren Fingernägeln. Ich hatte ganz vergessen, dass sie auch mitspielte und zwar als Jägerin.
Sie bemerkte, dass ich sie anstarrte und hob fragend eine Braue. Ich lächelte ihr zu und streckte einen Daumen in die Hohe. Sie wandte sich wieder ab, aber ich konnte erkennen, dass ihre Mundwinkel zuckten. Ron sah mich böse an, woraufhin ich ihn einen Luftkuss zuwarf. Sein Gesicht färbte sich dunkelrot vor Zorn und die Slytherins feixten.

Allana

Heute war das Spiel gegen die Slytherins. Es war mein erstes Match und ich war ziemlich nervös. Ich wachte extra früh auf, da ich befürchte zu spät zu kommen. Schnell zog ich meinen roten Quidditch-Umhang an und hastete zum Frühstück. Ich aß nur wenig und war die meiste Zeit damit beschäftigt an meinen Fingernägeln zu kauen.
Ich bemerkte, dass Jaime mich anschaute und sah ihn fragend an. Er hob einen Daumen und ich versteckte mein Grinsen hinter der Zeitung.
,,Okay, es geht los", meinte Wood endlich und wir schulterten unsere Besen und dackelten in Reih und Glied zum Feld. Wir wurden sofort von jubelnden Gryffindors, Ravenclaws und Hufflepuffs begrüßt. Nur die Slytherins buhten uns aus und warfen uns Beleidigungen an den Kopf. Mir wurde übel.
,,Ganz ruhig", sagte Harry, der mein grün angelaufendes Gesicht bemerkt hatte. Ich atmete tief durch und stieg auf den Besen. Madam Hoochs Pfiff ertönte und wir stießen uns vom Boden ab. Das Spiel begann. Ich schnappte mir sofort den Quaffel und passte ihn weiter an Katie Bell, die gleich darauf einen Bogen um einen der gegnerischen Treiber flog und gekonnt ein Tor erzielte. Die rot gekleideten Fans jubelten und die grüne Kurve der Slytherins fluchte lautstark.
Jetzt hatten die Slytherins den Ball und griffen sofort brutal an. Einer der Treiber verpasste Alicia Spinnet einen Schlag mit dem Schläger und ihre Nase fing an zu bluten. Dadurch musste sie einige Meter absinken, den die Slytherins nutzten, um ein Tor zu erzielen. Wood passte den Ball zu mir und ich flog einen gekonnten Looping, um den Klatscher auszuweichen, der stattdessen den Kapitän der Slytherins am Kopf traf. Ich raste weiter und legte mich flach auf den Besem. Die Torringe kamen in Sicht und ich täuschte einen Pass zu Katie an, warf dann aber in den mittleren Ring.
Ich flog eine kleine Runde und reckte meinen Arm in die Luft. Gleichzeitig wich ich einen Klatscher aus, der gerade Harry angriff und nicht locker ließ. Harry musste die ganze Zeit ausweichen und Malfoy lachte ihn spöttisch aus. Dadurch sah er nicht, was Harry sah: der goldene Schnatz befand sich genau an seinem rechten Ohr. Harry biss die Zähne zusammen und flog auf Malfoy zu, der wich ängstlich aus und Harry schnappte sich den Schnatz. Die Gryffindors jubelten, aber gleichzeitig raste der Klatscher auf Harrys Arm zu und brach ihn mit einem Knacken. Ein Raunen ging durch die Menge und Harry flog kopfüber vom Besen, was aber glücklicherweise nicht sehr hoch war, da er sich nur knapp einen Meter über dem Boden befand.
Ich landete ebenfalls und ging neben Harry auf die Knie. ,,Du musst zu Madame Pomfrey", meinte ich und untersuchte den Arm. Gebrochen.
,,Lasst mich durch!", hörte ich eine vertraute Stimme und Lockhart wuselte durch die Menge aus Schülern. Harry stöhnte genervt auf und Colin Creevey machte ein Foto nach den anderen. Ich warf dem Erstklässler einen bösen Blick zu und er hörte sofort auf.
Lockhart zückte seinen Zauberstab und richtete ihn auf Harrys Arm. Er murmelte etwas und Harrys Arm sah jetzt aus, wie eine Wurst.
,,Ups", murmelte Lockhart und umfasste Harrys Arm, der daraufhin schlaff nach unten baumelte, fast so als wären alle Muskeln verschwunden. Und in meinen Kopf machte es Klick. ,,Sie haben seine Knochen zum Verschwinden gebracht! ", empörte ich mich und Lockhart kratzte sich verlegen am Kopf. ,,Nun, ja ..."
Ich schnaubte und packte Harry am unverletzten Arm. ,,Komm, ich bringe dich zum Krankenflügel. "

Jaime

Aus der Ferne hörte ich den Startpfiff und wusste augenblicklich, dass das Match begonnen hatte.
Ich war immer noch im Schloss und streifte gedankenverloren durch die Gänge. Kurz überlegte ich mir, in die Bibliothek zu gehen, aber ich hatte keine Lust zu Lernen. Aber wenn niemand hier war, wäre es doch eigentlich die beste Möglichkeit das Schloss zu erkunden. Ich hatte gehört, dass es hier von geheimen Gängen und Räumen nur so wimmelte. Vielleicht fand ich ja etwas.
Aber wo sollte ich anfangen zu suchen? Gedankenverloren machte ich mich auf den Weg in die große Halle und ging an den leeren Haustischen vorbei.
Der ganze Saal war komplett leer und ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit.
Ich ging den Flur entlang und da hörte ich sie wieder: Die kalte Stimme, die aus den Nirgendwo zu kommen schien und nur Allana und ich hören konnten.

Die Kammer des Schreckens ... geöffnet. Slytherins Werk ... vollendet werden!

Ich zuckte zusammen und presste mein Ohr an die Wand, denn von dort hörte ich diese Stimme. War das Ding vielleicht an der anderen Seite der Wand?
Ich schlich mich vorwärts und zückte meinen weißen Zauberstab. Langsam ging ich weiter und lauschte nach weiteren Anzeichen der Stimme, doch sie war wieder verstummt. Aber das bedeutete nicht, dass sie weg war ...
Mein Herz pochte wie verrückt und ich bog um die Ecke, den Zauberstab im Anschlag.
Der Gang war leer. Ich atmete tief durch und beruhigte mein hämmerndes Herz. Meine Kehle war ganz trocken und ich bemerkte einen dünnen Schweißfilm auf meiner heißen Stirn.
Ich brauchte jetzt dringend eine Abkühlung! Gab es hier irgendwo eine Toilette? Ich spähte den Gang entlang und bemerkte eine hohe Tür, die wie ich wusste, zu einem der Mädchen Waschräume führte. Ich war zwar ein Junge, aber egal. Ich stürmte hinein und spritze kaltes Wasser in mein Gesicht. Ich schloss die Augen und lehnte mich an das Waschbecken. Das nasse Wasser tröpfelte an meinen Nacken hinunter. Ich entspannte mich.
,,DAS IST EIN MÄDCHENKLO! "
Ich schrie unterdrückt auf und sprang einen gefühlten Meter in die Luft. Vor mir stand der durchsichtige Geist eines Mädchens mit dicker Brille und Zöpfen.
,,Entschuldigung", stammelte ich, ,,ich war in Eile und habe mich wohl vertan. "
Das Mädchen verschränkte nur die Arme und funkelte mich an.
,,Wie heißt du?", fragte sie mich schließlich in einem pampigen Tonfall und ich rollte in Gedanken die Augen.
,,Ich bin Jaime und wie heißt du?", erkundigte ich mich betont höflich, obwohl es mir eigentlich egal war.
,,Ich heiße Myrte, aber alle nennen mich nur ,die maulende Myrte'."
Das passt, dachte ich.
,,Das ist ein schöner Name", schmeichelte ich und zu meiner Überraschung färbte ihr Gesicht sich silbern und sie zwirbelte an ihren Zöpfen herum.
,,Du erinnerst mich an jemanden aus meiner Schule", murmelte sie und durchzog mich einer genauen Musterung. ,,Sein Name war Tom Riddle und ich konnte ihn nicht ausstehen, aber er war ziemlich charmant und sah ein wenig aus, wie du -"
Ich unterbrach sie aprupt. ,,Das war mein Vater", erklärte ich und wurde ganz aufgeregt. Konnte es sein, dass Myrte meinen Vater gekannt hatte?
Myrtes Augen wurden kugelrund und sie schaute mich an. ,,Ich wusste gar nicht, dass ein Kind hatte, aber es ist möglich. Schließlich ist er vor vierzig Jahren plötzlich verschwunden. "
,,Verschwunden?", hakte ich nach.
,,Nach seinen Abschluss als Jahrgangsbester ist er auf Reisen gegangen und man hat ihn nicht mehr gesehen, aber angeblich wollte er hier eine Stelle als Lehrer haben, wurde aber nicht angenommen."
Diese Informationen musste ich erst einmal verdauen. ,,Weißt du vielleicht, wer meine Mutter sein könnte?", fragte ich sie hoffnungsvoll, denn möglicherweise könnte sie auch auf Hogwarts gewesen sein.
Doch Myrte schüttelte den Kopf. ,,Er hatte mit vielen Mädchen was gehabt, aber keine seiner Beziehungen hielt länger als ein Jahr. Mir kam es so vor, als ob sie Angst vor ihn hatten ..."
Ich runzelte die Stirn. Warum sollten die Mädchen Angst vor einen Teenager haben?
,,Vielen Dank, Myrte", meinte ich diesmal ohne zu lügen. ,,Du hast mir echt weitergeholfen."
Myrte kicherte verlegen und klimperte nit ihren farblosen Wimpern. ,,Du kannst gerne wiederkommen", murmelte sie und betrachtete eingehend den nassen Marmorboden. ,,Ich könnte mit dir einen Rundgang durch das Bad machen."
Ich unterdrückte ein Grinsen und erwiederte so charmant wie möglich: ,,Ich bin mir sicher, dass wir uns bald wiedersehen werden."
Ich drehte mich um und ließ die silbern angelaufene Myrte hinter mir zurück. Sie giggelte und starrte mir verzückt hinterher.
,,Bis bald!", rief ich ihr zu und zwinkerte aus einem Impuls heraus.
Ihre Augen weiteten sich und sie sah mich verliebt an, dann verschwand sie in einer Toilette.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt